Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Dienstag, 4. September 2007

Samstag, 1. September 2007: Ipoh und Umgebung

Fruehstueck gibt es in der "Garden Terrace", so nennt das Hotel sein Buffetrestaurant. Tatsaechlich gibt es draussen auch ein paar Tische, aber die sind nicht eingedeckt. Hier sind nur wenige Auslaender, und das Hotel ist immerhin so muslimisch, dass in der besagten Gartenterrasse kein Alkohol ausgeschenkt wird. Im Hotelzimmer weist auch wieder ein kleiner Pfeil die Gebetsrichtung (Qiblat).

Unser erster Programmpunkt heute ist schon wieder ein Hoehlentempel, Perak Tong. Er hat wieder einen ganz anderen Charakter als die beiden, die wir gestern gesehen haben. Hier ist es eine ziemlich grosse Hoehle mit bemalten Waenden, wobei verschiedene Kuenstler aus verschiedenen Laendern in den letzten 70 (oder so aehnlich) Jahren mit ganz unterschiedlichen Malereien beigetragen haben. Und ausserdem gibt es reichlich steile Treppen, die es auf insgesamt vermutlich 400-500 Stufen bringen. Auf halber Hoehe turnen wieder Affen herum. Von den chinesischen Pavillons oben auf dem Kalksteinhuegel hat man einen Blick auf das Becken von Ipoh. Die Stadt zieht sich in die Breite und Laenge - von Hoehe haelt man hier offenbar nichts. Insgesamt wirkt alles recht offen und weitraeumig und entspannt, wenn man unten ist. Von oben sieht es eher ein bisschen wie Landschaftsverschwendung aus. Auf einer Seite sind die Wohnbereiche, auf der anderen Fabriken. Leider ist es etwas dunstig, so kann man die Berge, die sich um das Becken herum versammelt haben, nur als Silhouetten in verschiedenen Graublau-Schattierungen erkennen.

Damit ist unsere "Tempelphase" temporaer beendet, und wir wenden uns anderen, weltlicheren Dingen zu, zunaechst einer Kuriositaet, dem Schloss eines Schotten: Kellie's Castle. Wie Mr Badrul berichtet, hat dieser Ort eine Rolle im Remake von "The King and I" gespielt. Dabei ist dieser Gebaeudekomplex total ruinoes: der gelb getuenchte aeltere Teil, der im zweiten Weltkrieg mal als japanisches Hauptquartier gedient hat, ist weitgehend zerstoert, an einer Stelle kann man noch die weissen Fliesen aus italienischem Marmor bewundern, die das Badezimmer des Gummiplantagenbesitzers geschmueckt haben. Die Fassade steht nur noch dank massiver Stahltraeger, die sie stuetzen. Der neuere Fluegel, ein Ziegelbau, den
William Kellie-Smith nach der Geburt seines Sohnes begonnen hatte, ist zwar nicht zerstoert, aber unvollendet. Besonders wichtig: in diesem Gebaeude waere der erste Lift der malaysischen Halbinsel gewesen, haette nicht eine Lungenentzuendung den Bauherrn in Lissabon dahingerafft, als er auf Reisen war, um den irgendwo in Europa in Auftrag gegebenen Lift abzuholen. So geht jedenfalls eine Variante dieser Geschichte. Kellie's Witwe war wohl von ihrem Haus mitten in der Einoede malaysischer Gummiplantagen weniger begeistert (denn
das Schloesschen liegt heute, mit neuer, gut ausgebauter Zufahrtsstrasse, immer noch halbwegs am Ende der Welt), so dass das Projekt eingestellt wurde. So ein Pech aber auch! Uebrigens gibt es noch weitere Legenden rund um diesen Bau. So seien ploetzlich ganz viele Arbeiter unter mysterioesen Umstaenden verstorben. Manche sagen, es sei nicht mysterioes gewesen, sondern die Spanische Grippe. Daraufhin liess Kellie unweit seiner Baustelle einen kleinen Hindutempel errichten, und schwupp! schon waren die boesen Geister gebannt (oder die Epidemie vorbei). Der Tempel selber ist vielleicht nicht besonders sehenswert, aber es ist sicher der einzige Hindutempel, auf dem ein Schotte mit Hut, Gewehr und Uniform inmitten "normaler" Dachfiguren dem Verfall trotzt.

Dann fahren wir noch ein Stueck weiter ins Nirgendwo. Da soll es einen tin dredger geben. Leider habe ich keine Ahnung, wie das auf Deutsch heisst. Jedenfalls ist das so eine riesige schwimmende Anlage, die bestimmt 100 m lang und 25 m breit ist und dem Abbau von Zinn dient. Vorne ist es eine Art Schaufelbagger, in der blechverkleideten Mitte wird aufbereitet und sortiert, und hinten wird ueber verschiedene Rutschen der Abraum wieder "ausgespuckt". Heute liegt das "Monstrum" auf einem eigens dafuer angelegten Becken und rostet vor sich hin, bewacht von einem, der aufpasst, dass nichts gestohlen wird. Laut Mr Badrul waere das Riesending sonst in nullkommanix in seine Einzelteile zerlegt und ausverkauft. Es gibt zwar Wegweiser zu diesem Kulturerbe, aber wenn man erst einmal da ist, gibt es keinerlei Erlaeuterung, nicht einmal eine einfache Infotafel. Wie gut, wenn man dank des Museumsbesuchs in Kuala Lumpur schon vorbereitet ist. Neben dem tin dredger-Becken gibt es noch einen See, der wohl vom Zinnabbau uebrig geblieben ist, einen Lotusteich und Feuchtwiesen, in denen zwei oder drei Bueffel grasen, von persilweissen Reihern begleitet. Der Ort hat in der bleichen Fruehnachmittagssonne eine ganz eigene Melancholie, die durch ein lustiges Windspiel, das offenbar jemand Gelangweiltes in endlosen Mussestunden gebastelt hat, noch unterstrichen wird. In einem Baum haengen einige Webervogelnester.

Dann fuehrt uns unser Weg zurueck in die bevoelkerte Welt zur Gua Tempurung. Gua scheint wohl Hoehle zu heissen, und diese ist wirklich riesig. Hier gibt es keine Schreine, Buddhas, Raeucherstaebchen, sondern nur Stufen und Plattformen. Wir muessen uns einer Fuehrung anschliessen, und der Fuehrer weist uns auf Affen, Elefanten und sonstiges Getier hin, das phantasiebegabte Gemueter mal irgendwann an Hoehlenwaenden und -decken ausgemacht haben. Und auf "die Kommunisten", die die Hoehle als Versteck genutzt haben. - Unser Weg umfasst 640 Stufen, aechz! In der Gruppe erregt dafuer die Nachricht, dass wir in Shanghai leben, einige Aufnerksamkeit. Eine freundliche Dame bietet uns sogar an, uns irgendwo hin zu fahren, und macht uns mit ihrer Verwandten Doreen aus Penang bekannt. Dieser faellt bei der Frage nach den wichtigsten Sehenswuerdigkeiten spontan nichts ein - ganz anders bei der Frage nach den wichtigsten Gerichten. Schmunzel! Sie vermisse ihr heimatliches Essen ja sooo!!!! - Was ich noch nicht erwaehnt und noch nie vorher erlebt habe: in der letzten Hoehlenhalle ist es neblig! So neblig, dass man den Hallenboden von oben ueberhaupt nicht ausmachen kann. Und es ist in der Hoehle ueberall warm - von angenehmer Kuehle kann bestenfalls im Windtunnel gesprochen werden, aber die beruht, wie der Name schon sagt, mehr auf dem kuehlenden Windhauch als auf niedrigeren Temperaturen.

Nach dem Besuch der Gua Tempurung fahren wir noch nach Ipoh-City, um unsere Bilder auszuladen. Auch mein Speicherchip ist mittlerweile laengst "uebergelaufen", so dass wir am Ende mit 5 CDs von dannen ziehen (allerdings haetten meine 3 auch auf 2 gepasst). Und ausserdem lassen wir von den Orang Asli-Fotos Abzuege drucken. 20 Bilder sind das immerhin, die wir dann noch in so einem kleinen Album arrangieren. Das sind doch dann schon mal Naegel mit Koepfen. Uebrigens sind wir nicht in irgendeinem Fotogeschaeft, sondern beim koeniglichen Hoffotografen. Aaah! Ich werde gleich 2 cm groesser …

Abends essen wir in einem Restaurant namens Moven Peak in Ipoh. Es gibt malaysisches Essen und Kokosnuesse als Getraenk dazu. Alles einfach, aber auch lecker.

Keine Kommentare: