Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Dienstag, 29. September 2009

Gold fuer alle!

Da sind sie wirklich grosszuegig, die Chinesen - der Zugang zu Kultur, zum Beispiel im Shanghai-Museum, bleibt sogar dann noch gratis, wenn eine so wertvolle Ausstellung wie das prae-kolumbianische Gold dort gezeigt wird! Das Goldmuseum "Banco de la República" aus Bogota hat gut 250 Stuecke aus seinen Kammern in den ganz fernen Osten geschickt. Die werden jetzt bei frostigen 20 Grad Celsius praesentiert - angeblich, damit sie nicht im Shanghaier Brutofen einfach dahinschmelzen. Na ja?! Man moege sich eine "kleine Wolle" mitbringen, wie die Franzosen sagen wuerden (einer der von mir heiss geliebten Ausdruecke). Das haben wir dann am vergangenen Samstag auch prompt gemacht. Die Waende sind ziegelrot gestrichen, aus matter Goldklebefolie geschnittene Vergroesserungen einzelner Ausstellungsstuecke zieren die als allzu frei empfundenen Flaechen. Klebefolie aufkleben ist auch hier wieder einmal offensichtlich eine Herausforderung gewesen ...  Die Vitrinen werden von kannellierten Pilastern hellgrau eingerahmt. Das wirkt irgendwie klassizistisch ... komische Idee.

Die Ausstellungsstuecke selber sind fast ausschliesslich Gold-Stuecke; einige wenige Keramikarbeiten (meist kuenstlerische gestaltete Gefaesse) sind auch dabei. Auf der Webseite des Museums kann man sich in der Rubrik "Masterpieces" einen Eindruck verschaffen. Natuerlich haben sie die Meisterstuecke zu Hause behalten, die Chinesen kriegen wohl die Gesellenarbeiten zu sehen?! Nein, das wuerde ich nicht so sagen. Zwar scheint mir, dass genau die abgebildeten Stuecke nicht ausgestellt waren, aber fuer mein Laienauge waren die gezeigten Stuecke gleichwertig.

Bizarr erschienen mir vor allem die sogenannten Nasenringe. Das waren eben nicht einfache Ringe, sondern vermutlich Zierat, der in einen durch die Nase gezogenen Ring irgendwie eingehaengt werden konnte ... anders kann ich mir jedenfalls nicht erklaeren, wie das funktioniert haben soll. Und bei manchen dieser bestimmt bis zu 30 cm breiten Goldornamente war das Resultat vermutlich, dass die "Eldoradisten" (voilà! eine ganz frische Wortkreation von mir) ihr goldenes Brett vor dem Kopf auf Hoehe des Mundes getragen haben. Ich hatte mir bisher bei diesem Ausdruck immer ein hoelzernes Brett vor der Stirn vergegenwaertigt ...

Die Ausstellung war jedenfalls gut besucht, auch von vielen Langnasen. Eigentlich schade, dass die Museumsleitung keine kleine Formenvergleichsecke eingerichtet hat: "Dialog der Kulturen", oder so. Einige der kolumbianischen Formen kamen mir nicht unchinesisch vor; sie erinnerten an typischen Muster von Bronzeobjekten aus der Shang-Zeit. (So wie vielleicht dieses.) Das waere spannend gewesen, sie nebeneinander zu sehen. Ob die Suedamerikaner das im naechsten Jahr auch bemerken? Denen wird das Shanghai-Museum dann naemlich eine Ausstellung mit Stuecken "rund um den Drachenthron" zusammenstellen (den genauen Titel habe ich schon wieder vergessen). Man haette jedenfalls in die Halle nebenan gehen koennen, oder ins dritte Obergeschoss in die Jadesammlung, in der es auch vergleichbare Formen zu finden gegeben haette - aber das ist einfach nicht dasselbe, wie die Stuecke wirklich nebeneinander liegen zu sehen.

Wir sind also nicht in die Bronzesammlung gegangen, sondern haben noch kurz die Ausstellung mit einer Werkschau des Malers und Kalligraphen Xie Zhiliu betrachtet. Der haette naechstes Jahr seinen 100sten Geburtstag feiern koennen", wenn er nicht gestorben waere, doch er starb im Nu". Gar nicht so schlecht! In der Beschreibung hiess es, die Werke dieses Kuenstlers bewegten sich an der Grenze zwischen Tradition und Moderne - fuer mich sieht es so aus, als liege der Schwerpunkt sehr deutlich auf der Seite der Tradition. Nach Meinung von Zheng Hong ist seine Malerei gut, aber nicht erstklassig, seine Kalligraphie aber doch. Mir sind vor allem die sagenhaft schoenen Stempel aufgefallen. Da kann man ja vor Neid erblassen! So welche haette ich auch gern.

Sonntag, 27. September 2009

China, wie es leibt und lebt

Hier habe ich mal wieder eine neue Auswahl von China-Doenekes.

Water supply is normal, sorry for the inconvenience! (Zu Deutsch: Die Wasserversorgung ist normal, wir bitten, etwaige Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.) So zu lesen auf einem der Schilder mit "Hausmitteilungen", mit denen die Bewohner ueber allerlei Wichtiges und Unwichtiges in Kenntnis gesetzt werden. Und in der letzten Woche haben halt Arbeiter den Wassertank des Hauses gereinigt. Dabei kam es nicht zu Stoerungen der Wasserversorgung.

Das Jahr des Schweins. Bei uns warten seit meiner letzten Deutschlandreise Bettina und weitere mit mehr oder weniger abwegigen Namen versehene, aber logischerweise sausuesse Schweine auf 2010, zieren ihre Fotos doch Kalenderblaetter fuer das neue Jahr. Immer, wenn ich die besagte Bettiiina! sehe, die soeben ein wenig im Schnee gewuehlt hat, breche ich in Entzuecken aus. Bei anderen Leuten, wie z.B. bei Zheng Hong, ruft sie nur Unverstaendnis hervor: naechstes Jahr sei doch gar nicht das Jahr des Schweins, sprach er ganz befremdet. Ach was! Bei mir ist immer Jahr des Schweins, wie die Leser/innen dieses Blogs natuerlich wissen.

Gepetzt. Ab dem ersten Oktober sind hier ja sozusagen "grosse Ferien" - vom 1. bis 8. Oktober ist arbeitsfrei. Dafuer muessen wir an diesem Sonntag (27. September) und am Samstag (10. Oktober) arbeiten. Ich aber nicht - ich arbeite statt dessen am 7. und 8. Oktober, und zwar fliege ich da nach Korea. Gestern sagte ich also Han Shifu, er moege mich am Montag wie ueblich morgens auflesen. Morgen nicht? Nein, morgen nicht. Bald darauf klingelte mein Mobiltelefon. Unsere Sekretaerin sagte, Han Shifu habe gesagt, ich wuerde morgen nicht arbeiten. Na sowas! Gruss vom Blockwart?! Ja, das ist korrekt, sage ich ihr - schliesslich hat sie mir doch selbst den Flug gebucht! Unsere Kunden in der Region interessiert es naemlich weder die Bohne noch die Erdbohne, ob in China "Goldene Woche" ist - fuer mein Team heisst sowas immer bloss Feiertagsarbeit.

Wie man aufgeschlossene Chines(inn)en in Verlegenheit bringt. Ich berichtete ueber das Buch "Planet Shanghai" - das allein genuegt. Burkhard hat es an unserer Ayi und an Yang XiaoLi getestet. Beide waren sichtlich peinlich beruehrt. Wohl nicht so sehr, weil das Buch ein falsches Bild entwirft, sondern vielmehr, weil es ein richtiges zeichnet. Dabei meinen wir es ja nun wirklich nicht boesartig, wenn wir uns darueber amuesieren. Genau so isses ... und das ist eben eine liebenswerte Besonderheit!

Die neue Strassendecke. Den sprichwoertlichen Vogel abgeschossen haben aber die Chinesen, als vor unserer Einfahrt die neue Strassendecke gemacht wurde. Als ich nach Hause kam, fuhr die "Dampf"walze gerade auf diesem Stueck auf und ab. Natuerlich war es mit ein paar mobilen Stellzaeunen abgesperrt, dieses Stueck - aber die standen auf Luecke. Kein Problem fuer Han Shifu! Die Luecken waren ja gross genug. Wenn da nur nicht dieser die Arbeiten beaufsichtigende Arbeiter mitten vor der Einfahrt gestanden haette. Han Shifu macht sein Fenster auf, um diesen zu bitten, doch ein wenig zur Seite zu treten ... aber kaum ist es offen, schwallt ein hoch erzuernter Woerterstrom hinein, offenbar des Inhalts, hier koenne er nicht fahren, hier sei die Strassendecke doch gerade frisch, wie koenne er bloss ...! Duibuqiduibuqiduibuqiduibuqi, stammelt Han Shifu und schickt sich an, zu wenden und durch eine der anderen Luecken von der frischen Strassendecke herunterzufahren. Was natuerlich, ganz sachlich betrachtet, keineswegs die schlaueste Loesung war, denn am schnellsten waere er herunter gewesen, wenn der Mann ihn in die Einfahrt haette fahren lassen. Waehrend er noch mit Argusaugen Han Shifus Wendemanoever betrachtet, der besagte Mann, nimmt schon das naechste Unheil seinen Lauf: die Luecken sind naemlich nicht nur fuer gewoehnliche PKWs gross genug, sondern auch fuer den Lieferwagen vom CityShop. Hihi!

Donnerstag, 24. September 2009

Neue Funde

Nein, es geht hier nicht um Mineralien, sondern um chinesische Vokabeln. Die sind aber auch immer wieder ein Quell der (kleinen und sehr ungetruebten) Freude. Hier meine neuesten Entdeckungen:
  • 土豆泥 - tǔdòuní, der leckere Erdbohnenschlamm! Denn hier in China gibt's keine Erdaepfel, nur Erdbohnen. Und wenn man die kocht und zu Brei stampft und den mit ein bisschen Milch schoen glatt ruehrt und mit einem Hauch Muskat verfeinert, dann ist das eben tǔdòuní.
  • 猫头鹰 - māotóuyīng, der Katzenkopfadler. Das ist keine Neuentdeckung der Ornithologen, sondern dieser schon bei den alten Griechen wohlbekannte Vogel, ein Ausbund an Weisheit. Bloss nicht nach Athen tragen!
Und hatte ich eigentlich schon von einem etwas aelteren Fund berichtet, dem 中小姐  kōngzhōngxiǎojiě? Das ist woertlich ein Mitten-in-der-Luft-Fraeulein (wobei das Fraeulein selber ja woertlich eine kleine grosse Schwester ist). Neuerdings wird das ziemlich despektierlich mit "Saftschubse" ins Deutsche uebersetzt, habe ich gehoert - gar nicht nett! Da bleibe ich doch bei der Stewardess. Aber wie heisst dann ein Steward??

Apropos Entdeckungen: Hier habe ich noch ein Wort aus der Kategorie 1:1-Uebersetzung:
跳伞 - tiàosǎn, Fall-Schirm - ganz wie 雨伞 - yǔsǎn, Regen-Schirm, und 阳伞 - yángsǎn, Sonnen-Schirm. So lass' ich mir das Vokabellernen gefallen. Zumal das Schriftzeichen selber hinreichend bildlich und insofern auch leicht zu "memorieren" ist. Jaja, marmorieren ist was Anderes - ob das Gehirn wohl vom Memorieren marmoriert wird ...?

Mittwoch, 23. September 2009

Das RICHTIGE Sandwich

Am vergangenen Wochenende gab es endlich einmal das richtige Sandwich - und damit meine ich nicht das Fladenbrot mit Tomaten, Feta und reichlich Salbei (hhhhmm! lecker!) -, sondern es war grau - blaublau - grau, und nicht, wie sonst (fast) immer, blau - graugrau - blau. Will sagen, das Wetter konnte und kann einem hier in der letzten und in dieser Woche ganz schoen auf die Stimmung druecken, weil es naemlich extrem trueb, grau und nass ist. Ich habe den Eindruck, dass es gar nicht mehr richtig hell wird. Und um viertel nach sechs, wenn es Zeit fuer den Chinesischunterricht ist, ist es jetzt sowieso schon wieder ganz dunkel. Schrecklich! Wie gut, dass ich wenigstens meine Lichttherapielampe habe! Aber sowohl am Samstag wie auch am Sonntag wachte ich morgens auf und konnte das Sonnenlicht auf dem Huangpu glitzern und einen blauen (jawohl! blauen!) Himmel sich darueber woelben sehen! Kaum zu glauben!

Der einzige "Nachteil" war, dass ich daher am Sonntag richtig frueh aufstehen musste: wie in der Woche naemlich, um dann um viertel nach acht zum Shanghai World Financial Center aufzubrechen. Das hat kuerzlich den ersten Jahrestag der offiziellen Eroeffnung gefeiert (siehe auch hier), und das Gute ist, dass sich die Schlangen von vor einem Jahr laengst aufgeloest haben. Nun war das fruehe Aufstehen nicht wegen der Schlangen noetig, sondern wegen des Wetters ... waehrend morgens um 7 die Welt bekanntlich noch in Ordnung ist, ziehen schon ab 8 leicht schon mal Wolken auf. So auch an diesem Sonntag. Aber da wir trotzdem davon profitierten, dass absolut (noch) niemand da war, kamen wir in Rekordzeit oben an. Eine Gruppe fanden wir da schon vor, und schon bald nach unserer Ankunft wurde es merklich voller und vor allem merklich lauter. So ein Getoese! Der Blick von der 94sten oder 97sten Etage ist wirklich nicht der Rede wert, fuer die richtige Aussicht muss man unbedingt in die 100ste Etage fahren, auf die Sky Bridge. Das geht natuerlich nur, wenn einem der teilweise durchsichtige Glasboden nichts ausmacht. Troestlicherweise wuerde man an den meisten Stellen ja nur 6 Stockwerke tief fallen, halt im "Flaschenoeffnerloch". Einige der Gaeste sind auch sichtlich nervoes gewesen. Wie sollen sich da erst die Fassadenarbeiter fuehlen, die just in ihrer Arbeitsgondel erst einmal horizontal vom Gebaeude weg ins Nichts gefahren wurden, um dann in der Gondel an Seilen in die Tiefe gelassen zu werden ... sicher ein in mancher Beziehung beneidenswerter Arbeitsplatz.

Nach ca. zweieinhalb Stunden sind wir "abgestiegen". Gar nicht uebel!

Sonntag, 20. September 2009

Allein im Buchladen

Zur Zeit findet (schon wieder!) die internationale Mineralien- und Fossilienausstellung statt, ich berichtete frueher. Gestern wurden ausser uns beiden noch mindestens drei Langnasen gesichtet, langsam wird es wirklich international! Nachdem die letzten beiden Ausstellungen in der Dragon Gate Mall zu Gast gewesen sind, hat der Veranstalter diesem Ort jetzt wieder den Ruecken gekehrt und sie wieder in den Antiquitaetenlaedenkomplex an der Fuzhou Lu verlegt, gegenueber dem grossen Buchladen namens "Shanghaier Buecherstadt", wo auch schon die allererste Ausgabe stattgefunden hatte. Das ist eine gute Sache, da kann Burkhard in Ruhe seine 2000 Hemdchen, Hoeschen und Blueschen - aeh, Steinchen angucken und ich im Buch-, Platten- und DVD-Laden stoebern. Bilanz:
  • 1. Stunde: 75 RMB fuer Kalligraphiebuecher
  • 2. Stunde: 148 RMB fuer Musik-CDs und eine DVD
  • 3. (halbe) Stunde: 275 RMB fuer Buecher ueber Sprache (Chinesisch, Englisch)
Aber wir reden ja mal nicht ueber die Mineralienausgaben ... Dann haben wir uns bei "Schingbacke" (man erinnert sich: [ungefaehr] so heisst Starbucks auf Chinesisch) Pause und Imbiss gegoennt, bevor ich im Pinselmuseum noch zwei neue Pinsel erstanden habe (zusammen 63 RMB, also nicht wirklich teuer). Zum Abschluss waren wir noch im Foreign Book Store, um einen weiteren Hong Kong-Reisefuehrer zu kaufen. Die Welt mag ja auf Lonely Planet schwoeren, aber irgendwie kommen wir damit nicht besonders gut klar. Leider war die Auswahl nicht gerade gross, aber wir haben doch noch einen gefunden. Allerdings damit nicht genug: wir konnten Planet Shanghai echt nicht liegenlassen, super Fotos! Genau so isses! (Wie man sieht, haben wir nicht grundsaetzlich was gegen Planeten, sie sollten halt nur nicht zu einsam sein, Gruss aus Kalau!) Wahrscheinlich ist das Buch fuer Nicht-Einwohner nicht soooo spannend, aber fuer Shanghai Expats finde ich es perfekt. Bilanz:
  • 4. (halbe) Stunde: 725 RMB
Oha! Und dann durften wir nicht mal nach Hause. Ich musste mich erst noch durch die naechste Runde Anproben quaelen - also haben wir uns am Stoffmarkt absetzen lassen. Frustrierend. Ich habe jetzt einige Teile akzeptiert, aber die sind wirklich nur Pferd Pferd Tiger Tiger, also mamahuhu. Zum Jubeln reicht es nicht.

Mittwoch, 16. September 2009

Ueb immer Treu und Redlichkeit

Im Moment scheint ganz Lujiazui zur Grossbaustelle geworden zu sein. Jeden Tag tun sich andere Loecher in der Strasse auf, die man (hoffentlich) immer an den gelben Bauzaeunen drumherum erkennen kann. Und wenn ich Loecher sage, ist auch der Plural gemeint - nicht bloss mal hier eins und da eins. Dutzende! Zuletzt ist auch schon die Strassendecke der Lujiazui Ringstrasse weg gewesen. Und heute sollte sie wohl erneuert werden, die besagte Strassendecke. Dafuer waren kurzerhand beide Zugaenge zu unserem Buerogebaeude abgesperrt. Macht ja nichts, macht ja nichts! Han Shifu hat sich irgendwie total absurd durchgedraengelt und mich pflichtbewusst abgeliefert. Noch pflichtbewusster waren allerdings die Verkehrsregler, die den Verkehr auf der Hausvorfahrt regeln. Die waren auch heute treu und brav an ihrem Platz - auch wenn es absolut null Autos ein-, an- und auszuweisen galt. "Hoerst Du hier" (gespielt von Ernst-Ulrich von Kameke auf dem Glockenspiel der Potsdamer Garnisonkirche).

Dienstag, 15. September 2009

Das Wahllokal hat seine Pforten geschlossen

Zu meinem grossen Erstaunen wird man vom Generalkonsulat hier gar nicht auf die bevorstehende Bundestagswahl hingewiesen ... obwohl die einem gelegentlich einen Newsletter schicken. Das waere doch wohl ein Anlass gewesen?! Wie auch immer, ich hatte ja gerade noch rechtzeitig daran gedacht und die Antraege auf Eintragung ins Waehlerverzeichnis rechtzeitig abgeschickt. Ende letzter Woche sind dann die Briefwahlunterlagen hier eingetroffen. Die Vorschriften sind irgendwie unflexibel, denn auf dem Wahlschein steht der Name und darunter, mit der Beschriftung "wohnhaft in", unsere fruehere Adresse. So ein dummes Zeug, da wohn' ich doch gar nicht mehr! Aber das scheint niemanden anzufechten, und mir soll es letztlich auch egal sein. Vorgestern war dann unser privater Wahlsonntag, ganz ohne Mediengetoese. Vorher konnten wir aber noch interessierten Kreisen hier in Shanghai einmal zeigen, wie so ein (selbstverstaendlich noch jungfraeulicher) deutscher Wahlzettel aussieht. Ob wir jeder einen haetten oder mit einer Stimme "pro Familie" waehlen wuerden? Na, das waere ja noch schoener!

Ich habe dann erst einmal den Wahl-o-maten (nicht uebel: www.wahl-o-mat.de) angeworfen, verrate aber jetzt weder, was der mir ueber meine Parteienaffinitaet lt. Parteiprogramm gesagt hat, noch, was ich damit gemacht habe. Schliesslich habe ich an Eides Statt versichert, dass ich den Stimmzettel unbeobachtet gekennzeichnet habe - und damit ja wohl auch unbeobachtet von allen Bloglesern!

Gestern sind die Wahlbriefe dann per Expresspost auf den Weg geschickt worden, fuer ueber 20 Euro - ganz schoen teuer! Insofern hoffe ich doch sehr, dass sie nicht als Ausgangsmaterial fuer die Herstellung von Papierwolle verwendet werden - jedenfalls bitte nicht vor der Auszaehlung wie zuletzt in meinem langjaehrigen Heimatort Telgte. Wahrscheinlich werden unsere Zettel nicht geschreddert, sondern fuer ungueltig erklaert mit der Begruendung, dass ein Irrtum vorliegen muss, weil das Meldeamt uns nicht im Einwohnerverzeichnis fuehrt, buohahaha! Aber mal im Ernst, ich wuerde in diesem Sinne ein elektronisches Wahlverfahren bevorzugen, weil es einem (bei ordentlichem Design) wenigstens eine Rueckmeldung à la "Vielen Dank. Ihre Stimme wurde registriert." geben wuerde. Wenn man sieht, was heute mit den Papierzetteln alles so vorkommt, muss ein elektronisches Verfahren nicht einmal unsicherer sein ...

Sonntag, 13. September 2009

Silbermedaille fuer Pudong

... denn wirklich bin ich am Donnerstag Abend ein paar Minuten vor Plan gelandet und habe dann auch nur 18 Minuten aus dem Flugzeug zum Ausgang gebraucht, 21 bis ins Auto. Diesmal beinhaltete diese Zeitspanne nicht das Ausfuellen des Ankunftsformulars, sondern ein, zwei Minuten warten auf das Gepaeck. In dem Fall war der "Priority"-Anhaenger also doch nuetzlich!

Was sonst noch erwaehnenswert war? Dass man sich ja sonst nichts goennt: Am Dienstagabend hatten die Kollegen, mit denen ich zum Abendessen an der Orchard Road gewesen war (Mezze & Moussaka, typisch asiatisch!), keine Lust mehr auf einen Kaffee nach dem Essen, so dass ich anschliessend allein in die Lobby Bar ging, wo ich einen Cappuccino bestellte. Der war nicht billig - 15,90 Singapur-Dollar, bei einem Kurs von ziemlich genau 2:1 also gewissermassen 7,95 Euro. Aber bei dem Gegenwert konnte man auch nicht meckern, denn mir wurde ja dann nicht nur ein schnoedes Kaffeegetraenk im Pappbecher serviert wie anderswo, wo es auch nicht ganz billig ist, sondern ein schoenes Stielglas Wasser, eine dreigeteilte Servierplatte mit zwei verschiedenen leckeren trockenen Plaetzchen rechts und links und zwei offenbar hausgemachten Pralinen in der Mitte und ein Tablett, auf dem ausser einem tadellosen Cappuccino in einer edlen Porzellantasse incl. Goldrand mit Kandisruehrstab ein chinesisches Pinselgestell stand. Mit vier Pinseln. Ooops?! Calligraphy Cappuccino, extra fuer mich? So hab' ich mich jedenfalls gefuehlt. Auf den "anderthalbten" Blick wurde natuerlich ersichtlich, dass es sich nicht um normale Pinsel handelte. Statt der Haare trugen die Pinselschaefte pinselspitzenfoermige Schokoladenklumpen aus Vollmilch- und weisser Schokolade, zum Teil mit etwas Zimtzucker bestreut, wie ich beim Probieren herausfand. Das war ja nun wirklich eine ziemlich kreative Servieridee, und fuer mich ein besonderes Leckerli, im buchstaeblichen wie im uebertragenen Sinn. Ich sass noch nicht sehr lange da, als ein Musiker und eine Saengerin zielstrebig auf den Fluegel zugingen und bald darauf zusaetzlich fuer Live-Musik sorgten. Was will man mehr?

Am Mittwoch hatte unsere Veranstaltung stattgefunden, deretwegen ich ueberhaupt nach Singapur gereist war. Man darf wohl sagen, dass es ein Erfolg war, mein Vortrag hat auch sehr gut geklappt. Da ich aber ein bisschen muede war (in der Nacht vorher noch E-Mails bearbeitet, so dass es ein bisschen spaet geworden war), hatte ich keine Lust, mit den Kollegen, die zum ersten Mal in Singapur waren, einen "Zug durch die Gemeinde" am Clarke's Quay zu machen. Insofern - man goennt sich ja sonst nichts - hatte ich statt dessen im Gesundheitsclub angerufen und gefragt, ob noch Gelegenheit sei, an diesem Abend ein "Touch of Heaven"-Paket zu buchen. Das ist so ein Wohlfuehl- und Pflegeangebot mit Fussbad und -massage, Rueckenmassage, ayurvedischem Oel-Stirnguss, einer kleinen Gesichtsmaske und ... hm ... was war da noch? Irgendwas muss da noch gewesen sein ...  Ja, ich koenne um viertel vor sieben kommen, hiess es - prima, dann wuerde ich gegen halb neun fertig sein (1:45 h sollte das Ganze dauern) und koennte dann gleich zu Bett gehen. Bei gedaempftem Licht und gedaempfter Musik kuemmerte sich so ein Maedel um mich, sanft genug, dass ich mindestens bei der Gesichtsbehandlung halb weggedaemmert bin. Allerdings wollte sie mir noch eine Kaviar-Gesichts- oder Augenmaske aufschwatzen (irgendwas ueber 100 Singapur-Dollar - och noe, lass' ma'!). Ob ich denn wohl zu Hause auch regelmaessig Gesichtsmasken auflegen wuerde? Die Haut sei naemlich ein bisschen trocken, und da waeren auch so kleine Faeltchen. Auf meine Antwort, dass das wohl sicher mit meinem Alter zu tun haette, fiel ihr dann nichts mehr ein, grins ... Danach gab's noch eine Tasse gruenen Tees zu schluerfen, zu dem sie mir noch ein supertolles Pflegeprodukt fuer zu Hause verkaufen wollte, und dann war Zeit fuers Bett. Statt Abendessen habe ich mir eine "fruit of the day" genommen, was am Mittwoch Bananen waren - und das einzige Problem war dann, dass ich mir irgendwie bis dahin kalte Fuesse eingehandelt hatte (weiss gar nicht genau wann und wo) und deswegen trotz eines total langweiligen franzoesischen Fernsehfilms auf TV5 nicht einschlafen konnte. Am Ende hat erst ein Fusswickel aus koerpergewaermtem Bademantel geholfen ...

Donnerstag, 10. September 2009

Neue Rekorde

In Singapur werden am Flughafen ja immer noch Rekorde gebrochen: Montagnacht bin ich ueberpuenktlich gelandet (Plan: 0:25, um 0:13 Uhr stand ich aber schon am Ausgang des Flugzeugs), um 0:27 Uhr sass ich bereits im Taxi. Und dabei musste ich noch das Einwanderungsformular am Flughafen ausfuellen, weil es diesmal im Flugzeug nicht verteilt worden war! Das hat mich wahrscheinlich ca. 1 Minute gekostet, aber dafuer habe ich eine halbe wieder aufgeholt, als ich meinem Koffer hinterherrannte, der die erste Runde auf dem Gepaeckband schon so gut wie hinter sich hatte, als er dort ankam, und ich nicht gern auf die zweite Runde warten wollte. Um 0:56 Uhr war ich dann schon im Zimmer in Shangri-La, und dabei war mir die Eincheck-Prozedur ganz schoen langwierig vorgekommen! Viel schneller kann es ja nun wirklich nicht mehr gehen, das ist schon toll. 

Jetzt bin ich bereits auf dem Rueckweg, wieder mal in der Lunger-Lounge, und in 10 Minuten soll das Einsteigen beginnen. Ich hoffe, dass die Abwicklung in Shanghai heute Abend auch wieder nicht laenger als 20-25 Minuten dauert. Wenn wir puenktlich landen, koennte ich dann um Mitternacht zu Hause sein - die etwas laengliche Fahrt in die Stadt kann man um diese Uhrzeit ja leider nicht mit Hilfe des Maglev verkuerzen, ganz davon abgesehen, dass ich mich aus wenig rationalen Gruenden ohnehin lieber abholen lasse.  ;-)

Montag, 7. September 2009

Gastspiel beendet

So, das war wieder ein kurzes Gastspiel zu Hause: gestern Vormittag mit 32 Minuten Verspaetung um 10:27 Uhr gelandet, kurz nach Mittag zu Hause gewesen, Schlaefchen gemacht, Tee getrunken, zur Anprobe gegangen, Burkhards neueste Werke angesehen, zu Abend gegessen, ins Bett gegangen, geschlafen, aufgestanden, gefruehstueckt, einen halben Tag im Buero gewesen, nach Hause gefahren, restliche Sachen gepackt, um 16:15 Uhr zum Flughafen gefahren. Jetzt geht es nach Singapur ... mal wieder. Ob das eine Dauerkombination wird? Erst Deutschland, dann Singapur?
 
Wie auch immer, ich hatte ja noch gar nicht von meinen Duesseldorfer Abenden berichtet! Am Dienstag waren wir naemlich in einem Restaurant im Medienhafen, und zwar buchstaeblich im, denn das Gebaeude ist im wesentlichen ein Glasklotz im Hafenbecken. Der Laden nennt sich nach einem venezianischen Strand und bietet modernes Design und klassisch franzoesische Kueche - aber weder Sand noch Sonnenschirme. Letztere haette man auch nicht benoetigt, denn das Wetter war ziemlich truebe. Ich habe mir jedenfalls Austern bestellt: eine solche Gelegenheit kann ich mir ja nicht entgehen lassen.  Sie wurden auf einem allzu hohen Plateau-de-fruits-de-mer-Staender serviert, was bei der Gruppe grosse Aufmerksamkeit erregte. So richtig zweckmaessig war das nicht. Und kein Anlass, ueber allzu teures Essen zu laestern: Das halbe Dutzend, das ich bestellte, war nicht teurer als die billigste Vorspeise von der Karte. Insgesamt war das Essen recht gut, aber der Service langsam und die Kueche ein bisschen unflexibel: mit der Bitte konfrontiert, ein vegetarisches Hauptgericht zu servieren, kam der Kellner mit der Nachricht "wir haben nur Gemuese" aus der Kueche zurueck. Fuer die sehr weit nach oben gerichtete Nase war das definitiv nicht gut genug. Und wie gesagt, alles dauerte schrecklich lange, so dass wir erst gegen halb elf abfahren konnten, obwohl wir doch schon vor sieben Uhr dagewesen sind und der Laden nicht mal voll war.
 
Am Donnerstag war ich im Kom(m)oedchen, zum Programm "Sushi. Ein Requiem". Das ist der zweite Aufguss von "Couch. Ein Heimatabend" (ich berichtete, bin jetzt aber wegen mangelnden Zugangs zu meinem Blog nicht in der Lage, den Link hier einzukleben), mit den Qualitaeten eines zweiten Aufgusses eben. Das bewaehrte Prinzip, insofern nicht schlecht, aber eben auch nicht prickelnd neu. Insofern habe ich mich gut amuesiert - aber nicht ganz so gut wie bei "Couch". Ja, und das waren denn auch schon die Glanzlichter der vergangenen Woche - vor allem, da ich jetzt zum Einsteigen gehen kann. SQ835 bringt mich jetzt hoffentlich recht puenktlich nach Singapur, wo ich diesmal im Shangri-La naechtige. Paradiesisch!

Sonntag, 6. September 2009

... und es hat ZOOM gemacht?!

Diesmal wollte ich meine Mutter "nach In-Erwaegung-Ziehung und Verwerfung anderer Optionen" (so herrlich verquast kann man im beruehmten deutschen Nominalstil formulieren) mal im Zoo treffen, und den Gelsenkirchener kannte ich noch nicht. Da der sehr guenstig auf halber Strecke zwischen Koeln und Telgte liegt, stand der Plan rasch fest. Eine kleine Internetrecherche, und schon weiss man, dass die Leute im Ruhrpott mit einem einfachen Zoo nicht zufrieden sind, es muss schon ein Konzeptzoo als Erlebnispark sein. Ich haette das dann vielleicht ZOE genannt, aber hier hat man statt dessen ein M angehaengt, wohl signalisierend, dass man so nah an die Tiere herankommt wie herangezoomt. Stimmt aber gar nicht! Wir mussten erst mal unser schweres Marschgepaeck loswerden und stiessen dann gleich auf einen Baerensaeger, der anlaesslich des "Tags des europaeischen Raubtiers" auf besonders aufwendige Art Saegespaene produzierte.

Dann hiess es sich entscheiden: Afrika (geradeaus) oder Alaska (rechts ab)? Links geht es nach Asien, aber das ist noch im Bau (eine Aussage, die ich basierend auf meinen Shanghai-Erfahrungen bestaetigen kann). Alaska erschien uns zu kalt, zumal der Himmel sich ueber Gelsenkirchen zugezogen hatte. So richtig war da aber nix mit Zoom, die Zebras, Marabus (?), Giraffen, Antilopen blickten uns aus der Ferne an, die Loewen straften uns eher mit Missachtung. Hektische Geierperlhuehner teilen sich ein Gehege mit einem Nashornvogel und Palmtauben: o.k., hier kommt man einigermassen nah heran. Die selig schlummernden Stachelschweine liegen aber auch ein bisschen fern. Dann sind wir mit dem Schienenboot gefahren. Jedes von vielleicht 10 Booten heisst African Queen und faehrt langsam um die Pavian-Insel, an einer Gruppe Zwergflamingos und an Nilpferden (oder jedenfalls deren Augen, Nasenloechern und Ohren) vorbei. Das Nashorn hat wohl Urlaub genommen, dafuer stehen ein paar Marabus gelangweilt am Ufer. Leider ist das Wetter nicht richtig schoen, zum Boetchenfahren hab' ich's gern etwas sonniger. Danach gehen wir ins Selbstbedienungscafé (nit so doll), das Nashorn, auf dessen Gehege man hier direkt schauen kann, bleibt weiterhin unsichtbar. Als wir weitergehen, koennen wir drei Flussschlammschweinen (eine biologisch korrektere Bezeichnung fuer die bereits erwaehnten Nilpferde) beim Grasfressen zusehen. Allgemein ist das Publikum ueber den niedrigen Wirkungsgrad der grossen Maeuler erstaunt, aber irgendwie nimmt mit der Zeit das Volumen des verfuegbaren Grases doch ab. Zurueck geht es durch ein Tropenhaus und ueber eine Affeninsel, und dann sind wir wieder beim Baerensaeger angekommen.

Fazit: Viel zu wenig Schwein! Kein Pinselohrschwein (dabei sind die so schoen!), kein Warzenschwein, kein Hirscheber (na gut, den gibt's ja auch nicht in Afrika, sondern in Asien), keine Pekaris (na gut, das sind Nabelschweine, und die gibt's in Suedamerika), nicht mal ein ganz normales Wildschwein! Wie gut, dass es wenigstens noch den Streichelzoo gibt. In dem sind zwar keine Schweine (vielleicht auch besser so ...), aber damit die Stadtkinder mal gucken koennen, wie es auf dem Bauernhof aussieht bzw. was es da fuer Tiere gibt, werden gleich daneben auch Kuehe und eine Gruppe Rotbunter Husumer gehalten. Total suess sind die natuerlich, das entschaedigt ein wenig. Wir fuettern sie mit im Kraeutergarten aufgelesenen Eicheln, die sichtlich als Leckerli betrachtet werden. Im Stall wohnt eine rotbunte Muttersau mit ihren noch vergleichsweise kleinen Ferkeln. Nach einer halbherzigen Stillrunde legt sie sich auf dem Bauch in die Ecke (Milchbar geschlossen!), schliesst die Augen und faengt gleich selig an zu grunz-schnarchen. Klasse! Auf der anderen Seite schlaeft schon der Eber Fiete. Die entschaedigen  ;-)). Wir trinken noch einen Kaffee und machen uns dann auf den Rueckweg. Alle sind jetzt gespannt auf die Wahlergebnisse - vor der Bundestagswahl sind an diesem Sonntag schon Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sowie Landtagswahlen in Thueringen, Sachsen und im Saarland.