Mein Gastspiel zu Hause war nur kurz: Ankunft Donnerstag 22 Uhr, Abreise Freitag 7 Uhr. Ding Shifu kommt 5 Minuten zu spaet, tststs! Natuerlich geht es ueber die seit Mai dieses Jahres fuer den Verkehr freigegebene Hangzhou Bay Bridge (weitere Bilder und Infos zum Beispiel hier oder da, wobei es nicht richtig ist, dass die Fahrstrecke von Shanghai nach Ningbo von 400 auf 80 Kilometer verkuerzt wird - sie wird "nur" auf 200 km halbiert). Fuer mickrige 200 Kilometer brauchen wir aber trotzdem fast dreieinhalb Stunden, wovon eineinviertel schon dafuer draufgehen, aus dem Stadtgebiet von Shanghai herauszukommen. Da ich leider nach kurzer Nacht (musste ja erst noch ein bisschen erzaehlen und dann noch die Kofferinhalte umsortieren und dann um kurz vor fuenf aufstehen) etwas muede bin, fallen mir dauernd die Augen zu. Von der Fahrt ueber die Bruecke habe ich mehrere Augenblicke erhascht - zweimal drei Fahrspuren, je ein Seitenstreifen, Gelaender an den Seiten und in der Mitte, immer geradeaus und rechts und links graues Meer - nicht sehr spektakulaer. Die Serviceplattform (soll noch im Bau sein, haben die Kollegen gesagt) oder diese zwei Schraegseilbrueckenstellen habe ich leider verpasst.
In Ningbo tagen und naechtigen wir im New Century Grand Hotel. Die Kolleg/inn/en sind schon am Donnerstag mit dem Bus angereist. Fuenf Sterne, viel Prunk und Pomp und gar nicht teuer - wir zahlen wohl irgendwas zwischen 50 und 60 Euro. Super! Die Zimmer sind gut, mit ordentlichen Federkernmatratzen auf den Betten (anderswo sind die ja in China schon mal die Haerte) und einer dreiteiligen "Badesuite" hinter der modischen Glasscheibe, die, Mode hin oder her, dafuer sorgt, dass es im Badezimmer Tageslicht gibt. Kurz vorm Auschecken (insofern leider zu spaet) entdecke ich auch den Hahn fuer Trinkwasser, sowas Dummes! - In den Zimmern und Konferenzraeumen gibt es auch Internetzugang "fuer umsonst", der hier sogar funktioniert - in Indien war er auch gratis, aber die meiste Zeit hat es eben nicht funktioniert.
Unsere Veranstaltung zusammen mit der lokalen IT-Abteilung laeuft ganz gut. Hoehepunkte des Tages sind natuerlich die gemeinsamen Mahlzeiten. Irgendwie wird im Hotel und im Restaurant, in das wir zum Abendessen fahren, vorwiegend "Meeresfutter" serviert (die Liste mit Ningboer Spezialitaeten scheint mir da nicht ganz repraesentativ zu sein, und - vermutlich aus Kostengruenden - wurde die Kristallzuckerschildkroete fuer uns nicht aufgebahrt). Wer das nicht essen kann oder will, wird in Ningbo wohl verhungern ... salzige Fische und kleine und etwas groessere Schnecken und Krebse und Shrimps gab's. Beim Mittagessen am Samstag habe ich mal geprueft, was fuer Nicht-Fischesser dabei war: gedaempfter Reis, Taroscheiben in Sojasauce, Gruenzeug und Dessert"knubbelchen" aus Klebreis und Ei - das war's. Wie gut, dass ich Allesfresser bin ...
Am Freitagabend waren wir also in einem nicht gerade sooo tollen Restaurant. Beim Betreten des Vorraums fand ich, dass es ein bisschen wie die Mischung aus ungepflegtem Aquarium und Toilette roch - zum Glueck war das im fuer uns reservierten Speisesaal nicht mehr so. Natuerlich gab es auch erstens Schnaps, von dessen Geschmack die Kollegen zu berichten wussten, dass er irgendwie an Kuhstall erinnere (vermutlich Kuhmistgeist, denke ich ;-)) - zum Glueck trinke ich ja keinen), und zweitens Ringelpiez [oder mit tz?] mit Anfassen. Im ersten von sechs Spielen musste ich auch aktiv mitmachen - sechs Leute auf die Buehne und jeder pantomimisch einen Begriff darstellen. Meine Darstellung des Begriffs "ji fei dan da" - Huhn weggeflogen, Eier zerbrochen - war perfekt, aber zumindest die deutschen Kollegen haben klaeglich bei der Bestimmung des Begriffs versagt. Komisch, versteh' ich gar nicht! - Irgendwann war das Absurditaetenlevel wieder so hoch, dass ich mich durchaus amuesieren konnte: Mit gut 50 Chinesen in einem halb schaebigen, funzelig ausgeleuchteten Raum mit niedriger Decke und renovierungsbeduerftigem Anstrich vor Resten von Speisen sitzen, die zwar ganz o.k. waren, aber fuer meinen Gaumen nicht gerade kulinarische Hoehenfluege darstellten, und alberne Spiele machen ... buohahaha!
Am Samstag war mit der Vormittagssitzung der als "Arbeit" deklarierte Part zu Ende und wir konnten nach dem Mittagessen zur Besichtigungstour nach Xikou/Fenghua aufbrechen. Dort wurde Jiang Jieshi geboren. Wie? Kennt Ihr nicht? Mein Gott, wie ungebildet ... den kennt doch jeder! Der hat doch vor der kommunistischen Machtuebernahme China regiert und ist dann hinterher nach Taiwan gegangen. - Ach soooo, Chiang Kai-shek?! Ja, genau der. Hat bei mir auch eine Weile gedauert, bis ich das verstanden habe. Da gab es einen von Chiang Kai-shek und seiner zweiten Frau Song Meiling genutzten Pavillon (wenn's mal nur halb so blau gewesen waere ...) mit Resten ihres Mobiliars, das kleine Haus im westlichen Stil am Flussufer und das grosse Fenggao-Haus ein paar hundert Meter weiter, in dem seine erste Frau Mao Fumei residierte. Alles brechend voll mit tausend Gruppen, die von je einer Fuehrerin mit dem Lautsprecher belabert werden ... sag' doch mal was! Toll.
Hinterher wurde eingekauft wie besessen: trockene Plaetzchen mit Sesam und/oder Algen, die nicht direkt ganz uebel schmecken, aber auch nicht besonders toll. Dafuer werden sie aber auf eine ganz interessante Art gebacken: In runden, tonnenfoermigen, huefthohen Oefen kleben die Plaetzchen irgendwie an der Wand, wobei mir nicht ganz klar geworden ist, wie sie da hin kommen. - Eine andere Spezialitaet des Ortes sind besonders grosse, dicke und runde Taro-Knollen, die auch allenthalben feilgehalten werden. Ach daher der Name Brattaro und die vielen graeulichen Knoellchen und Scheibchen bei den verschiedenen Mahlzeiten. - Die dritte Spezialitaet des Ortes sind offenbar Schuhputzerinnen, die mit Hoeckerchen und mobiler Putzstation in der Hand hinter einem her sind.
Um acht Uhr abends war ich dann nach drei Stunden Fahrt wieder wohlbehalten daheim. Spaghetti mit Tomatensauce koennen sooo lecker sein!
Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!
Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins
Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.
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