Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Mittwoch, 29. August 2007

Montag, 27. August 2007: Batu Caves und Gluehwuermchen

Nachtrag zu gestern: Kritiker moegen sagen, dass ein 5-Ringgit-Schein noch keinen Geldsegen auf der Strasse macht, aber spaeter haben wir noch mindestens 3 Muenzen gefunden. Und nicht in einem Tempelbereich. Noch was zu "kamellen"?!

Hier wird es uebrigens erst um 7 Uhr morgens langsam hell (waehrend es abends zwischen sieben und halb acht dunkel wird) - wir sind fast auf Hoehe des Aequators, noch soeben auf der Nordhalbkugel. Da merkt man doch einen deutlichen Unterschied zu Shanghai, wo es abends ein ganz kleines bisschen frueher dunkel wird, waehrend die Sonne schon irgendwann zwischen 4 und 5 Uhr aufgeht.

Heute haben wir ein zweigeteiltes Programm: Vormittags- und Abendprogramm. (Ach nee.) Da der Vormittag aber lang ist und der Abend schon frueh beginnt, liegen dazwischen gerade mal 45 Minuten. Wir sind wieder um 9 Uhr losgefahren, als erstes zur Royal Selangor-Zinnfabrik, oder wie nennt man das? Da wird natuerlich kein Zinn "hergestellt", sondern es werden Zinngegenstaende gefertigt. Dazu braucht man kein reines Zinn, sondern eine Legierung aus 94% Zinn und je 3% Antimon und Kupfer. Das Englische unterscheidet zwischen pewter und tin fuer Legierung und Metall, waehrend einem hier das Deutsche wenig zu bieten hat. - Die Firma, die sich seit einigen Jahren auf Geheiss des zustaendigen Sultans koeniglich nennen darf, hat eine hervorragende Besucherbetreuung. Man wird zuerst durch eine Sammlung alter Zinngegenstaende gefuehrt. (Besonders erwaehnenswert: das alte malaysische Tier-Zinngeld in Form z. B. eines Krokodils oder eines Elefanten, extrem unpraktisch in der Handhabung.) Dann fuehrt der Weg vorbei an einem Modell der Petronas Twin Towers, natuerlich aus Zinnbechern. Aus einem gekuehlten Zinnbecher bekommt man dann ein gekuehltes Sprite serviert, um die hervorragende Kuehlwirkung des Materials zu demonstrieren. Und dann kommen die Schau-Arbeitsplaetze. Nicht alle waren besetzt, aber an einem wurde das traditionelle Hammermuster gefertigt. Da darf man auch mal selbst 'ran, um festzustellen, dass es gar nicht einfach ist, mit nennenswerter Kraft Hammerschlaege mit halbwegs gleichen Abstaenden in halbwegs geraden Reihen zu setzen. Und dann kann man in die Fabrikhalle blicken, in der 500 Arbeiter/innen Standard-Verkaufsartikel und Einzelanfertigungen herstellen. Eine echte Vorzeigefabrik. Auch die beiden Tochterfirmen, die Silberwaren und Schmuck herstellen, sind hier vertreten, und man konnte einer Goldschmiedin bei ihrer diffizilen Arbeit zugucken. Uebrigens darf die Belegschaft sich nach fuenfjaehriger Betriebszugehoerigkeit mit einer Zinnhand verewigen. Danach kam das, was unweigerlich kommen musste - die Verkaufsausstellung. Die haben aber gute Designer, und es ist fuer (mindestens fast) jeden Geschmack etwas dabei. Keineswegs nur Gelsenkiiirchener Barockzubehoer! Wir haben ein bisschen mit der angeblich luftdichten Teedose mit Bambusdessin geliebaeugelt, aber bei 390 Ringgit zuckt man dann doch etwas zusammen, das waeren etwa 82,60 €. Fuer eine Teedose.

Der etwas schwuchtelige Schmuckverkaeufer hatte offensichtlich erfolgreich eine Schulung des Tourismusverbandes von Malaysia absolviert und hat sein Land nach allen Regeln der Kunst angepriesen und dafuer von Burkhard eine kostenlose Vorlesung ueber farbige Diamanten bekommen, fuer die er sich dann ueberschwaenglich und mit Handschlag bedankt hat. Schmunzel. Draussen vor der Tuer steht nicht Kriegsheimkehrer Wolfgang (oder wie heisst der noch gleich?), sondern der groesste Bierkrug der Welt, samt Schild mit Verweis auf das Guinness-Buch der Rekorde.

Weiter fahren wir zu den Batu Caves. Das sind diese beruehmten hinduistischen Tropfsteinhoehlentempel, zu denen im Januar die nadelgespickten Buesser pilgern. Jetzt war nur normales Volk auf den 272 Stufen der steilen Treppe unterwegs, aufmerksam von verfressenen kleinen Affen beaeugt. Oben in der nach oben offenen Hoehle (also eigentlich mehr ein Loch) ist es gefaehrlicher als gedacht, entging Burkhard doch einem Steinschlag nur knapp. Und richtig tief durchatmen kann man auch nicht - zuviel heiliger Rauch, zuwenig Luftzirkulation.

Wenige Stufen unterhalb des Tempelbereichs zweigt ein Seitenweg zu den so genannten Dark Caves ab. Keine sehr originelle Bezeichnung - nach meiner persoenlichen Erfahrung ist es in allen Hoehlen dunkel. Dort kann man eine separate Fuehrung der malaysischen Naturgesellschaft buchen (35 RM p.N.) und auch sofort machen. Die Hoehle haengt voller Fledermaeuse, aber das sieht man nicht wirklich. Vom Hoehlenboden haben Chinesen hundert Jahre lang Fledermausguano abgebaut, mittlerweile ist das nicht mehr erlaubt. Die Frucht- und Nektarfledermaeuse kann man uebrigens hoeren - die zirpen so. Die insektenfressenden hingegen machen Geraeusche in einem fuer Menschen nicht hoerbaren Bereich. Wir haben jeder einen Helm mit Stirnlampe, unser Fuehrer Jaya hat zusaetzlich eine etwas funzlige Lampe. Anfangs habe man den Besuchern MagLite-Taschenlampen in die Hand gedrueckt, aber das haette auf Dauer die Hoehlenbewohner zu sehr gestoert. Apropos Hoehlenbewohner: Die Kuechenschaben haben hier zwar keine Kuechen, aber wegen des besagten Guano genug zu schaben, weshalb es sie in allen Groessen gibt, bis zu 6 oder 7 Zentimeter lang. Die huschen so … und glitzern, weil ihr blanker Chitinpanzer das Licht reflektiert. Jaya erklaert uns was zu primaeren und sekundaeren Formationen (Auswaschungen von unterirdischen Fluessen und Tropfsteine) und zeigt sie uns auch. An so einem trockenen Tag wie heute sind auch die Tropfsteine ganz trocken und daher recht matt - einer der Unterschiede zu den Hoehlen in Europa, die ich bis dato gesehen habe. An einer Stelle werden dann alle Lichter ausgemacht, und es ist wirklich dunkel. Man kann absolut nichts sehen, und es ist auch sehr still - die Fruchtfledermausunterhaltungen dringen nicht durch. Wir werden unbeschadet wieder ans Tageslicht gefuehrt. Vor der Hoehle machen die Affen ein nach ihnen benanntes Theater. Dann nehmen wir den Abstieg in Angriff, der ein bisschen unangenehm ist, weil die Stufen zwar normale Hoehe haben, aber wegen des begrenzten Platzes recht schmal sind. Unten in einem Tempel ist die hinduistische Zeremonie, mit der die Geister in einen neu erbauten Tempel gebeten werden sollen, immer noch im Schwange. Mit Wechselsprechgesaengen, Opferfeuerchen und halbnackten Herren mit Dutt.

Ich mache mal wieder ein Foto von zweien vor dem grossen goldenen Lot Murgan oder wie der heisst - die schnelle Methode fuer die gute Tat des Tages.

Nach den Hoehlen steht Batik auf dem Programm. Im Moment gibt es eine Batik-Promotion im etwas arg touristischen Kompleks Kraf KL, dem Kunsthandwerkszentrum. Kleine Huetten, reichlich Gruen dazwischen - hach, wie idyllisch. Die Verkaufsausstellung erschlaegt einen fast. Weil es eine Sonderaktion ist, wird sogar auf einer kleinen Buehne live musiziert, mit einem ganz komischen Instrument, das Burkhard als Bambusorgel beschreiben wuerde. Im Obergeschoss werden die Batik-Techniken gezeigt, die zum Teil bei uns mehr unter Seidenmalerei als unter Batik firmieren. Man darf auch bei einigen Stellen selbst 'ran: ich male einen Schmetterling aus. Hach, wie entzueckend. Gut, dass ich als Kind schon mit dem Ausmalbuch "gearbeitet" habe! Das ist auch was fuer Frauen, waehrend das Drucken mit in heisses Wachs getauchten Modeln sowie die Herstellung derselben Maennersache ist. Jedenfalls wurde das gestern von Maennern praktiziert. Die Herstellung eines solchen Druckstocks aus Blechbaendern dauert bei einer Groesse von etwa 15 x 20 Zentimetern je nach Komplexitaet bis zu 5 Tage - und der Verkaufspreis betraegt dann um die 150 Ringgit, umgerechnet 31,77 €. Kein Wunder, wenn es nur noch 4 oder 5 Leute gibt, die diesem Kunsthandwerk nachgehen. So sagten jedenfalls die anwesenden Herren.

Zum Ende des Vormittagsprogramms haben wir in der Kafetaria des Kompleks Kraf mal rasch irgendsoein indisches Currygericht gegessen. Mit 14 Ringgit fuer zwei sind Sie dabei, incl. 1,5 l Wasser!

Gegen 14:45 Uhr sind wir wieder am Hotel, wo ich mich fuer unser Abendprogramm umziehen will. Vorher haben wir aber noch eine Dreiviertelstunde Pause, die ich fuer ein Mininickerchen nutze.

Dann faehrt Mr. Badrul mit uns Richtung Kueste. Unterwegs kommen wir durch einige Vororte mit langen Reihen von Reihenhaeusern, durch beinahe endlose Oelpalmenplantagen und dann an einem ziemlich vernachlaessigt wirkenden chinesischen Friedhof vorbei. Allerdings liegt Qing Ming, das Graeberfegefest, ja auch schon eine ganze Weile zurueck. Am Strassenrand direkt am Friedhof (der uebrigens keine Umzaeunung o.ae. besitzt) wachsen extrem empfindliche Kriechmimosen.

Nach laenglicher Fahrt durch weitere Plantagen, vorbei an einigen traditionellen Haeusern auf Stelzen und an Kampungs, so das malaysische Wort fuer Dorf, kommen wir schliesslich an einem Huegel in der Naehe von Kuala Selangor an. Da hocken die Affen noch auf den Baeumen … aber Mr. Badrul hat Leckerli dabei (Rambutans :-))) und Salzknabberzeug :-((( ), mit deren Hilfe sich die ebenso wie die Makaken an den Batu Caves verfressenen Silberblattaffen recht einfach ueberzeugen lassen, von denselben herunterzusteigen.

Nach dem ersten Zusammentreffen fahren wir noch ein winziges Stueck weiter, oben auf den Huegel. Unterhalb eines Leuchtturms steht ein zweistoeckiger Pavillon. Er wird von Kanonen flankiert und dient zur Beobachtung des -tja, was war es nun? Neu- oder Voll- - -monds ueber der Strasse von Melaka zum Beginn des Fastenmonats Ramadhan. Zu normalen Zeiten wie heute dient er als Treffpunkt fuer Affen und Menschen. Ploetzlich habe ich auch einen auf Schulter und Nacken, zu Hiiilfe! Ein bisschen fuettern und mich freuen, dass ich helle Sachen anhabe, auf denen die ungewaschenen Affenhaende und -fuesse weniger Sichtbares hinterlassen als auf Mr. Badruls dunkelblauer Hose, ist ja ganz nett, aber auf mir Platz nehmen muss ja nicht sein!

Ein paar hundert Meter weiter sieht man die Reste eines Forts (fast nichts), das anno dazumal von den Hollaendern erobert wurde, und einen steinernen Tisch, der angeblich als Arbeitsplatz fuer den Forthenker gedient haben soll. Makaber, makaber (Makkabaeer, mag man bibeltreu kalauern). Wieder ein paar hundert Meter weiter liegt das Mausoleum irgendeines Sultans, mit einer Kanone, die den Tod beruehmter Persoenlichkeiten bekanntgibt, so die Legende. Weil sie so schlau ist, hat sie extra ein "Maentelchen" in koeniglichem Gelb.

Die naechste Station ist ein Dorf in der Flussmuendung, wo wir uns in einem der lokalen Lokale, sozusagen, ein Seafood Dinner einverleiben. Es besteht aus Krabben, Chili-Krebs, Tintenfisch in einer Art suess-sauren Zubereitung, gemischtem Gemuese und Seafood-Reis. Gratis dazu gibt es chinesischen Tee, den Sonnenuntergangshimmel und immer wieder den Anblick einzelner heimkehrender Fischerboote.

Dann ist es Zeit, zum Bootsanleger zu fahren, von dem die Kaehne zur Gluehwuermchenbeobachtung ausschwaermen. Wir fahren noch einmal auf den Huegel - die Menschen und Affen sind wie weggeblasen - und beobachten mal rasch die Vollendung des Sonnenuntergangs. Das sind wirklich nur ein paar Minuten.

Leider hat es ein wenig zu regnen begonnen - aber am Ende steigen wir doch noch in den flachen Kahn fuer max. 4 Personen plus "Gondoliere". Diesmal faehrt Mr. Badrul mit. Wir haben Glueck genug: die Wolken sorgen dafuer, dass es trotz Vollmonds nicht allzu hell ist, der Regen haelt sich zurueck und windig ist es auch nicht. In der Ferne zucken zwar Blitze ueber den Himmel., aber das scheint die in immer noch hinreichender Zahl vorhandenen Gluehwuermchen nicht zu
stoeren. Sie verwandeln normale Straeucher am Flussufer in seltsame Signalgeber, deren pulsierendes Licht den Wissenschaftlern meines Wissens immer noch Fragezeichen zufunkt. Da unser Boot mit Muskelkraft betrieben wird, kann man in den Phasen, in denen wir uns treiben lassen, ungestoert den Geraeuschen der tropischen Nacht lauschen. Die Donner, die zu den fernen Blitzen gehoeren, kommen gar nicht erst bei uns an. Es ist toll! Auf malaysisch heissen die ca. 0,5 cm langen, schmalen Insekten mit dieser erstaunlichen biochemischen Besonderheit Kelip-Kelip, waehrend den Englaendern mal wieder nichts Anderes als Fliege eingefallen ist. Drachenfliege, Feuerfliege, Butterfliege - die haben wohl den alten Heraklit wegen mangelnder Kenntnis des Eszetts voellig missverstanden, heisst es doch "alles flieSSt" und nicht "alles flieGt", Gruss aus Kalau!

Nach einer halben Stunde auf dem dunklen Fluss treten wir die Rueckfahrt an - in deren Verlauf der Regen heftig zunimmt. Wir hatten wirklich grosses Glueck!! Zurueck in KL, machen wir noch kurz Halt am Titiwangsa-See in der Naehe des Theaters. Es regnet immer noch, schuettet aber nicht. Das bunt beleuchtete Riesenrad, das es nicht unter "Eye on Malaysia" macht, ist jetzt um kurz vor zehn offenbar schon nicht mehr in Betrieb, aber das tut dem Blick keinen Abbruch. Leider verpasst Burkhard einen sehr schoenen Blitz am Himmel hinter den Zwillingstuermen - aber mir scheint, dass es auf der Welt Schlimmeres gibt. So regnet es immer noch. Trotzdem ist die Sicht absolut klar - das kommt in Shanghai wohl nie vor. Nicht bei Regen. Im Hotel angekommen, fallen wir sehr zufrieden mit diesem Tag ins Bett. In meinem Buch finde ich leider nur gerade noch die Stelle, bis zu der ich am Vortag gekommen bin, dann fallen Buch und Augen zu. So wird das nichts mit der Lektuere …

Keine Kommentare: