Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Mittwoch, 13. Mai 2009

El Cid oder: Restaurantmanagement

Gestern musste ich ja erst von der "Dschunke" berichten, die keine war - worueber ich gar nicht dazu gekommen bin, von einer grossen Bereicherung in meinem professionellen Lebenslauf zu berichten. Ich kann naemlich jetzt praktische Erfahrungen im Restaurantmanagement vorweisen!

Am Montag war fuer uns ein teambuilding event angesagt, welches damit begann, dass wir zu einem kleinen Restaurant namens "Teddy's Café" gekarrt wurden. Das liegt irgendwo in Kowloon gleich neben der Jugendstrafvollzugsanstalt, die hier dem social welfare committee untersteht, wie ein Schild gross verkuendet. Die deutschen Kollegen fragen gleich ziemlich laesterlich, wessen Wohlfahrt denn hier gemeint sei - schon komisch, wie ein Wort zynische Reaktionen ausloesen kann. Mir kommt das auch wie ein Euphemismus vor.

Wie auch immer: in Teddy's Café dreht sich nichts um Teddybaeren, sondern alles um Hunde. Am meisten liebt man offenbar diese … diese … "Schnauzterrier", oder wie heissen die? Die mit dem langen eckigen Kopf und dem kurzen lockigen Fell … glaube ich. Oder ist es doch glatt? Hm, trotz zahlreicher Fotos kann ich das jetzt nicht sagen, ich habe wohl nicht mit wirklichem Interesse hingeschaut. Gebot der Achtsamkeit nicht befolgt. :-(( Falsche Tierart halt - aber so durften wir wenigstens die Hoffnung hegen, dass der "beste Freund des Menschen" (welches?) nicht auf dem Teller landen wuerde. Zur Auswahl gab es Huehnchen mit Reis, mit Spaghetti (!), mit Pommes - und Schweineschnitzel ohne Beilagenvarianten. Der Service war auch nicht so toll, so dass ich schon witzelte, dass unsere Aufgabe darin bestehen koennte, aus dem Stegreif ein Halbtags-Prozessverbesserungsprojekt zu planen und durchzufuehren. Als wir mit dem Essen fertig waren, wurde uns aber eroeffnet, dass sich fuer heute Abend einige VIP-Gaeste angesagt haetten und dass es nun unsere Aufgabe sei, deren Bewirtung zu organisieren. Mit uns selbst als Restaurantpersonal, versteht sich. Hm - sooo weit hatte ich ja gar nicht daneben gelegen … Zuerst gab es viele unglaeubige Blicke, sicher auch von mir. Als aber alle gemerkt hatten, dass "die" das ernst meinten, hatten wir ein Team von zu vielen Managern, die einen einzigen Brei verderben sollten (17 Teilnehmer, allerdings nicht ausschliesslich Manager). Oha! Das Kuechenteam wurde mit echten Koch-Jacken und -Muetzen ausgestattet, der Geschirrspueler mit einer langen schwarzen wasserfesten Spuelschuerze und Gummihandschuhen (und ich hatte immer gedacht, "Geschirrspueler" sei eine Bezeichnung fuer ein elektrisches Haushaltsgeraet!), das Servierteam mit "halben" Schuerzen (ohne Latz), das Barteam und das Managementteam mit nix. Ich hatte mich ja urspruenglich fuer die Kueche gemeldet, aber war dann im Hinblick auf meinen Gesundheitszustand doch noch zum Management umgeschwenkt - Lebensmittel zubereiten oder hustend servieren waere wohl nicht so toll gewesen. Strategien entwickeln und den Ueberblick behalten kann man hingegen problemlos auch mit Hustenreiz. Fast wia im richtigen Leben.

Nun will ich gar nicht langatmig berichten - es ist halbwegs akzeptabel ausgegangen. Wir servierten ein viergaengiges Menu (Salat, Kuerbis- oder Zucchinicremesuppe, Hauptgang [Lachs mit gruenem Spargel oder Steak mit Spinat oder schwarze Nudeln mit Shrimp] und als Dessert Tiramisu oder Crème brûlée oder Kuchen) - aber das stand schon vorher fest. Zwar mussten einige Gaeste doch etwas arg lange warten, und am Ende waren nicht mehr alle Auswahlen verfuegbar, aber immerhin haben wir ca. 40 Leute ohne groessere Katastrophen bedienen koennen. Keine Glaeser zerbrochen, niemanden mit heisser Suppe ueberschuettet, keine eigenen Finger abgehackt, die Restaurantausstattung nicht ruiniert, keinen Gast verhungert aufgefunden und auch beim Ansengen der gebrannten Creme das Haus nicht abgefackelt. Das ist doch schon mal was! Bloss danach hat sich ein Kollege auf einen Terrassentisch zu setzen versucht, worauf dieser zusammenbrach - aber auch das hat ausser dem Ruin des Tisches und eines Glases keine weiteren Schaeden an Leib, Leben, Hab und Gut verursacht. Was das betrifft, war die Bilanz also gar nicht mal so schlecht - bloss dass unsere Einnahmen doch sehr zu wuenschen uebrig liessen. Sie konnten nur aus dem Verkauf von Wein und aus Trinkgeldern/Spenden stammen. Das Essen gab es naemlich (einschliesslich nicht-alkoholischer Getraenke) zum Festpreis, und leider konnten sich viele trotz des Hinweises auf den guten Zweck (Hundeschutzverein) nicht dazu durchringen, Wein zu bestellen. Gerade mal 350 lumpi-ge Hong Kong Dollars haben wir auf diese Weise zusammenbekommen. Na ja.

Zum Ende des Abends wurden wir dann wieder selber Gaeste und vom Restaurantteam bewirtet. Und ich denke immer noch, dass das Betreiben eines Restaurants kein Hexenwerk ist.

Nach einem langen Arbeitstag heute hab' ich dann aber doch wieder andere nicht hexen lassen, diesmal chinesische Spanier. Das Angebot des Tages war jamón ibérico mit frischer Feige, da konnte ich ('tschuldigung!) nicht widerstehen. Dazu Knoblauchbrot, einen frischen Guavensaft und eine Literflasche San Pellegrino - fertig. Zum Nachtisch ein Mandelkuechlein mit Zitronensauce und Blaubeeren und zum Abschluss einen Espresso, alles zusammen - incl. Livemusik von zwei Guitareros - 429 HK$. Schon mehr als unsere Einnahmen fuer den guten Zweck, so ein Frust! Aber wenigstens konnte ich das mit meiner normalen chinesischen Bankkarte bezahlen, das ist schon mal gut in Hong Kong.

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