Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Dienstag, 14. August 2007

Festessen

(mit spitzen Lippen zu sprechen) Am Samstag beliebten die Herrschaften bei Jean Georges zu speisen. (Beliebten, nicht beleibten! Auch wenn wir ziemlich satt herauskamen.)

Da es nach Regen aussah, mussten wir uns ein Restaurant auswaehlen, das auch ohne Taxifahrt zu erreichen ist. Und da kommen zum Beispiel alle Restaurants am Bund in Frage - dahin kommt man ja mit der klimatisierten "Edelfaehre". Die kostet auch nicht wie unsere Haus- und Hof-Uebersetzhilfe einen halben Yuan pro Person, sondern das Vierfache. Aber die Fahrt ist ja auch ein bisschen laenger. Und es gibt Polstersitze und Videobildschirme zur Unterhaltung. Am Bund kommt man irgendwo "auf dem unteren Level" heraus und muss sich erst einmal merken, wie man dahin zurueck kommt - ich hatte ja seinerzeit die Faehre gar nicht erst gefunden.

Dann kommt das naechste Problem - wie kommt man ueber die Strasse? Das hat dann erst einmal ein bisschen gedauert, bis wir den Ueberweg gefunden haben - aber ich war ja eigentlich ganz froh, dass wir die Unterfuehrung nicht gefunden haben - fuer die gilt naemlich das Prinzip "Augen und Nase zu und durch".

Bei Jean Georges - das ist einer der Three on the Bund (deutscher Artikel, recht interessant) empfing uns dann vermeintlich noble Finsternis. Dunkle Raeume mit so gut wie keinen Lampen. Uns wurde ein Tisch am Ende des Restaurants angewiesen, der die Form eines Kreisring-Sektors hatte, an dem wir nebeneinander sitzend den Raum "beaufsichtigen" konnten. Oder das, was aus dem Halbdunkel darin auftauchte, laester ... Die Chinesen moegen ihre Restaurants ja am liebsten hell bis unangenehm grell, damit man sehen kann, was man so isst. Das finde ich sehr vernuenftig, was das betrifft, bin ich offenbar voll akklimatisiert. Und ich rede vom Essen - es fing ja schon damit an, dass die Speisekarte kaum zu erkennen war, dafuer vor den Fenstern der Oriental Pearl TV Tower in voller Samstagabendbuntbeleuchtung. Jedenfalls konnte ich die Haelfte davon sehen, Burkhard musste sich zu diesem Zwecke ein bisschen herueberbeugen.

Es gab zwei Menus, das saisonale und das des Hauses. Burkhard nahm das erste (6 Gaenge), ich das zweite (6 Gaenge + 1 Suppe). Als ich meine Suppe bekam, bekam Burkhard extra einen frischen leeren Teller samt Besteck serviert, der dann hinterher fuer den naechsten Gang wieder abserviert wurde, schmunzel.

Ich weiss gar nicht mehr so ganz genau, was ich da alles gegessen habe - aber grob bekomme ich die 7 Gaenge noch zusammen. Es begann mit einem gebratenen Eigelb und Kaviar, ging dann mit Foie gras weiter, dann kamen noch irgendwie Jakobsmuscheln, das Sueppchen war ein Knoblauchsueppchen mit (Asche auf mein Haupt) cuisses de grenouille, dann gab es Kabeljau und der Fleischgang bestand aus Lamm. Als Dessert gab es die Dessertauswahl, wobei man zwischen der Schokoladenauswahl und der Passionsfruchtauswahl auswaehlen konnte. Wir haben uns beide fuer Schokolade entschieden. Da war ein warmes Schokoladenfondantkuechlein mit Vanilleeis, eine Mousse mit Schokolade und Karamel, ein Parfait mit warmer Schokoladensauce und irgendeiner Obstkomponente und Schokoladeneis auf Rucolasalat mit Olivenoel. Was Burkhard hatte, weiss ich nicht so genau - und wie ich ihn kenne, weiss er es auch nicht mehr, also frag' ich mal gar nicht erst.

Alles war wirklich hervorragend. Nur der Service duerfte noch etwas zulegen. So hat es zum Beispiel mit Burkhards Rotwein zum Fleischgang nicht wirklich geklappt. Na ja. Alles in allem aber trotzdem noch recht empfehlenswert. Auf die Kueche kann man wirklich nichts kommen lassen. Interessanterweise war fuer uns beide der Fleischgang der Tiefpunkt des Menues - allerdings ein Tiefpunkt auf ziemlich hohem Niveau. Als amuse-bouche gab es uebrigens etwas ganz Lustiges: eine Kugel aus Geleehaut, gefuellt mit Champagner und, wenn ich mich recht entsinne, einem Trueffelbroeckchen. Ich mutmasste, die Kueche von Jean Georges sei die erste Station fuer angehende Gentechniker. Da muss doch immer ein Zellkern in eine Zelle injiziert werden, und alles ist ganzganzganz winzig klein - da ist es doch besser, wenn man vorher das Champagner-in-Geleehuellen-Injizieren schon drauf hat - mit ca. 2.5 cm Kugeldurchmesser scheint das auch fuer Halbgrobmotoriker machbar zu sein. ;-))

Uebrigens mag man sich fragen, welche Klientel wohl dieses (natuerlich auch nicht ganz billige - das grosse Menu des Hauses gab es fuer ca. 82 Euro) Restaurant besuchen mag. Nun, viele Langnasen, aber auch gemischte Gruppen, so in unserem Raum ein laut Englisch redendes "Westlerpaar" in Begleitung eines Chinesenpaars, alle nicht mehr ganz jung, zwei langnasige "Karrierefrauen", ein neureiches junges chinesisches Paar, das nicht nur gegessen, sondern vor allem geturtelt und Selbstportraets aufgenommen hat und très chic angezogen war, sowie ein allein speisender, noch nicht sehr alter Herr in knielangen Schlabberhosen mit T-Shirt und Sandalen, der die meiste Zeit mit seinem elektronischen Notizbuch hantierte. Und die Leute im Hauptraum habe ich ja gar nicht so genau gesehen - der "Laden" war jedenfalls ziemlich gut besetzt.

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