Der heutige Tag umfasste eine Tour durch die Cameron Highlands. Ich kann schon verstehen, dass die britischen Kolonialisten, denen die Segnungen der modernen Klimaanlagen noch versagt waren, von dieser Region sehr angetan waren: eine echte "Sommerfrische". Es wird nicht wirklich heiss, und die Naechte koennen sogar bis 16 Grad abkuehlen. Ein bisschen europaeische Architektur und britische Lebensart, und man kann sich mitten in den Tropen fast wie zu Hause fuehlen. Nachdem ich nun aber schon so an die Waerme gewoehnt bin, ist es mir sogar zum Teil ein bisschen frisch.
Am Morgen will mir zur Abwechslung keine Bestiole ans Blut, sondern ein Zahnputzglas, das im Waschbecken zerschellt und an dem ich mich schneide, als ich es noch retten will. Mit nur 5 Minuten Verarztungsverspaetung starten wir zunaechst nach Kea Farm. Nein - das ist kein Zuchtbetrieb fuer neuseelaendische Gruenpapageien, sondern einfach ein Ortsname. Schade eigentlich, Keas haette ich gern mal persoenlich kennengelernt. Nun ja, dieser Ort ist von Terrassen und Folientunneln umgeben - hier wird Gemuese angebaut, und eben die beruehmten Erdbeeren, denen es in den Tropen zu heiss ist. Die Folientunnel werden natuerlich nicht benoetigt, um darunter Waerme zu sammeln, sondern um die Fruechtchen und Gemueschen von den allzu vielen Regenguessen abzuschirmen.
Dann fahren wir in die Teeplantagen der Firma Boh. Boh ey, sind die gross! Und gruen! Nur einige Flaechen sind braun - alle 5 Jahre muessen die Teestraeucher ganz weit heruntergeschnitten werden. Gearbeitet wird an verschiedenen Stellen - Unkraut wird entfernt, und es wird geerntet. Hier wird nicht handgepflueckt - hier geht es den Straeuchern mit Messer und Schere an die Blaetter. Fuer die steilen Stellen kommt die Schere mit aufgesetztem Sammelkorb zum Einsatz, der alle paar Schnitte mit Schwung in die "Kiepe" auf dem Ruecken entleert werden muss. Steile Stellen gibt es eine ganze Menge, und die sind zum Teil wirklich sehr steil. Auf den flacheren werden Schneidemaschinen benutzt, die von zwei
Arbeitern ueber die Teestraeucher gezogen werden. Eine elektrische Heckenschere schneidet und ein Geblaese pustet die abgeschnittenen Blaetter in den Sammelsack. Im Flachland gibt es auch grosse Erntemaschinen, aber dafuer ist es hier in den Highlands einfach zu huegelig.
Dann fahren wir zunaechst auf den Gunung Brinchang, den Brinchang-Berg. Die Strecke ist teilweise arg rumpelig, aber Mr Badrul weiss Bescheid und kennt die schlimmsten Schlagloecher. Leider hat sich der Gipfel, der immerhin etwas hoeher als 2000 m (angeblich 6666 Fuss) hinaufragt, in eine Wolke gehuellt, so dass es keine schoene Aussicht gibt. Ich verzichte daher darauf, den eisernen Aussichtsturm zu besteigen, den man gerade so von seinem Fuss aus im Dunst sehen kann. Wir fahren einige hundert Meter zurueck - hier fuehrt uns Mr Badrul, der zum Glueck keine boese Hexe ist, in den Wald. Wahrscheinlich ist das hier ein nicht-tropischer Regenwald. Dieser Wald ist feucht und extrem moosig und wuerde
jedem Fantasy-Film zur Ehre gereichen. Ein echter Zauberwald. Allerdings halten sich die Feen, Zwerge und Trolle alle versteckt, so dass wir uns in Ruhe umsehen koennen. Es gibt verschiedene Arten kleiner wilder Orchideen, ich weiss nicht wieviele Sorten oder Arten Moos, interessante Pilze und vor allem die "fleischfressenden" Kannenpflanzen. Toll! Wir koennen uns kaum sattsehen. Hier ist auch ein gutes Gelaende fuer Wassertropfenfotografen. Beim Abstieg zurueck zur Strasse findet Burkhard unfreiwillig ein Loch, in das er knietief einbricht. Sicher eine Zwergenwohnung - zum Glueck ist in der Welt oben ausser dem Schreck und einem kleinen Kratzer am Finger nichts passiert. Die Zwerge hingegen muessen gruendlich renovieren und brauchen ein neues Dach. Sorry!
Der Rueckweg fuehrt wieder durch die Teeplantagen und dann zur Boh-Teefabrik. Der Name Boh steht in Malaysia fuer DEN Tee schlechthin. Falls ich es noch nicht erwaehnte: hier trinkt man natuerlich, britisches Erbe, schwarzen Tee. Die Teefabrik aus den 1930er Jahren stellt hier mit den Prozessen von damals immer noch taeglich Tee fuer 800.000 Tassen her. Hier kann jeder die Fabrik ohne besondere Massnahmen besuchen, es steht nur ein Schild da, auf dem man gebeten wird, den Tee nicht anzufassen. Nach der Anlieferung werden die Blaetter vorgewelkt, dann gerollt, um die Strukturen aufzubrechen, so dass die Fermentation, die eigentlich nichts weiter ist als Oxidation, beginnen kann. Dazu werden die Blattkruemel auf grossen "Backblechen" etwa 2-3 Stunden offen herumstehen gelassen, bevor sie in die Trocknung kommen, um den Fermentationsprozess zu beenden. In dem Raum, in dem getrocknet wird, riecht es recht angenehm nach Tee. Danach wird noch maschinell nach Groesse sortiert, fertig! Zumindest das Ausgangsmaterial fuer die zahlreichen Produkte der Fa. Boh
ist fertig. Von Instant-Eistee ueber aromatisierte Sorten bis hin zum Gartentee reicht das Sortiment, das im Fabrikladen natuerlich auch kaeuflich zu erwerben ist. Wir sehen uns die Ausstellung an, die Firmengeschichte, Entwicklung der Marke "Boh" und der Produktverpackungen im Lauf der Jahrzehnte, den Prozess der Teeherstellung und ein bisschen Allgemeines zu den Cameron Highlands zeigt. Danach suchen wir die Cafeteria auf, um den Tee zu probieren. Wir nehmen nur die besten Sorten, aber ich weiss nicht, woran es liegt(Wasser? Bruehtemperatur?) - bestensfalls schmeckt der Tee "bof", nicht "boh". Wir brauchen also keinen zu kaufen, das hat ja auch sein Gutes. Wird schon seinen Grund haben, dass in Deutschland, wo man Tee aus den entlegensten Teegaerten der Welt bekommen kann, Malaysia auf der Landkarte der Teekenner kaum vorkommt.
Apropos Tee und Laender: Die Teearbeiter kommen oft aus anderen Laendern, erklaert Mr Badrul. Die Malaysier selbst machen lieber qualifiziertere Arbeiten. Die Arbeiter wohnen in kleinen Siedlungen mitten in den Teefeldern, die aus gleichartigen Haeusern aufgebaut sind und daher deutlich idyllischer aussehen, als sie es sind. Dafuer gibt es da auch schon mal Hindu-tempel neben muslimischen Betraeumen und christlichen Miniaturkirchen.
Der naechste Halt ist im sogenannten Rose Valley. Ich weiss bis jetzt nicht, was das eigentlich sein sollte. Eine Mischung aus Blumenladen, Liebhaberbalkon und botanischem Garten, wahrscheinlich. Man kann auch auf diversen Treppchen und Wegen am Hang hoch steigen, aber man blickt nur auf Folien- und Wellblechdaecher und die Strasse … oben am Waldrand wachsen (halb wilde?) Anthurien. Hm. Wir halten uns nicht sehr lange auf, sondern fahren weiter zum Schmetterlingsgarten. Das klingt eigentlich auch nicht besonders klasse, entpuppt (sic!) sich dann aber doch als ein richtiges kleines Abenteuer. Mr Badrul hatte schon vorher der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass sein guter Bekannter aus Bangladesh da sein moege, und das war er auch. So kamen wir in den Genuss einer Spezialfuehrung, in deren Verlauf wir nicht nur Schmetterlinge anfassen konnten, sondern auch eine Koenigsheuschrecke, wandelnde Blaetter und Zweige, Geckofuesse, die sich wie Gummi anfuehlen, Skorpione, ein Chamaeleon, eine Gottesanbeterin, einen Nashornkaefer und eine quietschgruene Peitschenschlange. Jawohl! Das alles habe ich vor Zeugen entweder angefasst oder auf mir herumkrabbeln lassen. Ich bin
stolz auf mich! Und auf diese Weise bekam der Besuch dieses "Ladens" auch fuer
uns, die wir ja schon einiges an Insektarien, Terrarien, Zoos und anderen Schmetterlingsgaerten sowie Filmen gesehen haben, einen ganz neuen Reiz.
Danach fahren wir noch zu einem lokalen Gemuesemarkt. Komischerweise werden viele Produkte in einer Folienumhuellung zum Verkauf angeboten. Irgendwo duftet es schon wieder nach frischen Mutzen. Diesmal sind es ausgebackene Suesskartoffelbaellchen, denen ich nicht widerstehen kann. Auch lecker. Ausserdem kaufen wir ein Paeckchen getrocknete Erdbeeren mit Honig - hmmm! Die sind auch sehr lecker! Es gibt auch UGOs, unidentifizierte Gemueseobjekte. So diese weissen Dinger, die fingerlang und -dick sind und aussehen wie Michelinmaennchenabschnitte. Oder eben wie dicke weisse Maden, ich sehe immer verstohlen hin, ob sich nicht vielleicht doch etwas bewegt?! Aber nein, alles bleibt ruhig an seinem Platz. Ich frage hinterher nach, aber Mr Badrul hat den Namen dieses "Zeugs" vergessen und weiss nur, dass es einen chinesischen Namen hat und dass hiervon reichlich nach Taiwan exportiert wird.
Auf dem Rueckweg ins Hotel besuchen wir noch ein Orang Asli-Dorf, aber diesmal wieder ein modernifiziertes - das ist wenig interessant. Ich bin mehr von dem baumfarmbestandenen Hang hinter dem Dorf beeindruckt.
Abends essen wir wieder im Strawberry Park, diesmal das Angebotsessen: Chicken Tandoori mit Nan, zwei Curries dazu oder Dhals oder wie auch immer das heissen mag, und ziemlich gruene Minz-Zwiebel-Sauce. Hier bekommen wir, was auf der Karte steht, und ganz lecker ist es auch. Fuer 30 Ringgit pro Person gibt's nichts zu meckern.
Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!
Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins
Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.
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