Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Sonntag, 31. Mai 2009

Jobvorschlag fuer Odyssee-Veteranen und andere Abenteurer

Wer gern Computerspiele spielt, bei denen man sich durch Reihen boeser Feinde hindurchbewegen muss, ohne irgendwo anzuecken oder gar einen der Feinde zu beruehren (sozusagen Skylla und Charybdis fuer Fortgeschrittene, denn das waren ja bloss zwei), der duerfte als Faehrenkapitaen auf dem Huangpu nicht bloss einen Job, sondern seine Berufung gefunden haben. Genau so kommt es mir naemlich vor. Der Frachtverkehr hat immer Vorfahrt, und manchmal muss man das Faehrschiff durch eine ganze Phalanx hindurchbugsieren. Gar nicht so ohne!

Geheimtipp

Gestern war das Wetter schon wieder "wochenendmaessig", d.h. maessig. Die Freitag geaeusserte Drohung, mich bei gutem Wetter schon um 8 Uhr auf die Aussichtsplattform des SWFC zu scheuchen, trat nicht in Kraft. Auch gut. Statt dessen habe ich am spaeten Vormittag mal wieder Muffins gebacken, und dann haben wir eine kleine Einkaufstour gemacht. Mit der Faehre und auf Schusters Rappen in die FangBang Lu. Ich brauchte neues Kalligrafie-Uebungspapier. Und dann bin ich ja auch immer noch auf der Suche nach einem grossen Stempel fuer die grossformatigen Werke.

Zuerst wollte ich mir aber endlich diesen Tempel in der Seitenstrasse kurz vor "meinem" Schreibwarenladen ansehen. Sonst hatte der ja immer schon (mindestens so gut wie) geschlossen. Dabei scheint mir das fast ein Geheimtipp zu sein, der hat schon wieder sein ganz eigenes Flair. Obwohl es ein buddhistischer Tempel zu sein scheint, heisst er Chen Xiang Ge, wobei das Ge ("Pavillon") sonst eher auf ein daoistisches Etablissement hindeutet. Aber hier halten sich buddhistische Nonnen auf. Man laesst das Gewuehl der Strasse gleich hinter sich, wenn man die kleine Halle der vier Himmelskoenige betritt. Ein bisschen eng ist die Anlage schon, was wohl der Lage in den engen Altstadtgassen geschuldet ist. Im ersten Hof stehen links alte, ziemlich verstaubte Bronzeglocken wie auf dem Abstellgleis, bestimmt ein halbes Dutzend. Durch die naechste kleine Halle mit einem "Blaue-Bademuetze-Buddha" und neun vergoldeten Arhats an jeder Seite erreicht man den hinteren Hof. Eine Nonne waessert die Kuebelpflanzen, die zahlreich herumstehen, mit dem Wasserschlauch. Rechts und links stehen zwei kleine Ginkgos. Der Blick faellt auf eine Veranda im ersten Obergeschoss, an der gerade zwei Leute damit beschaeftigt sind, die vorletzte Fenstertuer auszuhaengen. Sie sind optimistisch, denn keine Absperrung weist unterhalb darauf hin, dass man hier lieber nicht stehenbleiben sollte, weil man so ggf. Opfer eines Ungluecks werden koennte … Bald darauf sieht man sie die Tuer unten durch den Hof tragen. Was nun wohl mit der letzten passieren soll? Sie machen keine Anstalten, die auch noch abzunehmen.

Ich entdecke, ein wenig versteckt, einen Wegweiser nach oben: GuanYin Lou, das Gebaeude der GuanYin. Die Statue dieser Goettin, der weiblichen Form des indischen Avalokiteshvara, bildet das Kernstueck dieses Klosters. Sie besteht aus "eaglewood" (der Leo sagt, das hiesse auf Deutsch "Calambakholz" und sei total edel – hab' ich noch nie von gehoert) und sei vom Schoepfer des Yu-Gartens im Fluss gefunden worden. Einen solchen Wink des Himmels ignoriert man natuerlich nicht. Er liess also die Status vergolden und in seinem Familien-Ahnentempel aufstellen, fuer seine glaeubige Mutter. (Er selber war wohl weniger fromm, sondern mehr dem konfuzianischen Ideal des die Eltern hoch verehrenden Kindes nahe. Aber letztlich ist es ja egal, aus welchem Grunde man Gutes tut.)

Theoretisch muessen wir noch 2 RMB pro Person extra bezahlen, aber keiner will sie entgegennehmen. Dann gehen wir eben umsonst herauf. Der Raum, in dem weit entrueckt eine in anmutiger Pose sitzende goldene GuanYin thront, ist recht gross. An den Seiten reihen sich rot-goldene Schraenke, und rechts und links stehen kindliche Figuren, die an Putten erinnern und lustige Schuerzen tragen. Gegenueber befindet sich das offene "Wohnzimmer", dessen Fenstertueren jetzt weitgehend ausgehaengt sind. Es ist ein vorgebautes Zimmer mit Fenstern zu drei Seiten; darin stehen ein runder Tisch und eine Reihe von Stuhlsesseln auf einem edel aussehenden beige-blauen Seidenteppich. Man kann ins offene Dachgebaelk sehen, das natuerlich auch schoen geschnitzt und lackiert ist. Ein echter Geheimtipp!

Danach kaufe ich noch rasch mein Papier (Investment: 15 RMB), und dann gehen wir in unser Stempel-Stammgeschaeft. Glaube ich … oder … hm, nee … hab's schon ganz vergessen. Kann sein, dass Burkhard da war und ein Geburtstagsgeschenk gekauft hat … Dann wird es ganz schwarz am Himmel, und wir ziehen es vor, die Flucht zu ergreifen. Das mit der Gewitterfront war aber falscher Alarm, den ganzen Abend ueber ist es trocken geblieben.

Samstag, 30. Mai 2009

Shanghai ist eine Hafenstadt!

Es ist zum Wahnsinnigwerden! Gestern Abend habe ich einen schoenen Artikel ueber unsere Bootsfahrt verfasst, und als ich auf "veroeffentlichen" klickte, war der aktuell genutzte Proxy nicht mehr verfuegbar, und der ganze Text ist in den finsteren Biteimer gefallen. Alles weg! So eine Sch… Und das bloss, weil irgendwelche Leuten meinen, sie koennten irgendwelche anderen Leute gern mal beim Fuehren ihres Online-Tagebuchs behindern. Grrrrrrrrrr!

Also auf ein Neues. Ab sofort wird nur noch lokal geschrieben, auf dem Rechner in Word, dankbarerweise gibt es ja cut&paste (ausschneiden & einfuegen), was nach meiner persoenlichen Wahrnehmung neben undo (rueckgaengig machen) die groesste Errungenschaft des computergestuetzten Arbeitens ueberhaupt ist. Jaja, haette ich gestern auch schon so machen sollen, ich weiss. Grrrr.

Shanghai ist also eine Hafenstadt. Theoretisch weiss ich das schon ewig, aber praktisch? So richtig gefuehlt, gesehen, erlebt hatte ich das noch nicht. Zwar fuehrt der vielbefahrene Huangpu mitten durch die Stadt, aber durch Koeln fuehrt auch ein vielbefahrener Fluss, und nach meiner Kenntnis wuerde niemand es als Hafenstadt kategorisieren. Ich wollte auch schon seit Ewigkeiten mal eine Hafenrundfahrt machen, habe aber nie ein Angebot dafuer gesehen. Egal. Gestern war das Wetter ganz gut, und ich habe es geschafft, uns beide mal rechtzeitig vor zwei Uhr nachmittags auf die Bund-Seite zu lotsen, zwecks Boetchenfahrt: einmal Yangzi-Muendung und zurueck. Drei Stunden soll das dauern.

Wir nehmen also die klimatisierte Faehre fuer sage und schreibe 2 RMB pro Nase und kommen auf der Bundseite inmitten einer Baustelle an. Der ganze Bund ist jetzt eine einzige Baustelle. Die Stadtkosmetiker haben schon die Maske aufgetragen, unter der jetzt alles erneuert wird, damit das Gesicht der Stadt naechstes Jahr in voller Schoenheit die zahlreichen Expo-Besucher anstrahlen kann. Die ganze Promenade ist gesperrt, man kann nur aus der Ferne hier oder da mal einen Bauarbeiter dort entlang gehen sehen. Wo jetzt wohl die allmorgendlichen Taijiquan-Praktizierer Zuflucht gefunden haben?

Wie auch immer, alles ist aufgerissen, staubig, kaputt, abgesperrt. Wir finden aber doch eine Ticket-Bude, angeblich die des ersten Anbieters am Platze. Da wir weder Zeit noch Lust haben, nach Alternativen zu suchen, kaufen wir uns zwei Karten zu je 150 RMB. Na gut, fuer drei Stunden Schifffahrt mag das ja wohl angehen. Dann muss die Ticketverkaeuferin uns erst noch den Weg zeigen. Ca. 100 Meter begleitet sie uns, von da aus kann sie uns erklaeren, wo's langgeht: da hinten links. Hinten links kommen wir zu einem Anleger, von dort auf ein erstes Schiff, auf ein zweites, und dann auf das, mit dem wir fahren werden. Oben und unten gibt es klimatisierte Innenraeume und hinten ein offenes Deck. Die Chinesen waehlen die Kuehle, die zahlreichen Langnasen "knubbeln" sich draussen. Ich habe schon Sorge, dass gleich einer von der Besatzung kommt und nachzaehlt, denn auf einem Schild steht, dass sich draussen nur 30 Fahrgaeste aufhalten duerfen … Kommt aber keiner, bzw. zaehlt aber keiner, und um fuenf nach zwei legt das Schiff ab.

Die Skyline von Pudong ist natuerlich immer wieder schoen, aber nun auch nicht soooo neu und unbekannt, dass sie uns vom Hocker reissen wuerde. Das Schiffchen gibt ganz schoen Gas, muss es auch, denn ich habe irgendwo gelesen, dass es bis zur Muendung etwa 30 Kilometer sein sollten. Meine reichliche Schifffahrtserfahrung sagt mir, dass einem 20 km/h auf dem Wasser schon ziemlich schnell vorkommen. Und etwa so schnell sind wir dann wohl jetzt.

Bald darauf erreichen wir das Ascott, in dem wir unsere ersten Wochen in Shanghai verlebt hatten. Der Platz zwischen Ascott und Fluss sieht schon wieder ganz umgestaltet aus, und wir sehen auch, dass die Uferpromenade jetzt schon bis hierher und weiter in Arbeit ist. Alles muss bis naechstes Jahr fertig werden … na, da haben die Bau- und Gartenbaufirmen ja genug zu tun. Bald darauf passieren wir das Fort am gegenueberliegenden Ufer. Sagt Burkhard. Ich hab' davon bisher noch nie gehoert und bin auch nicht sicher, ob es wirklich alt ist. Es hat Shikumen-Architektur: graue Ziegel mit roten Streifen, und sieht wie ein flachgedruecktes Maerchenschloss aus: breit und mit Zinnen.

Und dann nimmt die Wohnbebauung ab, und an den Ufern sieht es nach Gewerbe und Industrie aus. Und nach Hafen: Wir kommen an Schwimmdocks und Trockendocks vorbei, also Werftgelaende, mit diesen Kraenen, die mich immer an grosse, metallene Voegel erinnern. Saeuberlich angestrichene nagelneue Schiffe liegen da (obwohl ich nicht glaube, dass an denen irgendwas genagelt wird), aber auch aeltere Modelle zur Ueberholung.

Bald darauf sehen wir das erste Containerlager, in dem die bunt angestrichenen Container ein farbenfrohes Zufallsmuster ergeben. Auf einem am Ufer festgemachten kleinen Schiff stehen einige wenige Container, auf denen der Schriftzug "Hamburg Sued" prangt. Prangen tun auch die Namen der Schiffe aus aller Herren Laender. Susana S aus Bergen, und ein echter Nassauer ist auch da. Mir gefaellt ja auch die "Lodestar Princess" gut, die uns ueberholt. Meine Theorie ist allerdings, dass sie Lonestar Princess heissen sollte, aber dass derjenige, bei dem der Malermeister rasch anrief, um nach dem Namen zu fragen, gerade einen tuechtigen Schnupfen hatte.

Als naechstes gucken die Rohre einer Raffinerie aus der zweiten Reihe am Ufer hervor. Aha, eine grosse Anlage der staatlichen chinesischen Oelfirma Sinopec, mit einer ganzen Reihe von eigenen Schiffsanlegern. Hier faellt auch ein schickes Buerogebaeude ins Auge, an dem die vier markanten fetten Buchstaben einer deutschen Chemiefirma prangen, die sich urspruenglich auf Anilin und Soda konzentriert hatte. Dabei scheint es mir weniger hilfreich, ein Buerogebaeude neben der Raffinerie zu errichten – das waer' doch eher ein Ort fuer Produktionsanlagen?!

Und ueberall liegen Schiffe vor Anker. Nicht nur Frachtschiffe, auch jede Menge Kriegsschiffe. Was machen eigentlich die Marinesoldaten den lieben langen Tag, wenn die Schiffe hier vor Anker liegen? Die Geschuetze polieren jedenfalls nicht, die meisten sind mit Stoffueberzuegen abgedeckt. Ausser einzelnen Wachen ist kaum jemand zu sehen. Ob auch lose Kanonen an Deck dabei sind, kann ich von meinem Standpunkt aus nicht ausmachen. ;-)) Yellow Submarine ist Fehlanzeige, aber ein schwarzes U-Boot liegt hier auch herum. Ich erinnere mich an die Besichtigungen von U-Booten: selbst in den groesseren Modellen herrscht schreckliche Enge. Dieses hier sieht recht klein aus – das muss innen besonders furchtbar sein.

Um kurz nach halb vier erreichen wir so langsam die Yangzi-Muendung. Genau betrachtet die Stelle, wo der Huangpu in den Yangzi muendet; aber der Yangzi muendet eben hier ins Meer, und seine Muendung ist so breit, dass es fuer uns schon aussieht wie das offene Meer. Es herrscht ein richtiges Gedraenge von Schiffen, und dementsprechend sieht man auch nicht die Geister ueber dem Wasser schweben und singen, sondern bloss einen gelben Smogstreifen. Hier ist wohl alles ziemlich verschmutzt; noch kuerzlich hoerte ich, dass der Yangzi die groesste Einzel-Verschmutzungsquelle fuer das chinesische Meer ist. Auch von Gesang kann keine Rede sein. Ich bin sowieso vom Motorengeraeusch unseres Schiffes ganz muerbe.

Wir passieren einen kleinen Leuchtturm, der hier fest ins Wasser gebaut wurde und ganz malerisch aussieht. Ein bisschen verloren vielleicht, er ist so klein. Dann geht es zurueck. Ich bleibe einfach auf meinem Stuhl an Deck sitzen und kann jetzt die andere Uferseite in Augenschein nehmen, die aber qualitativ nicht anders aussieht. Wenn man mal davon absieht, dass die Sonne jetzt schon einen Spaetnachmittagston annimmt, aber sich mit einem kleinen Dunstschleier bedeckt. Irgendwo am Horizont kann man aber immer die schemenhaften Silhouetten des JinMao und des SWFC ausmachen, manchmal an den ueberraschendsten Stellen.

Nach einer guten Stunde (vermutlich drueckt die Flut gerade das Wasser in den Huangpu hinein, ich erwaehnte wohl frueher mal, dass das einer der Fluesse ist, der seine Fliessrichtung zweimal am Tag umkehrt …) erreichen wir wieder den Innenstadtbereich. Wir kommen an einem Frachtschiff vorbei, das weisse Brocken geladen hat. Stimmglaettendes Wolfsfutter?

In der Naehe des neuen Kreuzfahrtschiffsanlegers erwartet uns das gruen gestrichene Haibao-Schiff, das eine Reklametafel und das Motto der Expo spazieren faehrt: Better City, Better Life. Eine Schifffahrtsgesellschaft hat schon ihre eigene Variante entworfen: Better Cruise, Better Expo. Na dann!

Gegen viertel vor fuenf legen wir wieder an, jetzt im schoensten Abendsonnenschein. Der JinMao strahlt wieder, dass es eine Pracht ist. Wer nach Shanghai kommt und ein bisschen Zeit hat, sollte diese Tour unbedingt machen!

Donnerstag, 28. Mai 2009

Drachenbootfest

So, heute ist also Drachenbootfest. Aber anders als in Hong Kong scheint das ja in Shanghai niemanden zu interessieren, wenn man mal davon absieht, dass es ein Feiertag ist. Weit und breit kein Drachenboot in Sicht und auch kein Drache, Boote hingegen reichlich - die Flussschiffer scheinen sich an dem Feiertag nicht zu stoeren. Die Firma hat ihren Arbeitskalender chinesischen Gepflogenheiten angepasst und den Brueckentag zum freien Tag erklaert - aber im Austausch gegen den Sonntag. Donnerstag bis Samstag ist also frei, Sonntag ein Arbeitstag. Na prima. Meine Kunden in der Region interessiert das ueberhaupt nicht, so dass ich also Ueberstunden organisieren muss. Ich selber habe auch keine Lust auf eine Sechs-Tage-Woche und tausche also auch den Donnerstag gegen den Sonntag. Wir sind dann zu zweit ganz allein auf der 25. Etage, da sollte man doch denken, dass der vorhandene Sauerstoff ausreicht. Aber das ist kritischer als ich dachte: die Luft ist furchtbar stickig, denn die Klimaanlage ist am heutigen Feiertag ausgeschaltet. Puh!

Insofern goennen wir uns zu Mittag einen Bund-Spaziergang zum Italiener. "The Kitchen" heisst der Laden von einem gewissen Salvatore Cuomo, oder so - gleich neben dem Konferenzzentrum. Ein Glaspavillon mit hoelzerner Terrasse am Fluss, samt Laube mit ein paar mickrigen Weinstoecken. Es gibt bluetenweisse Tischtuecher, feine Glaeser und Stoffservietten. Wir bestellen Pizza, fuer die der Laden angeblich beruehmt ist. Nicht direkt billig, aber gut. Ordentlicher Teig, lecker belegt: Burkhard nimmt die "Meeresfutter"-Version mit fast gar keinem Knoblauch, ich nehme eine mit Schinken, Rucola, Kirschtomaten und Parmesanspaenen. Und richtigem Mozzarella. Insofern kann ich schon verstehen, dass die Preise ein bisschen hoeher sind. Und der Blick auf den Fluss ist ja auch nicht schlecht.

Zur Feier des Feiertags goennen wir uns auch noch ein Dessert: Crème brûlée und hausgemachtes sizilianisches Cassata mit Schokoladensoesselchen, gar nicht uebel. Der Espresso wird allerdings in Luftverschmutzungstaesschen serviert, wer denkt sich denn so ein Design aus?! Rauchende Fabrikschlote, einer neben dem anderen, und reichlich dampfende Kuehltuerme, in blauer Farbe auf weissem Porzellangrund - also ich find' das abstrus. Der Espresso schmeckt trotzdem.

Schon um sechs verlasse ich das Buero, da ist schon fast gar keine Luft mehr da. Besser waer's gewesen, auf dem Flur zu sitzen, da war sie besser - aber kein Licht, kein Tisch, kein Stuhl, kein Strom. Das bietet sich fuer den Computerarbeitsplatz nicht so an. Hoffentlich ueberleben diejenigen, die morgen hingehen muessen ...

Freitag, 22. Mai 2009

Ueberlebt

Grrrr! - jetzt habe ich diesen Beitrag fertig geschrieben gehabt und dann den falschen Knopf erwischt, schwupp! alles weg! Und das bloss, weil diese Bloedmaenner die Domain blogger.com weiterhin gesperrt halten und in der Version fuer Arme via Proxy die guten Google-Erfindunden wie automatisches Speichern nicht zur Anwendung kommen. So ein Mist! (Und vor allem, jajaja, weil ich den falschen Knopf gedrueckt habe. :-(( )

Jawohl, eine ganze Woche mit Zaehe-Broetchen-Mittagessen und nachmittaeglichem Telefonkonferenzhalbmarathon habe ich jetzt ueberstanden. Nicht ganz ohne persoenliche Frustration, muss ich aber sagen. Mein recht aufwaendig vorbereitetes Telekonferenzspiel wurde leider nicht gespielt, weil die Teilnehmer keine Viertelstunde extra uebrig hatten. Nun gut, das koennte ich ja noch verstehen, obwohl ich finde, dass 15 Minuten ueberziehen bei einem Vier-Stunden-Termin noch fuer ganz akzeptables Zeitmanagement spricht. Aber dann heute in der Feedback-Umfrage darueber zu maulen, dass wir kein Spiel gespielt haetten - das kann ich dann doch nicht so gut vertragen. Mal ganz davon abgesehen, dass sowieso bloss zwei von elf Teilnehmern die Umfrage ausgefuellt haben. Dabei hatte ich alle gebeten, sie gleich nach dem Ende des Workshops zu beantworten und damit nicht bis Montag zu warten. Wo wir heute total puenktlich waren (um 17:02 Uhr aufgelegt!), waere das doch eine gute Sache gewesen. In die Vorbereitung hatte ich bestimmt auch eine gute Stunde investiert. Ganz zu schweigen von unserer neuen Webseite, die alle unbedingt haben wollten. Wer hat sie mit Inhalten gefuellt? [rhetorische Frage] Aber vorher tolle Konzepte machen, was man damit alles tun koennte, mit Code-Bibliotheken und Blog und News und ich weiss nicht was ... Na prima. - Apropos Halbmarathon: Einer der Umfragebeantworter wollte doch wirklich lieber zwei Tage Marathon statt vier Tage Halbmarathon. Ob der das ernst meint?! Ist aber eigentlich auch egal, weil es sich wegen der Zeitzonenspanne von viereinhalb Stunden zwischen Mumbai und Sydney ohnehin nicht wirklich anbietet.

Hmm. Nun habe ich aber genug gejammert. Denn der Fairness halber muss ich sagen, dass der Workshop eigentlich besser gelaufen ist als erwartet bzw. befuerchtet. Die eine oder andere Frage wurde unaufgefordert gestellt, und zum Teil wurde sogar richtig diskutiert. Recht erfolgreich haben wir auch die (schon nicht mehr ganz modernen, aber dafuer fehlerfrei funktionierenden) Errungenschaften der Technik eingesetzt: Brainstorming via Chat-Funktionalitaet und eine Online-Meinungsbild-Abfrage wie seinerzeit die TED-Zuschauerabstimmung in der Hitparade im ZDF mit Dieter Thomas Heck [die Methusalems unter meinen Lesern moegen sich erinnern] haben ganz gut funktioniert und die virtuelle Konferenz durchaus belebt. Nur einer hatte zu meckern, dass er fuer so einen Chat nicht schnell genug tippen koennte. Hmm - was machen wir denn da, wo andere hingegen ganz begeistert davon waren und fanden, dass wir das viel oefter machen sollten? Aber ich seh' schon, ich habe schon wieder oder immer noch Anfluege von Sarkasmus - dann muss das hier halt jetzt reichen. Wie gut, dass Wochenende ist!!!

Montag, 18. Mai 2009

Ich ess' es ja - aber nicht unter falschem Namen!

Ich haaaabe es gewusst: Woerter sind eben doch (oder: noch) viel wichtiger, als man denken koennte! Jetzt endlich habe ich erfahren, was der tiefere Grund dafuer ist, dass Chinesen Huehnerfuesse esssen. Und Deutsche eher nicht. Huehnerfuesse! Wie das schon klingt! Zwei lange, mit leichter Ablehnung gedehnte ü - kein Wunder, wenn das keinen Appetit macht. Und auch die englische Variante kann es in deutschen Ohren nicht besser machen: Chicken feet ... igittigiett! Die zuletzt in Hong Kong ein Mittagessen bereichernden Exemplare habe ich daher einfach anderen ueberlassen.

Heute im Chinesischunterricht haben wir ein Satzmuster gelernt, mit dem man Verneinungen verstaerken kann. Nach dem Lesen der Beispielsaetze aus dem Lehrbuch duerfen wir dann immer unsere eigenen Saetze machen. Gar nicht so leicht, sich da etwas aus den Fingern zu saugen, so dass mir die Huehnerfuesse gerade recht kamen. Die Verneinung des Lecker-Findens kann da ruhig eine kleine Verstaerkung vertragen, so dachte ich. Aber als ich dann mit meinen woertlich uebersetzten "jijiao" ankam, sagte Yang XiaoLi: Wir nennen das fengzhao. Phoenixklauen! Wer wuerde so eine majestaetische Speise verschmaehen?! Da war es mit meinem Satz nun nichts.

P.S. Der guten Ordnung halber weise ich noch einmal explizit darauf hin, dass Huehnerfuesse absolut essbar sind und geschmacklich mit der Sauce stehen und fallen, in der sie serviert werden, da sie mangels kraeftigem Eigengeschmack sehr empfaenglich fuer sie umgebende Aromastoffe sind. (Ich habe sie bisher allerdings immer nur liegend [= gefallen?] gesehen, jedenfalls wenn sie nicht noch am lebenden Huhn sind.) Sie sind einfach nur extrem laestig mit diesen vielen kleinen Knoechelchen.

Sonntag, 17. Mai 2009

Es wird schlimmer

Ich weiss wirklich nicht, was jetzt wieder los ist. Im Internet surfen ist zur Zeit eine Qual. Viele Seiten sind gesperrt, jetzt nicht nur blogspot.com, sondern auch blogger.com, so dass ich nicht mal vernuenftig etwas schreiben kann. Auch sonst lassen sich viele Seiten gar nicht oeffnen oder nur zwischendurch mal - so eine Pest! Von der deutschen Welle red' ich ja gar nicht, ich hatte wohl schon erwaehnt, dass sie seit Wochen gesperrt ist und ich daher die guten Podcasts von dort nicht mehr herunterladen kann. Ich hab' wirklich keine Ahnung, was das soll, und hoffe bloss, dass es nicht allzu lange anhaelt.

Ansonsten habe ich in der kommenden Woche meinen ersten "virtuellen" Team-Workshop. Irgendwie ist der Ausdruck ja bloed, denn der Workshop ist schon real, nur dass ich ihn leider per Telefon- und Webkonferenz halten muss statt von Angesicht zu Angesicht (viel mehr Silben als face to face!). Das wird sicher kein Zuckerschlecken - vier Nachmittage à vier Stunden am Telefon. Aber was macht man nicht alles, um Reisekosten zu sparen. Ob das allerdings eine nuetzliche Einsparung ist, moegen andere beurteilen.

In der Vorbereitung habe ich mich bei diversen Leuten nach Spielen fuer Telefonkonferenzen umgehoert und ueberall nur fragende Gesichter geerntet. Einige meinten gar, ich haette zu viele langweilige Telefonkonferenzen und sei auf der Suche nach einem Zeitvertreib, na sowas! Ich doch nicht! ;-)) Im Internet habe ich auch nicht so richtig geniale Ideen gefunden, zumal das Surfen arg laestig war, womit ich wieder am Ausgangspunkt angelangt waere. Dann lass' ich mich mal ueberraschen, wie es klappt.

Donnerstag, 14. Mai 2009

Immer diese Taxifahrer!

Heute hatte ich wieder einen, der zu einer Adresse in der Queen's Road Central fahren sollte und dann mal irgendwo anhielt. Wir seien da. Ich sehe mich um: aha! Diese Strasse heisst Pedder Street. Ich muss aber doch in die Queen's Road Central, sage ich. Zeigt die Pappnase auf irgendwas, wo zufaellig das Wort "Central" steht: jaja, das sei hier. Ich gestikuliere fragend herum (der Fahrer spricht natuerlich bloss Kantonesisch), wo denn "The Center" nun sei - so der Name des Gebaeudes. Er macht eine weit ausladende, unbestimmte Armbewegung: jaja, das sei da. Grrr. Ich sehe schon, dass ich da nicht weiterkomme, zahle und steige zaehneknirschend aus. Aber wohin jetzt gehen? Ich habe wirklich keine Ahnung, die Strassenzuege von Hong Kong sehen alle irgendwie gleich aus, und in den engen Strassenschluchten kann man sich auch an keiner Landmarke orientieren - weil man die einfach nicht sehen kann. Schliesslich ist "The Center" selbst eine Landmarke. Ich gehe mal auf Verdacht in eine Richtung los (nicht gerade die geschickteste Wahl, wie ich im Nachhinein weiss) und finde dann auch nach ca. 10 Minuten Herumirren das, was ich suche. Selbst ohne Irrungen waeren es aber bestimmt noch 5 Minuten Fussweg gewesen - das muss ja wohl nicht sein, wenn man sich mit dem Taxi irgendwo hin fahren laesst. Mit meinem als Handtasche getarnten "survival kit" (Reisegewicht …. ;-)) ) und dem Laptop durch die schwuelen Strassen eilen ist ja nun nicht sooo toll. Ob ich den Tourismusfoerderern von Hong Kong mal ein Feedback geben soll? Ist schliesslich
schon mindestens das dritte Mal, dass mir das passiert …

Zum Abschluss hab' ich heute noch ein Schmankerl fuer die Liebhaber/innen schiefer Uebersetzungen ins Englische! Im Eincheckbereich des Airport Express gibt es ein Service Center - so steht es jedenfalls in grossen Lettern an der Wand. Etwas kleiner darunter prangen die verschiedenen Dienstleistungen, die man hier in Anspruch nehmen kann, und zwar ungefaehr so:
• Add value
• Shroff

Mittwoch, 13. Mai 2009

El Cid oder: Restaurantmanagement

Gestern musste ich ja erst von der "Dschunke" berichten, die keine war - worueber ich gar nicht dazu gekommen bin, von einer grossen Bereicherung in meinem professionellen Lebenslauf zu berichten. Ich kann naemlich jetzt praktische Erfahrungen im Restaurantmanagement vorweisen!

Am Montag war fuer uns ein teambuilding event angesagt, welches damit begann, dass wir zu einem kleinen Restaurant namens "Teddy's Café" gekarrt wurden. Das liegt irgendwo in Kowloon gleich neben der Jugendstrafvollzugsanstalt, die hier dem social welfare committee untersteht, wie ein Schild gross verkuendet. Die deutschen Kollegen fragen gleich ziemlich laesterlich, wessen Wohlfahrt denn hier gemeint sei - schon komisch, wie ein Wort zynische Reaktionen ausloesen kann. Mir kommt das auch wie ein Euphemismus vor.

Wie auch immer: in Teddy's Café dreht sich nichts um Teddybaeren, sondern alles um Hunde. Am meisten liebt man offenbar diese … diese … "Schnauzterrier", oder wie heissen die? Die mit dem langen eckigen Kopf und dem kurzen lockigen Fell … glaube ich. Oder ist es doch glatt? Hm, trotz zahlreicher Fotos kann ich das jetzt nicht sagen, ich habe wohl nicht mit wirklichem Interesse hingeschaut. Gebot der Achtsamkeit nicht befolgt. :-(( Falsche Tierart halt - aber so durften wir wenigstens die Hoffnung hegen, dass der "beste Freund des Menschen" (welches?) nicht auf dem Teller landen wuerde. Zur Auswahl gab es Huehnchen mit Reis, mit Spaghetti (!), mit Pommes - und Schweineschnitzel ohne Beilagenvarianten. Der Service war auch nicht so toll, so dass ich schon witzelte, dass unsere Aufgabe darin bestehen koennte, aus dem Stegreif ein Halbtags-Prozessverbesserungsprojekt zu planen und durchzufuehren. Als wir mit dem Essen fertig waren, wurde uns aber eroeffnet, dass sich fuer heute Abend einige VIP-Gaeste angesagt haetten und dass es nun unsere Aufgabe sei, deren Bewirtung zu organisieren. Mit uns selbst als Restaurantpersonal, versteht sich. Hm - sooo weit hatte ich ja gar nicht daneben gelegen … Zuerst gab es viele unglaeubige Blicke, sicher auch von mir. Als aber alle gemerkt hatten, dass "die" das ernst meinten, hatten wir ein Team von zu vielen Managern, die einen einzigen Brei verderben sollten (17 Teilnehmer, allerdings nicht ausschliesslich Manager). Oha! Das Kuechenteam wurde mit echten Koch-Jacken und -Muetzen ausgestattet, der Geschirrspueler mit einer langen schwarzen wasserfesten Spuelschuerze und Gummihandschuhen (und ich hatte immer gedacht, "Geschirrspueler" sei eine Bezeichnung fuer ein elektrisches Haushaltsgeraet!), das Servierteam mit "halben" Schuerzen (ohne Latz), das Barteam und das Managementteam mit nix. Ich hatte mich ja urspruenglich fuer die Kueche gemeldet, aber war dann im Hinblick auf meinen Gesundheitszustand doch noch zum Management umgeschwenkt - Lebensmittel zubereiten oder hustend servieren waere wohl nicht so toll gewesen. Strategien entwickeln und den Ueberblick behalten kann man hingegen problemlos auch mit Hustenreiz. Fast wia im richtigen Leben.

Nun will ich gar nicht langatmig berichten - es ist halbwegs akzeptabel ausgegangen. Wir servierten ein viergaengiges Menu (Salat, Kuerbis- oder Zucchinicremesuppe, Hauptgang [Lachs mit gruenem Spargel oder Steak mit Spinat oder schwarze Nudeln mit Shrimp] und als Dessert Tiramisu oder Crème brûlée oder Kuchen) - aber das stand schon vorher fest. Zwar mussten einige Gaeste doch etwas arg lange warten, und am Ende waren nicht mehr alle Auswahlen verfuegbar, aber immerhin haben wir ca. 40 Leute ohne groessere Katastrophen bedienen koennen. Keine Glaeser zerbrochen, niemanden mit heisser Suppe ueberschuettet, keine eigenen Finger abgehackt, die Restaurantausstattung nicht ruiniert, keinen Gast verhungert aufgefunden und auch beim Ansengen der gebrannten Creme das Haus nicht abgefackelt. Das ist doch schon mal was! Bloss danach hat sich ein Kollege auf einen Terrassentisch zu setzen versucht, worauf dieser zusammenbrach - aber auch das hat ausser dem Ruin des Tisches und eines Glases keine weiteren Schaeden an Leib, Leben, Hab und Gut verursacht. Was das betrifft, war die Bilanz also gar nicht mal so schlecht - bloss dass unsere Einnahmen doch sehr zu wuenschen uebrig liessen. Sie konnten nur aus dem Verkauf von Wein und aus Trinkgeldern/Spenden stammen. Das Essen gab es naemlich (einschliesslich nicht-alkoholischer Getraenke) zum Festpreis, und leider konnten sich viele trotz des Hinweises auf den guten Zweck (Hundeschutzverein) nicht dazu durchringen, Wein zu bestellen. Gerade mal 350 lumpi-ge Hong Kong Dollars haben wir auf diese Weise zusammenbekommen. Na ja.

Zum Ende des Abends wurden wir dann wieder selber Gaeste und vom Restaurantteam bewirtet. Und ich denke immer noch, dass das Betreiben eines Restaurants kein Hexenwerk ist.

Nach einem langen Arbeitstag heute hab' ich dann aber doch wieder andere nicht hexen lassen, diesmal chinesische Spanier. Das Angebot des Tages war jamón ibérico mit frischer Feige, da konnte ich ('tschuldigung!) nicht widerstehen. Dazu Knoblauchbrot, einen frischen Guavensaft und eine Literflasche San Pellegrino - fertig. Zum Nachtisch ein Mandelkuechlein mit Zitronensauce und Blaubeeren und zum Abschluss einen Espresso, alles zusammen - incl. Livemusik von zwei Guitareros - 429 HK$. Schon mehr als unsere Einnahmen fuer den guten Zweck, so ein Frust! Aber wenigstens konnte ich das mit meiner normalen chinesischen Bankkarte bezahlen, das ist schon mal gut in Hong Kong.

Dienstag, 12. Mai 2009

Junk

Nicht alles, was Junk genannt wird, ist schlechtes, wertloses Zeug - aber ebensowenig ist alles, was Dschunke genannt wird, ein hoelzernes Schiff mit den typischen Segeln. Jaja, frueher war alles besser … heutzutage geht ein ganz normales Boot als Dschunke durch: hier in Hong Kong sagt man das wohl so. Die hoelzernen Segelschiffe sind naemlich bloss die traditionellen Dschunken.

Wie dem auch sei, das Abendprogramm fuer heute bestand aus einer Ausfahrt mit dem ichsachma' Boot. Zur blauen Stunde ging es los; leider war es nicht so richtig blau, da bedeckt. Trotzdem sah sie schon gut aus, die mehr und mehr bunt illuminierte Skyline von Hong Kong und den neun Drachen (so die woertliche Bedeutung des Namens Kowloon). Allerdings war der Seegang doch deutlich heftiger als erwartet, unsere etwas bessere Nussschale schlingerte ganz schoen. Von den gar nicht mal sooo wenigen Konferenzteilnehmerinnen war auch nur eine ausser mir mitgekommen, die anderen hatten unter Hinweis auf "Schlingereien" (und das ist jetzt nicht in Bezug auf das Abendessen zu verstehen) gleich abgesagt.

Richtig gruen ist aber keine/r geworden, und meine Tuetensammlung brauchte auch niemand anzugreifen. Nach etwa einer Stunde landeten wir auf der Insel Lamma, wo wir schnurstracks eins der dort "nistenden" Meeresessenrestaurants aufsuchten - oder wie sagt man seafood am besten? Das Essen war sehr lecker (wirklich!), allerdings nur dann, wenn man keine Probleme mit Fisch und Meeresfruechten hat. Von dem koestlichen geduensteten Fisch in leichtem Sojasud abgesehen, fand mein Kollege die von engl. bamboo clams zu dt. Messermuscheln aufgeruesteten ensis ensis am leckersten, waehrend ich zwischen der Jakobsmuschel und den Knoblauchshrimps (oder waren das vielleicht prawns?) schwanke. Beides koestlich!

Nach dem Essen ging es auf der "Dschunke" zurueck. Ueber Hong Kong erwartete uns ein tief haengender, honiggelber Mond - das sah wirklich genial aus. Aber erstens wuerde man das auf einem Foto nicht so sehen koennen, und zweitens war die Fahrt so unruhig, dass an scharfe Fotos bei wenig Licht ohnehin nicht zu denken war. Daher moegen die werten Leser/innen sich das Bild vor dem inneren Auge selber zaubern.

Samstag, 9. Mai 2009

Sommer, Sonne, Schweinegrippe - und Chinesenkoller

Seit wir zurueck sind, ist nun schon die ganze Woche ueber das allerschoenste Wetter - ich muss natuerlich arbeiten. Die Temperaturen sind jetzt richtig angenehm sommerlich, mittags bzw. heute ist es fast schon ein bisschen heiss. Findet Burkhard - ich find's "artgerecht". Auch abends braucht man jetzt keinen Mantel und nicht einmal das schweinsfarbene Cape - jedenfalls wenn man wie ich eine Kostuemjacke mit langen Aermeln hat. Und nicht nur, dass die Temperaturen total schoen sind, auch der Himmel ist meistens blau oder doch wenigstens blaeulich! Auf diesem Gebiet gibt es also nichts zu meckern.

Meckern ist ja sowieso bloss was fuer Ziegen - ich habe mich statt dessen aufs Husten und Schniefen verlegt. Fuer den Husten waren die zahlreichen Telefonkonferenzen in dieser Woche selbstredend pures "Rachengold". Im Zweifelsfall rede ich dabei ja immer viel selbst, denn Asiaten an den anderen Enden der Leitungen neigen schon mal zum Schweigen: tolle Strategie fuer Telefonkonferenzen. Dann muss man jedem einzeln seine Meinung aus der Nase ziehen. Aber keine Sorge, ich messe immer regelmaessig Fieber, weil ich mich dauernd so heiss fuehle, bin aber kalt wie ... wie ... wie ... (hm) - na ja, halt 36.2, .3 oder .4 °C. Ich hoffe, dass die Amtsaerzte am Flughafen von Hong Kong das genau so sehen und mich nicht in irgendeine Quarantaene zu sperren versuchen. Morgen Abend geht's los, Freitag zurueck - Personalkonferenz und alle moeglichen anderen Mih-Tinx.

Das einzige Problem: in Hong Kong gibt's auch so viele Chinesen. Burkhard und ich haben gerade zwar keinen Chinakoller, aber doch einen Chinesenkoller. Gestern hat er extra an "unserem" Kino gefragt, wann denn heute "John Rabe" laeuft, und ist mit der wenig erfreulichen Auskunft "10:00" Uhr beschieden worden. Nun denn - im breiten Hauptprogramm laeuft der Film hier nicht, da mussten wir wohl in den sauren Apfel beissen. Um um zehn Uhr irgendwo zu sein, kann ich natuerlich nicht wirklich ausschlafen (was bei Erkaeltung besonders bloed ist), habe mich aber tapfer aus dem Bett erhoben. Wir kommen kurz vor zehn Uhr zum Kino, muessen erstmal warten - um dann zu erfahren, dass der Film nicht gezeigt wird. Jaaa ... hmmmm ... "I'm so sorry". Was das denn solle, und wozu man denn extra vorher frage?! Jaaa ... hmmmm ... "I'm so sorry". Gestern Abend habe man das Programm kurzfristig geaendert. Na super - dann kann ich den Film wohl nicht im Kino sehen, denn bis ich wiederkomme, laeuft der garantiert auch anderswo nicht mehr. Grrrr.

Statt dessen haben wir dann ein bisschen eingekauft und im Rose House englischen Tee getrunken. Das ist eine Teehauskette, die von einem Taiwanesen gegruendet wurde und die englische Teekultur in viktorianisch-plueschigen Etablissements (auch in London und New York) mit Rosenporzellan und "high tea" hochhaelt. Damit die Gaeste sich alle entsprechend benehmen, gibt es erst mal eine Liste mit 14 Regeln fuer die Kunden ... ;-)) Jaja, die Chinesen kennen ihre Landsleute und den Rest der Welt. Und den Rest des Nachmittags habe ich dann bei weit geoeffneter Balkontuer im Bett verbracht.

Sonntag, 3. Mai 2009

Donnerstag, 23. April 2009: Auserdungen

Heute ist der archaelogische Tag: es geht um Dinge, die "unearthed" wurden oder noch werden. Ich werde gerade mit mir nicht einig, ob dieses Wort besser waere als "ausgraben" …

Unser erstes Ziel heisst Banpo, so der Name eines jungsteinzeitlichen Dorfes, das man an einem Flussufer unweit von Xi'an entdeckt hat, als man dort in den 1950er Jahren ein Kraftwerk bauen wollte - das hat man dann halt statt dessen am anderen Ufer gebaut. Und die Staette erhalten - immerhin! Die mobilen Fundstuecke (das Uebliche: Keramik, Steinwerkzeuge, Knochenobjekte) sind in einer Ausstellungshalle gleich vorn rechts versammelt. Die Keramik ist teilweise bemalt, und einige der Dessins sind recht reizvoll, so zum Beispiel die Fische oder die Maske, die sich die Staette zum Logo erwaehlt hat. In der zweiten Halle geht es eigentlich um Brehms oder ich weiss nicht wessen Tierleben, aber es ist mehr ins Pflanzliche abgedriftet: Kraut und Rueben. Saeugetier- und Dinosaurier-Relikte wechseln sich munter ab, es ist kein Ordnungsprinzip erkennbar. Daher halten wir uns hier nicht lange auf. Auf der linken Seite wirbt
jetzt ein Laden in grossen Lettern nicht nur fuer seine Keramik, sondern auch fuer seine "western style toilets".

Noch alberner ist aber das steinzeitliche Dorf, das den Museumsgarten mit unfreiwilliger Komik fuellt. Rundhuetten mit Lehmwaenden, Grasdach - und Klimaanlage. Innen sind sie mit Edelholz verkleidet. Darin stehen ein Bartresen und der kalte Rauch der letzten verqualmten Steinzeitparty, fuer die man die Huetten offenbar buchen kann. Vor einer Versammlungshuette ragen zwei Totempfaehle auf, die an den Cartoon von Gary Larson erinnern (kaum dass man wegschaut, ziehen die grimmigen Masken darauf Grimassen). Unweit davon stolzieren zwei Haehne ohne Huehnerharem umeinander herum. Den Rest des Gartens fuellt ein Pfingstrosenfeld, aber die dicken runden Knospen haben sich noch nicht geoeffnet. Es gibt auch noch Huetten, die nach Steinzeit-Selbsterfahrungs-Toepferkurs aussehen, aber die sind geschlossen. Na, wenn das so weitergeht, ist Banpo aber nicht der Rede wert. Wir gehen mal lieber in der Museumshalle gucken.

Aha, das sieht schon serioeser aus. Wenn ich das richtig verstehe, hat man hier die Ausgrabungsstaette in situ ueberdacht und konserviert. Ein relativ grosses Areal ungefaehr in der Form zweier an einer Ecke ueberlappender Quadrate ist von einer Art Aussichtsterrasse umgeben, von der aus die Besucher das uebersehen koennen, was von einem Dorf aus der Jungsteinzeit uebrig ist: in staubtrockener gelblich-brauner Erde sieht man im Wesentlichen Loecher im Boden, sehr verschieden gross und tief: Loecher fuer Haeuser, Loecher fuer Pfosten, Loecher fuer Vorraete, Loecher fuer Feuerstellen, Loecher fuer Bestattungen und ein sehr langes Loch (manche nennen sowas einen Graben) zum Umleiten des Flusses, so dass man mit dem Fluss auf der einen Seite des Dorfes und mit dem Graben auf der anderen einen natuerlichen Schutz geschaffen hatte. Einige Haeuser sind rund, andere eckig. An verschiedenen Stationen erklaeren Kurzfilme, die abwechselnd in einer englischen und einer chinesischen Version laufen, was die Wissenschaft ueber das Leben in Banpo in der Jungsteinzeit festgestellt hat. Wie Haeuser gebaut wurden, zum Beispiel: ein flaches Loch graben, als Wand einen kleinen Wall produzieren, Pfosten setzen, Waende mit Lehm verkleiden, Feuer anzuenden, damit Boden und Waende ein bisschen gebrannt werden und somit gehaertet und feuchtigkeitsbestaendig, das Dach mit Stroh decken, fertig. - Die Toten wurden liegend erdbestattet und bekamen zwei, drei grosse Schuesseln mit auf den Weg, die man ihnen auf die Beine stellte. Die Schuesseln (oder sollte ich "Schalen" sagen, weil es irgendwie edler klingt? ;-)) ) wurden in der dorfeigenen Toepferei gefertigt, man hatte die Ofentechnik schon so weit vorangetrieben, dass man von den horizontalen Modellen auf vertikale Konstruktionen uebergegangen war, mit denen hoehere Brenntemperaturen erreicht werden koennen. In der kleinen Extrahalle mit Ofenmodell hat sich ein moderner Toepferkuenstler mit gut gelungenen, expressiven Figuren der Steinzeithandwerker verewigt, die etwa im Massstab 1:8 die verschiedenen Arbeitsschritte der Keramikherstellung veranschaulichen.

Das ist alles recht gut aufbereitet, viel besser jedenfalls, als der Garten befuerchten laesst. So richtig verstehe ich aber nicht, warum sie im Garten nicht ein paar Haeuser nach Steinzeitvorbild rekonstruieren, das waere aus meiner Sicht das Naechstliegende.

Wir machen jetzt jedenfalls einen gewaltigen Satz in die Neuzeit und fahren als naechstes Ziel die Huaqing-Thermalquellen an. Die Bluetezeit des Ortes war unter der Tang-Dynastie, als das Areal zehnmal groesser war als heute. Hier gab es einen richtigen Kaiserpalast inclusive einer ganzen Suite von Baedern, denn die verwoehnten Angehoerigen des kaiserlichen Hofes, allen voran der Kaiser selbst mit seinen Konkubinen, hatten keine Lust, sich im Winter in Xi'an den Allerwertesten abzufrieren. Schon gar nicht, wenn man in solcher Naehe kostenlos und unbeschraenkt angenehm temperiertes Wasser von 43 Grad Celsius zur Verfuegung hatte!

Jetzt ist im Wesentlichen alles neu angelegt, von den alten Badebecken mal abgesehen. Wir beginnen unsere Besichtigung im Museum. Burkhard ist vom Rohrleitungsbau der tangzeitlichen Architekten beeindruckt, aber wenn man andererseits an die roemische Wasserarchitektur (Leitungen und Thermen) denkt, die mehr als ein halbes Jahrtausend frueher auch da fuer frisches und wohlig-warmes Wasser gesorgt hatte, wo es nicht einfach so aus dem Boden fliesst, relativiert sich die Groesse der Errungenschaften ein wenig. Auf drei weiteren, recht finsteren Etagen gibt es sonst wenig Erwaehnenswertes.

Wir passieren ein daoistisches Tempelchen, in dem 12 Figuren mit Tierkoepfen die 12 chinesischen Tierkreiszeichen repraesentieren - fuer jeden was dabei. Dieses Jahr darf das Rindviehwesen das leicht verblichen-rote Ehrenmaentelchen aus "Plastikseide" tragen.

Bevor wir zu den heissen Quellen kommen, fuehrt ein steinerner Steg zwischen zwei Pavillons ueber einen kuenstlichen See, in dem nur wenige Zentimeter unter der Wasseroberflaeche eine Buehne zu sehen ist und in dem auch sonst allerlei wasserfeste Technik den Tag verschlaeft, um in einer allabendlichen Show von oder doch à la Zhang Yimou den Glanz vergangener Zeiten fuer heutige Zuschauer aufzupolieren. Ich bin fast mehr von den Perlenvorhaengen an den Pavillons beeindruckt: das sind echte Glasperlen!

An zwei Handwaschbecken gibt es jetzt Thermalwasser zum Anfassen. Die Temperatur von (wie gesagt) 43 °C ist sehr angenehm, und die Mineralisation mit Natriumcarbonat und Calciumsulfat - oder so - hinterlaesst ein angenehmes Hautgefuehl. Frueher hiess es natuerlich, dass das Wasser schoen macht: gerade richtig fuer die Frauen des Kaisers …

Man kann ein rechteckiges freiliegendes Quellbecken sehen und ein rundes unter einem Felsvorsprung; sie sehen fast aus, als ob das Wasser in ihnen stehen wuerde. Und dann kommen die Baeder. Es beginnt mit dem Bediensteten-Bad. Das sei besonders fuer die hart arbeitenden Koeche gewesen, damit die sich zwischendurch pflegen und um so besser kochen konnten. Dann gibt es den viereckigen "Star Pool" der nicht etwa fuer Stars gedacht war (oder eigentlich doch), sondern freien Blick auf den hoffentlich sternuebersaeten Himmel gewaehrt, wenn der Kaiser dort mit seinen zahlreichen Konkubinen planscht. So war das frueher - heute ist das Becken erstens trocken und zweitens ueberdacht. Das naechste Becken ist bluetenfoermig fuer die Konkubinenschar, und das letzte aus der alten Zeit ist vergleichsweise klein und ebenfalls bluetenfoermig, wie eine sehr grosse Luxusbadewanne. Das war ein Geschenk des Kaisers fuer seine Lieblingskonkubine Yang Guifei zum 17. Geburtstag. Nicht schlecht! Mir hat noch nie jemand einen Swimmingpool geschenkt …

Apropos Yang Guifei: sie bildet mit Xuan Zong, dem zweiten Kaiser der Tang-Dynastie, ein klassisches tragisches Liebespaar à la Julia und Romeo. Urspruenglich war sie die Konkubine seines Sohnes oder Vaters oder so aehnlich, aber dann hatte Xuan Zong sie fuer sich entdeckt und auch nur noch Augen und Ohren fuer sie. Staatsgeschaefte? Och nooeee … Das fanden die Beamten und Generaele dann irgendwann nicht mehr witzig, und als ein Verteidigungsfall eintrat, haben sie erst mal keinen Finger krumm gemacht und dem Kaiser empfohlen, Yang Guifei hinzurichten, anderenfalls koennten sie sich nicht fuer ihn einsetzen. Diese Entscheidung mochte der Kaiser aber nicht treffen, und ob sie es nun selbst entschieden hat oder nicht, weiss der Himmel - jedenfalls hat Yang Guifei sich daraufhin umgebracht.

Mit dieser tragischen Geschichte kann man die alte Zeit hinter sich lassen und in die neuere Geschichte blicken. Da das Wasser ja ununterbrochen bis heute noch warm hervorsprudelt, hat sich der Ort zu allen Zeiten einer gewissen Beliebtheit erfreut. Auch Chiang Kai-Shek hat in den 1930er Jahren eine Zeitlang hier gewohnt, weshalb man ein paar Schritte weiter am Fuss des Berges seine ehemaligen Wohnraeume und sein Bad - viel mickriger als Yang Guifeis - sehen kann. Und die Raeume seiner zahlreichen Leibwaechter, die aber den so genannten Xi'an-Zwischenfall auch nicht verhindern konnten. Zwei seiner Generaele hatten ihn hier 1936 festgesetzt, als er sich nicht dazu durchringen konnte, den Vorschlag der Kommunisten anzunehmen und die innerchinesische Auseinandersetzung zu beenden, um Seite an Seite mit den Kommunisten gegen den aeusseren Feind zu kaempfen, die Japaner. Es gab dann wohl eine gar nicht so kleine Schiesserei, denn heute sind zahlreiche Loecher in Waenden und Fenstern als Einschussloecher von damals beschriftet. Am Ende hat er dann wohl einlenken muessen.

Wir beenden den Besuch in Huaqing im "kaiserlichen Toilettenhaus", das angeblich schon frueher als solches gedient hat. Jetzt ist es innen in europaeischem Jugendstil gehalten, natuerlich alles (relativ) neu. Es ist auch wirklich ein bisschen besser als die meisten Toiletten, aber unter "kaiserlich" stelle ich mir doch noch was Anderes vor. Leider ist zum Haendewaschen hier nicht das Thermalwasser vorgesehen, schade … denn danach hatte ich wirklich ein sehr angenehmes Hautgefuehl.