Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Montag, 27. August 2007

Sonntag, 26. August 2007: Das Geld liegt auf der Strasse!

Im Hotel Equatorial wird das Fruehstuecksbuffet im Nipah Coffee Shop (oder so aehnlich) im Untergeschoss serviert. Wir teilen den Aufzug mit einem sonnenbebrillten arabischen Macho in Begleitung eines Juenglings und zweier verschleierter Frauen, ebenfalls mit Sonnenbrillen. Ein Gefuehl wie im Gangsterfilm. Das Buffet selber ist nicht aequatorial, sondern wirklich ziemlich international. Von malaysisch ueber japanisch und sonstwie asiatisch - so genau kenne ich mich da nicht aus - zu amerikanisch und dem sogenannten continental breakfast ist alles da. Ich weiss gar nicht, was ich essen soll. Die Sonnenbebrillten sitzen in der dunkelsten Ecke und sind genau fertig, als wir auch fertig sind …

Um 9 Uhr treffen wir Mr Badrul in der Lobby. Zuerst stehen die Petronas-Zwillingstuerme auf dem Programm. Erst aus relativer Ferne fuers Foto, dann aus der Naehe. Er hat uns Karten fuer die Skybridge besorgt. Oben Panik: Burkhards Kamera hat Anfaelle, meine keinen Strom. Und den Ersatzakku habe ich am ersten Tag nicht dabei, in straeflicher Missachtung der Tatsache, dass es keineswegs der erste Tag fuer den Akku war. Aber ich hatte noch gerade so alle Bilder machen koennen, die ich machen wollte. Und ich hatte ja noch die APS-Kamera dabei, um den Film (erst 2 Bilder gemacht) aus dem Apparat zu bekommen. Also holte ich, wieder unten angekommen, diese heraus, schaltete sie an, hoerte das Geraeusch, das auf Filmspulen hindeutet, und wurde mit der Meldung beschieden, dass der Film voll sei. Bitte?! Was ist los??!!! Zum Glueck hat Burkhards Kamera sich eingekriegt, allerdings hat sie im Tagesverlauf doch noch rumgezickt. Pubertaet oder Akklimatisationsschwierigkeiten?

Der naechste Programmpunkt war der Koenigspalast, der nur ein Fotografierhalt ist. Wie Mr Badrul sagte, wird jetzt ein neuer Palast gebaut. In Putrajaya, wo bereits die versammelten Regierungsbehoerden in einem futuristischen Komplex angesiedelt sind. Den bestehenden habe die Regierung irgendwann von einem chinesischen Geschaeftsmann gekauft. Aber er wird noch vom Koenig bewohnt und folglich von zwei Berittenen und einem Schilderhaeuschensteher bewacht, deren Hauptaufgabe darin besteht, mit Hinz, Kunz, Kim und Li abgelichtet zu werden. So sieht es jedenfalls aus, und das Publikum ist recht international. Und offenbar bueckfaul, denn hier liegt das Geld scheineweise auf der Strasse: immerhin 5 Ringgit, etwas mehr als ein Euro.

Weiter ging es zu einem chinesischen buddhistischen Tempel, der drei Goettinnen gewidmet ist, wobei die Meeresgoettin da die "Hauptfrau" ist. Wir schleichen uns von hinten herein, durch einen schattigen, steil ansteigenden kleinen Garten mit plaetschernden Wasserlaeufen. Hauptattraktion darin ist ein tortoise pool, also ein Schildkroetenteich. Der ist allerdings winzig und vor allem voellig ueberfuellt. Das kann doch nicht gut sein … aber angeblich verspricht es ein langes Leben, dort eins dieser Panzertiere auszusetzen. Der Tempel selbst hat weiss getuenchte Mauern und bunte Daecher, was vor dem mittlerweile knatschblauen Himmel sehr malerisch aussieht. Fotogener waere es wohl zu einer anderen Tageszeit, die Mittagszeit ist zu grell und nimmt den Farben ihre Tiefe. Aber es sieht trotzdem schoen aus. In der Haupthalle des Tempels wird gerade gebetet und gesungen, was fuer die richtige Geraeuschkulisse sorgt. Wir zuenden auf Betreiben von Mr Badrul jeder ein Raeucherstaebchen an - anders als in China macht man das hier nicht buendelweise. Und vor allem befragen wir das Tempelorakel. Bei mir bleibt Staebchen 31 oben. Bumper Harvest, besagt das Zettelchen, welches man der entsprechend numerierten Schublade entnimmt: "You are now entering a pleasant period of bounteous harvest, but you have, first of all, to work hard for it, and thereafter it's all yours for the taking." Aha! Alles meins! So ist es recht! Weiter stand darauf "Financial pursuit: Will be accumulating wealth. Honour & Merit: Good chance of topping the success list. Change of abode: Good. or Travel" Na, das klingt doch alles prima, und ich reise ja schon! Auf Burkhards Nr. 21 lautet die Ueberschrift "Be pious and devout", und hier steht nachzulesen, dass der Fotoapparat Maetzchen macht: "You may be beset with difficulties." Als Gegenmassnahme werden gute Taten empfohlen. Sofern es an Empfaengern mangelte, wuerde ich mich bereit erklaeren …. ;-))

Im Tempeluntergeschoss gibt es chinesisches Laedengewusel, wo man unter anderem Wasser und Tempelmusik kaufen kann, einen Imbiss mit Kantinenflair und das Hochzeitsregistrierbuero. Da ist aber diesen Monat nichts los, denn der siebte Monat des chinesischen Kalenders ist der Geistermonat, da macht man am besten gar nichts. Vor dem Tempel sind dann noch Tierkreiszeichenfiguren aufgestellt, unsere beiden, Ratte und Drache, sind gleich vornan. Wie bequem. Das dicke Schwein des laufenden Jahres haelt sich im Hintergrund. (Hintergrunz?!)

Danach geht es zum Nationaldenkmal, das irgendwo hinter dem ASEAN-Skulpturengarten in den Lake Gardens liegt. Ein schoen angelegter kleiner Park ist das, mit mehr oder weniger gelungenen Skulpturen (die von Singapur sieht irgendwie traurig aus - 6 kleinere Teile in einem leicht vertrockneten Rasenkreis … interessanter sind da schon die verschiedenen Palmen, z. B. die, bei denen die einzelnen Blaetter an langen Stielen in einer Ebene wachsen, oder die sogenannten Lippenstiftpalmen, die oben am Stengel, just unterhalb der Blaetter, leuchtendrot gefaerbt sind. Das Nationaldenkmal ist natuerlich sehr heroisch, das Motto heisst "Einheit ist Staerke". Das Landeswappen zeigt symbolisch die 5 foederierten und 4 unabhaengigen Sultanate, die vier Provinzen, die von Gouverneuren regiert werden, und den Hibiskus als Nationalblume.

Unweit von hier liegt die Nationalmoschee mit einem Ziehharmonikaschirmdach (laut Mr Badrul versucht man, neue Moscheen in moderner Architektur ohne die traditionellen Kuppeln zu bauen, um sie fuer junge Leute attraktiver zu machen - ob das hilft?), direkt gegenueber befindet sich das alte Eisenbahnverwaltungsgebaeude in maurisch inspiriertem Kolonialstil. Diesem gegenueber befindet sich der alte Bahnhof, ebenso maurisch inspiriert, aber weiss. Alle Gebaeude sind zur Zeit gewissermassen festlich eingekleidet, die Verkaeufer von Nationalfahnen habe dieses Jahr besonders gute Geschaefte gemacht. In wenigen Tagen, am 31. August, begeht Malaysia den 50sten Jahrestag seiner Unabhaengigkeit von Grossbritannien. Merdeka!

Der Bahnhof dient heute nur noch wenigen Zuegen als Haltestelle - die Bahnsteighalle mit ihren genieteten Eisentraegern in leicht nostalgisch-geschwungenem Design ist ungewoehnlich leer und still, so dass ein Huhn hier wirklich ungestoert - und vor allem ohne zu stoeren - hin und her gehen koennte. (Anders als in Christian Morgensterns Gedicht.) Ich denke, man sollte sich ein neues Nutzungskonzept einfallen lassen.

Unsere naechste Station ist das Nationalmuseum. In den Aussenbereichen stehen Zuege, Autos und ihre Vorgaenger sowie ein traditionelles Haus auf Stelzen, das angeblich kein gewoehnliches Haus, sondern Teil eines Palasts sei. Im Innern des Museums gibt es reichlich Folkloristisches. Die Ausstellungen im Obergeschoss sind nach einer Ueberarbeitung jetzt in neuer Gestalt (vermute ich jedenfalls) wieder geoeffnet. Eine Haelfte ist der Geschichte des Landes gewidmet, in der Portugiesen, Hollaender, Englaender sowie Zinn und Kautschuk eine Rolle spielen, auf der anderen Haelfte geht es um die besagte Merdeka, die Unabhaengigkeit. In einem Ruehrstueckfilmchen erklaert ein aelterer Herr, der die Unabhaengigkeit im Alter von 18 Jahren erlebt hat, drei Enkeln aus den drei Hauptbevoelkerungsgruppen (Malaien, Chinesen und Inder), wie das alles zugegangen ist damals und dass Unabhaengigkeit eine ganz wichtige Sache ist, die man gut hueten und niemals als Selbstverstaendlichkeit nehmen soll.

Im Museumsladen sehe ich mir einige der Buecher an, die es dort kaeuflich zu erwerben gibt. Kaum schlage ich das Buch "Travels in the Malaysian Rainforest" von einem gewissen Tan Teong Jin auf, habe ich die Seite mit den wild pigs getroffen. Wenn das kein Omen ist … also muss ich das kaufen. Es geht um Geheimnisse, Legenden, Waldvoelker und faszinierende Flora und Fauna, wie der Untertitel verspricht. Das klingt ja auch interessant.

Danach sind wir youdian e, etwas hungrig. Da sich gerade nicht so recht etwas anbietet in der Naehe des Unabhaengigkeitsplatzes, muessen wir mit beinahe Essen, zu Englisch fast food, vorlieb nehmen. Selbst diese Burger King-Filiale ist innen voller Nationalflaggen, aber davon schmeckt es auch nicht besser. Aber der kleine Hunger ist gestillt, und wir besichtigen als naechstes die aelteste Moschee der Stadt. Ich kriege einen dunkelblauen Plastik-Kaftan (warum koennen die keine helle Baumwolle verwenden??) und ein Kopftuch, unter dem die Haare verschwinden muessen, auf dass kein Mann durch meinen Anblick beleidigt werde. Dabei kann mich gar keiner sehen - die liegen alle auf dem offenbar nicht allzu kalten Steinboden der offenen Bethallen und nutzen, so Mr Badruls Vermutung, die Zeit, in der ihre Maedels einkaufen gehen, fuer ein Schlaefchen. Uebrigens muessen auch maennliche Traeger von Shorts so einen Kaftan ueberziehen. Die Moschee liegt auf dem Dreieck zwischen den beiden Flusslaeufen, die hier zusammenfliessen und damit sozusagen den Kristallisationspunkt fuer Kuala Lumpur, die schlammige Muendung, so die Bedeutung dieses Namens, bilden.

Danach koennen wir uns dem Dataran Merdeka zuwenden. Da sind die Vorbereitungen fuer Parade und sonstige Festivitaeten in vollem Gange. Der schoene Drei-Tuerme-Blick ist allerdings jetzt schon so gut wie verbaut, wie schade!

Danach ist die Stadtrundfahrt beendet, und gegen viertel nach Vier setzt uns Mr Badrul an unserem Hotel ab, wo wir erst einmal ein bisschen ausruhen. Danach gehen wir noch einmal zu den Petronas Towers, wo Burkhard die heute spektakulaere Abenddaemmerung einfaengt. Und eine gute Tat hat er auch vollbracht: ein skandinavisches Paerchen gluecklich gemacht, die mit den Fotos, die andere von ihnen gemacht hatten, nicht gluecklich waren. Da konnten sie von Burkhard nicht nur ein schoenes Foto gemacht bekommen, sondern auch noch einen Tipp zur Benutzung ihrer eigenen Kamera … es waere eben doch gut, sich mal mit der Gebrauchsanweisung auseinanderzusetzen …

Danach sind wir mit dem Taxi nochmal zum Unabhaengigkeitsplatz gefahren. Bei den Merdeka-Leuchtbuchstaben ist doch wirklich das k komplett ausgefallen - da steht also abends ganz gross MERDE A zu lesen. Na, wenigstens war das keine franzoesische Kolonie vor der Unabhaengigkeit, sonst waer' das ja Schei… !

Wir sind dann noch ein bisschen in der Gegend herumgelaufen, haben uns aber in ein grell erleuchtetes special curry food restaurant nicht hineingetraut, sondern sind zum Hotel zurueckgefahren und haben da im Bistrot L'étoile ein wenig gegessen. Und jetzt ist Schlafenszeit nach einem ersten, schoenen Urlaubstag.

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