Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Freitag, 31. August 2007

Mittwoch, 29. August 2007: Lata Kinjang und Orang Asli

Morgens geschehen seltsame Dinge im Hotel - ob das an der grossen Gruppe von malaysischen Veteranen aus Neuseeland liegt, die offensichtlich schon am Vortag anlaesslich der Unabhaengigkeitsfeierlichkeiten angereist waren? Jedenfalls sitzen wir ploetzlich beim Fruehstueck im Dunkeln. Als wir nach dem Fruehstueck zu unserem Zimmer im 7. Stock fahren und aus dem Aufzug treten, stehen wir schon wieder in - diesmal totaler - Finsternis. Das macht uns ganz nervoes - brennt's etwa irgendwo?? Wohl doch nicht, das war wohl noch eine Nachwirkung des ersten Stromausfalls. Tsts, keine Notbeleuchtung … es wird Zeit, dass wir wegkommen!

Wir verlassen also Kuala Lumpur in noerdlicher Richtung, nicht ohne vorher noch die neue Moschee (von aussen) zu besichtigen. Sie wurde erst kuerzlich gebaut, um die zu klein gewordene Nationalmoschee (die mit dem Faltschirmdach) zu ergaenzen oder -setzen. Sie hat nur zwei Minarette und eine modern abgewandelte Kuppel, die mich irgendwie an ein 50er-Jahre-Planetariumsdesign erinnert. Der nicht ganz so frische Eindruck wird von dem etwas graeulichen Stein unterstrichen - es waere meiner Meinung nach schoener gewesen, hier auch weissen Stein zu verwenden wie in der blauen Moschee. Aber wer weiss, vielleicht haette es dann insgesamt etwas zuviel nach Badeanstalt ausgesehen. Die Daecher sind naemlich tuerkisgruen mit mattgoldenen Intarsien, und besonders schoen sind die flachen Wasserbecken, die mit Mosaiksteinchen "gefliest" sind und weite Teile der Anlage unmittelbar umgeben.

Nach ca. 150 km Fahrt, meist auf der Autobahn, kommen wir in der Umgebung von Tapah an. Unweit der Autobahn liegt in Lata Kinjang ein ziemlich hoher und weithin sichtbarer Wasserfall. Laut unserem Reisefuehrer(buch) braucht man zum Besuch eine Genehmigung, was wir gar nicht verstehen. Der Platz am Fusse des Wasserfalls ist naemlich fuer wochenendliche Besucherstroeme eingerichtet; dass die immer alle mit Genehmigung kommen, glaube ich ja nun nicht. Zumal Mr Badrul hinterher erzaehlt, dass nach jedem Wochenende den Besuchern 40 Saecke Muell hinterhergeraeumt werden muessen. Jedenfalls wartet auf uns an einer
Strassenkreuzung eine Art Ranger in einer dunkelgruenen, kurzaermeligen Uniform.

In der Orang Asli-Ansiedelung am Fuss der Faelle sind moderne Zeiten angebrochen, es gibt Strom, Wasser, Autos etc., nicht zu vergessen das Telefonhaeuschen. Andererseits gibt es Bambushuetten, freilebendes Gefluegel, und das "Weibervolk" waescht gerade im Fluss die Waesche wie vor den Zeiten von Waschmaschine und Waschbrett - ich bin doch sehr dankbar fuer erstere. Wir begegnen hier auch unserem ersten Rambutanbaum. Der Stamm sieht urig aus, die letzten Fruechte sind noch zu sehen - die Saison ist so gut wie vorbei. Rambut heisst haarig - das sind also einfach haarige Fruechte.

Dann machen wir uns an den Aufstieg. Waehrend ein paar malaysische Juenglinge, offenbar unbegleitet, von einem erfrischenden Bad in einem der Wasserfall-Becken zurueckkommen, schwitzen wir zusammen mit unserer vierkoepfigen Begleitdelegation, bestehend aus dem Dorfvorsteher, dem erwaehnten Ranger, der, wie er mir erzaehlte, auch mal eine Zeitlang am FRIM studiert hat, einer Person, deren Funktion ich nicht mitbekommen hatte, und Mr. Badrul. Und Aussicht auf ein Bad haben wir auch nicht, bloss jede Menge betonierte Stufen vor uns. Ohne Gelaender, und einige kaputt. Auf diesen kann man bis zu einer Seilbruecke gelangen, die auf halber (?) Hoehe quer ueber den Wasserfall fuehrt. Hoeher lasse man niemanden steigen, erklaert der Ranger, das habe irgendwie mit der Wasserversorgung zu tun. Auf dieser Bruecke fuehle ich mich weniger wohl als auf dem canopy walkway des FRIM - an den Seiten sind keine Netze, sondern Maschendrahtzaun. Aber ganz unwohl fuehle ich mich auch nicht. Jaja,
Wasserfaelle haben sowas Frisches … ganz wie das Gemuese im Garten von Loriots grauen Rentnern. Wir erfahren noch ein bisschen was ueber die Pflanzen, koennen die malaysischen "Nationalschmetterlinge" (schwarz mit einer Reihe von smaragdgruenen Dreiecken) in freier Natur beobachten und verschiedene Arten dekorativer Wohnzimmerpflanzen hier mal ganz ohne Wohnzimmer bewundern. Dann danken wir unserer Delegation und fahren weiter. Irgendwo in oder bei Tapah nehmen wir als leichten Mittagsimbiss Bandnudeln mit Meeresfruechten und Gemuese zu uns. Mit 11 Ringgit sind Sie dabei - es wird immer billiger!

Unweit von hier besuchen wir eine kleine Familienmanufaktur, in der Bambuskoerbe geflochten werden (gewoben, sagen die Englaender). Relativ harte Arbeit, die arbeitsteilig ausgefuehrt wird. Der Bambus muss in duenne Streifen geschnitten werden, wobei diverse recht primitiv aussehende, aber offenbar sehr scharfe Maschinen zum Einsatz kommen. Damit man sich die Finger nicht aufreisst, muss man Arbeitshandschuhe tragen. Und vor allem muss alles unglaublich schnell gehen, Zeit ist Geld - bzw. Korb ist Geld, allerdings nur extrem wenig: laut Mr Badrul gibt es 1 Ringgit pro Korb. Diese Koerbe haben die Groesse eines normalen Waeschekorbs, sind rund und mit grossen Loechern, damit die Luft gut zirkulieren kann, denn sie dienen zum Transport von Gemuese.

Danach beginnt die Serpentinenstrecke, die in die nach einem gewissen William benannten Cameron Highlands hinauffuehrt. Wenn man gefahren wird, ist es ja schoen, aber zum Selberfahren … es ist wirklich endlos, etwa 60 Kilometer. Innenkurve, Aussenkurve, Innenkurve, Aussenkurve - bestimmt hat die jemand schon mal gezaehlt. Ich nicht. Unseren ersten Halt machen wir in Lata Iskandar. Da ist auch ein Wasserfall, aber weniger hoch als in Lata Kinjang, und "untenrum" noch viel abgewrackter. Auch hier gibt es eine Betontreppe, die allerdings auf halber Hoehe von einem umgefallenen Urwaldriesen abgeriegelt ist. Das ficht aber weder uns noch sonst jemanden an, an einer Stelle kann man sich darunterherbuecken.

Oben sitzt eine Versammlung gelber Schmetterlinge, die leider buchstaeblich auffliegt, bevor ich die Kamera bereit habe. Schade! Aber Burkhard hat unten schoene Schmetterlingsbilder gemacht, und der Wasserfall mit seinem spritzigen Weiss ist auch bestaendiger. - Nachdem wir wieder unten sind, kaufen wir uns wie frische Mutzen duftende, in Teig ausgebackene Fruechte. Den Namen kann ich mir leider nicht merken, aber sie sind so aehnlich wie Durian oder Jackfruit. Und so gebacken recht lecker. Interessiert studieren wir auch die Auslagen von
vielleicht einem Dutzend Buden, die hier entlang der Strasse gewachsen zu sein scheinen. Darunter ist auch eine "Waldapotheke", in der es verschiedene Hoelzer, Pilze etc. zu kaufen gibt, die gegen oder fuer alles gut sind. Schon oft genug gehoert: Tongkat Ali, "das malaysische Viagra". Kann man angeblich auch seinem Kaffee beimischen lassen … das sei etwas, das man gebraeuchlicherweise einfach in einem Café bestellen koenne: einen Tongkat Ali-Kaffee, bitte! Fuer Frauen gibt's natuerlich auch diverse Mittelchen, deren Namen aber noch nicht haengengeblieben sind.

Uebrigens, nicht dass jemand glaubt, dass Lata Wasserfall heisst - das habe ich natuerlich zuerst gedacht, aber dieses Wort bezeichnet eine ebene Flaeche.

Am Strassenrand halten Orang Asli diverse Gueter feil: irgendwelche "Baumbohnen", Durians, spezielle dekorative Pflanzen und wilden Honig. Und Blasrohre, wie wir dann bei unserem naechsten "Ausstieg" sehen. Wir besichtigen einige Orang Asli-Huetten, die recht dicht unterhalb der Strasse oben am Hang liegen. Ein alter Mann mit Stroh und Pflanzen im Haar bietet uns seine Kuenste dar: zuerst ein Lied auf der Floete, die hier mit der Nase geblasen wird. Wir trauen uns ja gar nicht, ein Foto zu machen, aber damit ist er nicht einverstanden. Watt mutt, dat mutt! Ja dann. Danach kommt die Vorfuehrung mit dem Blasrohr (auf Englisch uebrigens blowpipe). Zu diesem Zweck hat Mr Badrul Luftballons mitgebracht. Knall, hat der alte Herr den ersten zum Platzen gebracht. Fuer den Ballon nimmt er wohl einen unvergifteten Pfeil - die fuer die Jagd sind mit dem Saft oder Harz des Ipoh-Baums vergiftet. Im Hintergrund ist einer zu sehen, waehrend unterhalb der Huetten Durianbaeume wachsen und Fruechte
tragen. Dann darf oder soll ich mal schiessen. Oder sagt man blasen? O je! Ich, eine ausgewiesene Scharfschuetzin und Zielwerferin. Ein paar Kinder stehen im Hintergrund, ich habe schon Sorge um sie. Aber nein, heisst es, die wuerde ich nicht treffen. Daraufhin mache ich mir statt dessen lieber Sorgen um meine Fuesse (aehnlich wie beim Kugelstossen) und setze nach diversen Ermunterungen das Rohr an den Mund, ziele auf den Ballon, blase einmal kraeftig, und …

… und, man fasst es nicht, knall, zerplatzt auch der zweite Ballon! Ich bin vermutlich selbst am meisten ueberrascht. - Danach duerfen wir einen Blick in die Bambushuette des Floetenspielers werfen, die traditionsgemaess auf Stelzen steht. Darin ist es luftig und angenehm, und der kleine Raum ist sowohl Schlafstaette als auch Kueche. In einer Huette aus Bambus Feuer zu machen
scheint mir ja recht riskant, aber so ist das hier - und offensichtlich funktioniert es ja auch. Mittlerweile ist eine ganze Kinderschar da, und ich fuehle mich verpflichtet, ihnen meine Bilder zu zeigen, und dann auch, welche von ihnen zu machen. Es gefaellt ihnen offensichtlich, ein Bild von sich selbst auf dem kleinen Bildschirm ansehen zu koennen. Insgesamt fuehle ich mich
allerdings ein bisschen unwohl, da so die Huetten zu besichtigen und ihre Bewohner auch irgendwie - sollte man das Dorf vielleicht doch lieber links (oder in unserem Fall rechts) liegen lassen? Hm. Der alte Mann traegt uebrigens eine zu grosse dunkelblaue (ich wuerde mal sagen Polyester-)Hose, die an diversen Stellen gekrempelt ist, und eine grosse, silberfarben blinkende Herrenarmbanduhr. Die habe ihm vor Jahren jemand geschenkt, erzaehlt Mr Badrul, und erstens funktioniere sie immer noch, und zweitens trage er sie mit grosser Begeisterung. Mit grossem Stolz zeigt er auch einen Zeitungsausschnitt von vor zwei Jahren, mit einem grossen Bild von ihm. Ich denke, wir muessen den Leuten unsere Fotos zukommen lassen. Mr. Badrul meint, das wuerden fast alle sagen, aber noch nie habe es jemand auch wirklich getan. Na, da wollen wir doch mal sehen!

Irgendwann fahren wir weiter und kommen schliesslich an einem Stausee an, der zu verschlammen droht und deshalb regelmaessig ausgebaggert werden muss. Oberhalb liegt das erste dieser Tudor-Fachwerkhaeuser, durch die offensichtlich der fuer die Highlands "passende" Stil festgelegt wurde. Es beherbergt das Lakehouse Hotel.

Ein paar Serpentinen weiter liegen die ersten Teeplantagen auf kleinen Huegeln. Waehrend Teestraeucher selber doch recht unspektakulaer sind, bieten sie in langen Reihen als gruene, auf die Huegel geworfene Baender immer wieder faszinierende Anblicke. Leider hat das Terrassencafé schon geschlossen, da haette es sonst English Tea & Scones gegeben. Schade eigentlich!

Schliesslich passieren wir Tanah Rata, einen Ort voller Hotels, Restaurants und Laeden, ansonsten offenbar wenig interessant. Unser Hotel, das Strawberry Resort, liegt etwas ausserhalb. Die Zimmer sind alle von draussen zugaenglich und sehen ein bisschen nach englischem Landhaus aus, was auch beabsichtigt ist. Das Bad ist gross, aber nicht besonders zweckmaessig. Wenn man warmes Wasser moechte, muss man sich das 20 Minuten vorher ueberlegen. Das steht interessanterweise auf Englisch, Deutsch und Japanisch geschrieben, aber zum Beispiel nicht auf Malaysisch. Abends, wir sind etwas faul, gehen wir im Tudor Grill das teure Candlelight Dinner essen (95 Ringgit netto pro Person). Der Seafood Salad ist mit viel Salat, aber ohne erkennbares Seafood, die Zwiebelsuppe mit cheese croutons ohne nennenswerten Kaese, und als dann auch noch das Rindfleisch mit Pilzragout ohne Pilze kommt, platzt mir der Kragen. Das hat zu diversen Diskussionen unter den Angestellten gefuehrt, mit dem mir berichteten Ergebnis, dass die Pilze in der Sauce verarbeitet seien. Aber dann waere das halt Pilzsauce und kein Pilzragout (davon mal ganz abgesehen, schmeckt die Sauce gar nicht besonders nach Pilzen). Daraufhin habe ich eine foermliche Entschuldigung bekommen, na toll. Der Erdbeer-Kaesekuchen kam mit einer (!) frischen Erdbeere auf Spruehsahne - fuer den Preis grenzt das an Unverschaemtheit.

Keine Kommentare: