Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Montag, 28. Dezember 2009

Beinahe eingefroren

Da hat man EINMAL im Jahr einen Tag Urlaub genommen "fuer zu Hause zu verbringen", da faellt die Heizung aus! Nicht zu fassen. Am Samstag wurde ich schon mit schlechten Nachrichten geweckt: Es ist kalt. Und die Heim-Werker aus unserer Wohnanlage hatten schon geguckt und festgestellt, dass das sozusagen "eine Eskalation zum B-Level-Support" erfordert, der aber erst am Sonntagnachmittag kommen koenne. Brrr. Am Samstagvormittag ging es ja noch, da hat die Sonne ein wenig geschienen und dafuer gesorgt, dass die Temperatur nicht allzu stark sank, aber am Nachmittag wurde es doch schon merklich kuehler. Am Sonntag herrschte um die Mittagszeit mehrere Stunden lang Schneetreiben ... da hat weder vorher noch nachher die Sonne waermen koennen. Die Experten kamen dafuer puenktlich, nur um festzustellen, dass sie es nicht reparieren konnten: ein Ersatzteil muesse her, im Wert von ca. 800 Euro. Oha! Das bedurfte dann doch wohl einer Benachrichtigung des Vermieters, was allerdings nicht so ohne weiteres funktionierte. Da half es nur, hinter diversen Leuten herzutelefonieren und auch persoenlich Druck zu machen - bis wir dann am Abend des zweiten frostigen Tages immerhin die Zusage hatten, dass am Montag um 10 Uhr die Handwerker kaemen, um die Heizung wieder flott zu machen. Gut, dass wir am Computer das Fussheizkissen haben ... ausser dem waren nur noch das Bett von innen und die Badezimmer warm (die immerhin, das war ja schon mal Gold wert!). Jede Menge Lampen, vier noch gefundene Teelichte und der Fernseher wurden zusaetzlich zum Heizen herangezogen, konnten aber nur das Groebste verhindern.

Heute waren die Experten sogar schon vor der Zeit da, haben dann aber gut zwei Stunden gebraucht, ihr Werk zu vollbringen. Ich hatte mich nach dem Fruehstueck gleich wieder ins Bett gelegt - und irgendwie hatte Burkhard nicht aufgepasst, dass einer der Handwerker ploetzlich ins Schlafzimmer ging, um dort die Heizung einzuschalten (die wir dort ja nie benutzen). Der hat sich erschreckt und ein entsetztes "oh, sorry ..." gestammelt, schmunzel. Aber jetzt funktioniert alles wieder. Seither heizen wir volle Pulle und so langsam kommt die Wohnung wieder auf Temperatur. Was man so braucht.

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Mit Dank zurueck

Da bin ich, Jesus, der du alles fuer mich bedeutest,
hier im Stall an der Futterkrippe, als ob das ein angemessener Ort fuer dich waere.
Ich bin gekommen, um dir alles zurueckzugeben,
was ich von dir bekommen habe - ich habe ja nichts anderes.
Bitte nimm es an, mein ganzes Sein, meine Gedanken,
meine Ideen, Wuensche, Traeume, alles fuer dich,
ich gebe es dir und hoffe, dass es vor dir bestehen und dich erfreuen kann.

Das Original:
Ich steh an deiner Krippen hier,
o Jesu, du mein Leben;
ich komme, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin
und lass dir's wohl gefallen.

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Aus gegebenem Anlass

Ach, du schoene, frohe, beseligende Zeit,
in der wir die Geburt Christi feiern!
Die Erde war praktisch schon untergegangen, da kam Jesus als Mensch zur Welt:
Ihr, die ihr an Jesus glaubt, habt allen Anlass zur Freude!

Jesus ist Mensch geworden, um fuer unsere Suenden zu buessen:
Ihr, die ihr an Jesus glaubt, habt allen Anlass zur Freude!

Die Schar der Engel jubelt in den hoechsten Toenen, um dir Ehre zu erweisen:
Ihr, die ihr an Jesus glaubt, habt allen Anlass zur Freude!

Das Original:
O du froehliche, o du selige
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Welt ging verloren, Christ ist geboren:
Freue, freue dich, o Christenheit!

O du froehliche, o du selige
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Christ ist erschienen, uns zu versuehnen:
Freue, freue dich, o Christenheit!

O du froehliche, o du selige
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Himmlische Heere jauchzen dir Ehre:
Freue, freue dich, o Christenheit!

Dienstag, 22. Dezember 2009

Der neueste Bloedsinn in drei Kapiteln

Kapitel 1
Jetzt geht gar nichts mehr: blogspot nicht (kann meinen Blog nicht mehr lesen ... und tausende andere auch nicht, und nicht bloss auf blogspot) und blogger auch nicht (kann meinen Blog nicht mehr pflegen - das heisst keine Fehlerkorrekturen, keine Labels, kein gar nix). Grrrr! Das nehme ich jetzt langsam aber wirklich persoenlich. Und dazu dieses bloede Gefuehl von Ohnmacht! Nachdem ja zwischendurch mal alles ein bisschen besser war, ist es zuletzt permanent schlimmer geworden. Selbst die Google-Suchseite wird immer mal wieder gestoert und ist dann nicht erreichbar. Was soll das nur???

Kapitel 2
Ich aus dem Schlafzimmer: "Bringst du mal bitte den Walser mit? Liegt noch auf dem Sofa." Er: "Was fuer'n Balsam?" Buohahaha! Dabei wuerde ich doch nie nach Balsam verlangen! (Ist das was Ansteckendes?)

Kapitel 3
Heute morgen glaubte ich schon, jetzt stuende ein Waldlauf auf dem Programm, stand doch im Foyer des Citigroup Tower ein Schild "... visitor management system ... trail running ...". Aber dann musste ich bloss doch schon unten meinen Ausweis hervorkramen, der immerhin reibungslos funktionierte, so dass die "Sperrfluegel" sich à la Scylla und Charybdis auseinanderbewegten und mich ungeschoren durchliessen. Den Fehler mit trail statt trial habe ich nun schon so oft gesehen, der scheint bei Chinesen genetisch hervorgerufen zu werden ... 

Hingerissen

Jubelt,
freut euch, stimmt ein Lied an!
Unsere innigste Freude
liegt hier in einer Krippe
und strahlt taghell
aus dem Schoss seiner Mutter.
Du bist unser Ein und Alles.

Ach, du kleiner Jesusknabe,
ich sehne mich ja so nach dir!
Du kannst mich troesten,
bestes aller Kinder,
in deiner ganzen Grossherzigkeit
eines glanzvollen Fuersten.
Reiss mich mit!

Das Original:
In dulci jubilo
nun singet und seid froh,
unsers Herzens Wonne
leit in praesepio
und leuchtet wie die Sonne
matris in gremio.
Alpha es et O.

O Jesu parvule
nach dir ist mir so weh,
troest' mir mein Gemuete,
o puer optime,
durch alle deine Guete,
o princeps gloriae.
Trahe me post te.

Montag, 21. Dezember 2009

Hoelle, Hoelle, Hoelle, Hoelle

Wir wollen Gottes Sohn Ehre bezeigen,
uns ihm mit unseren Gedanken und Gefuehlen ganz zuwenden.
Frohen Mutes wollen wir singen, stimmt an,
ihr Christen auf der ganzen Welt!

Der Stern des Jakob ist erschienen
und erfuellt unseren Herzenswunsch:
die alten Uebel gehen zugrunde,
und die Herrschaft der Teufel hat ein Ende.

Das Original:
Kommt und lasst und Christum ehren,
Herz und Sinnen zu ihm kehren;
singet froehlich, lasst euch hoeren,
wertes Volk der Christenheit.

Jakobs Stern ist aufgegangen,
stillt das sehnliche Verlangen,
bricht den Kopf der alten Schlangen
und zerstoert der Hoellen Reich.

Sonntag, 20. Dezember 2009

Musikberieselung

Kommt mal 'runter, ihr Himmelsboten,
oijoijoi, suseldidei,
singt uns was vor, floetet, blast, klimpert ... und lasst das Schlagzeug auch nicht weg!
Preist Jah(we), lobt den Herrn!
Eure Lieder sollen vom Christuskind und seiner Mutter Maria handeln.

Vergesst mal bloss nicht eure Instrumente,
wir wollen Eure gesammelten Zupf- und Streichinstrumente sehen und hoeren!

Und fresst vorher Kreide, denn wir wollen sanfte Stimmen hoeren,
rund um die Uhr!

Euer Z
upfen und Streichen
oijoijoi, suseldidei,
soll das Wiegenlied fuer das Jesuskind sein, also macht es besonders zart.


Das Original:
Vom Hi
mmel hoch, o Engel, kommt!
Eia, eia, susani, susani, susani,
kommt, singt und klingt, kommt, pfeift und trommt!
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria.

Kommt ohne Instrumente nit,
bringt Lauten, Harfen, Geigen mit!

Die Stimmen muessen lieblich gehn
und Tag und Nacht nicht stille stehn.

Das Saitenspiel muss lauten suess,
Eia, eia, susani, susani, susani,
davon das Kindlein schlafen muss.

Samstag, 19. Dezember 2009

Sa-gen-haft!

Kinners, alle mal herkommen!
Kommt mal rueber hier in den Stall, zur Futterkrippe!
Guckt mal, hier koennt ihr sehen, was Gott
uns Tolles schenkt, heute, in dieser ganz besonderen Nacht.

Nun guckt doch mal!! Hier auf dem Heu in der Krippe, in diesem ollen Stall,
mitten in der Nacht - Licht aus, Spot an! -
liegt der menschgewordene Gott als Neugeborenes, in frischen, weissen Windeln.
Ist das nicht unsagbar schoen? Engel sind doch nichts dagegen!

Das Original:
Ihr Kinderlein, kommet, o kommet doch all,
zur Krippe her kommet, in Bethlehems Stall,
und seht, was in dieser hochheiligen Nacht
der Vater im Himmel fuer Freude uns macht.

O seht in der Krippe im naechtlichen Stall,
seht hier bei des Lichtleins hellglaenzendem Strahl
in reinlichen Windeln das himmlische Kind,
viel schoener und holder, als Engel es sind.

Freitag, 18. Dezember 2009

Oberwasser

Ihr, die ihr an Gott glaubt, kommt alle her!
Seid guter Dinge, ihr habt Oberwasser,
eilt nach Bethlehem!
Stattet dem neugeborenen Jesus einen Besuch ab,
der zur Welt gekommen ist, um uns von allem Uebel zu erloesen,
macht ihm eure Aufwartung,
erweist ihm eure Ehrerbietung,
wir wollen diesen Koenig anbeten!

Das Original:
Herbei, o ihr Glaeubigen, froehlich triumphieret,
o kommet, o kommet nach Bethlehem!
Sehet das Kindlein, uns zum Heil geboren!
O lasset uns anbeten,
o lasset uns anbeten,
o lasset uns anbeten den Koenig!

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Neueste Nachrichten!

Ich bin ein Bote und komme von weit her,
aus dem himmlischen Reich Gottes, von wo ich euch gute Nachrichten bringe.
So viele gute Neuigkeiten habe ich fuer euch,
dass ich sie euch erzaehlen und vorsingen moechte.

Fuer euch ist naemlich heute ein Kind zur Welt gekommen*,
eine von Gott erwaehlte Jungfrau hat es geboren.
Das Neugeborene ist so zart und verletzlich;
aber wartet's ab: ihr werdet grosse Freude an ihm haben.

Es ist nicht irgendein Baby, sondern unser Gott in der Gestalt seines Sohnes Jesus,
der ist gekommen, um euch aus dem ganzen Elend der Welt herauszuholen.
Er ist als euer Erloeser gekommen
und wird eure Seelen von allem Unrecht, das ihr begangen habt, befreien.

Das Original:
Vom Himmel hoch, da komm ich her,
ich bring euch gute neue Maer;
der guten Maer bring ich so viel,
davon ich singen und sagen will.

Euch ist ein Kindlein heut geborn,
von einer Jungfrau auserkorn,
ein Kindelein so zart und fein,
das soll eu'r Freud und Wonne sein.

Es ist der Herr Christ, unser Gott,
der will euch fuehr'n aus aller Not,
er will eu'r Heiland selber sein,
von allen Suenden machen rein.

*... und wie hiiiieeess das?!

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Schlaue Gaeste

Im Citigroup-Gebaeude ist ein Zugangskontrollsystem eingerichtet worden. Vor den Aufzuegen sind jetzt "Zaeune" und selbsttaetig schliessende Durchgaenge aufgebaut worden, die mit einer "Eintrittskarte" (also zum Beispiel unserem Mitarbeiterausweis) geoeffnet werden koennen. Alles mattiertes Glas und Edelstahl, also ein bisschen chic. Seit dem 1. Dezember sollte das System im Pilotbetrieb laufen ... aber weiterhin stehen die Durchgaenge allzeit offen. Dafuer kann man nun jeden Tag im Aufzug folgende Nachricht im Ticker lesen: "Building Intelligent Visitor Management System is going to operate. Thanks for your understanding and cooperation." Aha! Das soll also keineswegs uns alle kontrollieren, sondern nur die intelligenten Besucher. Wie es die wohl von den anderen unterscheidet?

Auch gut - typisch chinesisch, moechte man sagen - ist die Nummer mit der Ausweis-Aktivierung. Nach langen Verhandlungen, so hiess es, haben unsere "allgemeinen Verwalter" das Gebaeudemanagement davon ueberzeugen koennen, dass es ganz unzumutbar waere, wenn nun jeder Mitarbeiter (und auch jede Mitarbeiterin) noch eine Gebaeudezugangskarte bekommen und mit sich fuehren muesse. Da sei es doch besser, den ohnehin erforderlichen Mitarbeiterausweis dafuer zu verwenden - der dann aber aktiviert werden muss. Zuerst war ein kleines Aktivierungsplaetzchen irgendwo so versteckt eingerichtet worden, dass ich es nicht finden konnte und unsere Sekretaerin bitten musste, doch meinen Ausweis "gebaeudetauglich" zu machen. Nachdem dann wohl ungefaehr alle diesen Winkel gefunden hatten, gab es vor ein oder zwei Tagen ein Mail mit der dringenden Nachricht, dass diejenigen, die ihren Ausweis noch nicht aktiviert haetten, sich bitte einfach an die Rezeption in der Lobby wenden moechten. Buohahaha!

Rollentausch

Ihr Anhaenger Christi, lobt den Herrn,
der ueber Himmel und Erde gebietet.
Heute eroeffnet er uns sein Reich, das nicht von dieser Welt ist,
und laesst seinen Sohn Jesus zu uns kommen.

Er wird ein Diener, ich werde bedient:
ein unerhoerter Rollentausch!
Das ist wohl das allergroesste Geschenk,
das uns Gottes Sohn in Gestalt eines kleinen Kindes machen kann.

Das Original:
Lobt Gott, ihr Christen alle gleich,
in seinem hoechsten Thron,
der heut' schliesst auf sein Himmelreich
und schenkt uns seinen Sohn.

Er wird ein Knecht und ich ein Herr;
das mag ein Wechsel sein!
Wie koennt es doch sein freundlicher,
das herze Jesulein!

Dienstag, 15. Dezember 2009

Jubel

Mein Herz, sei froh und munter,
wo jetzt die Himmelsboten freudevoll singen.
Hoert nur, wie der ganze Aether vom frohen Gesang erfuellt wird:
Christus ist als Mensch zur Welt gekommen.

Heute ist es soweit: der Sendbote Gottes,
ein heldenhafter Retter der Welt, der sie aus ihrem Elend befreien wird,
wird einer von uns Menschen, fuer dich und mich.
Der Sohn des Allmaechtigen wird unser Blutsverwandter.

Das Original:
Froehlich soll mein Herze springen
dieser Zeit, da vor Freud' alle Engel singen.
Hoert, hoert, wie mit vollen Choeren
alle Luft laute ruft: Christus ist geboren!

Heute geht aus seiner Kammer
Gottes Held, der die Welt reisst aus allem Jammer.
Gott wird Mensch, dir Mensch zugute,
Gottes Kind, das verbind't sich mit unserm Blute.

Montag, 14. Dezember 2009

Ja, damals ...

Koennt ihr euch noch erinnern, wie es damals gewesen ist?
Natuerlich, wir werden nicht muede, davon zu berichten,
wie wir damals ploetzlich diesen hellen Lichtpunkt
am nachtschwarzen Himmel entdeckt haben.

Die Schafe ruhten, und ploetzlich wurde es ganz still,
und dann erschien so ein helles Licht am Himmel,
und wir hoerten, wie ein Chor ueber der Erde sang,
dass Christus zur Welt gekommen sei.

Das Original:
Wisst ihr noch, wie es geschehen?
Immer werden wir's erzaehlen:
wie wir einst den Stern gesehen
mitten in der dunklen Nacht.

Stille war es um die Herde.
Und auf einmal war ein Leuchten
und ein Singen ob der Erde,
dass das Kind geboren sei.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Uebernatuerliches

Mir ist bekannt, dass irgendwann ein Ereignis eintreten wird, an das niemand geglaubt hat.
Viele phantastische Geschichten, die je gedacht worden sind, werden dann Wahrheit.
Mir ist bekannt, dass eine so aussergewoehnliche Zuneigung solchen Ausmasses
sich nicht einfach so in Nichts aufloest.

Irgendwann ist jetzt,
mein Kind:
Auf eins folgt drei!
Advent, Advent,
sieh da, das dritte Kerzlein brennt,
Uebersprungen die zwei,
so eilt die Zeit geschwind
vorbei.
Zuletzt.*


Das Original:
Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn
und dann werden tausend Märchen wahr.
Ich weiß, so schnell kann keine Liebe vergehn,
die so groß ist und so wunderbar.

* Reim dich, oder ich fress dich.

Samstag, 12. Dezember 2009

Eisblume

Eine neue Rosenknospe
hat sich an einem feinen alten Rosenstock geoeffnet,
ganz wie die alten Propheten es uns vorhergesagt haben.
Das ist die Linie Jesse
die uns hier zur Unzeit eine Bluete geschenkt hat:
in der frostigen Wintersaison
zu nachtschlafender Stunde.

Das Original:
Es ist ein Ros' entsprungen
aus einer Wurzel zart,
wie uns die Alten sungen,
von Jesse kam die Art
und hat ein Bluemlein bracht
mitten im kalten Winter
wohl zu der halben Nacht.

Freitag, 11. Dezember 2009

Schlachtreport

So, dann war also heute Abend die grosse Schlacht der Gebote. Es gab einen "offline"-Teil, die "silent auction" - alles war auf Tischen ausgebreitet, neben jedem Stueck lag eine Liste, in der man sich mit Name, Telefonnummer und Gebot eintragen konnte -, und einen "online"-Teil mit den wertvollsten Objekten und Vorfuehrungen dazwischen. Ich habe fuer einen Weihnachtsbaeren und zwei Schachteln mit Suesswaren geboten. Da musste ich wirklich ein bisschen "schlachten", aber am Ende habe ich alles zusammen fuer 210 RMB bekommen. Was schade ist: das lief alles total undiszipliniert. Nach einer guten Stunde "online"-Versteigerung (sowas wie Joggen mit dem Oberchef fuer 1600 RMB) gab es eine Pause. Da wurden dann ohne klare Ansage schon mal die meisten Gegenstaende abgeraeumt. Sich rasch mit einem Hoechstgebot eintragen, Liste nehmen, zum Kassierer gehen und zahlen, Gegenstand einsacken. Ich denke eigentlich, dass man noch mehr haette herausholen koennen, wenn die Sachen bis zu einem definierten Ende-Zeitpunkt liegen geblieben waeren.

Unsere Werke waren in der stillen Auktion; warum die still hiess, weiss ich allerdings nicht: das war vielleicht ein Geschnatter! Leider hat ein Expat-Kollege fuer meine Kalligraphie geboten, da hab' ich mich nicht getraut, den Preis zu treiben ... sowas Dummes. Am Ende wurde sie dann wohl fuer 200 RMB verkauft. Schaaade! Das Foto ging immerhin fuer 350 RMB weg, das war ja ganz akzeptabel. An einen Chinesen.

Ich weiss ja nicht, wie lange die Kollegen noch weitergemacht haben - wir sind nach der ersten "online"-Runde gegangen. Wie gesagt, die hatte schon eine gute Stunde gedauert und war nun auch nicht sooo amuesant, wenn man mal von so lustigen Sachen absieht, die Gebote der Expats mal als achttausend statt achthundert aufzunehmen, oder nach der Waehrung zu fragen (Euro oder Dollar?). Naja - solange es am Ende hilft - immerhin waren schon im Vorfeld ueber 15.000 RMB zusammengekommen. So weit, so gut ... dann gibt es also noch ein bisschen Budget fuer andere wohltaetige Zwecke.

Ding-dong

Die Glocken laeuten im Advent
und zu Weihnachten besonders schoen.
Das klingt, wie wenn ein Chor von Engeln
aufs Neue Lieder von Glueck und Frieden anstimmt.
So wie die Glocken in der ganz besonderen Nacht geklungen haben,
so ist ihr heiliges Gelaeute
ueberall auf der Erde zu vernehmen.

Das Original:
Süßer die Glocken nie klingen
Als zu der Weihnachtszeit:
´s ist, als ob Engelein singen
Wieder von Frieden und Freud'.
Wie sie gesungen in seliger Nacht,
Glocken, mit heiligem Klang
Klingen die Erde entlang.

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Die Schlacht der Gebote

... steht unmittelbar bevor. So der Name der Auktion, auf der die Freiwilligenvereinigung der Firma Geld fuer einen wohltaetigen Zweck einsammeln will. Morgen ist es soweit! Im Vorfeld wurden alle um Gaben gebeten, seien es irgendwelche Sachen oder Dienstleistungen oder Darbietungen. Fuer Darbietungen bin ich zu eitel (alles, was ich darbieten kann, koennte ja hoechstens eine Clownsnummer werden  ;-)), und wahrscheinlich eine unfreiwillige), fuer Dienstleistungen zu faul - blieben nur die Sachleistungen. Burkhard hat sein Jahrhundertfoto schoen gestempelt und gerahmt, und ich habe mich von einer meiner aufgezogenen Kalligraphien eines Tang-Gedichts getrennt. Schweren Herzens. Mindestgebote sind 260 RMB und 150 RMB respektive. Da wollen wir doch mal sehen, was die Kollegen und Kolleginnen wirklich zu zahlen bereit sind. Ich bin jedenfalls wild entschlossen, fuer meine Kalligraphie mitzubieten, denn eigentlich will ich sie gern behalten. Und das ist ja gar nicht so schlecht: da kann ich den Preis treiben (falls denn irgendjemand sonst ueberhaupt dafuer bieten will - ist ja nicht fuer mich, sondern fuer die gute Sache) und habe noch eine reelle Chance, sie mir zu erhalten. Sowas heisst, glaube ich, auf Neudeutsch eine Win-Win-Situation. Ich werde berichten.

Der Mann des Tages

Herbei, Erloeser der Unglaeubigen,
der von einer unberuehrten Mutter geboren wird.
Alle Menschen sollen staunen,
dass der Allmaechtige ihn so zur Welt kommen laesst.

Er verliess seine Heimstatt,
seine glaenzende Thronhalle.
Er, ein goettliches Wesen, das zugleich Mensch ist, der Mann des Tages:
er macht sich eilig an sein Werk.

Das Original:
Nun komm, der Heiden Heiland,
der Jungfrauen Kind erkannt,
dass sich wunder alle Welt,
Gott solch Geburt ihm bestellt.

Er ging aus der Kammer sein,
dem koeniglichen Saal so rein,
Gott von Art und Mensch, ein Held;
sein' Weg er zu laufen eilt.

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Und die Muetter?

Dem Vater im Himmel wollen wir danken
ueberall auf der Erde,
der seine Versprechen wahr macht
und der uns den geschickt hat,
der allen, die nicht recht gehandelt haben,
Mut zuspricht und ihnen weiterhilft.

Wovon unsere Vorfahren immer getraeumt,
was sie immer erhofft
und vorhergesagt haben,
das ist jetzt glanzvoll wahr geworden.

Das Original:
Gott sei Dank durch alle Welt,
der sein Wort bestaendig haelt
und der Suender Trost und Rat
zu uns hergesendet hat.

Was der alten Vaeter* Schar
hoechster Wunsch und Sehnen war
und was sie geprophezeit,
ist erfuellt in Herrlichkeit.

*und der Vaeter Vaeter und der Vaeter Vaeter Vaeter ... danke, es reicht.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Den Menschen ein Wohlgefallen

Aufgepasst: jetzt ist es fast soweit.
Der Allmaechtige begibt sich in die weltlichen Niederungen.
Er kommt zu jedem einzelnen
in der Mission, allen Streit zu schlichten.

Das Original:
Seht, die gute Zeit ist nah,
Gott kommt auf die Erde,
kommt und ist fuer alle da,
kommt, dass Friede werde.

Montag, 7. Dezember 2009

Ein neuer Tag faengt an

Die Nacht ist bereits weit fortgeschritten,
schon daemmert der Morgen.
Wir wollen das Licht preisen,
die Venus, die wir noch als leuchtenden Stern ausmachen koennen.
Auch die, die am Abend noch traurig waren,
moegen freudig mit uns das Loblied singen,
denn der Morgenstern laesst aller Menschen Sorgen und Noete
in einem neuen, troestlicheren Licht erscheinen.

Das Original:
Die Nacht ist vorgedrungen,
der Tag ist nicht mehr fern.
So sei nun Lob gesungen
dem hellen Morgenstern.
Auch wer zur Nacht geweinet,
der stimme froh mit ein.
Der Morgenstern bescheinet
auch deine Angst und Pein.

Sonntag, 6. Dezember 2009

In Rot mit Pelz

Die Beschreibung trifft eben nicht nur auf den Nikolaus zu, der hier nicht gesichtet wurde - bloss ein Schokoladendouble, welches wir Zheng Hong zwecks Promotion des deutschen Brauchtums ueberreicht haben. Heute blieb naemlich die Kueche kalt, und gegen halb sieben haben wir uns Richtung Xintiandi aufgemacht, um dort im Yè Shanghai zu speisen. Am Mittwoch war ich mit dem Gast aus Singapur dort gewesen und hatte das Wollhandkrabbenmenue gesehen; dem Gast sagte es aber nicht zu. Da ich zwei Gutscheine à 100 RMB bekommen hatte, dachte ich, dass das zusammengenommen hinreichend viele gute Anlaesse seien, heute hinzufahren und besagtes Menu zu probieren. Das war nicht schlecht, aber beim naechsten Mal wuerde ich doch lieber ein paar Krebsgerichte à la carte nehmen - irgendwie hatten zu viele Speisen zu grosse Aehnlichkeit miteinander. Zwar lecker, aber eben nicht unterschiedlich genug. Die Kroenung des Mahls war also der rote Krebs mit Pelz. Solche kann man bekanntlich nicht nur essen, sondern auch geniessen. Da hat man richtig lange was zu zutzeln. Wer Krebsfleisch lieber in groesseren Bissen mag, sollte nach Singapur fahren und dort die beruehmte black pepper oder chili crab essen (zur Not gibt's die auch in Shanghai), denn die beruehmten kleinen Krebse aus dem Yangcheng-See sind eben eher klein. Jedenfalls bin ich jetzt immer noch furchtbar satt.
P.S.: Zugegebenermassen war der Pelz der Wollhandkrabbe nicht weiss, sondern gruenlichbraun.

Eine Kerze

Wir kuendigen euch die Vorweihnachtszeit an.
Schaut her, das erste Licht auf dem Adventskranz ist angezuendet!
Wir lenken eure Aufmerksamkeit auf diesen beseelten Zeitabschnitt.
Bereitet die Ankunft des menschwerdenden Gottes vor.
Die ihr an Jesus glaubt, seid guter Dinge, frohlockt!
Der Friedefuerst ist nicht mehr fern.

Das Original:
Wir sagen euch an den lieben Advent.
Sehet, die erste Kerze brennt!
Wir sagen euch an eine heilige Zeit.
Machet dem Herrn den Weg bereit.
Freut euch, Ihr Christen, freuet euch sehr!
Schon ist nahe der Herr.


Samstag, 5. Dezember 2009

Es weihnachtet ein bisschen mehr ...

... denn heute waren wir zu einem richtigen Weihnachtsmarkt! Natuerlich recht kommerziell (halt Weihnachtsmarkt), auf dem Gelaende der Paulaner-Filiale an der Fenyang Lu, in der franzoesischen Konzession. Anders als in Deutschland muss man hier sogar Eintritt zahlen! Aber ueberschaubar: mit 10 RMB pro Person ist man dabei. Ich muss aber sagen, dass es netter war als erwartet. Recht professionell aufgezogen. Ich hatte gedacht, es gaebe sicher bloss eine Wuerstchenbude, einen Gluehweinstand und zwei, drei Kramverkaeufer, aber nein: ziemlich viele Buden waren da, bestimmt um die vierzig. Natuerlich Futterbuden, aber gar nicht so viele. An einem Stand gab es sehr schoene Adventskraenze - zu gross, ich haette nicht gewusst, wohin damit. (Ausserdem haben wir ja mittlerweile einen ueberaus praechtigen Weihnachtsstern, der leider nach dem Umzug aus dem kalten Blumenladen in unsere geheizte Stube recht rasch eine betraechtliche Anzahl der gruenen Blaetter abgeworfen hat. Es sieht aber so aus, als haette er sich jetzt akklimatisiert.) Preise standen nicht an den Adventskraenzen, in Anbetracht der Groesse brauchte ich ja auch gar nicht erst zu fragen. Bestimmt nicht billig ...  Dann gab es recht viel "hochwertigen Kram", der zum Teil auch als Christbaumschmuck durchgehen konnte. Ich fand ja die gestrickten Christbaumkugeln nicht unoriginell - die hatten da auch suesse kleine gestrickte Kuerbisse. Das gestrickte Schwein war aber nicht sooo gut. In Sachen Schwein gab es noch eiserne Schweinebuchstuetzen (nicht so uebel) und eine bemalte Minifliese. Nicht zu vergessen die Marshmallows am Stiel in der Schweinekopfvariante. Weihnachts- und andere Karten gab es auch zu kaufen, Buecher, Bilder, Fotos - ein Stand verkaufte Kuechenartikel. Eine Franzoesin hielt selbstgemachte Marmeladen und Chutneys feil. Wir haben einen steinernen Topfuntersetzer in Form eines chinesischen Glueckssymbols erstanden.

Die Buden waren natuerlich mit Tannengruen und Lichtern geschmueckt, und auch sonst standen noch ein paar als Weihnachtsbaeume hergerichtete Koniferen herum. Die Carrerabahn war fuer Kinder und Vaeter immer noch gut. Einmal selbst den Knopf druecken 10 RMB. Da die Temperaturen auch eher winterlich waren, habe ich eine Ausnahme gemacht und einen Gluehwein aus dem Shanghaier Weihnachtsmarktbecher getrunken. Mal eine Alternative zu den ewigen Domspitzenpoetten! Wenn er nur nicht so arg suess gewesen waere ...

Und dann ging die Rechnung des Paulaner auf - aber nur, weil im Wintergarten des "urbayerischen" Wirtshauses zwei Chinesen vor Tellern mit Sauerkraut, Kartoffelpueree und Wuerstchen sassen. Irgendwie war das gerade passend. Wir haben daraufhin jede/r das Sauerkraut mit gemischten hausgemachten Wuersten bestellt. Die Bedienung wollte uns empfehlen, lieber einen Teller mit 8 Wuerstchen zu bestellen als zwei mit je vier, denn das wuerde dann nur 158 statt 2x98 RMB kosten. Als ob's auf die Wuerstchen ankaeme! Die waren mir sowieso zuviel, und ausserdem mag ich gar keine Wuerstchen. Aber vier sind schon eine echte Herausforderung, keine Ahnung, wer davon acht essen kann! Ich war auch so pappsatt. Das Sauerkraut haette ruhig noch ein bisschen pikanter sein koennen ... sieht so aus, als muesste ich doch noch mal selber zum Kochloeffel greifen und ein schoenes Weinkraut kochen. Das mach' ich dann naechste Woche.

Machet die Stiefel bereit!

Ey, Klaus, komm doch ma' rein!
Zeig' ma', was d' in deinem Schnappsack hast.
Heiter, froehlich, witzig, schubidubida -
Morgen hat der Nikolaus Namenstag!

Das Original:
Nikolaus komm in unser Haus,
pack die großen Taschen aus.
Lustig, lustig, trallerallala!
Heut' ist Nikolausabend da.

Freitag, 4. Dezember 2009

Es weihnachtet ein bisschen ...

... denn seit letztem Wochenende gibt's jetzt in der Halle des Citigroup Tower eine Weihnachtsdekoration. Weisse Rentiere - an den Tueren teletubbie-rundliche Exemplare, inmitten der Halle flache, erwachsener aussehende. Alle werden abends blau angestrahlt ... na ja, nicht sooo weihnachtlich. Zu deren Styroporhufen liegen falsche goldbespruehte Weihnachtssternblueten, von der Decke haengen ueberdimensionale Teletubbie-Schneekristalle, an den Aufzuegen haengen fliederfarbene Papierwolken mit aufgedrucktem Schnee und "Season's greetings". Aloha. Alldieweil wird ein neues Gebaeudesicherheitssystem installiert, das in Zukunft von jedem, der die Aufzuege betreten will, einen Ausweis verlangt. Eigentlich sollte diese Zukunft schon am vergangenen Dienstag begonnen haben, aber das hat dann nicht geklappt. Neues Zieldatum ist der naechste Montag. Mittlerweile ist sogar schon die Glasverkleidung am "Absperrzaun" angebracht worden.

Vorbereitung

Jeder moege sich mit Nachdruck und Hingabe
daran machen, seine Gefuehle und Gedanken zu ordnen;
in naher Zukunft schon wird der Retter derer, die Unrecht begangen haben,
ein ganz Grosser mit uebermenschlicher Kraft,
den der Allguetige allein aus seinem Wohlwollen
der Menschheit zu senden beschlossen hat,
auf dass sie erleuchtet und gerettet werde,
zu jedem einzelnen kommen.

Das Original:
Mit Ernst, o Menschenkinder,
das Herz in euch bestellt,
bald wird das Heil der Suender,
der wunderstarke Held,
den Gott aus Gnad' allein
der Welt zum Licht und Leben
versprochen hat zu geben,
bei allen kehren ein.

Im Trueben fischen

... konnte man vorgestern frueh als "Luftangler". Dass man die Spitzen der Wolkenkratzer nicht sehen kann, weil sie sich zu tief in die Wolken hineingekratzt haben, kennt man ja schon - aber vorgestern frueh lagen die Spitzen in schoener Morgensonne, waehrend am Boden schwere Wolken hingen (oder heissen die dann zwangslaeufig Nebel?), so dass man die unteren Bereiche der Gebaeude nicht einmal erahnen konnte!

Seit einigen Tagen war mir auch aufgefallen, dass das Leitungswasser wieder einmal danach aussah, dass der Wasserfilter gereinigt werden muesse. Und seit einem kurzen Stromausfall floss das heisse Wasser auch nicht mehr so richtig. Heute Morgen floss es dann gar nicht mehr, es wurde nur noch lauwarm (oder sollte ich besser laukalt sagen?!) - ich hatte die Duschwassertemperatur schon auf 60 °C gestellt (hoechste Stufe), und trotzdem wurde es nicht warm genug. Jedenfalls nicht fuer mich. (Jaja, Warmduscherin ...) Nachdem Burkhard mir an den Tagen vorher noch nicht so ganz geglaubt hatte, dass Handlungsbedarf bestehe, und daher nach Verstaendigungsschwierigkeiten mit dem Gebaeudemanagement recht rasch "aufgegeben" hatte, musste dann heute aber dringend jemand kommen. Was dann heute Abend nach der Reinigungsaktion spritzsprotz! aus dem Wasserhahn kam, haette dem Gelben Fluss alle Ehre gemacht. Scheusslich! Jetzt sollte, nach einer ausgiebigen Wasser- und Energieverschwendung, hoffentlich wieder alles im Lot sein.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Auf und davon

O Erloeser, eroeffne das Paradies,
eile von Gottes Thron zu uns herunter,
reisse die Mauern des Himmelreichs ein,
sperr es auf.

Auf der Erde quaelen wir uns in allerhand Schrecknissen
und fuerchten das endgueltige Sterben.
Ach hole du uns ab, geleite uns sicher fort
aus unserer Bedraengnis und fuehre uns in Gottes Reich.

Das Original:
O Heiland, reiss die Himmel auf,
herab, herab vom Himmel lauf,
reiss ab vom Himmel Tor und Tuer,
reiss ab, wo Schloss und Riegel fuer.

Hier leiden wir die groesste Not,
vor Augen steht der ewig Tod.
Ach komm, fuehr uns mit starker Hand
vom Elend zu dem Vaterland.

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Hafeneinfahrt

Ein Segelfrachter faehrt in den Hafen ein,
er ist bis oben hin voll beladen:
er befoerdert Jesus,
Gottes immerfort bestehendes Versprechen.

Der Frachter treibt sacht dahin,
er befoerdert wertvolles Gut;
sein Segel ist das Wohlwollen allen Wesen gegenueber,
sein Mast ist Gottes spirituelle Kraft.

Das Original:
Es kommt ein Schiff, geladen
bis an sein' hoechsten Bord,
traegt Gottes Sohn voll Gnaden,
des Vaters ewigs Wort.

Das Schiff geht still im Triebe,
es traegt ein' teure Last;
das Segel ist die Liebe,
der Heilig Geist der Mast.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Auf Empfang

Geht auf Empfang, sperrt die Tueren angelweit auf;
wir erwarten den Gebieter des Grossartigen,
einen Herrscher ueber alle Reiche,
zugleich einen Welterloeser,
der uns Wohlergehen und Leben bringt;
darum jubelt, begeistert euch und singt:
Lob meinem Vater im Himmel,
dem weisen Ursprung meines Lebens.

Das Original:
Macht hoch die Tuer, die Tor macht weit;
es kommt der Herr der Herrlichkeit,
ein Koenig aller Koenigreich.
ein Heiland aller Welt zugleich,
der Heil und Leben mit sich bringt;
derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
mein Schoepfer reich von Rat.

Montag, 30. November 2009

Wie man Sutras schreibt

Nachdem ich die tangzeitliche Poesie kalligraphisch abgegrast habe, habe ich mich zuletzt buddhistischen Texten zugewandt. Und was laege da naeher, als Sutras zu schreiben? Das erste Problem besteht darin, die Textvorlagen zu bekommen (jedenfalls fuer mich) - das zweite, dass die meisten recht lang sind. Aber jetzt habe ich zum Glueck das Herz-Sutra gefunden, das ist kurz: ca. 240 Zeichen. Also ueberschaubar. Auch hier wird aber Zheng Hong nicht muede zu betonen, dass er das nicht verstehe. Man kann zwar Uebersetzungen davon finden, aber ich gebe ihm nicht unrecht (siehe zum Beispiel eine deutsche Fassung)  ...

In dem von mir sehr geschaetzten Buch Sacred calligraphy of the East steht auch ein ganzes Kapitel darueber, wie man Sutras schreibt. Kurz zusammengefasst geht das wie folgt:
  • Zuerst den ganzen Raum und den Tisch, in bzw. auf dem man sein Sutra schreiben will, reinigen und scheuern. (Davon abgesehen, dass mindestens der Tisch davon bescheuert wird, moechte ich das gern Qian Ayi ueberlassen.)
  • Damit der Geist durch den Koerper in die Tinte fliesst, moeglichst ein Schreibgeraet benutzen, bei dem man mit einer Schreibfluessigkeit schreibt. (Na gut, dies ist weniger schwierig zu erfuellen.)
  • Dann frisches Papier vorbereiten und die Schreibgeraete ordentlich auf dem Tisch arrangieren. (Meine persoenliche Erfahrung ist, dass das Schreiben die Schreibgeraete leicht in Unordnung bringt - ob es also besser waere, sie danach nicht mehr anzuruehren?)
  • Vor dem Schreiben nichts essen und trinken und beim Schreiben weder essen noch trinken noch rauchen. (Genauso steht es da - darf ich daraus ableiten, dass man vor dem Schreiben noch schnell eine rauchen muss? Plutperaujcht!) (Und warum soll man denn kein Wasser trinken? Das ist immer gesund, und meines Erachtens stoert es auch das Schreiben nicht. Man muss es ja nicht wie ein Kamel machen und gleich 40 Liter auf einmal saufen.)
  • Nach Moeglichkeit eine gruendliche Waschung vornehmen.
  • Frische Kleidung anziehen.  
  • Raeucherwerk anzuenden.
  • Einige Minuten meditieren.
  • In klassischer Manier dreimal niederwerfen (d.h. mit der Stirn den Boden beruehren - chmettert tehn Purchen zu Poten!), aber grosszuegigerweise genuegt auch einmal verbeugen.
  • Das Sutra einmal lesen oder singen (koennen vor Lachen!).
  • Ein formalisiertes Bittgebet sprechen.
  • Und dann kann es auch schon so gut wie losgehen: Ruecken gerade, Schultern locker, aus dem physischen und spirituellen Zentrum des Koerpers (gleich unter dem Nabel) atmen und den Pinsel (so man denn mit einem schreibt) sicher, aber nicht allzu fest halten. Jeden Strich mit voller Konzentration von Koerper und Geist (was genau ist Konzentration des Koerpers?) ausfuehren, als ob man ein schweres hoelzernes Schwert schwinge. Das Sutra mit dem Koerper schreiben. Jedes einzelne Zeichen mit einem Gefuehl der Dankbarkeit fuer die Lehre schreiben. Nicht hasten oder in Gedanken abschweifen.
  • Das Sutra ohne Pause zu Ende schreiben. (Na prima - beim Herzsutra mag das ja gehen, aber andere Sutras sind laaaaang ...)
  • Die Schreibarbeit mit einer weiteren Gebetsformel abschliessen.
  • Sich in Dankbarkeit verneigen.
  • Das fertiggeschriebene Sutra an einem angemessenen Ort aufbewahren, etwa in einem Altar oder einem Stupa. Niemals wegwerfen oder fuer irgendwas anderes gebrauchen!
Ja dann. Ich bin spaetestens nach dem Wechsel der Kleider erschoepft. Was heisst bin ... waere. Ob daraufhin die ganze Arbeit wertlos ist? Das glaube ich eigentlich nicht, weshalb ich die Prozedur nach Informatikermanier signifikant vereinfacht habe:
  • Beginn.
  • Bereite Schreib-Tisch vor (samt Pinsel, Tusche, Wasser).
  • Bereite Papier vor.
  • Schreibe.
  • Wenn Zeit um, raeume Tisch ab.
  • Wenn fertig, gehe zu Ende.
  • Solange nicht fertig und Zeit, gehe zurueck zu Beginn.
  • Ende.
Ich geb' ja zu, dass das deutlich prosaischer ist - aber sonst kann ich gar nie ein Sutra schreiben, und das waere doch auch schade!

Samstag, 28. November 2009

Kochinspirationen

Zuletzt bin ich doch wieder etwas inspirierter, was das Kochen (und Backen) betrifft. Letzte Woche gab es mal wieder Muffins, und dann abends ganzen Fisch aus der Alufolie mit zweierlei Linsen (die allerdings aus dem Topf) und Baguette. Aus den Fischresten (Resten, nicht Abfaellen!) habe ich einen sehr gelungenen Salat gemacht: roten Paprika mit Speck- und Zwiebelwuerfelchen braten, den Fisch dazu, das Ganze mit etwas Essig und Oel angemacht und, als besonderen Clou, mit Ziegenfrischkaese vermischt: gar nicht uebel! Bloss schade, dass es nur so ein kleiner Fischrest war ...

Heute gab es keine Muffins, denn - Advent verpflichtet! - Marzipanstollen aus der Baeckerei Abendbrot. Am Abend hatten wir dann Schmortopf "Mont Ventoux" nach Onkel Alfred B.s Rezept, mit Lamm-, Rinder- und ('tschuldigung!) Schweinefilet und Oliven und Rosinen. Dazu gab's "Erdbohnenschlamm" (also Kartoffelpueree) und selbstgemachtes Apfelkompott mit Ingwer und Sternanis. Da wird Yang XiaoLi am Montag ja wieder Interessantes zu kosten haben.

Freitag, 27. November 2009

Abflug

Ich sitze bei allerschoenstem Wetter mit blauem Himmel und Sonnenschein und Blick aufs Meer im Flughafen Kansai am Ausgang 28 und warte auf den Abflug in einer guten Stunde. Die Temperaturen draussen sind so, dass mir auf der Fahrt hierher in der Flanellbluse schon zu warm geworden ist. So ein Pech, dass bei diesem Wetter keine Gelegenheit zu einer Besichtigungstour ist!

Heute Morgen waren einige der Kollegen noch etwas "knautschig" ... wie man hoeren konnte, gab es noch mindestens eine second party und vielleicht auch noch eine third party ... Die muessen es ja wissen. Ich war lieber mal halbwegs beizeiten ins Bett gegangen. - Zum Fruehstueck habe ich die Spezialitaet "takoyaki" probiert, mit Fischflocken drauf, die sich die ganze Zeit bewegen wie etwas Lebendiges. Kann man essen, ist aber kein Muss - und schon gar nicht zum Fruehstueck. - Zum Mittagessen gab es dann ein geschirrintensives Mahl mit 9 Haeppchen aus individuellen Schuesselchen, etwas Sashimi, Tempura, Reis, Suppe und Tofu - auch nicht uebel. Und das Gute: die Kollegen waren alle halbwegs zufrieden, weil die Qualitaet der Sashimi o.k. war - ich hingegen, die ich Sashimi in 1A-Qualitaet vielleicht noch nie gegessen habe, war ganz zufrieden. Manchmal ist es auch von Vorteil, wenn man nicht alles kennt.

Warum ich das alles hier blogge? Vor allem, weil Japan auch eines der Laender ist, in denen ich einfach so meinen eigenen Blog bearbeiten kann, ohne Hampelei und Einschraenkungen. Seufz!

Donnerstag, 26. November 2009

Abschiedsparty

Gestern Abend bin ich ohne besondere Vorkommnisse, Verspaetungen oder sonstwie Erwaehnenswertes nach Osaka geflogen. Als ich die Passkontrolle endlich hinter mich gebracht hatte (samt Fingerabdruck beider Zeigefinger und Grinsefoto), war mein Gepaeck nicht nur schon laengst da, sondern das Band lief schon nicht mehr und die meisten Stuecke waren schon weg. Gut, dass mein olles weitgereistes Koefferchen nicht mehr sooo attraktiv ist! - Diesmal wollte auch der Zollbeamte nicht unbedingt in meinen Sachen wuehlen, so dass ich unbehelligt zum Bussteig gehen konnte. Der Bus heisst in diesem Fall Airport Limousine (ich denke, ich berichtete schon einmal), was sicher netter klingt ... aber Bus bleibt Bus. Die Fahrt soll, je nach Verkehr, 50-90 Minuten dauern, und es war so leer gestern Abend, dass ich schon nach gut 40 Minuten am Ziel war. Umso besser! Ein paar Meter sind es nur von der Bushaltestelle zum Hilton, wo ich rasch eingecheckt habe. Gegen elf im Zimmer habe ich zuerst geprueft, ob es wohl ein Kissenmenu gebe - und ja, zu meiner grossen Freude gibt es eins! Da stand zwar, dass man Kissen und andere  Artikel zwischen 7 und 22 Uhr anfordern koenne, aber das habe ich einfach geflissentlich ueberlesen ... was soll ich machen, wenn ich doch eben erst angekommen bin?! Ein freundlicher Herr hat mir dann auch bald darauf ein hier "sobagara" genanntes Kissen gebracht, ohne mit der Wimper zu zucken. Das hat eine Buchweizenfuellung und sei ein traditionelles japanisches Kissen, Klasse! Ein bisschen wollte ich mich noch fuer heute vorbereiten, so dass ich leider erst um 0:25 Uhr schlafen gehen konnte.

Heute war dann tagsueber volles Programm. Anders als im letzten Jahr gab es keinen Simultandolmetscher fuer mich - die Japaner haben sich alle Muehe gegeben und Englisch geredet. Ich kann also immer noch als Uebungsanlass dienen ... hoffe allerdings, dass das nicht der einzige Wert meiner Reise ist.  ;-))  Und am Abend war dann Abschiedsparty angesagt, fuer zwei Kollegen, die sich langjaehrig verdient gemacht hatten und nun die Fruechte ihres wohlverdienten Ruhestands ... oder wie hiess das noch bei Herrn Lohse?! Vorher hatte es schon eine Ermahnung per Mail an alle gegeben, man moege gefaelligst bitte puenktlich sein, die Veranstaltung beginne um Punkt sieben Uhr. Auf der Tagesordnung stand im japanischen Text 120 min und im englischen 19-21 Uhr, und das wurde auch auf den Punkt genau eingehalten. Von diesem punktgenauen Zeitmanagement war ich zunaechst sehr beeindruckt, bis ich von den Kollegen erfahren habe, dass das nichts Besonderes sei. Ja dann! Da einer der beiden frischgebackenen Ruhestaendler "mein" Laendervertreter fuer Japan war, durfte ich auch eine kleine Rede reden. Ich habe ein bisschen launig ueber sein "geheimes Leben" in meinem regionalen Team berichtet und musste doch ein wenig schmunzeln, als er mir hinterher sagte, dass er ein wenig nervoes geworden sei, als er diesen Titel gehoert habe. Vom Schmunzeln mal abgesehen, frage ich mich halb-ernst aber doch, woher das offenbar schlechte Gewissen kommt - nun werd' ich's wohl nie erfahren, und das echte "secret life" bleibt ein echtes Geheimnis.

Dienstag, 24. November 2009

Sonnenbad

Sollte es letzte Woche gewesen sein, dass ich vom ersten Schnee schrieb? Komisch ... in dieser Woche ist es warm und sonnig, mit blauem Himmel und wenig Dunst. Heute haben wir an der Bund-Promenade draussen gesessen und zu Mittag gegessen - und da musste ich nicht nur das schweinsfarbene Cape ablegen, sondern auch noch die Kostuemjacke: zu heiss! Das war wieder einer der Tage, an denen man keine Lust hat, nach der Mittagspause wieder ins Buero zurueckzukehren. Was heisst man ... ich!
 
Auf dem Huangpu sind nicht nur reihenweise Schiffe vorbeigefahren, sondern auch teppichweise Wasserhyazinthen Richtung Meer -geschwommen. Einige offenbar dazu Abkommandierte haben halbherzig kleine Loecher in den Teppich gefischt, was insgesamt sicher nicht viel hilft. Es waer' ja mal eine Massnahme, in der Wachstumsphase einige Leute abzukommandieren, die das Uebel etwas naeher an der nicht vorhandenen Wurzel packen - andererseits kann man mehr Leute beschaeftigen, wenn man die Hyazinthen erst einmal wachsen und gedeihen und sich vermehren laesst. Wenn man es sich recht ueberlegt, sind die Wasserhyazinthen ein echter Segen! Man kann mit ihrer Hilfe gerade soviel Arbeitsplaetze generieren, wie man braucht. Wertschoepfung? Also, ganz viel Schoepfung war auf jeden Fall dabei, das habe ich genau gesehen ...!

Montag, 23. November 2009

Suedlich des Yangzi

Hier in China moegen ja die meisten Menschen Anhaenger des Yin&Yang-Prinzips sein und folglich dazu neigen, eine grosse Meinungsvielfalt und sogar Widerspruechliches nebeneinander gelten zu lassen. Hier wie ueberall auf der Welt gibt es aber auch eine Ausnahme, die diese Regel bestaetigt: ein Dogma. Laut Woerterbuch ist Dogma ein Glaubenssatz mit dem Anspruch unbedingter Gueltigkeit. Folglich glaubt man einem Dogma, hinterfragt es nicht und laesst schon gar nicht gegenteilige Meinungen gelten. Die werte Leserschaft mag es schon ahnen: Das Dogma, das ich meine, lautet: "Suedlich des Yangzi ist es warm." Ich denke, ich erwaehnte das schon mal am Rande.
 
Am Samstag wurde es noch einmal wunderbar augenfaellig oder vielmehr fingerfuehlbar. Burkhard ging zu einem Kurzbesuch beim "Mineralienprofessor" im Nachbarhaus - und kam nach einer Weile tiefgefroren wieder. Schattig sei's da gewesen, ganz ohne Heizung, so wusste er zu berichten. Man habe nicht einmal darauf bestanden, dass er seine Schuhe ausziehe. Immerhin ist es nun schon seit einer guten Woche ziemlich kalt, ich erwaehnte den ersten Schnee (auch wenn das zugleich der vorerst letzte war). Aber der Professor hatte noch nicht einmal seine Klimaanlage auf den Heizmodus umgestellt! Kein Wunder, ich hab's schon immer gewusst: Maenner sind eben dogmatischer, und wenn man in Shanghai, also suedlich des Yangzi wohnt, braucht man bekanntlich gar keine Heizung (und insofern auch nicht zu wissen, wie man sie anschaltet, wenn voellig unnoetigerweise doch eine vorhanden sein sollte). Gut, dass Frauen etwas pragmatischer sind: die Frau des Professors wusste zumindest, wie das Umschalten funktioniert. Andererseits hatte auch der Zustand, dass sie alle dagesessen haben und festgestellt, dass es doch nicht gerade wohltemperiert sei, noch keine Aktion ausgeloest. So dass am Ende Burkhard die Umstellung vorgenommen hat. Nicht zu fassen!
 
Dass Frauen weniger dogmatisch sind, konnte man auch damals sehen, als Burkhard zur Mineralienexpedition nach Hunan & Co. aufbrach. Sein Freund John hatte ihm vor der Reise gesagt, dass er nichts Besonderes mitnehmen muesse. Es sei warm dort ... man fahre ja in eine Gegend suedlich des Yangzi. Nichtsdestotrotz hatte ihm seine Frau die warme, Harbin-taugliche Unterwaesche eingepackt ...
 
Hier ein konstruktiver Vorschlag: vielleicht kann man es statt mit einem Dogma mal mit einem Mantra versuchen! Wenn man in einer kalten Wohnung sitzt, mit eisigen Haenden und Fuessen und klappernden Zaehnen in unbequem dick wattierten Jacken, hilft es vielleicht, wenn man es nur oft genug vor sich hin murmelt: OM SUEDLICH DES YANGZI IST ES WARM ||: OM SUEDLICH DES YANGZI IST ES WARM :|| OMMMMMMMMMMMmmmmmmmm............

Donnerstag, 19. November 2009

Der erste Schnee

Die werten Leser und Leserinnen moegen es kaum glauben, aber ich lebe noch ... so gerade. Es war zuletzt doch etwas hektisch. Aus dem Urlaub wiedergekommen, eine Woche im Buero gewesen - die war natuerlich schon erstens halb verplant mit all den eiligen Sachen, die man gleich nach der Rueckkehr veranstalten musste, zweitens reichten die 487 ungelesenen Mails durchaus fuer mehr als eine halbe Woche, und drittens musste ich in der dritten Haelfte ;-( noch "Reisevorbereitungen" treffen, denn am Sonntag ging es ja gleich wieder nach Hong Kong. In Hong Kong gab es volles Programm, jeden Tag von 8 Uhr morgens bis 10 oder 11 Uhr abends - uff! Erst Konferenz, dann "mein" Workshop. Zumindest war ich mit letzterem halbwegs zufrieden, obwohl nicht alles so gut vorbereitet war, wie ich es mir gewuenscht hatte. Letzten Freitag bin ich nachts wohlbehalten, aber doch etwas erschoepft wieder in Shanghai gelandet. Und habe mitgenommen, dass es in Hong Kong schon gar sehr weihnachtet! In Shanghai habe ich noch nichts gesehen, aber das mag wohl auch daran liegen, dass ich noch nicht wirklich irgendwo hingegangen bin seither.

Am Wochenende musste ich mich beeilen, die zweite Haelfte unserer "Kamele" auf die Betten zu bringen, denn die leichten Sommerhaelften der Oberbetten waren jetzt wirklich nicht mehr ausreichend. Burkhard wusste von einem rechten Temperatursturz zu berichten: am Donnerstag noch geschwitzt, am Freitag schon gefroren. Brrr! Statt zu kuehlen versucht die Klimaanlage jetzt zu waermen. (Was auch leidlich klappt.)

In dieser Woche haette ich eigentlich nach Korea reisen sollen, habe mich aber geweigert. Das hat mir wahrscheinlich keine Pluspunkte gebracht, aber enorm Kosten und Reisezeit gespart. Arbeitszeit und Nerven nicht, denn so musste ich telefonisch teilnehmen. Das spezielle Team, um das es da in Korea geht, arbeitet nicht gern besonders strukturiert, so dass folglich nicht planbar war, zu welchen Zeiten ich wirklich dabeisein musste. Ein paar kleine Erfolge habe ich dann heute aber doch gesehen ... schau'n mer mal, wie lange die vorhalten. Fuer den vorhergehenden Termin Anfang Oktober hatte ich eine Agenda vorbereitet, die dann aber mit dem Hinweis "das ist zu strukturiert" ueber den Haufen geworfen wurde. Seither benoetige ich psychologische Betreuung, denn meine Ansichten ueber effektives und effizientes Arbeiten sind in den Grundfesten erschuettert.

Und dann ist heute ganz sachte der erste Schnee gefallen. Klingt nach Haiku ... habe eins gefunden, das ganz anders ist als die letzten zweieinhalb Wochen:

erster schnee
den ganzen morgen
kein wort

Ah! Tief durchatmen!

Samstag, 31. Oktober 2009

Mittwoch, 21. Oktober 2009: Beijing zweite Wahl - Tour der Religionen

So ein Mist! Heute lieg' ich flach, das Fruehstueck gestern war doch wohl sehr unkoscher. Ich werde mit Wasser, Schokolade und Bananen ausgestattet, und Burkhard besichtigt alles das, was nicht sooo wichtig ist. Den ersten Rundgang im Central Business District macht er schon vor der Schokoladen-Bananen-Einkaufstour im benachbarten Walmart. In Beijings Bueroturmviertel ragen die Glaspalaeste einer hoeher als der andere in den heute sogar hier blauen Himmel. Aber nicht hoeher als 330 Meter, das ist die Grenze hier wegen des Weltkulturerbe-Status der Verbotenen Stadt! In schoenstem Morgenlicht hat Burkhard schoene Architekturfotos gemacht. Danach faehrt er zur St Joseph's Church, einer katholischen Kirche, wohl der aeltesten hier. Der aktuelle Bau stammt zwar nur von 1905, aber Vorgaengerbauten gab es schon seit etwa 1650.

Der naechste Programmpunkt ist ein Bummel ueber die Wangfujing Dajie, an der die grossen Einkaufspalaeste liegen. Ich bekomme das kurz als "die Nanjing Lu von Beijing" beschrieben und weiss Bescheid. Eine riesenhafte Darstellung des bekanntlich nicht kleinen Yao Ming, des beruehmten Shanghaier Basketball-Spielers, wirbt fuer die Artikel eines Sportausstatters.

Weil der Weg am Platz des Himmlischen Friedens vorbeifuehrt und das Licht gut ist, macht Burkhard auch hier schon mal ein paar Fotos. Eigentlich steht jetzt der aelteste Tempel Beijings auf dem Programm, der buddhistische FaYuan Si. Der ist urspruenglich den Soldaten gewidmet gewesen, die auf Expeditionen zu den Staemmen im Norden ums Leben kamen. Von diesen Tatsachen mal abgesehen, ist es eher ein Tempel wie jeder andere.

Dann gibt es einen interessanten Programmpunkt: die NiuJie-Moschee, die einem wie die grosse Moschee in Xi'an recht chinesisch vorkommt. Der Muezzin ruft hier auf dem Hof zum Gebet, obwohl er doch auch auf einen als Minarett deklarierten zweistoeckigen chinesischen Pavillon steigen koennte. Diese aelteste und groesste Moschee Beijings geht auf das 10. Jahrhundert zurueck und wird noch heute vor allem von Angehoerigen der Hui-Minderheit besucht. Aussen Hui, innen auch Hui. Auch unser Fahrer gehoert dieser Bevoelkerungsgruppe an, laesst das aber nicht "'raushaengen".

Das naechste Ziel ist der BaiYun Guan, der Tempel der weissen Wolke und Sitz des chinesischen Daoistenverbands. Auch er blickt auf eine lange Geschichte zurueck: Seit 739 gibt es hier einen Tempel, der mehrfach abgebrannt ist und wiederaufgebaut wurde. Die heutigen Gebaeude stammen aus der Ming- und Qing-Zeit.

Der Miao Ying Si ist der letzte Tempel fuer heute. Die im Reisefuehrer erwaehnte 51 Meter hohe weisse tibetische Dagoba uebersieht Burkhard aber, so dass nun Zweifel aufkommen, ob er wirklich da war. Vielleicht war das der GuangJi-Tempel??

Danach ist Burkhard noch einmal zur Sankt-Josefs-Kirche gefahren, um deren Westfassade im Licht sehen zu koennen, und dann gab es Essen. Nach dem Essen war blaue Stunde an der Wangfujing Dajie angesagt, und dann hiess es ein Taxi angeln. 15 Minuten fuers Angeln und 50 Minuten fuer 7 Kilometer - dann war er um viertel nach sieben zurueck im Hotel.

Ich sehe mir abends die Fotos an - na gut, einiges haette ich auch gern gesehen, aber sooo schlimm ist es nicht, dass ich es verpasst habe. Trotz eifrigen Bloggens (o.k., am Vormittag bin ich noch einige Male eingeschlafen, aber am Nachmittag habe ich relativ konsequent geschrieben) ist es mir nicht gelungen, den Rueckstand komplett aufzuholen - ich konnte ihn nur auf knapp zwei Tage verkleinern.

Dienstag, 20. Oktober 2009: Badaling-Ming-Jing

Heute sollten wir um 7:15 Uhr auschecken, damit wir um 7:30 Uhr abfahren koennten … eigentlich wollte Sue ja, dass wir um 7 Uhr abfahren. So musste ich mich beim Fruehstueck schon hetzen, denn das gab es erst ab 6:30 Uhr. Wir waren denn auch die ersten da. Das Buffet ist hier in der Lobby angerichtet, und zwar unter einer leicht grotesken Riesendekoration mit einer Styropor-GuanYin und allerhand Sachen, die ich kaum visuell auseinanderklamuesert bekomme. Eins scheint ein riesiges Huhn zu sein, was ich komisch finde, denn wir haben ja nicht das Jahr des Huhns, sondern des Rinds (und ich natuerlich permanent das Jahr des Schweins). Ich mache Burkhard gegenueber eine Bemerkung darueber. Was fuer ein Huhn? Das ist doch ein Phoenix!

Um 7:20 Uhr waren wir jedenfalls ausgecheckt, aber der Fahrer und Sue trudelten dann doch erst um kurz vor halb ein - das hab' ich schon gerne. Die Idee war, uns gegen elf in Badaling der Fuehrerin fuer Beijing zu ueberantworten. Um 10:40 Uhr waren wir dann auch schon in der Naehe, aber unser Fahrer hat die Ausfahrt verpasst, und die naechste war auch gesperrt. Grrr! Mittlerweile bemerke ich auch, dass irgendwas am Fruehstueck nicht "koscher" war. Gut, dass ich den Bewertungsbogen schon vorher ausgefuellt hatte, sonst haette es fuer das Fruehstueck im Hotel und fuer den letzten Transfer schlechte Bewertungen gegeben. - Schliesslich haben wir um 11:40 Uhr das neue Team ausgemacht. Ab sofort sind wir nicht mehr im Minibus unterwegs, sondern mit einem normalen PKW. Ivy heisst die etwas (wind-)pockennarbige Fuehrerin, und da sie im Zeichen der Ratte geboren ist, muss sie wohl 25 sein. Schau'n mer mal, wie die sich macht.

Nun stehen wir also mitten im Rummel von Badaling, der klassischen Stelle, um die grosse Mauer zu besichtigen. Der Himmel ist blau und der Wind blaest heftig, aber laengst nicht so kalt wie am Wutaishan. Wie nun am schnellsten hinauf- und wieder herunterkommen? Wir beschliessen, dass die Kabinenbahn das Mittel der Wahl sei. Auf dem Hinweg ist sie auch flott. Allerdings durchzuckt mich kurz nach dem Einsteigen ein heftiger, unerklaerlicher Schmerz am Unterkiefer. Burkhard meint, er habe etwas Gelbes zu Boden fallen sehen, aber der Uebeltaeter kann nicht mehr ausgemacht werden. Offenbar ein Insektenstich, den ich immer noch spuere. Hm. Heute scheint nicht mein Tag zu sein.

Die Schlange, die wir bei unserer Ankunft oben fuer die Rueckfahrt sehen, sieht nicht ermutigend aus. Ooch, das wuerde nur 20 Minuten dauern, meint Ivy - und zu Fuss vom achten zum ersten Wachtturm gehen, wo sich der Ausgang befindet, wuerde 40-60 Minuten in Anspruch nehmen. Aber erst wollen wir ja mal besichtigen. Der achte Wachturm ist hier der hoechstgelegene, und mit den Massen waelzen wir uns auch hinauf. Auf dem ersten Stueck sind keine Treppen, und man nimmt eine seltsame Schieflage ein. Wenigstens hilft uns der Wind ein bisschen und schiebt. Am Wachturm, an dem man dann nicht weiter kommt (und den man nicht einmal besteigen kann), geraten wir in die grosse Heldenfotografie. Man sei naemlich kein Held, solange man noch nicht die grosse Mauer bestiegen habe. Wir sind Helden. Ab sofort.

Badaling hat seinen Namen davon, dass man hier in acht (= ba) Himmelsrichtungen (die Klassiker und Nordost, Suedost etc.) gehen kann, so jedenfalls habe ich Ivys Erklaerung verstanden. Gefuehlt die meisten Richtungen liegen jetzt im Gegenlicht, und das bunte Herbstlaub ist auch nur noch fleckenweise vorhanden, meist hat es schon dem Silbergrau kahler Aeste Platz gemacht. Und so richtig ueberraschend ist der Anblick der Mauer ja nun auch nicht mehr, hat doch jede/r schon dutzendweise Bilder gesehen, wie sich das Ziegelsteinband "wie ein Drachen" ueber die Berggrate schlaengelt. Jaja, es ist schon toll - aber als Hoehepunkt kann es hoechstens im Hinblick auf die Meter ueber NN gelten.

Wir haben das Gefuehl, ein bisschen in Eile zu sein. Heute wollen wir ja noch die Ming-Graeber sehen! Deshalb stellen wir uns jetzt gleich in der Schlange an und warten in einem dunklen, zugigen "Schlangentunnel" etwa 45 Minuten - na, da waeren wir besser zu Fuss gegangen! Wenn man Chinesen schon glaubt … Die Gondel schwankt doch schon relativ heftig im Wind, aber wir kommen heil und sicher unten an. Unser Fahrer wartet schon direkt am Ausgang auf uns. Wir beschliessen, das Mittagessen ausfallen zu lassen, so dass es gleich zum Berg der himmlischen Langlebigkeit, tianshou shan, losgeht. Der bildet die "Rueckseite" des Tals, das sich die Ming-Kaiser fuer ihre letzten Ruhestaetten ausgesucht haben. Hier liegen 13 der 16 Sproesslinge der Ming-Dynastie. Der erste liegt in Nanjing, weil das zu seiner Zeit noch die Reichshauptstadt war. Der zweite ist an einem unbekannten Ort begraben, da gab es irgendwelche schwarzen Flecken auf der ansonsten makellos gelben Weste des Kaiserhauses. Und auch mit dem verflixten siebten gab es Familienstreitigkeiten - alle anderen haben hier in diesem sich hufeisenfoermig nach Sueden oeffnenden Tal ihre letzte aufwaendige Ruhestaette gefunden, mitsamt ihren Frauen, Nebenfrauen und (ausgewaehlten) Konkubinen.

Wir fahren gleich an der ganzen Folge der Tore und Prozessionswege vorbei schnurstracks zum Chang Ling, dem Grab des YongLe-Kaisers (das war der, in dessen Regierungszeit Zheng He auf seine beruehmten grossen Fahrten ging). Das ist das aelteste und groesste Grab, und eines der wenigen renovierten. Allerdings kann man nur die oberirdischen Gebaeude besichtigen. Nach dem ersten grossen und breiten Tor kommt man, o Wunder, in den ersten Hof. Rechts und links stehen grosse Kacheloefen, die aber nicht mit einer kuscheligen Ofenbank versehen sind. Hier konnten Opfergaben (sozusagen Ofengaben) verbrannt werden. Dann geht es durch das zweite Tor, o Wunder, in den zweiten Hof. Nun blickt man auf die Ling'en Dian, die ziemlich grosse und hohe Halle der Gnade, die auf einer dreifachen Terrasse steht. Frueher diente sie dazu, Opfer darzubringen, heute ist es eine Ausstellungshalle. Ihr Dach wird von riesigen Edelholzsaeulen aus "nanmu", also woertlich Suedholz, getragen. Ich habe bisher noch nicht ergruendet, ob nanmu nun Sandelholz ist oder Zedernholz oder keins von beiden. Jedenfalls sind diese massiven Edelholzstaemme damals ueber 4000 km aus Yunnan herbeigeschafft worden.

Nach dieser Haupthalle betritt man den dritten Hof, in dem der Prozessionsweg durch ein Tor fuehrt, das sozusagen den Eingang in die jenseitige Welt bildet. Dahinter steht noch ein Altar mit den "fuenf Opfergaben" (zwei Vasen, zwei Kerzenstaender, ein Raeuchergefaess), und dann betritt man den Geisterturm, der den Eingang zur Grabkammer markiert. Die Mauern rechts und links, die Teil der rechteckigen Umfriedung sind, schliessen hier vorn an die runde Mauer an, die den ziemlich riesigen Tumulus umgibt, einen grossen bewaldeten kuenstlichen Huegel. Zum ca. 768sten Mal erfahren wir, dass in der alten chinesischen Weltanschauung rechteckig oder quadratisch fuer das Irdische steht, rund aber fuer das Himmlische. Vom Obergeschoss des Geisterturms, in dem eine grosse Stele steht, kann man ganz schoen ueber die Baumwipfel ins Tal schauen und hier und dort weitere Gnadenhallen- und Geisterturmdaecher aus dem Gruen herauslugen sehen. - Der Weg in die Unterwelt ist hier nicht frei, also machen wir uns auf den Rueckweg. Ich gehe zurueck durch das Geisterwelt-Tor, ohne mir die Kleider abzuklopfen (es koennten Geisterfetzen daran haften) und ohne laut zu rufen, dass ich nun in die Welt zurueckkomme. Chinesen tun das, vor allem, wenn ihr Fremdenfuehrer ihnen diese alten Verhaltensweisen nahelegt. Bruellen ist ja immer beliebt! ;-))

Vom Chang Ling fahren wir ein paar hundert Meter zum Ding Ling, dem Grab des Wanli-Kaisers, der einer der letzten Ming-Sproesslinge war (Regierungszeit 1573-1620, waehrend die YongLe-Zeit von 1403-1424 dauerte). Die oberirdischen Anlagen aehneln denen im Chang Ling, jedenfalls soweit sie noch vorhanden sind: von mehreren Bauwerken sind nur mehr die Fundamente sichtbar. Hier geht man aber wegen des unterirdischen "Palastes" hin, denn dieses Grab ist das einzige hier, das bislang geoeffnet wurde. Man wird aber nicht ueber den urspruenglichen Weg hineingefuehrt, sondern steigt ueber oede Waschbetontreppen in die Tiefe - etwa 27 Meter, also irgendetwas wie das achte Untergeschoss. Man kommt, etwas abwegig, am hinteren Ende der rechten Seitenkammer an. Der Palast besteht aus fuenf langen, vergleichsweise schmalen Raeumen, die in relativ grosser Hoehe mit Tonnengewoelben ueberspannt sind: zwei Vorraeume und zwei Seitenkammern in Laengsrichtung und die Hauptkammer als Querriegel. Darin waren der Kaiser, seine Kaiserin und die erste Nebenfrau beigesetzt. Heute stehen dort rotlackierte Riesensargkisten und 26 kleinere Kisten mit Traggriffen, alles Platzhalter fuer die Saerge bzw. die Grabbeigaben, von denen ein groesserer Teil in der Ausstellung in der Ling'en-Halle im Grab des Yongle-Kaisers gezeigt wird. - Im Vorraum stehen drei Throne, einer fuer jeden Toten. Vor jedem Thron steht eine grosse Porzellanvase. Die seien mit Oel gefuellt gewesen; man habe diese als Oellampen genutzt, als man den unterirdischen Palast verschlossen habe, um den Sauerstoff loszuwerden. - Die Raeume selbst wirken wie aus grauem Beton, Ivy sagt aber, das sei alles original. Sie sind weitgehend schmucklos, nur die Tore sind ein wenig verziert, teilweise mit einem Diamantmuster aus Ziegelzickzack. Offenbar kannten die Mings noch keinen horror vacui. Bemerkenswert sind noch die Torfluegel: massiver weisser Marmor, die neun mal neun kaiserlichen Tuerknoepfe gleich angearbeitet, ebenso der Loewenkopf mit dem Tuerring. Gross und breit und ziemlich schwer, aber dafuer wohl mit einem guten Mechanismus ausgestattet, der dafuer sorgt, dass sie sich ganz leichtgaengig oeffnen lassen. Wenn ich es richtig verstanden habe, schwingen sie um eine Drehachse, die gewissermassen ein "Kugellager" hat: ein halbkugelfoermiges Ende, das sich in einer halbkugelfoermigen Vertiefung bewegt. Jetzt schwingt hier natuerlich gar nichts: die Tore stehen offen und sind durch Glasplatten vor den Patschefingern des gemeinen Besuchervolks geschuetzt. Der fruehere Eingang ist jetzt der Ausgang, und wir finden uns unter dem Geisterturm wieder.

Jetzt wollen wir unbedingt noch die Allee mit den steinernen Waechterfiguren sehen und begehen, den Seelenweg (shen dao). Wir gehen natuerlich jetzt falsch herum, weil wir vom Grab kommen - sei's drum. Beginnend am Drachen- und Phoenixtor (ja, stellt Euch vor: der Drache symbolisiert den Kaiser und der Phoenix die Kaiserin, das ist ja das Allerneueste!) schreiten wir auf einem von Weiden schoen gesaeumten Weg im sonnigen Spaetnachmittagslicht entlang. Schoene Stimmung hier, und es ist auch nicht allzu voll. Paarweise gegenueber stehen sich zuerst die Tiere: Loewe, Xiezhi (ein mythisches Einhorn), Kamel, Elefant, Qilin (sprich: tschilin) und Pferd, dann sechs militaerische und zivile Beamte (das ist die richtige Reihenfolge, nicht die, in der wir gehen). Von den Tieren gibt es je vier, ein sitzendes Paar (hat Pause) und ein stehendes (haelt Wache). Jeden Tag um Mitternacht ist Wachabloesung. Das waer's ueberhaupt: Ueber Nacht die sitzenden und stehenden Paare vertauschen …

Auf dem Prozessionsweg liegen dann noch der Stelenpavillon, das grosse rote Tor und das marmorne Ehrentor, welches den Anfang des ueber 7 Kilometer langen Weges markiert. Wenn man bedenkt, dass die Kaiser sonst ueberall hingetragen wurden, sei es von ihrem Pferd oder von ihren Saenftentraegern, wird so erst klar, was es bedeutete, dass selbst sie spaetestens ab dem grossen roten Tor zu Fuss gehen mussten … und das mindestens einmal im Jahr, bei Bedarf oefter, wenn es hiess, die Ahnen zu verehren und um Hilfe zu bitten. So eine Strapaze aber auch!

Fuer uns sind die Strapazen jetzt fuer heute zu Ende, wir brauchen nur noch etwas Geduld fuer den Verkehr in Beijing. Es sind zwar nur knapp 50 km, aber es dauert … Am Ende kommen wir aber doch heil am Hotel an. Wir wohnen hier im Sofitel im CBD, dem Central Business District. Ganz in der Naehe der Brandruine des neuen CCTV-Gebaeudes, das bei den letzten Neujahrsfeierlichkeiten durch fahrlaessigen Umgang mit Feuerwerk spektakulaer abgefackelt war, als es sich eigentlich der Fertigstellung naeherte. Die Brandschutzeinrichtungen waren damals leider noch nicht in Betrieb.

In diesem Hotel sind fuenf Sterne ganz (wohltuend) anders als in Pingyao. Leider kaempfe ich immer noch mit den unkoscheren Elementen des Fruehstuecks, welche bedauerlicherweise im Moment im Vorteil sind. Wir gehen also lieber nirgendwo mehr hin, Burkhard isst einen Snack in der Hotelbar, und dann geht's gleich ins Bett.

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Montag, 19. Oktober 2009: Wolkengrat-Grotten und die Beine von Dolores

Heute ist unser Programm nicht allzu voll, zumal der grosse und sehenswerte Huayan-Tempel nach den Nationalfeiertagsfeierlichkeiten zur Renovierung geschlossen wurde. Von unserem Hotelzimmer im 11. Stock des Yungang International Hotel koennen wir uns schon im ersten Licht des Tages mit eigenen Augen davon ueberzeugen: die ganze Anlage ist eine einzige Baustelle. Die Hoefe sind komplett aufgerissen, die meisten Gebaeude sind eingeruestet, einige Tuerme "skelettiert" - das kann man jetzt wirklich nicht besichtigen. Auf einem der Tuerme soll die neue Turmspitze angebracht werden - die schwebt jetzt am Morgen ein wenig ueber ihrem "Landeplatz" - heute Abend wird sie immer noch dort schweben.

Wir starten also heute erst um neun Uhr. Wir muessen 16 Kilometer hinausfahren, dort liegen die Wolkengrat-Grotten, Yungang Shiku, die den Hauptpunkt fuer heute bilden. Auch auf der Liste des Weltkulturerbes, neben den Grotten von Mogao und Longmen die dritte grosse Ansammlung buddhistischer Hoehlen in China. - Auch auf dieser Seite von Datong sind die Strassen in eine Baustelle verwandelt, wieder muessen Fahrer und Fuehrerin sich durchfragen. Unterwegs kommen wir an Kohleminen vorbei, samt riesigen Wohnblocks, wohl fuer die Bergarbeiter. Schliesslich sehen wir die "durchloecherte" Felswand, in der die buddhistischen Grotten aus der Wei-Dynastie unter den Mauerresten eines alten Forts liegen. Die Flaeche davor ist auch weitgend eine Baustelle. Die irgendwie betonierte Zugangsstrasse wird von Souvenirverkaeuferstaenden gesaeumt. Der Eingang liegt gleich gegenueber den Hoehlen 16-20 (von insgesamt 53, die einfach von Osten nach Westen durchnummeriert sind). Dies sind mit die groessten Hoehlen, vor allem aber die aeltesten. Sie stammen aus den Jahren um 460. In einer jetzt offenen Nische (der Hoehlenvorbau ist irgendwann mal eingestuerzt) sitzt der grosse Buddha und begruesst die Besucher mit einem milden Beinahe-Laecheln. Uns begruesst er in zwar kaltem Wind, aber in voller Sonne und unter blauem Himmel. Vor der Hoehlenwand liegt ein recht breiter Platz, und man kann sich frei bewegen. Klasse! Wir gehen zunaechst nach Osten und bestaunen jede einzelne Grotte. Manche sind so gearbeitet worden, dass innerhalb der Felswand ein Buddha aus dem Stein geschlagen und dann vor ihm Hoehlenraum ausgehoehlt wurde. Nach vorn hin hat man dann ein (tendenziell grosses, meist flach rundbogiges) Fenster und eine (tendenziell relativ kleine) Tuer geoeffnet, fertig ist eine schoen geschuetzte Hoehle. Dabei faellt es dann auch nicht so auf, wenn die Proportionen der Buddhafigur darin etwas missraten sind. Wenn man drinnen steht und ehrfuerchtig hochschaut, merkt man gar nicht, dass der Unterleib stark verkuerzt ist, und wenn man von aussen schaut, faellt es auch nicht auf, weil man sich auf das "Brustbild" im grossen Fenster konzentriert.

Ein anderes Hoehlen-"Modell" ist, vorn zwei oder drei Saeulen stehenzulassen und so eine halboffene Nische zu kreieren. Manche Hoehlen bestehen auch aus zwei, also einer Vorhoelle (sozusagen. ;-)) ) und einer Haupthoehle. Die Themen sind aber durchweg erfreulicher als Hoelle, es geht meist eher um Himmlisches, gern auch mit Musik und Tanz. Eine der Hoehlen wird in jedem Reisefuehrer extra hervorgehoben, weil dort so viele Musikanten mit einer grossen Fuelle von Instrumenten dargestellt sind. Und fuer den Tanz sorgen die Apsaras, die bei Burkhard jetzt unter dem chinesischen Ausdruck "fei lai fei qu" laufen, was eigentlich hin- und herfliegen heisst, aber wohl auch mit umherschwirren uebersetzt werden koennte. Je weiter wir nach Osten kommen, umso bunter werden die Hoehlen. Hoehepunkte sind die Hoehlen 5 und 6, die mit einem halben Gebaeude vor der Felswand versehen sind. In der Vorhoehle wachen grimmige Waechter, in der Haupthoehle 5 sitzt ein grosser Buddha; in der Haupthoehle 6 laecheln Buddhas und Bodhisattvas von den vier Seiten eines massiven Pagodenpfeilers, um den man herumgehen kann. Die Waende und Decken sind ueber und ueber behauen (klingt groeber, als es ist) und bemalt. Die Leute hatten damals wohl auch schon horror vacui. Leider darf man nicht fotografieren, obwohl das Piktogramm nach meiner Ansicht "Fotografieren mit Blitz verboten" besagt. Darueberhinaus sind die Hoehlen nicht gut beleuchtet - dass das Licht sein soll, das den Farben nicht schadet, bezweifle ich, und ausserdem blendet es vielfach. Schade!

Der Bereich noch weiter oestlich (Hoehlen 1-4) ist gesperrt; angeblich sind hier kuerzlich Zacken aus der Krone (der Felswand) gefallen. Hm. Ich sehe ja ein, dass das dann ein Risiko ist; allerdings wuerde ich dann den Bereich so absperren, dass das fuer jedermann ersichtlich ist. Jetzt wird man bloss von einem Uniformierten daran gehindert, durch ein offen stehendes Tor zu gehen. Komisch. Wir wandern also langsam zurueck, erreichen wieder den grossen Buddha aus Hoehle 20 und gehen nun noch nach Westen. Das sind die juengsten Hoehlen, auch nicht mehr besonders spektakulaer. Sie entstanden bis 494 - dann war Schluss, denn die Herrscher haben in diesem Jahr die Hauptstadt von Datong nach Luoyang verlegt und dann begonnen, die Longmen-Grotten zu bauen. Da waren die Yungang-Grotten mit einem Schlag "out".

Apropos Longmen-Grotten: wie dort auch soll frueher mal hier ein Fluss vor den Hoehlen geflossen sein. Einer der alten Kaiser hielt das fuer ein Risiko und ordnete an, den Fluss vierhundert Meter weiter weg zu verlegen. Nichts ist unmoeglich?! Koste es, was es wolle …

Waehrend wir zurueckgehen zum Ein- und Ausgang vor dem Monumentalbuddha, zieht sich der Himmel endgueltig zu. Jetzt sieht es grau aus, und waehrend die Fotografen nicht mehr mit den harten Schlagschatten zu kaempfen haben, hat der Stein auch seine Strahlkraft verloren und wirkt matt. Was haben wir fuer ein Glueck gehabt!

Auf dem Rueckweg legen wir einen Halt an der GuanYin Tang ein. Das ist eine der GuanYin geweihte Tempelhalle aus der Liao-Dynastie. Wenn man ankommt, prangt erst einmal eine mit gelb und gruen glasierten Fliesen geschmueckte Drachenwand. Auf der tempelzugewandten Seite spielen drei Drachen mit zwei Perlen - ob das Streit gibt? Der Tempel besteht im Wesentlichen nur aus einer Halle, rechts und links stehen ein Trommel- und ein Glockenpavillon und hinter der Halle ein weiteres Gebaeude, das jetzt offenbar als eine Art Wohnhaus fuer die "Tempelwaerterfamilie" genutzt wird. Zwei Kettenhunde bellen uns aus, koennen aber nichts ausrichten. Die Halle ist eine Art Schatzkaestlein, so aehnlich wie die Hallen vom Nanchan oder Foguang Si: Um die zentrale Figur der GuanYin herum sind weitere Figuren in verschiedenen Groessen angeordnet. Vor GuanYin vier huebsche weisse halb-lebensgrosse Maedchen mit verschiedenen Haartrachten, wohl aus der Song-Zeit, an den Seiten erschroecklicheres Personal, darunter vier Geister mit je einem zweiten Gesicht. Wirklich schoen fuer so einen kleinen "Beifang" am Wegesrand!

Danach fahren wir in die Stadt zurueck und essen in einem Ketten-Schnellimbiss eine Nudelsuppe. Dazu nehmen wir noch einen Auberginensalat: gar nicht uebel, es ist aber doch verdorri (oder wie schreibt man das?) viel Knoblauch darin. Hhaaccchhhh!

Gleich auf der anderen Seite liegt der Shanhua Si, dessen Vorplatz auch eine einzige Baustelle ist. Wenn man sich da irgendwie durchgemogelt hat, kann man den grossen Tang-zeitlichen Tempel, dessen Eingang eine weitere Drachenwand aus gruen-bunt glasierten Ziegeln vor Geistern schuetzt, ohne weitere Beeintraechtigung betreten. Hier ist alles kaiserlich-majestaetisch gross. Ueber rotbraunen Waenden kann man die typischen Balkenauskragungen der alten Dachkonstruktion bewundern, und in der letzten und groessten Halle meditieren, weniger kaiserlich, aber auch sehr majestaetisch, fuenf grosse Buddhas vor sich hin. Die Waechterfiguren rechts und links tragen ganz klar Adidas-Kampfsportschuhe mit dem typischen Streifenmuster. Und wo wir schon fast beim Thema Beinkleid sind: hier beginnt die bisher mehr schlecht als recht verhohlene Aufmerksamkeit fuer meine nylonbestrumpften Beine (samt dicken Socken und Wanderschuhen) in offene Neugier umzuschlagen. Einem aelteren Herrn genuegt es nicht, dass ich ihm versichere, dass es nicht zu kalt sei. Er muss mal rasch fuehlen. Und eine der Tempelhallenbewacherinnen fuehlt gruendlich vom Knie das ganze Bein herunter. Nein sowas!

Nachdem wir die Besichtigung groesstenteils abgeschlossen haben, kommt sogar die Sonne wieder ein bisschen hervor, und die rotbraunen Waende fangen an, warm zu leuchten. Wir steigen aber wieder ueber den Vorplatz weg und machen uns nun zu Fuss auf zum Trommelturm. Den hatten wir schon im Vorbeifahren gesehen - halt so ein chinesisches Gebaeude mit wohl quadratischem Grundriss, das die Altvorderen in der Absicht aufgestellt haben, den modernen Strassenverkehr zu behindern. Jetzt muessen alle irgendwie drumherum - "drum"-herum, deshalb auch Trommelturm, Gruss aus Kalau! Aus matter Rache wird der Turm daher auch ziemlich stiefmuetterlich behandelt, oder eigentlich nicht einmal: man hat ihn eingezaeunt und straft ihn mit Nichtbeachtung. Das kann man von meinen Beinen nicht sagen - da guckt wirklich jeder und jede hin, als haette man hier noch nie "nackte" Beine gesehen. Ich fuehl' mich wie Dolores! Nur einmal stiehlt mir ein Bus die Show - mit einem Unfall, bei dem man sich fragt, wie er es geschafft hat. Irgendwie muss er mitten in den halbhohen, aber eigentlich gut sichtbaren Drahtzaun eingebogen sein, der hier den Radweg von den Auto-Fahrstreifen trennt. Der ist dann wahrscheinlich hochgerissen worden und hat eine der Scheiben zertruemmert … oder so. Da will man jedenfalls von meinen Beinen nichs mehr wissen.

Bald darauf erreichen wir Jiulong Bi, die Neun-Drachen-Wand, eine weitere Sehenswuerdigkeit, auf die die Leute von Datong wohl sehr stolz sind, denn mit 45 Metern Laenge ist sie etwa anderthalb mal so lang wie das Gegenstueck in der Verbotenen Stadt. Die Hemden der Stadtvaeter sind bestimmt standardmaessig in Brusthoehe etwas weiter geschnitten. - Die Mauer steht im Gegenlicht, aber die Sonne steht auch schon ziemlich tief. Die blonden, bruenetten und schwarzen Drachen auf blaugruenem Fliesengrund spielen aber auch im Spaetnachmittagslicht unbeirrt weiter mit ihren Perlen. Den Wohnsitz eines verdienten Beamten, dessen Eingang die Mauer frueher gegen das Eindringen von Geistern schuetzte, hat die Zeit mittlerweile trotz seiner offensichtlichen Groesse weggefegt.

Abends essen wir Feuertopf im KaiGe FeiNiu HuoGuo - das ist ein super Tipp des Hoteliers. Ein Fahrer des Hotels faehrt uns (theoretisch umsonst) hin. Das Restaurant ist schon gut besucht, wir bekommen trotzdem gleich einen Tisch - den letzten freien auf dieser Seite des Restaurants. Nur dass es keine englische Karte gibt und auch keine englischsprachige Bedienung. Das Aufgeben der Bestellung unter besonderer Beachtung der Herrschaften am Nebentisch ist deshalb ein lustiges kleines Abenteuer. Wir bestellen Schaf- und Rindfleisch, zwei Sorten Tofu (wobei uns der geraeucherte dann nicht besonders zusagt), zwei Sorten fettes Brot, darunter die "Ruesselkuchen" (rund mit zwei Loechern drin: ein Schluesselreiz), Kartoffeln und Pilze und Oktopus. Puh! Zuviel! Viel zuviel! Und dabei haben wir noch nicht einmal Fischbaellchen dabei. Wir trinken einen Krug Sanddornsaft - scheint hier eine Spezialitaet zu sein. Der Sanddorn waechst hier in der Gegend gut und reichlich, auch am Wutaishan hatten wir jede Menge Exemplare stehen sehen, die dick mit den leuchtend orangefarbenen Beeren voll sitzen. - Uebrigens kocht hier jeder sein eigenes Feuertopfsueppchen in einem kleinen, sehr geradlinigen, schweren Edelstahltopf. Der wird einem sozusagen vor die Nase gestellt. Auf eine normale cremefarbene Stofftischdecke, bemerken wir ploetzlich. Und das Feuer fuer den Topf? Kommt hier total innovativ aus Induktionskochplatten! Als wir fertig sind, ist die Tischdecke um den Topf herum gar nicht mehr cremefarben, sondern braeunlich - aber das liegt an den Suppenspritzern. Dabei faellt mir auch auf, dass dies ein hautfreundlicher Ort ist. Waehrend es draussen furchtbar trocken ist und vor allem Lippen, Gesicht und Haende darunter leiden, steigen hier aus unzaehligen Toepfen die Dampfschwaden auf - die Maedels vom Personal brauchen sich keine Sorgen um ihre Hautfeuchtigkeit zu machen. ;-))

Ein Taxi bringt uns zurueck zum Hotel, wo wir in der Bar lieber noch etwas trinken, was hoffentlich bei der Verdauung hilft. Ich bin ja soooo satt! Aber lecker war's.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Samstag, 17. Oktober 2009: Vier weitere Tempel (die beiden suedlich des Wutaishan)

In aller Herrgottsfruehe sollen wir auschecken, naemlich um 7:30 Uhr, aber hier scheint irgendwo eine natuerliche Grenze zu sein; jedenfalls sind wir 10 Minuten zu spaet. Vielleicht ja auch, weil das Hotel, von seiner allzu trockenen Raumluft abgesehen, recht gut war. Als Sahnehaeubchen gab es zwar nicht standardmaessig, aber immerhin auf Wunsch ein Buchweizenkissen.

Dann heisst es erst einmal fahr'n, fahr'n, fahr'n, aber nicht auf der Autobahn, sondern ueber Land. Eigentlich schade, dass man nicht abends im Dunkeln fahren kann, sondern "mitten" in der Nacht aufstehen muss und, wenn man das schon macht, die schoenen Morgenstunden nicht einmal zum Besichtigen nutzen kann - in Anbetracht der Strassenzustaende hat es andererseits ja auch seine Vorzuege und erhoeht garantiert die Sicherheit. Immerhin erreichen wir gegen zehn Uhr unser erstes Ziel, den Nanchan Si (das scheint so etwas wie "Suedlicher Meditationstempel" zu heissen). Hinter roten Klostermauern sind keine Moenche mehr zugegen; ein alter Mann huetet das Anwesen, nimmt die Eintrittsgelder ein und schliesst uns jetzt die Tuer auf. Schon vorher sehen wir einen archaisch wirkenden stilisierten Pferdekopf auf dem Dachfirst ueber die Mauer gucken. Dann stehen wir im Hof vor der Haupthalle. Auf deren Terrasse liegen Birnen und chinesische Datteln in der Sonne zum Trocknen aus: sie fallen mir als erstes ins Auge. Es sieht nicht so aus, als ob viele Besucher kaemen. Die beiden kleinen "Hallen" rechts und links machen eher den Eindruck von leicht verlotterten Geraeteschuppen - wenn auch unter den Vordaechern oben an den Seitenwaenden noch Reste von Bemalungen zu sehen sind. Die Haupthalle stammt noch aus dem 8. Jahrhundert und ist damit die aelteste noch erhaltene Holzhallenkonstruktion in China. Insgesamt gibt es nur noch vier Tang-zeitliche Hallen aus Holz. Nun schliesst der alte Herr uns das Tor der Halle auf, und es ist, wie wenn man in ein Schatzkaestlein blickt - und zugleich wie ein Blick in einen Schaukasten. Es sieht naemlich nicht so aus, als waere hier Raum fuer Betende; hier stehen auch keine Altaere oder sonstige Gegenstaende, die auf irgendeine Nutzung hindeuten wuerden, wenn man mal von einem Kniekissen und einer Spendenbox absieht, die, so scheint es mir, vor jedem zentral aufgestellten Buddhabildnis automatisch aus dem Boden spriessen. Die Halle scheint ausschliesslich dazu zu dienen, die hier stehenden oder sitzenden ueberlebensgrossen Figuren vor der Witterung zu schuetzen. Es ist wohl nur etwa ein Dutzend, das sich um eine zentrale Buddhafigur gruppiert, darunter zwei Bodhisattvas auf ihren typischen Reittieren: Manjushri, der in China WenShu heisst, links auf seinem Loewen, und rechts einer, dessen Namen ich vergessen habe, auf seinem weissen Elefanten. Weshalb ich mir Manjushri merken konnte? Weil dem der ganze Wutaishan geweiht ist. Er ist der Bodhisattva der Weisheit, der die Dummheit auszurotten versucht. Hm, scheint noch nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein … Die Figuren stammen aus der Tang-Zeit - dafuer finde ich sie aber vergleichsweise schlank. Sie haben weisse Haut und kraeftig-bunte Kleider in Rot, Malachitgruen und kraeftigem Blau (Lapislazuli?). Vorn stehen zwei Lotusblueten - und niemand darauf: die exquisit gearbeiteten kleinen Figuren, die hierauf gestanden haben, sind irgendwann gestohlen worden. Das sei der Grund, weshalb die Besucher jetzt in einem Kaefig stehen. Es ist sogar oben vergittert, worueber ich mich schon gewundert hatte.

Wir koennen uns gar nicht so leicht sattsehen, zumal man alles mit den Augen einsaugen muss: Fotografieren ist aus unbekannten Gruenden verboten. Wir wuerden natuerlich OHNE Blitz fotografieren. - Wenn es dann wenigstens gute Bilder zu kaufen gaebe! Der alte Herr erklaert Sue, dass die Regierung fuer naechstes Jahr ein Fotodokumentationsprojekt plant. Das hilft uns auch nicht. - Ausserdem muss ich dieses Gefuehl noch ein bisschen geniessen, hier etwas ganz Besonderes vor Augen zu haben, das nicht jeder zu sehen bekommt. Hier verfolgt man die Strategie, Leute nicht herzulocken, aber die, die kommen, auch nicht abzuweisen. Im Moment funktioniert das noch.

Ansonsten herrscht jetzt rege Geschaeftigkeit draussen im ersten Hof: Es sind Kohlen angeliefert worden, die nun eingekellert werden muessen. An der Strasse hierher hatten wir schon jede Menge Kohlenverkaufslager gesehen: es gibt grosse Brocken, aber auch diese zylinderfoermigen Briketts mit den Laengsloechern fuer die gleichmaessige Belueftung, die ueberall in China gern von den Besitzern mobiler Imbisswagen genutzt werden. Und natuerlich jede Menge Kohlengebroesel von fein bis grob.

Dann fahren wir wieder ein Stueck. Unser naechstes Ziel ist der FoGuang Si, "dem Buddha (Fo) sein Licht (Guang) sein Tempel (Si)", so die Wortkonstruktion. Die Urspruenge der Anlage stammen aus der Noerdlichen Wei-Dynastie, der Platz blickt somit auf eine mehr als 1500jaehrige Geschichte zurueck. Was wir jetzt sehen, wurde nach einer Zerstoerung im neunten Jahrhundert neu gebaut und ist somit nur wenig juenger als der Nanchan Si, aber viel groesser. Die Anlage schmiegt sich sozusagen mit dem Ruecken an einen steilen Hang, der jetzt in voller Sonne in warmen Herbstfarben unter einem tiefblauen Himmel aufleuchtet. (Oder ist das Buddhas Licht?) Aufgrund dieser Lage verteilen sich die Hoefe und Gebaeude auf drei Ebenen. Unterhalb des Eingangs steht eine einfache "Geisterschutzwand" aus Ziegeln, nach ein paar Stufen und der Himmelskoenigehalle steht man in einem ersten, sehr grossen Hof. Rechts auf dem Hauptweg faellt ein achteckiger Sutra-Pfeiler ins Auge. Daneben hockt ein junger Mann, der hier offenbar mit irgendwelchen Studien beschaeftigt ist, denn vor ihm liegt ein Buch mit detaillierten Architekturzeichnungen dieses Tempels. Sue erklaert mir spaeter, dass vor etwa 100 Jahren ein beruehmtes chinesisches Architekten- und Kuenstlerpaar hierher gekommen sei und die Konstruktion ausgiebig studiert und dokumentiert habe. Wahrscheinlich arbeitet der junge Mann jetzt damit. Sue bekommt mit, wie die aeltere Frau, die vor dem Eingang einige Hand- und Bastelarbeiten zum Verkauf angeboten hatte, dem jungen Mann Mittagessen anbietet. Da will sie ihr mehr Gaeste verschaffen: ob sie nicht uns vier bekochen koenne? Nachdem wir die Idee auch fuer gut befunden haben, stimmen alle Seiten zu, und die Frau trollt sich, um das Essen vorzubereiten. Wir haben jetzt erst noch Zeit zur Besichtigung. Ich steige ein paar Stufen in den zweiten Hof; ungewoehnlicherweise liegt kein Gebaeude dazwischen. Dieser Hof ist ein alter baumbestandener Garten, mit Gras in den Fugen der alten Steinplattenwege, flankiert von zwei Seitengebaeuden. Links waere vielleicht eine Ausstellung, aber die Tueren sind verschlossen. An der Rueckwand des Hofes gibt in der Mitte ein Rundbogen den Blick auf eine schmucklose Wand frei. So scheint es jedenfalls im ersten Augenblick, bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Wand als eine extrem steile Treppe aus Ziegeln. Hierueber gelangt man auf die obere Plattform, auf der die Haupthalle steht, nicht die aelteste Holzkonstruktion aus der Tang-Dynastie (die haben wir ja vorher schon gesehen), aber die groesste. Rechts vor dem Eingang steht ein weiterer Sutra-Pfeiler.

In der Tat ist die Halle riesig (34 x 17.6 Meter). Sie beherbergt fuenf grosse Buddhas und ein ganzes Panoptikum von Dienern, Waechterfiguren, Bodhisattvas und sonstigen Personnagen aus der Tang- und Song-Zeit. Hier sind auch die kleinen dienstbaren Geister (so wirken sie), die auf ihren Lotusblueten knien, nicht gestohlen worden - so muss man sie sich wohl auch im Nanchan Si vorgestellt haben. Es ist auch die Rede von Fresken; ich kann aber keine ausmachen. Vermutlich befinden sie sich an der anderen Seite der Trennwand, vor der die Buddhas sitzen. Auch hier werden die Besucher im Kaefig gehalten. An den Seiten sitzen fast lebensgrosse Arhats, die allerdings "erst" in der Ming-Zeit, also im 14.-17. Jahrhundert, hinzugefuegt wurden. Von den urspruenglich 500 - wie sich das gehoert - sind mit 296 nur noch knapp 60% erhalten. Komisch. Was wohl mit den anderen passiert ist? Denn leere Plaetze kann ich nicht entdecken.

Hinten rechts neben der Halle steht eine kleine weisse Pagode, die den Ahnen gewidmet ist. Sie ist wohl das aelteste Bauwerk der Anlage und damit noch aus der Zeit der Noerdlichen Wei, denn sie hat als einzige die Zerstoerung des urspruenglichen Klosters ueberstanden. Jedenfalls macht sie sich gut hier und strahlt inmitten der Herbstfarben eine fast heitere Stimmung aus. Sie habe einen unverzierten "flammenfoermigen" Eingang, heisst es. Mich erinnert er eher an einen nur ganz leicht oben angespitzten Heiligenschein. - Wir bewundern noch ausgiebig die hoelzerne Dachkonstruktion der Haupthalle. Unter den Ziegeln sieht man ja diese "Balkengewusel", deren Konstruktion fuer einen Laien kaum zu durchschauen ist. Offenbar ist sie etwas beweglich und kann so Anfechtungen wie Sturm und Erdbeben gut aushalten, andererseits natuerlich stark und fest, um ihr eigenes Gewicht gut verteilt tragen zu koennen. Und nun versteht man auch endlich die Tang-zeitlichen Zeichnungen von Dachbalken: hier kann man sie in 3D studieren!

Danach steigen wir wieder die supersteile Treppe hinunter. Auf der mittleren Ebene gibt es rechts in einem Seitenhof einen kleinen Raum, der den Namen "Halle" kaum verdient, in dem aber wohl aktuell Buddha verehrt wird. Davor befindet sich ein Gemuesegarten, in dem eine Art Kohl angebaut wird.

Auf der unteren Ebene gilt es noch die Halle links zu besuchen. Die ist auch ziemlich gross und fast leer, sieht man mal von einem grossen Manjushri alias WenShu ab, der hier auf seinem Loewen sitzt und weiterhin der Dummheit Uebles will. An den Waenden sieht man verblichene Fresken aus der Ming-Zeit. Und wenigstens kann man hier ein Buch mit mehrsprachigem Text und guten Fotos kaufen. Burkhard ist schon sehr frustriert, dass hier ueberall Fotografierverbot herrscht. In dem Buch wird auch erklaert, dass Bilder dieses Klosters in den Wandgemaelden von Dunhuang zu finden sind. Interessant! Und der Stil der kleinen weissen Pagode sei auch so einmalig, dass man Vergleichbares nur in den dortigen Bildern finden koenne.

Der FoGuang-Tempel ist definitiv einer der Hoehepunkte dieser Reise, und der Nanchan-Tempel auch! Nun ist aber Zeit fuer das laendliche Mittagessen. Wir nehmen einen aelteren Herrn die paar Meter im Auto mit - bestimmt hat er nicht oft Gelegenheit, Auto zu fahren. Auf der Zugangsstrasse zu dem kleinen Dorf neben dem Kloster, dass ich vorher gar nicht bemerkt hatte, wird die Ernte sortiert, und einige Eselchen, von denen hier in der Gegend noch viele in Gebrauch sind, duerfen auf einem kleinen grasbewachsenen Stueck Mittagspause machen. Wir gehen durch eine Gasse, in der ein paar Huehner herumlaufen (aha! Huehnchen wird es also schon mal nicht geben!) und uns ein Hund ausbellt. Dann stehen wir in einem Hof, in dem Gemuese und Getreide (Karotten, Rettich, Mais, Sojabohnen) lagern bzw. zum Trocknen ausgebreitet sind. Ausserdem liegt Kartoffelstaerke in dicken Brocken zum Trocknen auf einer Lage Zeitungspapier. Wir werden in die gute Stube gebeten. Der niedrige Tisch wird auf der gemauerten Bettstatt aufgestellt, und wir duerfen im Schneider- oder sonstigem Sitz darum herum Platz nehmen. Es gibt auf jeden Fall reichlich: das Hauptgericht ist eine Schuessel mit breiten glasigen Nudeln und Kartoffeln, dazu gibt es sehr saure Pickles (Pilze??) und ebenfalls leicht saeuerlich angemachten Kohl. Zum Sattwerden kommen dicke gedaempfte Broetchen auf den Tisch und braune, spaghettifoermige Nudeln. Zum Wuerzen gibt es Essig, und bald bringt die Dame des Hauses noch eine Schuessel mit gestampftem rohem Knoblauch. Oha! Auf das heisse Wasser zum Trinken und auf die Moehren zum Nachtisch verzichten wir lieber.

Die gute Stube wird uebrigens vom Bett dominiert. Hart ist das … im Vergleich dazu sind selbst die haertesten Hotelbetten ja noch wolkenweich. Am Kopfende liegt eine nicht sehr dicke Rolle - wenn das die Unterlage ist … ich seh' schon, ich bin wohl total verweichlicht. An einer Wand haengt ein riesiges Poster mit einem gespiegelten Krabbelbaby. Ich erkundige mich, ob das der juengste Spross der Familie sei - nein, nur ein Bild. Immerhin bringt es Farbe in den Raum. Die Familienfotos haengen in einem Rahmen gegenueber vom Bett. Ausserdem gibt es noch zwei oder drei Holzkisten oder halbhohe, aber ziemlich tiefe Schraenke und Mini-Schemelchen, deren Sitzflaeche bestimmt nicht groesser ist als ein DIN A5-Blatt, sowie eine Tischuhr - das war's dann ungefaehr mit dem Mobiliar. Sue erklaert, die Leute seien zufrieden mit ihrem Auskommen: es gebe satt zu essen und sie haetten genug, um sich Kleidung zu kaufen. Man ueberlaesst es uns, den Preis des Essens festzusetzen. Wir zahlen 50 RMB fuer die vier Esser.

Samstag, 17. Oktober 2009: Vier weitere Tempel (die beiden auf dem Wutaishan)

Nach dem Mittagessen fahren wir weiter, jetzt zum "Fuenf-Plattform-Gebirge", dem Wutaishan. Das hat seinen Namen davon, dass die fuenf Hauptberge, die es ausmachen, keine spitzigen Spitzen haben, sondern eher wie rundliche Buckel sind, wenn auch der Nordgipfel mit 3058 Metern Hoehe durchaus ein ernstzunehmender Berg ist. Sue erzaehlt, dass er frueher ganzjaehrig schneebedeckt war - jetzt nicht mehr.

Ganz frueher war der Wutaishan eher eine "Hochburg" der Daoisten, mittlerweile haben die Buddhisten schon laengst Ueberhand genommen. Zuerst steigt die Strasse sanft an, dann beginnen weit gezogene Serpentinen. Wir naehern uns von Sueden, und hier stehen viele Laerchen noch in Maisgelb, was unter dem blauen Himmel sehr schoen aussieht. Finden wir jedenfalls. Sue, die natuerlich weiss, wie es hier im Herbst auszusehen hat, findet, dass der Winter jetzt schon Einzug gehalten hat und der Wutaishan recht kahl aussieht. Vor zwei Wochen war es wohl noch wesentlich bunter.

Wir fahren jetzt auf der "Innenseite" des Gebirges wieder etwas abwaerts, zum Longquan Si, dem Drachenquelltempel. Waehrend seine Urspruenge aus der Song-Zeit stammen (also 10. - 13. Jhdt.), ist das, was wir heute sehen, wohl alles "neu", das heisst aus der spaeteren Qing-Zeit. Das Glanzstueck des Ortes steht draussen vor der Tuer, wo es die Besucher empfaengt, wenn sie die Treppe mit den 108 Stufen bezwungen haben: ein reichstverzierter dreiteiliger Marmorbogen mit detailreichen Drachen, Loewen und Granataepfeln und Rankwerk und kleinen Szenen in Medaillons. - Hier sind zwar viele Besucher, aber besonders viel Atmosphaere ist nicht zu spueren. Alles ist irgendwie reich und praechtig. In einem der Hoefe macht sich als Grabdenkmal fuer einen Moench namens Puji eine dicke Pagode breit, weiss mit einer goldenen Spitze, was vor dem immer noch tiefblauen Himmel natuerlich sehr dekorativ aussieht. Irgendwie ist sie zu gross fuer den Hof, aber in dem am Hang gelegenen Tempel gab es vermutlich keine rechte Alternative, wenn man die Pagode innerhalb bauen wollte und sie nicht auf den Moenchsfriedhof auslagern wollte, der in einiger Entfernung am Hang zu sehen ist: eine Ansammlung kleiner bis mittelgrosser Pagoden.

So, nun haben wir nur noch einen weiteren Tempel vor uns fuer heute, den Suedberg-Tempel: Nanshan Si. (Nicht mit dem Nanchan Si von heute Vormittag verwechseln!) Der Fahrer fragt ein paar alte Maenner nach dem Weg, die auf einer Bruecke sitzen und zigarrengrosse und -dicke Zigaretten rauchen. Die koennen nicht "hasse ma'n Blaettchen?" fragen, wenn sie sich so ein Ding drehen wollen, das kann nur "hasse ma'n Blatt?" heissen! Wer weiss, was fuer Kraut oder Kraeuter das sind …

Dann erreichen wir den Nanshan Si, einen ziemlich grossen Komplex, der (gefuehlt) einen ganzen Berghang einnimmt. Und noch ein Hof, eine Halle, ein Gang, eine Treppe, eine Terrasse, und noch einer. Burkhard ist auf der Suche nach der schoenen Aussicht ins Tal, die einer unserer Reisefuehrer versprochen hatte, kann aber nicht so recht fuendig werden. Unterhalb einer Milefo-Halle liegt eine Terrasse mit schoen reliefierten Mauerplatten, ueber einem Seitenraum ist der Name mal nicht kalligraphiert, sondern aus lackierten Wurzelholzstuecken gestaltet, die auf einem weissen Hintergrund montiert sind, auf den Firsten leuchten goldene Dachaufsaetze in Form dreier uebereinandergesetzter, leicht flachgedrueckter Kugeln in der Abendsonne - das sind die Dinge, die mir hier ins Auge fallen. Die Sonne geht hier schon gegen fuenf Uhr unter, dann wird es gleich kalt. Gegen die Kaelte wurden auch hier heute Kohlen eingelagert. Man konnte sehen, wie vielleicht ein halbes Dutzend Maenner sie im Schweisse ihres Angesichts von der Anlieferebene zu den hoeher gelegenen Gebaeuden brachte. Schleppte. Je nach Gusto mit flachen Koerben an Tragjochen, einem Sack oder einem Plastikkorb (der sah besonders unbequem aus). Viele Treppen hinauf - den Weg konnte man wegen der verlorenen Kohlestuecke und wegen der Kohlenstaubspuren problemlos nachvollziehen. Hm - alle scheinen heute Kohlen einzukellern, unterwegs hatten wir das auch schon einige Male gesehen, und am Nanchan Si heute Morgen ja auch. Sue weiss zu berichten, dass fuer uebermorgen ein Temperatursturz angekuendigt sei.

Nun, da die Sonne ubtergegangen ist, fahren wir zu unserem Hotel. Zum Glueck ist es nicht das neben einer Tankstelle gelegene Petroleum-Hotel - das heisst wirklich so! Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in einem Hotel dieses Namens einkehren moechte … zumindest keine Langnase. Insofern ist es mir recht, dass fuer uns im WuFeng-Hotel gebucht ist, einer der zahllosen Staetten des Gastgewerbes, die hier mindestens 90% des Ortes auszumachen scheinen.

Das WuFeng-Hotel ("fuenf Gipfel") hatte auch mal fuer jeden Gipfel einen Stern, wie zum Beispiel noch auf den Handtuechern verewigt, die mittlerweile schon keinen Grauschleier mehr haben, sondern eher durch und durch ergraut sind. Auf dem offiziellen Schild an der Rezeption kann man jetzt aber nur noch vier Sterne zaehlen. Das Einchecken dauert lange, aber immerhin hat uns ein Mensch in Polizeiuniform die Koffer getragen. - Das Zimmer ist ziemlich geraeumig, fuehlt sich nur leider etwas kalt an. Eine Pruefung der Sachlage ergibt aber, dass die Heizung froehlich vor sich hin heizt. Na ja - zum Schlafen ist es auch besser, wenn es nicht zu warm ist. Als wir zum Abendessen gehen und nur auf den Korridor treten (nicht nach draussen), merken wir erst, was ungeheizt ist: Brrrr! Ist das kalt! Uebrigens merkt man am Toilettenpapier, dass wir auf dem Land sind: hier gibt es dieses furchtbar zaehe Krepppapier. Nach meiner Ansicht kann man das besser dazu benutzen, Papierroeschen fuer Hochzeitstuerkraenze zu machen - aber weil Chinesen das nicht tun, mussten sie sich eine andere Verwendung einfallen lassen. Soweit meine Theorie. ;-) Und die Englischkenntnisse sorgen fuer eine kleine Bluete der Heiterkeit, oder wie soll ich sagen? Der Tueranhaenger "Bitte nicht stoeren" heisst hier auf Englisch "Do not interrupt!"

Das Abendessen ist auch eine Geschichte fuer sich. Die Fleischgerichte scheinen alle ausgegangen zu sein. Mit Muehe und Not koennen wir mit (oder trotz?) der Bedienung Sellerie mit Walnuessen, gebratenen Tofu und "roast potato" identifizieren: das gebe es noch. Erst kommt der Sellerie; der ist noch recht erwartungskonform. Dann kommen braune Baellchen, bei denen ich spontan nach den bekannten Pillendreher-Kaefern Ausschau halte. Das sieht wirklich aus wie Mistbaellchen - nur dass eine Orchideenbluete zur Dekoration daneben liegt. Hm. Das ist der Tofu. Geschmacklich ist der auch nicht gerade ein Genuss. Essbar, wuerde ich sagen. Und dann kommt ein Teller mit 12 dicken, schrumpeligen Kartoffeln, offenbar aus dem Ofen. Oha! Nun, das sind also Ofenkartoffeln, nur leider gibt es nichts dazu. Keinen Quark, keinen Sauerrahm - eben nichts. Ich frage nach Butter: mei you. Da bleibt uns nichts uebrig, als sie "trocken" zu essen. Mit Getraenken kostet uns dieses sagenhafte Mahl 117 RMB: (allzu) stattlich fuer den Lustgewinn, scheint mir.