Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Sonntag, 30. November 2008

Wir sagen Euch an

... den lieben Advent, auch wenn hier keine Kerze brennt. Ganz im Gegenteil: um 10 vor fuenf ist die Sonne untergegangen, und jetzt ist es ganz schoen finster, weil die ganzen Zierbeleuchtungen erst viel spaeter eingeschaltet werden. Keiner weiss warum ... vielleicht zum Energiesparen, aber da koennte man sie ja auch einfach noch frueher ausschalten, denn am schoensten sieht die Beleuchtung nun einmal in der beruehmten blauen Stunde aus. Statt Kerze gab es am Nachmittag ein Stueck leckeren Marzipanstollen. Und gestern wurde mit dem Aufbau des "Weihnachtsbaums" in der Lobby vom Citigroup Tower begonnen.

Das Wetter ist richtig schoen, heute war es (ein bisschen) blau und (ziemlich) sonnig. Schon gestern Abend war es wunderbar klar ... leider musste ich gestern arbeiten und kam erst sehr spaet nach Hause. Zur Entschaedigung wurde ich mit einem herrlichen Sternenhimmel belohnt: Der Orion ganz klar und deutlich ueber den Tuermen von Skyline Mansion, und auch sonst waren jede Menge Sterne gut zu erkennen.

Fast ein bisschen schade, dass ich heute wieder Kalligraphieunterricht hatte, wo doch das Wetter zu einem Sonntagsspaziergang eingeladen haette. Aber Kalligraphie ist natuerlich auch gut, zumal ich ja jetzt auch wieder schreibe und nicht mehr male. Auf dem schoenen Reispapier. Heute schrieb ich "yun xi you tian", Wolke sich tummeln schwimmen Himmel. Vorschlaege fuer eine gute Uebersetzung werden gern entgegen genommen. Zu meiner Ueberraschung sagte Zheng Hong, diese Worte liessen an Buddha denken. O Wunder, da waer' ich aber wirklich nicht drauf gekommen!

Ab morgen gibt es wieder den Blog-0-ventskalender, diesmal mit kleinen Leckerbissen fuer Sinophile, Wortfixierte und andere Freunde (und Freundinnen) von Woertern.

Freitag, 28. November 2008

Scherenschnitt einmal anders

Nachdem zuletzt das Restaurant Service Management bei Din Tai Fung gar zu chinesisch ausgefallen war, sind wir laenger nicht dagewesen. (Na gut, wohl auch wegen meiner Indienreise.) Aber es gibt dort einfach die besten xiaolongbao, also haben wir uns heute mal wieder dazu durchgerungen. Ausserdem ist das Din Tai Fung eines der gar nicht so zahlreichen Etablissements mit einem gruenen Smiley von der Gesundheitsbehoerde.

Und endlich konnte sich auch Burkhard dazu durchringen, den Namen als N-O-N-A-M-E zu buchstabieren, schmunzel! Es wurde auch weiter gar nichts nachgefragt. Und am Ende hat uns niemand mit einem Fragebogen behelligt. Ob man uns wohl irgendwie kennt?

Wie auch immer, den ganzen Quark drumherum muss man einfach ignorieren, das Essen ist wirklich lecker. Heute haben wir fuer uns neue Wontons mit Shrimp-Fuellung und Sauce probiert - auch gut. Kann man nochmal ordern. Schon laenger wissen wir das von dem Klebreisdumpling, der mit gar nicht ganz magerem Fleisch gefuellt und unter anderem mit Zimt gewuerzt ist. Ja, stimmt, klingt irgendwie komisch, schmeckt aber gut. Weil es ein bisschen maechtig ist, bestellen wir davon nur einen. Aber wie dann teilen? Ganz einfach, man winkt jemanden vom Service herbei, haelt Zeige- und Mittelfinger hoch und spreizt zwei-, dreimal den Zeigefinger ab. Qing jian yixia! Und jian heisst "mit der Schere schneiden", ganz wie beim Friseur. Der fuwuyuan (= Servicemensch) nimmt dann den Teller mit, holt aus einer der naechsten Kommoden eine Schere, macht dreimal 'schnipp' durch den klebrigen Reis, und schon hat man vier mundgerechte Stuecke. Guten Appetit!

Donnerstag, 27. November 2008

Duestere Zeiten

Wenn ich heute so die Nachrichten aus aller Welt hoere, bin ich ja gar nicht mal ganz unfroh, dass zur Zeit keine Dienstreisen anstehen. Bangkoks internationaler Flughafen gesperrt, Anschlagsserie in Mumbai ... beides Orte, die ich erst vor kurzem besucht habe, brrr, da kann einem ja mulmig werden! Leider kann ich so gut wie keine von den deutschen Nachrichtenseiten oeffnen, aber die englischen gehen leichter auf. Da wird's mir ja noch schauriger! Das Taj Mahal Hotel ist gleich neben dem besagten Gateway of India, an dem die Ausflugsboote nach Elephanta abfahren - und der "wichtigste Bahnhof der Stadt" ist der Chh... Sh... Terminus (frueher Victoria Terminus). Vielleicht sollten die da doch lieber Eintritt verlangen und die Leute gruendlich durchleuchten, bevor sie sie das Weltkulturerbe betreten lassen!

Uebrigens habe ich diese Sachen auch "so richtig live" mitbekommen - erst gab's eine Mail von den Kollegen aus Thailand, die dabei waren, den Status von Dienstreisenden zu erfassen, und von den indischen Anschlaegen habe ich im Chat mit einem Kollegen aus Mumbai erfahren. Das ist eigentlich ein tolles Beispiel dafuer, wie international unsere Arbeitsplaetze mittlerweile geworden sind. Wenn's nicht aus so schrecklichen Anlaessen waere, waere es ein echter Grund zur Freude, finde ich.

Der Alltag in Shanghai wird zur Zeit auch immer duesterer - und vor allem kalt. Dass es zuletzt immer schon lange vor sechs Uhr abends dunkel war, ist ja nicht neu. Aber die Temperaturen liegen jetzt oft im einstelligen Bereich (positiv, aber wie schon frueher berichtet ist man hier von langen heissen Sommern ganz "verweichlicht" und findet es eisig, zumal der Wind unangenehm schneidend ist), und man muss die Klimaanlage im Heizmodus jetzt doch auch tagsueber arbeiten lassen. Bei Mandarin House ist man aber nicht dieser Ansicht, so dass Yang XiaoLi uns im dicken Mantel mit (Kunst-)Pelzbesatz unterrichtet und wir am Ende schon ganz angefroren waren. Da half auch die frostig-schaurige Geschichte von dem beruehmten englischen Detektiv Fu-Ar-Mo-Se (pinyin: fú'ěrmósī) nicht. Wie, kennt Ihr nicht? Sein Vorname lautet Schjä-Luo-Ke (pinyin: xiēluòkè) - wer's jetzt immer noch nicht weiss, dem ist nicht zu helfen. ;-))

Mittwoch, 26. November 2008

Rettet die Pottwale!

So ein Frust. In Vertretung eines Mitarbeiters habe ich heute ein nennenswertes Stueck des Tages damit verbracht, mit Daten herumzuhantieren. Dabei hatte ich dauernd mit einem Element namens pot_val zu tun. Ich weiss auch nicht, warum ich staendig ungefaehr so ein Bild vor dem inneren Auge habe ...

Dienstag, 25. November 2008

Sonntag, 9. November 2008: Mumbai am Meer

Am Sonntagmorgen erscheine ich frisch und voller Schwung um 10 Uhr in der Lobby - um festzustellen, dass keiner da ist, weder der Fahrer, den man fuer mich organisiert hat, noch der Kollege oder die Kollegin, von denen ich nicht genau weiss, wie freiwillig sie mich begleiten sollen. Nach 10 oder 15 Minuten kommt Kedar. Nutan sei noch nicht aufgetaucht, sagt er, und schlaegt vor, wir sollten erst noch einmal zum Buero fahren. Nun denn ... gesagt, getan. Aber auch da keine Nutan, und telefonisch zu erreichen ist sie auch nicht. Dann muessen wir wohl ohne sie los.

Als erstes fahren wir zum Hauptsitz der Firma. Der befindet sich im angeblich schicksten Viertel der Stadt. Am Haus im Kolonialstil steht eine Tafel, auf der zu meiner Verwunderung zu lesen ist, dass es 1995 eingeweiht worden sei. Als Firmensitz? Denn 1995 ist das Gebaeude sicher nicht so gebaut worden. Die Sicherheitsleute lassen uns sogar die Bueros besichtigen, nett! Ein wahrer Palast ist das im Vergleich zu dem ganzen Dreck und den vielen schrecklichen Slums.

Danach irren wir mit dem Auto fuer mein Gefuehl "stundenlang" durch die Strassen von Mumbai. Irgendwann habe ich das Gefuehl, dass wir voellig ziellos mal geradeaus fahren, dann wieder rechts oder links abbiegen ... Ich versuche mich im truckspotting auf der Suche nach der allerkunstvollsten HORN OK PLEASE-Malerei. Nebeninteresse gilt dem lanternspotting, an vielen Stellen haengen Divali-Laternen. Zwar sei die Form nicht spezifisch fuer Divali-Laternen (Hauptsache Licht/Laterne, Form ist egal), so habe ich mir sagen lassen, aber ich finde sie irgendwie besonders. Ich versuche mich mal an einer Beschreibung: Es handelt sich um ein aufrecht stehendes "Rohr" mit quadratischem Grundriss, auf dessen Kanten Quadrate mit ihrer Diagonale aufgesetzt sind (sie stehen also auf Eck), und den oberen bzw. unteren Rand verbindet auf jeder Seite des "Rohrs" je eine dreieckige Flaeche mit den Kanten der Quadrate. Alternativ kann man sagen, dass zwischen oberem und unterem Rand des quadratischen Rohres anstelle einer quadratischen Flaeche eine Pyramide mit quadratischem Grundriss steht. Na, alles klar?! Aber auch hier gilt: ein Bild (oder doch besser zwei? oder doch lieber 'ne Zeichnung?) sagt mehr als 1000 Worte.

Das alles verhindert nicht, dass ich mir am Ende vorkomme wie die Heldin eines postmodernen Grossstadtromans, die verloren in fremden Strassen herumfaehrt und nicht mehr weiss, ob sie in ihrem Leben je irgendwo ankommen wird ... Aber ploetzlich laesst Kedar den Fahrer anhalten, und wir koennen an den Strand treten. Ueber den Strand hatten mir deutsche Kollegen schon erzaehlt, dass er ganz furchtbar sei, sooooo dreckig. Mit diesen Erwartungen war ich so gut vorbereitet, dass es fast als angenehme Ueberraschung durchging - ja, es war ein bisschen dreckig, aber sooooo schlimm nun auch wieder nicht. Insgesamt ist der Strand trotzdem nicht gerade schoen, sondern oede und bloede. Aber lang. Und durchaus halbwegs belebt, wobei man sich Strandleben in Indien oder doch wenigstens in Mumbai City anders vorstellen muss als auf "Ma-loa-ka". Hier hat keiner Handtuecher ausgebreitet oder einen Sonnenschirm aufgepflanzt, sondern alle sind unterwegs. Entweder auf dem Sand oder im Wasser, aber von Badekleidung keine Spur: Wer ins Wasser gehen will, geht halt. Ich beschliesse spontan, dass ich nicht gehe. Wir halten uns nicht lange auf, de facto gibt's auch nichts zu sehen. Die Strasse an der Bucht heisst "Halskette der Koenigin", wobei ich nicht weiss, ob das fuer diesen Abschnitt zutrifft - abends kann man die Strassenlaternen als Perlen leuchten sehen.

Wir fahren weiter am Meer entlang und halten schliesslich wieder. Es ist ja auch schon halb eins ... vor der Kueste liegt eine Art Fata Morgana. Es sieht aus wie ein entrueckter weisser Palast, aber es ist eine Moschee namens Haji Ali. Wir pilgern durch die heisse Mittagssonne und ein grosses Gedraenge ueber den Zementsteg, der bei Ebbe (ja, es ist Ebbe) begehbar ist. Es wird verkauft und gebettelt, was das Zeug haelt. Je naeher man dem Traumbild kommt, um so realer - und schaebiger - wird es. Eimerweise weisse Farbe wuerde schon richtig gut helfen: der Komplex auf einer kleinen Insel hat vor allem weiss getuenchte Mauern und Waende, die vor dem blauen Himmel und Meer dann neu erstrahlen koennten. Sobald man die aeussere Mauer hinter sich gelassen hat, ist das Gedraenge noch groesser. Die eigentliche Moschee - oder heisst das jetzt Schrein, weil Sufisten ihre Moscheen so nennen? - ist nicht sehr gross und mit bunten Tuechern behaengt. Beim Schuhaufbewahrer trennen sich unsere Wege - Kedar nimmt den "richtigen" Weg in die Haupthalle, in der eine Art Sarg verehrt wird oder vielmehr der (echte oder vermeintliche) Insasse (oder heisst das Einlieger?), Haji Ali eben. Ich darf mich, wie alle Frauen, auf einem Nebenweg von der Seite heranschleichen. Vom heiligen Sarg trennen uns grosse Spendenbuechsen, waehrend die Herren sogar die Tuecher anfassen und mit der Stirn beruehren duerfen, die den Sarg bedecken.

Anschliessend gehen wir noch in den Aussenbereichen herum - zum Teil sind da halb zusammengebrochene Gebaeudeteile zu sehen. Die muessen aber dringend mal wieder hergerichtet werden! Als ob man dieses Projekt nicht mit einer Spendendose fuer die Renovierung (mit gleichzeitiger Pflege des Seelenheils, versteht sich) oder mit einem kleinen Eintrittsgeld finanziert bekaeme! Irgendwie verstehe ich die Inder da nicht. Das scheint keinen so recht zu stoeren. Wenn man an Land ist, ist alles so weit weg, dass man die ruinoesen Zustaende problemlos uebersehen kann. Und wenn man auf dem Inselchen ist, kann man ja einfach weggucken - naemlich von den Ruinen weg an Land, wo mit einem postmodernen Stadion samt geschwungenem Dach und mit dem zylinderfoermigen Turm des Nehru Science Center markante Strukturen den Blick fangen.

Danach gehen wir ueber den immer noch vollen Steg zurueck zum Auto. Jetzt ist Zeit zum Essen - Kedar fuehrt mich in ein Restaurant mit Buffet-Lunch. Nicht schlecht, aber auch nichts Besonderes.

Montag, 24. November 2008

Abgestochen

Na gut, das b ist etwas uebertrieben, es handelt sich nur um ein n. Es war wieder soweit (wie schon letztes Jahr, als auch einstechende Massnahmen zur Anwendung kamen): Zeit fuer die Grippeimpfung. Diesmal konnte ich zum Glueck den Termin in einem Besprechungsraum in unserem Buerogebaeude wahrnehmen. Termin war gleich nach dem Mittagessen, was da heisst, dass mir den ganzen Vormittag ueber ganz flau gewesen ist. Im Vergleich zur Kinderabteilung im Krankenhaus gibt es in dem Besprechungsraum wenigstens richtige Stuehle, nicht bloss wadenhohe Kinderhocker - gleich nach dem Einstich bin ich einfach mit dem Stuhl zur Seite gerollt, habe die Fuesse hochgelegt, ein bisschen Schokolade gegessen und so alles ohne Kreislaufzusammenbruch ueberstanden. Eine der chinesischen Hilfskraefte kam sogar fragen, ob alles in Ordnung sei, sie selbst habe naemlich auch Probleme ... geht doch! Burkhard hatte ich natuerlich trotzdem mitgenommen.

Ueberhaupt sehe ich mich dauernd Angriffen auf meine koerperliche Unversehrtheit ausgesetzt: gestern haette ich mich doch beinahe am Gasherd angesengt. Nur beinahe, insofern konnte heute auch niemand behaupten, ich wuerde mich benehmen wie eine gesengte Sau ...

Als (versuchten) Angriff auf die koerperliche Unversehrtheit mag man auch den Besuch in chinesischen Restaurants werten. Seit kurzem sind naemlich die Resultate der Ueberpruefung durch die Gesundheitsbehoerden ueberall ausgehaengt. Nur die wenigsten Etablissements haben ein gruenes Grinsesmiley, die Mehrheit musste ein gelbes Smiley mit geradem Mund anbringen. Und dann werden zur Zeit eine ganze Menge Restaurants neu gestaltet, ein Schelm, wer Boeses dabei denkt ... Ich habe jedenfalls ueberhaupt kein rotes Smiley mit nach unten gezogenen Mundwinkeln gesehen.

Sonntag, 23. November 2008

Samstag, 8. November 2008: Mumbais Weltkulturerbe

Am Samstagmorgen erscheine ich frisch und voller Schwung um 10 Uhr in der Lobby - um festzustellen, dass keiner da ist, weder der Fahrer, den man fuer mich organisiert hat, noch die beiden Kolleginnen, von denen ich nicht genau weiss, wie freiwillig sie mich begleiten sollen. Nach 10 oder 15 Minuten kommen sie dann - Sushma, die recht chinesisch aussieht, und Ashwini. Sushmas chinesisches Aussehen ist darauf zurueckzufuehren, dass sie aus dem Grenzgebiet zu Myanmar/Birma stammt. Aber sie ist Inderin. Sie haetten nicht gleich eine Fahrgelegenheit zum Buero, wo der Fahrer sie aufgelesen hat, bekommen, begruenden sie ihre Verspaetung. Ich muss schon in mich hineingrinsen: in ein paar "interkulturellen" Anmerkungen hatte jemand vorgetragen, dass Deutsche immer puenktlich und Inder nicht sehr puenktlich seien, aber sich auch nicht seeehr verspaeten wuerden, nur ein bisschen eben. Und wieder einmal war das (Vor?!)Urteil fast bestaetigt - ich war allerdings auch eine oder zwei Minuten zu spaet in der Lobby.

Na, dann fahren wir mal los. Ueber das chaotische Gewusel auf den Strassen hatte ich ja schon berichtet, aber einen Chaoshauptfaktor habe ich gar nicht erwaehnt: die allgegenwaertigen Baustellen. Ich bin gar nicht sicher, ob wir auch wohl mal ueber Strassen gefahren sind, an denen nichts gebaut wurde?! Und wenn man die Strasse schon mal aufreisst, dann am besten gleich auf einem recht langen Stueck, damit es sich auch lohnt. Arbeiten kann man dann daran zu anderer Gelegenheit - will sagen: auf den meisten Baustellen wurde gar nicht gearbeitet. Und ich denke mal nicht, dass das am Sonntag lag. Na denn: blow ok horn, wie eine Alternative zu horn ok please lautet.

Unterwegs sehe ich Wegweiser zum Bahnhof. Vom Namen verstehe ich auch nur Bahnhof, der heisst jetzt Chhatrapati Shivaji Terminus - oder kurz CST, das kann ich mir ja gerade noch merken. Frueher einfach Victoria Terminus, schliesslich ist das ein Erbe aus der Kolonialzeit. Baubeginn war 1878, und dieses Zweckgebaeude wurde wegen der gelungenen Mixtur aus neogotischen und indischen Inspirationen 2004 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. (Eindruecke dieser Mixtur kann man sich zum Beispiel auf der Kulturerbelisten-Webseite verschaffen). Dies ist, glaube ich, das erste Weltkulturerbe, um das ueberhaupt kein Aufhebens gemacht wird. An einer Stelle ist eine vielleicht DIN A2-grosse Messingtafel angebracht, die den Status ausweist - und das war's. Innen ist es einfach ein grosser, geschaeftiger und schmutziger Bahnhof, und aussen hat es diese schoenen Fassaden. Man muss zwar eine Bahnsteigkarte kaufen, um durchzugehen, aber das hat mit der Geschichte und dem Status des Gebaeudes offenbar nichts zu tun. Waehrend fast ueberall steht, dass man in die Kuppel hinaufsteigen kann, weisen die beiden Maedels das weit von sich. Schade eigentlich! Den Innenhof hinter dem Zaun mit der extrem gepflegten Gruenanlage darf man auch nicht betreten. Man laesst mich zwei Schritte hineintreten, um ein Foto zu machen, aber schon beim dritten Schritt wird protestiert. Insgesamt gibt es hier zwar viele Reisende, aber offenbar so gut wie keine Touristen. - Gegenueber liegt ein aehnlich malerisches Kolonialgebaeude, aber ich habe schon wieder vergessen, was das fuer eins war. Wir fahren dann nach kurzem Aufenthalt weiter und passieren den als Sehenswuerdigkeit ausgewiesenen Flora-Brunnen - man ahnt schon, dass das auch keine original indische Erfindung ist.

Der naechste Halt ist das Chhatrapati Shivaji Maharaj Museum (früher einfach Prince of Wales Museum). Irgendwie sind die wohl komisch drauf in Mumbai, mussten alles umbenennen, und offenbar alles nach demselben Typen?! Es handelt sich um einen Herrscher eines indischen Reiches, der im 17. Jahrhundert gelebt hat - und der seinen Namen jetzt nicht nur einem Bahnhof und einem Museum leiht, sondern auch dem internationalen Flughafen. Das Witzige ist ja jetzt, dass jeder dauernd "Chha ... Shi ... ... (frueher ...)" sagt, sehr hilfreich! Das Museumsgebaeude ist im "indo-sarazenischen" Kolonialstil erbaut und von schoenen Gartenanlagen mit Palmen, gepflegten Hecken und Straeuchern umgeben. Wasserflaschen duerfen mal wieder nicht mit hinein genommen werden, aber hier werden sie nicht einfach konfisziert, sondern sozusagen "an der Garderobe" abgegeben, wo man sie hinterher zurueck bekommt. Der Eintritt kostet fuer Inder 20 Rupien und fuer Auslaender 300. Ich bin mit mir selbst nicht einig, wie ich das finden soll - einerseits ganz in Ordnung, weil 300 Rupien auch nicht mal 5 Euro sind und der Zugang zu "Kultur" auf diese Weise breiten Bevoelkerungsschichten moeglich wird. Andererseits erscheint der Faktor recht krass. Immerhin enthaelt der Preis schon den Audio-Fuehrer in diversen Sprachen. Auch deutsch, und man hat wohltuenderweise jemanden gefragt, der sich damit auskennt. ;-)) Wir haben nicht wirklich Zeit, uns alles im Detail anzusehen. Aber fuer die Skulpturen und die indischen Miniaturen nehme ich mir ein bisschen Zeit. (Wer auch neugierig ist: unter obigem Link kann man im Menupunkt "take an introductory tour" einige Bilder sehen.) Die Miniaturen sind wirklich ganz besonders toll. Sie erinnern mich auch ein bisschen an die Très riches heures du Duc de Berry, das beruehmte Stundenbuch dieses franzoesischen Herzogs. Und in der Tat handelt es sich bei den Miniaturen auch um Monatsblaetter.

Nach dem Museumsbesuch ist schon Zeit fuers Mittagessen: fast ein Uhr! Wir fahren ein Stueck und kommen unweit vom Gateway of India zu einem Restaurant namens Delhi Darbar. Ich hatte den Maedels was zugemurmelt von "quick lunch", aber irgendwie hat das nicht funktioniert. Nicht, dass das Essen nicht geschmeckt haette ... Es gab diese indischen Gerichte, die alle, trotz unterschiedlicher Farbe und Ingredienzien, irgendwie gleich schmecken. Also z.B. milder, nicht koerniger Huettenkaese (wie Tofu, aber eben aus Milch) in gruenlicher Sauce, Huehnchen in roetlicher, Lamm in gelber ... alles dasselbe. Alles eine Sauce, "sauceusagen" ;-)). Nur Chicken tikka nicht - das ist mariniertes, gegrilltes Huehnerfleisch (ohne Knochen, also fuer Chinahuhngeplagte paradiesisch!), das ohne Sauce serviert wird. Aber als wir das Restaurant verlassen, ist es schon fast drei Uhr, so ein Mist! Jetzt wird's knapp fuer die Bootsfahrt nach Elephanta.

Die Ausflugsboote fahren am Gateway of India ab. Dieses Bauwerk, 1924 von den Englaendern als pompoeses Empfangstor fuer seine (und andere?) Indienfahrer gebaut, ist zur Zeit wieder eine Baustelle. (Hmm. Die haetten ja wohl noch 15 Jahre warten und es dann zu seinem hundertsten Geburtstag wieder herrichten koennen?!) Grosse Teile verhaengt, Chaos drumherum. Schade, so wird das nix mit einem Foto. Gegenueber reitet ein Chhatrapati Shivaji mit gepflegtem Bart und entruecktem Blick auf Meer hinaus, ohne je von der Stelle zu kommen.

Auf das Boot muessen wir erst noch ein Weilchen warten, auf der Wasserseite der Baustelle. Elephanta (Link: ein deutscher, kein besonders guter Artikel, aber einen besseren habe ich nicht gefunden - es sei denn die englische Version) ist eines der Inselchen, das der Kueste vorgelagert ist. Angeblich braucht man mit dem Boot 45 Minuten, aber ich glaube, dass es mindestens eine Stunde war. Das Oberdeck ist leider fuer Passagiere gesperrt - es scheint, als haette es da mal einen Zwischen- oder Unfall gegeben, denn dort vermitteln ein Sonnendach und Sitzgelegenheiten den Eindruck, dass es fuer die Fahrgaeste gedacht war. Es bleibt aber nicht nur auf unserem Schiffchen ungenutzt, sondern auf allen anderen auch. Nach Elephanta faehrt naemlich eine ganze Flotte von Ausflugsbooten.

Der Anleger ist von der Insel weit ins Meer hinaus gebaut, so dass man erstmal ein Weilchen unterwegs ist, bevor man ueberhaupt auf der Insel selbst ankommt. Wer fussfaul ist, fuer den faehrt ein kleiner Zug, aber Zeit sparen tut der nicht, weshalb wir zu Fuss gegangen sind. Und dann heisst es Spiessrutentreppensteigen: rechts und links ein Stand mit Souvenirkram und -kitsch neben dem anderen geht es huegelan Richtung Hoehlen. Die fuer den Shiva-Kult erbauten Hoehlen sind naemlich das zweite Stueck Mumbaier Weltkulturerbe. Ich eile die Treppen hinauf, schliesslich ist es schon spaet - die beiden Maedels kommen kaum hinterher. Und das, obwohl sie doch viel juenger sind als ich!

Auf halber Hoehe liegen die Haupthoehlen Nummer 1-5, wohl aus dem 8. oder 9. Jahrhundert. Hier kostet's dann aber doch Eintritt. 10 Rupien fuer Inder, 250 fuer Auslaender. Das ist ja noch krasser als am Museum! Von den Hoehlen bin ich ein bisschen enttaeuscht. Ueberhaupt keine Beleuchtung, es ist also ziemlich finster, und ein Stativ darf man auch nicht benutzen. Was mir der Aufseher natuerlich sagt, nachdem ich es muehsam aufgebaut habe. (Na, nicht soooo muehsam, aber ein paar Handgriffe braucht es doch.) Insofern gibt die "Panographie" von der Weltkulturerbeseite schon einen guten Eindruck. Das Hauptbildwerk ist ein dreigesichtiger Shiva, den man halbwegs erkennen kann, wenn sich die Augen erst einmal an die Finsternis gewoehnt haben. Wie es heisst, ist die Insel nicht elektrifiziert, und es gibt am Tag nur stundenweise Strom vom Generator. Na sowas! In allen Nebenhoehlen stehen massive Lingam, ansonsten gibt es noch Waechterfiguren und weitere Goetterbildnisse. Unter einem Felsueberhang steht ein halb unterirdischer See mit blaugruenlichem Wasser, weiter gibt es nicht viel zu sehen. Sushma und Ashwini mahnen schon zur Eile, damit wir auch ja das letzte Schiff nicht verpassen - schliesslich muessen wir ja noch bis ganz ans Ende des Anlegers zurueck. Ich beschliesse also, nicht weiter auf der Insel herumzuhetzen (es gibt noch weitere Hoehlen, die aber nicht so sehenswert sein sollen, und eine Aussicht vom Huegelgipfel), sondern die verbleibenden Minuten noch in der Haupthoehle zu verbringen. Dann machen wir uns auf den Rueckweg. Unterwegs legt Ashwini noch eine Verhandlungsrunde mit einem der Souvenirhaendler ein - grrr! Aber uebelnehmen kann man es ihnen ja nicht - die beiden kaufen mir ein Set Glasuntersetzer zum Andenken. Ich suche mir die mit Elefanten aus ... wenn schon Elephanta, denn schon.

Als die Sonne schon fast untergeht, steigen wir wieder aufs Boot und schippern dann auch bald los. Auf dem Meer vor Mumbai herrscht ganz schoen viel Verkehr, schliesslich ist Mumbai angeblich die wichtigste Hafenstadt Indiens. Wir kommen an, als es schon stockfinster ist. Das Gateway of India ist auch finster, und nicht mal die Strassenlaternen auf der Plattform, auf der es steht, sind eingeschaltet. So, jetzt muessen wir nur noch den Fahrer finden, und dann ist es Zeit, zum Hotel zurueckzufahren. Die Rueckfahrt ist grauenhaft und dauert gut zwei Stunden. Staendig stop&go und die ganzen Buckel auf der Strasse - schlimm. So schlimm, dass mir hinterher einfach nur noch uebel ist. Als ich endlich am Hotel abgeliefert werde, gehe ich nirgendwo mehr hin, weder zum Essen noch zum Trinken, sondern bloss durchs Bad zum Bett. Aaah, platt liegen ohne Geruckel. So geht's. Schade, dass das Weltkulturerbe hier so schwer verdaulich ist!

Samstag, 22. November 2008

Palastmuseum zu Gast

So eine Gelegenheit muss man doch wahrnehmen ... Wie man einem ganzseitigen Bericht in der Shanghai Daily entnehmen konnte (dort auch Fotos), sind einige der Schaetze aus dem Pekinger Palastmuseum derzeit in Shanghai im Yu-Garten zu besichtigen. Und zwar kaiserliche Siegel. Etwa 170 Stueck, zumeist aus Stein und mehr oder weniger aufwendig geschnitzt, einige auch aus Metall (Bronze, dann auch oft vergoldet) oder Holz und sogar welche aus glasierter Keramik. Waehrend es viele Dekors gibt, sind die weitaus meisten mit Drachenmotiven gestaltet. Kein Wunder, ist der Drachen doch das Symbol des Kaisers. Aber nicht alle Figuren sind Drachen, wie man am Foto unschwer erkennen kann. Dies ist wohl eine Art chinesischer Wolpertinger, beschriftet war das Exponat (und noch einige aehnliche) mit "Griff in Form eines Fabelwesens". Mit seinem Ruesselchen im Gesicht passt so ein Wesen natuerlich am besten in diesen Blog. Wegen des Namens, versteht sich.

Die meisten Siegel sind recht gross (am haeufigsten vielleicht 8-10 cm Kantenlaenge) und ueberwiegend quadratisch. Leider sind (fast) keine Abdruecke mit ausgestellt. Statt dessen stehen die Stempel auf Plexitraegern ueber einem Spiegel, so dass man sich trotzdem ein Bild machen kann. So recht kein Bild kann ich mir aber davon machen, wie die Stempel benutzt wurden. Erstens scheint es mir nicht so ganz einfach zu sein, die grosse Stempelflaeche gleichmaessig mit Farbe zu versehen, und zweitens sind insbesondere die grossen Kloetze ohne spezielle Griffe doch recht unhandlich. Zwar haben manche huebsche Kordeln unter dem "Griffdrachen" durchgezogen, aber trotzdem ... Wie damit sauber einen Abdruck auf ein wichtiges Dokument praktizieren, ohne etwas zu verschmieren oder sonstiges Unheil zu verursachen?? Ich stelle mir vor, dass es bestimmt einen besonderen "Siegelmeister" gegeben hat, etwa mit folgender Stellenbeschreibung: "Der Siegelmeister ist verantwortlich fuer die Verwaltung und Anwendung des kaiserlichen Siegelbestandes. Er inventarisiert saemtliche Siegel der kaiserlichen Familie, gibt sie nach Bedarf aus und versieht auf Anforderung Dokumente mit einem Siegelabdruck. Er traegt Sorge dafuer, dass die Siegel nicht in falsche Haende geraten und/oder missbraeuchlich angewendet werden. Er sorgt fuer die Reinigung, Pflege und fachgerechte Aufbewahrung der Siegel und der zugehoerigen Aufbewahrungsschachteln. Ihm obliegt es auch, die Vorraete an Stempelfarbe zu ueberwachen und nach Bedarf aufzufuellen." Oder so aehnlich. Aber das ist nur meine Fantasie ... ich habe keine Ahnung, ob es so war.

In der Ausstellung gab es jedenfalls Siegel des Kaisers, seiner Kaiserin und seiner Konkubinen, Siegel mit Aufschriften in verschiedenen Sprachen, Siegel von eher offiziellem und von eher kuenstlerischem Charakter. Zu letzteren zaehlt sicher das "Seal of Immense Luck". Na, das kann ja wohl jeder gebrauchen, ich glaube, so eins lasse ich mir auch anfertigen! Denn ich, die ich im Allgemeinen gegen Sammelanwandlungen jeder Art nicht nur resistent, sondern fast allergisch bin, verspuere im Falle chinesischer Siegel eine akute Immunschwaeche ... habe ja auch schon etwa zehn, Namensstempel und Spruechestempel ...

Donnerstag, 20. November 2008

Voegelchen, Herzen, Sterne und ein sehr bedauerlicher Zwischenfall

Aber ja, ich bin noch am Leben. Aber das Leben zeigt jetzt die kalte Schulter, oder eigentlich ein kaltes Gesicht - bei 6 - 10 °C klappern mir schon die Zaehne. Nach einem so langen, warmen Sommer bin ich ganz entwoehnt. Und es hat auch in den letzten Tagen gar nicht so grau und winterlich ausgesehen: mittags war es meist blau und sonnig (und wohl auch nicht ganz so kalt), so dass bei reichlich Vogelgezwitscher beinahe voellig unpassende Fruehlingsgefuehle aufgekommen waeren. Einige ganz Unverzagte haben sogar draussen gesessen und zu Mittag gegessen - och noe, lass' ma'. Da wuerde mir ja vermutlich auf halber Strecke das Besteck aus den steifgefrorenen Haenden fallen ... Und ausserdem: wer will schon neben der Weihnachtsdekoration auf der Terrasse sitzen. Die Plueschspinnen und Kuerbisse, wenigstens die mit den schurkischen Grinsegesichtern, sind naemlich jetzt kuenstlichen Endlostannenzweigen und goldenen Kugeln und Leuchtsternen gewichen. Wurde ja auch Zeit. Und vorwitzig schauen im CityShop Heeeerzen und Steeeerne (wie man in Westfalen sagt) aus den Real-Regalen, waehrend Baecker Abendbrot sein virtuelles Regal wieder mit Stollen bestueckt hat.

Zum Abschluss habe ich heute noch ueber einen Brueller aus dem wahren Bueroleben zu berichten. Nachdem irgendetwas nicht recht funktioniert und die Serviceabteilung das Problem behoben hatte, versandten die Kollegen an alle die Nachricht, dass wieder alles in Ordnung sei. Und natuerlich wollte man bei den Kunden um Entschuldigung bitten, wie sich das fuer eine ordentliche Serviceabteilung gehoert. Aber Englisch ist ja gar nicht so leicht. Und ich habe zum ersten Mal gemerkt, dass es den Chinesen mit englischen Woertern vermutlich fast genauso geht wie mir mit chinesischen: die sind alle so schrecklich aehnlich! Zum Beispiel incon-sequ-ence, incon-sist-ence, incon-veni-ence usw. usf. - und deshalb stand dann in der Nachricht zu lesen: We apologize for any incontinence experienced!

Sonntag, 16. November 2008

Einmal Ningbo und zurueck

Mein Gastspiel zu Hause war nur kurz: Ankunft Donnerstag 22 Uhr, Abreise Freitag 7 Uhr. Ding Shifu kommt 5 Minuten zu spaet, tststs! Natuerlich geht es ueber die seit Mai dieses Jahres fuer den Verkehr freigegebene Hangzhou Bay Bridge (weitere Bilder und Infos zum Beispiel hier oder da, wobei es nicht richtig ist, dass die Fahrstrecke von Shanghai nach Ningbo von 400 auf 80 Kilometer verkuerzt wird - sie wird "nur" auf 200 km halbiert). Fuer mickrige 200 Kilometer brauchen wir aber trotzdem fast dreieinhalb Stunden, wovon eineinviertel schon dafuer draufgehen, aus dem Stadtgebiet von Shanghai herauszukommen. Da ich leider nach kurzer Nacht (musste ja erst noch ein bisschen erzaehlen und dann noch die Kofferinhalte umsortieren und dann um kurz vor fuenf aufstehen) etwas muede bin, fallen mir dauernd die Augen zu. Von der Fahrt ueber die Bruecke habe ich mehrere Augenblicke erhascht - zweimal drei Fahrspuren, je ein Seitenstreifen, Gelaender an den Seiten und in der Mitte, immer geradeaus und rechts und links graues Meer - nicht sehr spektakulaer. Die Serviceplattform (soll noch im Bau sein, haben die Kollegen gesagt) oder diese zwei Schraegseilbrueckenstellen habe ich leider verpasst.

In Ningbo tagen und naechtigen wir im New Century Grand Hotel. Die Kolleg/inn/en sind schon am Donnerstag mit dem Bus angereist. Fuenf Sterne, viel Prunk und Pomp und gar nicht teuer - wir zahlen wohl irgendwas zwischen 50 und 60 Euro. Super! Die Zimmer sind gut, mit ordentlichen Federkernmatratzen auf den Betten (anderswo sind die ja in China schon mal die Haerte) und einer dreiteiligen "Badesuite" hinter der modischen Glasscheibe, die, Mode hin oder her, dafuer sorgt, dass es im Badezimmer Tageslicht gibt. Kurz vorm Auschecken (insofern leider zu spaet) entdecke ich auch den Hahn fuer Trinkwasser, sowas Dummes! - In den Zimmern und Konferenzraeumen gibt es auch Internetzugang "fuer umsonst", der hier sogar funktioniert - in Indien war er auch gratis, aber die meiste Zeit hat es eben nicht funktioniert.

Unsere Veranstaltung zusammen mit der lokalen IT-Abteilung laeuft ganz gut. Hoehepunkte des Tages sind natuerlich die gemeinsamen Mahlzeiten. Irgendwie wird im Hotel und im Restaurant, in das wir zum Abendessen fahren, vorwiegend "Meeresfutter" serviert (die Liste mit Ningboer Spezialitaeten scheint mir da nicht ganz repraesentativ zu sein, und - vermutlich aus Kostengruenden - wurde die Kristallzuckerschildkroete fuer uns nicht aufgebahrt). Wer das nicht essen kann oder will, wird in Ningbo wohl verhungern ... salzige Fische und kleine und etwas groessere Schnecken und Krebse und Shrimps gab's. Beim Mittagessen am Samstag habe ich mal geprueft, was fuer Nicht-Fischesser dabei war: gedaempfter Reis, Taroscheiben in Sojasauce, Gruenzeug und Dessert"knubbelchen" aus Klebreis und Ei - das war's. Wie gut, dass ich Allesfresser bin ...

Am Freitagabend waren wir also in einem nicht gerade sooo tollen Restaurant. Beim Betreten des Vorraums fand ich, dass es ein bisschen wie die Mischung aus ungepflegtem Aquarium und Toilette roch - zum Glueck war das im fuer uns reservierten Speisesaal nicht mehr so. Natuerlich gab es auch erstens Schnaps, von dessen Geschmack die Kollegen zu berichten wussten, dass er irgendwie an Kuhstall erinnere (vermutlich Kuhmistgeist, denke ich ;-)) - zum Glueck trinke ich ja keinen), und zweitens Ringelpiez [oder mit tz?] mit Anfassen. Im ersten von sechs Spielen musste ich auch aktiv mitmachen - sechs Leute auf die Buehne und jeder pantomimisch einen Begriff darstellen. Meine Darstellung des Begriffs "ji fei dan da" - Huhn weggeflogen, Eier zerbrochen - war perfekt, aber zumindest die deutschen Kollegen haben klaeglich bei der Bestimmung des Begriffs versagt. Komisch, versteh' ich gar nicht! - Irgendwann war das Absurditaetenlevel wieder so hoch, dass ich mich durchaus amuesieren konnte: Mit gut 50 Chinesen in einem halb schaebigen, funzelig ausgeleuchteten Raum mit niedriger Decke und renovierungsbeduerftigem Anstrich vor Resten von Speisen sitzen, die zwar ganz o.k. waren, aber fuer meinen Gaumen nicht gerade kulinarische Hoehenfluege darstellten, und alberne Spiele machen ... buohahaha!

Am Samstag war mit der Vormittagssitzung der als "Arbeit" deklarierte Part zu Ende und wir konnten nach dem Mittagessen zur Besichtigungstour nach Xikou/Fenghua aufbrechen. Dort wurde Jiang Jieshi geboren. Wie? Kennt Ihr nicht? Mein Gott, wie ungebildet ... den kennt doch jeder! Der hat doch vor der kommunistischen Machtuebernahme China regiert und ist dann hinterher nach Taiwan gegangen. - Ach soooo, Chiang Kai-shek?! Ja, genau der. Hat bei mir auch eine Weile gedauert, bis ich das verstanden habe. Da gab es einen von Chiang Kai-shek und seiner zweiten Frau Song Meiling genutzten Pavillon (wenn's mal nur halb so blau gewesen waere ...) mit Resten ihres Mobiliars, das kleine Haus im westlichen Stil am Flussufer und das grosse Fenggao-Haus ein paar hundert Meter weiter, in dem seine erste Frau Mao Fumei residierte. Alles brechend voll mit tausend Gruppen, die von je einer Fuehrerin mit dem Lautsprecher belabert werden ... sag' doch mal was! Toll.

Hinterher wurde eingekauft wie besessen: trockene Plaetzchen mit Sesam und/oder Algen, die nicht direkt ganz uebel schmecken, aber auch nicht besonders toll. Dafuer werden sie aber auf eine ganz interessante Art gebacken: In runden, tonnenfoermigen, huefthohen Oefen kleben die Plaetzchen irgendwie an der Wand, wobei mir nicht ganz klar geworden ist, wie sie da hin kommen. - Eine andere Spezialitaet des Ortes sind besonders grosse, dicke und runde Taro-Knollen, die auch allenthalben feilgehalten werden. Ach daher der Name Brattaro und die vielen graeulichen Knoellchen und Scheibchen bei den verschiedenen Mahlzeiten. - Die dritte Spezialitaet des Ortes sind offenbar Schuhputzerinnen, die mit Hoeckerchen und mobiler Putzstation in der Hand hinter einem her sind.

Um acht Uhr abends war ich dann nach drei Stunden Fahrt wieder wohlbehalten daheim. Spaghetti mit Tomatensauce koennen sooo lecker sein!

Freitag, 14. November 2008

Rohrspatz-Reisen

Na, diesmal macht der 13. seinem Namen alle Ehre, obwohl es nicht einmal ein Freitag ist … Alles hatte damit angefangen, dass mein Heimflug, der eigentlich fuer Mittwochabend geplant gewesen war, von Shanghai Airlines "gekankelt" wurde, wie wir auf Neu-Kauderwelsch sagen. Na super - eine Nacht laenger im Hotel. Die Fluggesellschaft hatte eine Gratis-Uebernachtung angeboten, aber die lokalen Kollegen meinten, es waere dann doch wohl besser, den Aufenthalt in"meinem" Hotel um einen Tag zu verlaengern … wer weiss schon, wie solche Gratis-Uebernachtungsmoeglichkeiten in Indien ausgestattet sind … Am aergerlichsten ist natuerlich, dass mit dem Tagflug praktisch der ganze Tag verschwendet ist. Aber es hilft ja nix - Abfahrt vom Hotel um 7:30 Uhr, weil man mit 1.5 Stunden Fahrzeit rechnen muss. Gegen viertel nach sieben hatte ich ausgecheckt und konnte nun der Dinge bzw. des Fahrers harren, die/der da kommen sollte/n. Er kam diesmal ganz puenktlich (nicht so wie am Montag, da kam er gar nicht, oder wie am Dienstag und Mittwoch, da kam er eine halbe Stunde zu frueh), und truegerisch reibungslos fluppte der Verkehr in Mumbai, so dass ich schon um kurz nach acht im Flughafen war. Der ist grottenschlecht ausgeschildert - das war wohl das erste Mal, dass ich die Check-in-Schalter nicht auf Anhieb gefunden habe. Gut drei Stunden vor dem Abflug bin ich dann da, und truegerisch normal beginnt das Einchecken. Aber dann treten die ersten Fragen auf, nach einem Papierticket oder sonstigen Dokumenten. Aber ich habe nur mein geaendertes e-Ticket. Der Typ am Schalter steht auf und geht, er muesse das mal pruefen. Ich stehe da und warte, kommt eine andere Eincheckerin und nimmt an diesem Schalter Platz. Nach ein paar Minuten fragt sie mich, ob ich hier auf etwas Bestimmtes warten wuerde. Ja, sage ich schon leicht genervt, auf ihren Kollegen. Ich koenne auch "dahinten" warten, meint sie. Na super, da gibt's nicht mal irgendwelche Sitzgelegenheiten, und ich wollte eigentlich in die Lounge gehen und noch einige Emails bearbeiten und versenden.

Dann irgendwann heisst es, mein Ticket sei kein e-Ticket und ich muesse daher den Papiercoupon vorweisen. Na prima. Dann heisst es, ich muesse doch wenigstens eine Ticketnummer von diesem besagten Papierticket haben. Ich sage, ich haette meine e-Ticketnummer, und die aendert sich ja auch beim Umbuchen nicht. Oh, eine Ticketnummer! Aber nein, heisst es dann, meine Ticketnummer sei ungueltig. Super. Meine Nerven rutschen an die Koerperoberflaeche, zumal die Zeit voranschreitet. Ich habe in der Aenderungsbenachrichtigung eine Telefonnummer vom Mumbai-Buero von Shanghai Airlines, die ich natuerlich schon laengst angerufen habe. Unser Reisebuero habe ich auch bereits kontaktiert. Der Typ von Shanghai Airlines ist chaotisch. Das sei hier bloss sein Mobtel, er sei auch nicht im Buero und ich solle ihm meine Telefonnummer SMSen, denn er koenne sie nicht aufschreiben. Super. Um kurz vor zehn gibt man mir mein Gepaeck zurueck. Sie wuerden jetzt den Schalter schliessen, und da koenne ich ja entweder ein Ticket kaufen oder gehen. Super. Das Reisebuero sagt mir, ich solle warten. Bitte warten. Bitte warten. Ich sehe mich schon warten bis Mittag und das Flugzeug abfliegen. Alle 10 Minuten rufe ich mittlerweile an, die Zeit laeuft … Bei dem Typen von Shanghai Airlines ist jetzt entweder besetzt oder er geht nicht dran. Schliesslich nimmt er doch noch mal ab und verlangt, mit dem Schalterpersonal zu sprechen (wohlgemerkt, alles auf meinem Blackberry, will sagen auf unsere Kosten). Super. Daraufhin bekomme ich immer noch keine Auskunft, muss erst hinter der Telefonatannehmerin herlaufen. Nach etwas weiterem Hin und Her gibt sie der Kollegin am Erste-Klasse-Schalter die Anweisung, mich einzuchecken. Die hat nichts Besseres zu tun, als mich mit der Frage zu begruessen, warum ich so lange mit dem Einchecken gewartet haette. Mittlerweile sind es naemlich nur noch 40 Minuten bis zum Abflug - das heisst, ich stehe hier nun schon fast zweieinhalb Stunden dumm herum. Ich moechte platzen! Dann laesst sie mich fuer die Flipchart-Rolle unterschreiben, weil die nicht angemessen verpackt sei. Super - auf dem Hinflug war sie anstandslos akzeptiert worden. Ich sage, ich koennte sie auch als Handgepaeck nehmen - nein, das sei nicht erlaubt. Hinterher verstehe ich, wieso: man darf halt nur zwei Stuecke Handgepaeck mitnehmen, und abweichend von der Regel, dass Damenhandtaschen eben kein Handgepaeck sind, sondern sozusagen ein freier Koerperteil, wurde hier meine Handtasche als Handgepaeck bewertet. Super. Ich hetze durch die Abfertigung, zum Glueck sind die Wege nicht sehr lang. Waehrend der Passkontrolle ruft unser Reisebuero noch einmal an: ich solle noch warten. Ach nee. Als ich am Ausgang angehetzt komme, ist das Einsteigen in vollem Gange, na gut - die Sorge, dass ich dafuer zu spaet kaeme, hat sich also gluecklicherweise nicht bewahrheitet. Ich nehme genervt meinen Platz ein. "It's a pleasure for us to have you on board", luegt der Pilot. In solchen Situationen neige ich dazu, derlei Ansagen als Sarkasmus zu empfinden. Trotz des grossen Vergnuegens koennen wir nicht puenktlich abfliegen. Aufholen tun wir auch nichts, die Flugzeit betraegt gut 5.5 Stunden (zum Vergleich: in der Gegenrichtung sind es etwa 6.5): Bei geplanter Ankunft um 19:45 Uhr betrete ich erst um 20:33 Uhr das Terminalgebaeude. An der Passkontrolle gibt's eine lange Schlange, aber zugegebenermassen geht wenigstens das schneller als erwartet. Das Gepaeck ist dann auch schnell da, und das letzte laestige Olympia-Ueberbleibsel, die Gepaeckkontrolle am Ausgang, ist jetzt ebenfalls gluecklich wieder abgeschafft. Gegen 22 Uhr bin ich dann endlich zu Hause. Nae, nae, nae.

Zu Hause bin ich aber auch nur kurz, muss ich doch am Freitag um 7 Uhr nach Ningbo aufbrechen, wo wir eine Dreiviertel-Arbeiten-Einviertel-Spass-Veranstaltung haben. Gut, dass die immerhin gekuerzt wurde: urspruenglich war Rueckkehr am Sonntagabend geplant, jetzt geht es doch schon am spaeten Samstagnachmittag heim. Das ist auch gut so, hab die Hotelbetten gerade satt. Und so kann ich auch endlich mal wieder einen faulen Sonntag machen - ich freu mich schon drauf.

P.S. Die Flipchartrolle kam trotz "unsachgemaesser" Verpackung problemlos und voellig unbeschadet in Shanghai an.

Sonntag, 9. November 2008

Horn ok please

Das ist ein bisschen mehr von Indien: horn ok please! Ich habe mit den (indischen) Kollegen darueber philosophiert, was das wohl bedeutet, und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es ungefaehr "ich nix kucken Spiegel - du besser hupen wenn irgendwas wollen" heisst. Diese Worte kann man naemlich auf vielen der mittleren Lastwagen lesen, die hier die Strassen "bevoelkern" und oft bunt bemalt und mit Flittergirlanden geschmueckt sind. Keine Karnevalswagen, normale LKWs von normalen Transportunternehmen. Busse sehen hier oft so aus wie von Dreijaehrigen gemalt: Ein eckiger Kasten mit Fensterausschnitten und Reifen drunter. Windkanal? Was'n das? Ausserdem gibt es vor allem die schon erwaehnten dreiraedrigen ueberdachten, aber offenen Rikschas, die ueberall herumwuseln und einen nennenswerten Anteil an der Gesamtzahl der Fahrzeuge ausmachen. Und apropos herumwuseln: dass Fussgaenger immer irgendwie auf den Strassen herumlaufen, brauche ich wohl nicht extra zu erwaehnen.

Die Strassen sind nicht nur wegen des Verkehrs wuselig, wobei der durch die unendlich vielen Baustellen auch nicht gerade vereinfacht wird. Auch Tiere sind reichlich vorhanden, schwaermeweise Dohlen und Tauben (igitt), auch schon mal ein Rindvieh (meist vor einem Karren) oder ein Hund, der sich bei seinem gemaechlichen Gang ueber die Strasse nicht stoeren laesst. "Horn not ok please" scheint seine Devise zu sein.

Was die Voegel betrifft, sehe ich viele gemaechlich ihre Kreise ziehen, wobei ich gar nicht weiss, was fuer welche das sind. Und eine Art Papagei habe ich vor dem Hotelzimmerfenster (jetzt hier in Thane im 10. Stock, im Hyatt am Flughafen war das 6. das oberste) auf einer Leitung sitzen sehen. Tja, und ansonsten habe ich immer noch nicht viel von Indien gesehen. Slums gibt's in Mumbai offenbar reichlich, das immerhin habe ich gesehen. Bruchbuden schlimmster Art sind schon schlimm genug, aber dann noch immer die Muellhalden dazwischen - schrecklich. Ein Hotel wie jetzt das Satkar Residency hier in Thane, wo ein Zimmer mit allem Drum und Dran inclusive Fruehstueck etwa 80 Euro kostet, ist dagegen natuerlich absolut paradiesisch.

Nachdem ich das Poolside Dinner am Dienstag ueberlebt habe (und jetzt immer noch reichlich mit gut 70 huebschen roten Punkten "verzierte" Beine), konnte mir alles andere auch nichts anhaben. Am Mittwochabend gab es eine grosse Gartenparty fuer etwa 300 Leute. Zu "La Bamba" und "Hare Krishna" wurde gleichermassen wild getanzt, nachdem vorher ein bekannter indischer Komoediant aufgetreten war, von dessen Spaessen man als Nicht-Inder (ich schaetze mal grob) gut die Haelfte verstehen konnte. Am Donnerstagabend waren wir in einem Restaurant, in dem Besteck tabu war und wir die nordindische Kueche (meist Gegrilltes) daher mit den Fingern geniessen durften. Ich darf also mit Fug und Recht behaupten, ich haette von der Hand in den Mund gelebt.

Nachdem am Donnerstag unsere Konferenz beendet war, bin ich am Freitag nach Thane umgezogen und habe nach ueppigem Lunch fuers Abendessen auf den Obstkorb zurueckgegriffen, der bei den besagten 80 Euro auch inclusive ist - und jeden Tag neu bestueckt wird. Thane ist uebrigens ein selbstaendiger Ort, der gleich im Nordosten an Mumbai anschliesst. Gleich breche ich zu meinem zweiten Besichtigungstag auf. Wohlan!

Mittwoch, 5. November 2008

Indien von aussen

Am Montagmorgen bin ich verspaetet, aber wohlbehalten in BOM, so das Flughafenkuerzel fuer Mumbai International Airport, gelandet. Der sieht fuer einen internationalen Flughafen schon etwas komisch aus mit rohen, unverkleideten Betonsaeulen und offenen Decken, aus denen ein Kabelwirrwarr haengt … Mein Gepaeck war aber recht schnell da, zum freudigen Erstaunen meines nur mit Handgepaeck reisenden Kollegen. Allerdings war es eine gewisse Herausforderung, sich mit dem Gepaeck vom Gepaeckband zu entfernen, nachdem indische Heerscharen es mit Gepaeckwagen in dichter Reihe umzingelt hatten.

Auf dem Flughafenparkplatz (eine grosse staubige Baustelle) standen reihenweise Autos eines altertuemlichen Typs, die ich sicher fotografiert haette, wenn ich auf einer Urlaubsreise waere. Die Fahrt zum Hotel war dann ganz kurz. Und jetzt schaue ich aus meinem Zimmer im sechsten (obersten) Obergeschoss (ja, hier gibt's einen Lobby Level, der nicht als first floor zaehlt) auf den Flughafen, ueber einige Palmen hinweg. Unter den Isolierfenstern fliesst zaeher Verkehr mit reichlich Tuk-Tuks und noch mehr Gehupe.

Seit zwei Tagen halte ich mich also in Indien auf, aber irgendwie auch nicht. Alle sagen, es waere ja ganz furchtbar, sobald man sich aus der geschuetzten Hotelzone hinausbewegt - was ich bisher noch nicht gemacht habe. Oeffentliche Verkehrsmittel? Um Gottes willen, heisst es. Und der Dreeeeeeck …! Die erste Konfrontation damit gibt es morgen, wenn wir mit einem (natuerlich nicht oeffentlichen) Bus zum Firmencampus fahren.

Heute hat ein Externer (Schreiber fuers Handelsblatt wohl) uns einen Vortrag gehalten ueber Indiens wirtschaftlichen Status, recht interessant. Es kamen auch viele Vergleiche mit China vor, das ein natuerliches Benchmark fuer Indien ist, wie er auch erklaerte. Klar, beides Schwellenlaender mit einer riesigen Bevoelkerung.

Heute Abend hatten wir ein "Poolside Dinner" (guckstu hier). Anders als letzte Weihnachten im Grand Hotel d'Angkor ist niemand auf die Wasseroberflaeche getreten und unfreiwillig baden gegangen. Irgendwie war das Wasser hier leichter als Wasser zu erkennen. Dabei laden die Temperaturen durchaus zu einem erfrischenden Bad ein, es war tagsueber sonnig und recht heiss und heute Abend angenehm warm.

Wie schon gestern Abend wurden wir zuerst mit Vorspeisen gemaestet. Dazu ging eine grosse Anzahl von Kellnern mit Platten voller Happen herum (gegrillte Krabben, Huehnchenfleisch, Pilze, Mini-Quiches). Als alle schon halbwegs satt waren, wurde das Buffet fuer eroeffnet erklaert, auch wie gestern. Das Buffet war deshalb aber trotzdem nicht klein, so dass man tendenziell immer zuviel isst, es ist ein Elend! Nach dem Essen war offenbar Mahlzeit fuer die "Kulturdinger", wie Muecken auf Chinesisch heissen. Keine Ahnung, wie die hier heissen, aber meine Arme und Beine jucken jetzt tuechtig. Mal gucken, wie die morgen frueh aussehen …

Sonntag, 2. November 2008

Auf dem Weg nach Indien

Nachdem ich alle Voraussetzungen fuer die Erteilung eines Visums offenbar erfuellt habe, auch ohne die derzeitige Adresse meines Vaters anzugeben, habe ich das Visum wirklich bekommen und nun hoffentlich alle meine Sachen gepackt. Eine halbe Stunde kann ich noch auf meinen fuenf Teilen sitzen (ja, es ist wieder eine der schrecklichen Reisen unter anderem zu meinem regionalen Workshop, deshalb die vielen Teile: zwei kleine Koefferchen, ein Laptop, eine Rolle mit Flipcharts und natuerlich das als Handtasche getarnte Survival Kit), dann kommt Ding Shifu und befoerdert mich zum Flughafen. Um 1:25 Uhr fliegt das Zeug ab, herrje, und ich bin jetzt schon so muede. Um 5:30 Uhr Ortszeit sollen wir in Mumbai, auch als Bombay bekannt, landen. Ortszeit in Indien ist zweieinhalb Stunden zurueck relativ zu China, also viereinhalb Stunden vor relativ zu Deutschland. Warum sich die Inder nun diese Halbstundenverschiebung ausgesucht haben, weiss ich ja auch nicht ... Aber in zehn Tagen dort sollte es ja gelingen, den "Tschettlaaaeeeg" zu ueberwinden, hoffentlich sogar den Halbstundenlaaaeeeg.

Hoffentlich laesst man mich auch wirklich hinein, ich habe gar kein Begleitschreiben meines Mannes dabei, dass ich die Reise mit seinem Einverstaendnis unternehme. Und ich bin auf naechstes Wochenende gespannt, da werde ich mich dann ja mal in Mumbai umsehen. Die Kollegen hatten mir zwar vorgeschlagen, ich koenne einen kleinen Inlandsflug machen und mir das Tadj Mahal ansehen, aber das habe ich doch lieber dankend abgelehnt. Zu viel Huddel, finde ich. Selbst so muss ich einmal umziehen, weil das Hotel, in dem unsere Regionalkonferenz stattfindet, eine gute Stunde Fahrt von unseren Firmenlokalitaeten entfernt liegt, in denen mein Workshop stattfindet. Genau betrachtet muss ich nicht umziehen, sondern wollte das gern. Aber die indischen Kollegen haben mir schon versichert, dass ich mir gaaar keine Sorgen machen soll, fuer alles sei gesorgt. Na, dann lass' ich mich "betueddeln"! ;-))

Samstag, 1. November 2008

Mit Pauken und Trompeten

Ding Shifu hat gestern Abend fuer uns das Auto durch den Feierabendverkehr gequaelt. Waehrend der Rueckweg 18 Minuten in Anspruch genommen hat, waren wir auf dem Hinweg mit einer guten Stunde dabei ... wir mussten zum Shanghai International Gymnastic Center, so einem UFO-Gebaeude im Zhongshan-Park. Denn ich hatte in der Zeitung von einem Konzert gelesen, in dem Computerspielemusik praesentiert wird. Klingt doch interessant, schliesslich war ja nicht zu erwarten, dass auf der Buehne jemand mit Gameboy in der Hand sitzt und spielt und ein Mikro das Gedudel zwecks Verstaerkung aufnimmt. So war es auch nicht. Statt dessen war in der Sporthalle vorn eine Buehne aufgebaut und darauf offensichtlich alles fuer ein Orchester vorbereitet. Lechts und rinks standen zwei Leinwaende.

hiess das Konzert eines vielleicht nicht famosen, aber als "famous" angekuendigten japanischen Komponisten namens Nobuo Uematsu, von dem ich natuerlich zuvor noch nie gehoert hatte. Ein Chinese und eine vermutlich schoene Japanerin (bin kurzsichtig, so genau konnte ich das nicht sehen) fuehrten durchs Programm. Da gab es offenbar viel zu sagen, und alles doppelt, einmal auf Chinesisch, einmal auf Japanisch - ich habe leider so gut wie nichts verstanden. Es kamen auch fuenf Komponisten auf die Buehne, die alle auf Japanisch sagten, dass Shanghai irgendwie prima ist, und alle Seiten haben sich ungefaehr zweitausendmal bedankt ... Am besten war es, als der Chinese eine Sequenz zu uebersetzen anfing, die die Japanerin schon auf Chinesisch gesagt hatte, hihi ... nach den ersten paar Worten fiel es ihm auf. Duibuqi, sorry!

Die Musik war fuer meine Ohren eine Mischung aus Michael Nyman, George Gershwin und Filmmusik mir nicht bekannter Komponisten, gar nicht so uebel, und vor allem sehr abwechslungsreich. Auf den Leinwaenden wurde bei jedem neuen Stueck eingeblendet, zu welchem Spiel die Musik gehoert. Monsterhunter und Rockman, The Ninja Warriors, Samurai Dreams oder so aehnlich und Spiele ganz ohne englischen Namen kamen da vor. Manchmal wurde sogar ein Stueck weit der Spielebildschirm projiziert. Ich kannte keins der Spiele, und die Musik auch nicht. Das Publikum schon. LocoRoco, ein Stueck aus der Zugabe, kam mit einem ganzen Chor, und das zugehoerige Spiel ist offensichtlich sehr bekannt und beliebt. Ansonsten waren nur zwei Stuecke mit Gesang, der Rest instrumental. Das Orchester wurde bei zwei anderen Stuecken von einem virtuosen ...-Spieler verstaerkt (so aehnlich wie eine chinesische Erhu), und dann war da noch ein komi'cher Klampfist, der sowohl die akustische wie die e-Version seines Instruments beherrschte, aber permanent mit dem ganzen Koerper den Takt mitklopfte, ja, diese Beschreibung trifft es wohl am ehesten ... Und bei einem weiteren Stueck war dann noch so ein Kunstpfeifer dabei ... der pfuff Kunst, vermutlich schon bei der Kroenung von Koenigin Elisabeth. (Die Loriotkenner wissen Bescheid.) Aber dieser hier muss noch ueben!

Am ungewoehnlichsten war, dass es bis kurz nach 10 Uhr dauerte (also mehr als zweieinhalb Stunden) und dass die Chinesen am Ende sogar nicht bloss aufstanden, um sich rasch aus dem Staub zu machen, sondern um Standing Ovations auszuteilen. Na sowas, das hab' ich ja hier noch nie erlebt!