Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Donnerstag, 30. August 2007

Dienstag, 28. August 2007: FRIM und die blaue Moschee

Unser erster Programmpunkt heute ist das FRIM, das Forest Research Institute of Malaysia. Und das Erste, was ich lerne, ist, dass der dort vorhandene Wald komplett von Menschen angelegt wurde - nix mit Urwald. Aber das macht nichts, ich kann das gar nicht unterscheiden. Und natuerlich ist der Wald seit seinen Anfangszeiten "ausgewildert". Den Namen unseres Fuehrers (den wir mit keiner Gruppe teilen muessen) habe ich leider vergessen. Zuerst fuehrt er uns zum Fischteich und lockt mit rhythmischem Haendeklatschen die grossen bis riesigen Exemplare von Arapaima gigas unter die Bruecke. Eigentlich sind die im Amazonas zu Hause … aber hier scheinen sie sich auch wohlzufuehlen. Als naechstes kommen wir an einem riesigen Bambusstrauch vorbei - der heisst bestimmt auch irgendwie gigas. Die "Halme" sind bis zu 25 Metern hoch. Der Boden daneben ist etwas aufgewuehlt, und der kundige Fuehrer erlaeutert, dass hier ein Wildschwein zugange gewesen ist. Oh, prima! Oink, oink! Heng! Wir gruessen Euch!

Wir werden vor Schlangen, Skorpionen und Egeln gewarnt. Gegen Schlangen (auch Koenigskobras) und Skorpione hilft der kundige Fuehrer. Er unterscheidet sich in seiner Ausstattung nur durch einen Teleskopstock von unserer, woraus wir schliessen, dass unsere nicht schlecht sein kann. Ausser als Stuetze beim Klettern im unwegsamen Gelaende kann man den Stock z.B. auch benutzen, um auf den Busch zu klopfen. Nach einer Aufforderung, nicht zu weit zurueck zu bleiben und nicht vom rechten Weg abzuweichen, was ja grundsaetzlich von jedem propagiert wird, geht es los.

Natuerlich stehen hier andere Baeume als Eichen und Buchen, aber insgesamt wirkt es weniger "exotisch", als ich erwartet haette. Anfangs geht der Weg wie ein Spazierweg los, aber das Gelaende wird zunehmend schwieriger - zum Teil haette ich die Wege, auf denen wir bleiben sollten, gar nicht richtig erkannt.

An einer Stelle kann man ein lichtes Blaetterdach von Kapur-Baeumen sehen. Das sind diese ganz distanzierten, wo jeder Hauptast seinen Kronenbereich hat, in den kein anderer hineinwachsen "darf". Die Struktur sieht damit so ein bisschen aus wie wegen Trockenheit aufgerissene Erde oder eben wie eine Septarie. Diese Baeume gibt es eigentlich in Malaysia gar nicht, sie sind wohl nur auf Papua heimisch. Wie schoen, dass die Waldforscher sie damals hier gepflanzt haben, so komme ich in den Genuss dieses irgendwie unglaublichen Anblicks.

Tiere sehen wir so gut wie keine: ein Eichhoernchen, einen dieser daumendicken, ca. 20 cm langen schwarzen Tausendfuesser, Tausende von Ameisen und diverse Egel. Die sind hier ganz klein und duenn (nicht laenger als 2 cm, sag' ich mal - Burkhard meint, auch doppelt so lange gesehen zu haben) und ziemlich geschickt. Knoechelhohes Schuhwerk mit dicken Socken, die ueber die Hose gezogen sind? Kein Problem. Nachdem wir den ersten Waldabschnitt durchquert haben, machen wir einen Egelcheck und lesen zwei oder drei von meinen Socken. Bei Burkhard ist keiner, unser Fuehrer erteilt einem einen Platzverweis. Wie beruhigend zu wissen, dass ich offenbar sehr attraktiv bin …

Dann geht es zunaechst auf einem Schotterweg bergauf und dann auf einem steilen Waldpfad mit Stufen. Aechz! Denn schliesslich ist es auch noch ziemlich warm und feucht. Kurz unterhalb der Huette, von der aus man den canopy walkway betritt, steht eine Bank zum Ausruhen. Ich weiss schon, dass ich nochmal meine Fuesse kontrollieren muss … und denke zunaechst, dass die grossen Blutflecken auf den Socken von zwischen mir und meinen Schuhen zermalmten Egeln stammen, aber nein - die lassen einfach los und kriechen guter Dinge ihres Wegs. Oberhalb des linken Knoechels habe ich einen Biss, der noch relativ viel blutet, rechts drei. Skandal! Frechheit! Da kommt mir Burkhards Ermahnung "Don't feed the animals!" gerade zu Pass. Aber wenigstens haben wir desinfizierende Tuecher und Pflaster, so dass ich alles gleich verarzten kann. Unser Fuehrer berichtet von einer Gruppe "Mode-Schuelerinnen", die in Shorts und bauchfreien Oberteilen unterwegs gewesen seien. Eine habe mindestens 5 oder 7 Egel gehabt, auch unter der Bluse, die sie in Panik vor ihm aufgerissen habe, auf dass er sie von der Plage befreie. Nun ist nicht ueberliefert, ob er Muslim ist - aber das ist jedenfalls das Wahrscheinlichste. Schmunzel.

Dann ist ploetzlich Eile angesagt: es beginnt zu regnen - wie sich das gehoert im Regenwald. (Das kann man uebrigens woertlich ins Chinesische uebersetzen, nur dass es nur in der Kombination mit 'tropisch' gebraeuchlich ist. Gibt es denn auch ausserhalb der Tropen Regenwald??) Das Blaetterdach haelt relativ dicht, nur auf dem kleinen Platz vor der Huette platschen die dicken Tropfen auf den Boden. Das war ja gerade rechtzeitig! In der Huette sitzt eine FRIM-Frau, die ihr hellblaues muslimisches Kopftuch hier zwar nicht an den Nagel, aber doch ueber ein Seil gehaengt hat. Es kommt dann noch eine grosse Gruppe junger Leute, (fast) alles Chinesen, dem Aussehen nach zu urteilen, und eine langnasige Familie mit drei Kindern. Als es langsam etwas weniger wird mit dem Regen, lassen wir der Gruppe schon mal freundlich Vortritt. Nicht laufen, nicht huepfen und immer schoen zwei Planken Abstand halten, so sind die Regeln. Eine junge Frau kehrt nach 2 Metern wieder um und hat ein bisschen Schwierigkeiten, den 2-m-Rueckweg zu bewaeltigen. Eine andere hat auch Panik, kann oder will sich aber nicht umdrehen. Unser Fuehrer fuehrt sie ueber die ganze Bruecke. Hoffentlich hat man ihr hinterher gesagt, wie toll sie das gemacht hat! Ach so, ich habe noch gar nicht erklaert, was der canopy walk ist. Das ist eine Haengebruecke von einem Baum zum naechsten, die im Wesentlichen aus Seilen und Netzen besteht. Damit man dort gehen kann, liegen unten Leitern, die ihrerseits mit "lueckenbuessenden" Planken belegt sind. Engmaschige Netze an den Seiten und die Tatsache, dass es insgesamt recht viele Seile sind, die an Stahlseilen befestigt sind, sorgen dafuer, dass ich ohne Schwierigkeiten darueber gehen kann. Es geht zwischen 10 und 30 Metern in die Tiefe. Zwischendurch kann man auf den drei Plattformen Halt machen und sich umsehen. Gar nicht weit entfernt erkennt man Kuala Lumpur, was natuerlich einerseits nicht ueberrschen kann, es andererseits aber doch tut, so sehr ist man im Regenwald abgetaucht. Danach geht es auf den Rueckweg, der auch nicht sehr schwer ist, aber trotzdem nicht als Spaziergang durchgeht. Wieder auf dem "zivilisierten" Teil des FRIM-Gelaendes angekommen, gehen wir in der Cafeteria irgendetwas Malaysisches essen, um zur Mittagszeit etwas zu uns zu nehmen, aber auch, um die Zeit bis zur Oeffnung des Museums zu ueberbruecken. Das Museum ist doch recht altmodisch - es zeigt viele Gegenstaende aus tropischen Hoelzern und ist auch sonst nicht sehr systematisch oder nach museumspaedagogischen Gesichtspunkten gestaltet, so dass ich, die ich es unbedingt sehen wollte, nun fast doch froh bin, dass das Obergeschoss wg. Ueberarbeitung der Ausstellung geschlossen ist. Einzig erwaehnenswert ist vielleicht das ausgestopfte Schuppentier - die soll es hier im Wald immer noch geben. Schade eigentlich, dass das Museum so wenig ansprechend und informativ gestaltet ist. Ich finde, hier vergeudet das FRIM eine gute Gelegenheit, die Waldwanderung noch mit zusaetzlichen Infos zu ergaenzen bzw. zu vertiefen.

Nun denn … ich will ja nicht meckern. Nach soviel Natur steht noch einmal Architektur auf dem Programm. Wir fahren nach Shah Alam, Hauptstadt der Provinz Selangor. Dort steht die grosse Sultan-Salahuddin-Abdul-Aziz-Shah-Moschee, auch als blaue Moschee bekannt. Sie hat eine grosse blaue, weissgebaenderte Kuppel und vier Minarette. (Uebrigens scheint mir dieses Wort mit dem malaysischen Menara fuer Turm doch grosse Verwandtschaft aufzuweisen.) Hier ist man noch ein bisschen strenger als in der Moschee von Kuala Lumpur, und eine lange Hose und lange Aermel samt Kopftuch genuegen nicht. Ich bekomme ein gruenes Plastikmaentelchen und ein lila Kopftuch, passend zu unserem Grimm'schen Woerterbuch. Die grosse Halle darf man als nicht-Muslim nicht betreten. Hineinfotografieren auch nicht. Dafuer bekommt man ein gelbes dreisprachiges und bebildertes Hochglanzblaettchen.

Insgesamt koennen hier bis zu 20.000 Leute beten kommen. Oder gar 24.000? Im Moment sind aber nicht mehr als vielleicht ein Dutzend Leute zugegen. Die Moschee wurde erst vor 19 Jahren fertiggestellt und ist (in den Aussenbereichen) recht fotogen. Nachdem Burkhard sich beinahe wieder einmal "die Seele aus dem Leib fotografiert" hat, ist der Tag auch schon so gut wie um. Wir fahren noch irgendwohin, wo man seine Fotos "ausladen" kann, was bei Burkhard schon noetig war. Danach geht es zurueck zum Hotel. Etwas spaeter dinieren wir in einem "hippen" Restaurant nicht weit von unserem Hotel entfernt. Die Kueche ist irgendwo zwischen malaysisch und thailaendisch angesiedelt. Es schmeckt nicht schlecht, aber der Service hat den Gesamteindruck total verbockt. Schwamm drueber.

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