Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Mittwoch, 12. September 2007

Mittwoch, 5. September 2007: Lembah Bujang

So, heute fahren wir also zum Gunung Jerai, der uns am Morgen seinen Gipfel klar jenseits der Meerenge ueber den Wolken zeigt. Laut unserem Reisefuehrerbuch brauchte man ja eine Genehmigung und einen Fuehrer fuer die archaeologische Staette von Lembah Bujang (was nichts anderes heisst als Bujang-Tal), aber das war wohl auch Quatsch. Wir sammeln einen zusaetzlichen Fuehrer im blauen Batikhemd in Georgetown auf, der natuerlich allerhand ueber Penang zu erzaehlen weiss, aber nichts Besonderes ueber Lembah Bujang, wie sich dann herausstellt. Na ja. Wie sich am Rande der Ausfuehrungen ergibt, ist er Christ - ich hatte ja noch gar nicht erwaehnt (oder doch?), dass es in Georgetown auch eine "Harmony Street" gibt, an der eine Kirche, eine Moschee, ein buddhistischer und ein hinduistischer Tempel liegen. (Oder lag eins von diesen Gotteshaeusern um die Ecke?)

In Lembah Bujang beginnen wir mit dem Museum, in dem die einzelnen Tempelanlagen im Modell erlaeutert und die dort gefundenen Artefakten gezeigt werden. Jedenfalls einige, zum Teil scheinen besonders wertvolle Stuecke anderswo zu sein. Besonders nett ist ein freundlicher Ganesha. Die Funktion und den Sinn von Somasutras und Yoni, offenbar Bestandteile eines Fluessigkeitleitsystems, kann ich den Beschriftungen nicht entnehmen, und unserer Fuehrer weiss auch nichts darueber. Alles ist ordentlich, aber recht droege praesentiert.

Bevor wir das Museum verlassen, besuchen wir noch die Abteilung fuer zeitgenoessische Keramik. Waehrend ich den Saal fuer die Damen betrete, hoere ich Burkhard "Oh! Ein Waran!" rufen. Schade, haette ich ja auch gern gesehen. Aber wie er berichtet, war die grosse Echse (bestimmt 1 Meter lang, aber die haben ja auch immer lange Schwaenze) ohnehin in Nullkommanichts mangels anderer Rueckzugsmoeglichkeiten in der Kloschuessel verschwunden. Burkhard sei bei der Benutzung sehr wachsam gewesen …

Hinter dem Museum fuehrt ein Pfad zu 5 rekonstruierten Tempeln (nicht in situ). Die Tempel, die uebrigens candi genannt werden, stammen aus verschiedenen Zeiten (ab dem 8. Jahrhundert? Hab' ich leider vergessen …) und sind wohl buddhistisch und hinduistisch. Die fruehesten Funde dieser Staette wurden auf das 5. Jahrhundert (nach Christus, wohlgemerkt) datiert und sind, man hoere und staune, neusteinzeitlich. Hier ist die Geschichte dann wohl etwas zeitgerafft abgelaufen. Die Candi sind komische Anlagen. Zum Teil einfach ganz dicke Waende, die einen extrem kleinen Raum ohne Zugang umschliessen. Insgesamt sind fast alle ueberraschend klein, fast winzig, bis auf einen, und der ist auch nicht gerade riesig. Alle Rekonstruktionen gehen nur bis zum Sockel, etwa auf Schulterhoehe (bis auf einzelne singulaere Erhoehungen), und rekonstruieren damit vollstaendig, was gefunden wurde. Man weiss naemlich nicht, wie es darueber ausgesehen hat - das waren vergaenglichere Strukturen, vermutlich aus Holz. Zum Teil sind steinerne Pfeilerbasen erhalten, offenbar fuer quadratische Holzpfeiler, so dass man sich eine Art von Saeulenumgang wie an griechischen Tempeln vorstellen kann. Das verwendete Baumaterial ist uneinheitlich - Ziegel, schwarze und rote Steine, aber nicht gemischt: eine Sorte je Candi.

Mindestens ebenso interessant fuer uns sind Flora und Fauna und die unbelebte Natur. Der erste Candi ist mit einem Dach versehen - aahhh! Schatten! Der Himmel ist naemlich wolkenlos blau, und in diesen Breiten lacht die Sonne nicht, sondern brennt. Da schwirrt es zwischen den beiden zugangslosen "Hohlkloetzen" nur so von fliegenden Ameisen, denke ich. Werde aber belehrt, dass das Bienen sind. Winzig kleine schwarze Bienen. Auf der Rueckseite des groesseren Klotzes finde ich noch eine kleine, etwas trompetenfoermige, von gelb bis fast schwarz verlaufende Wachsroehre, in der offenbar auch solche Bienen wohnen, nur dass sie gerade nicht schwaermen, sondern friedlich ein und aus krabbeln. Vor dem Pavillon steht ein Pomelobaum samt Fruechten. Am besten finde ich so eine kleine Eidechse, die wirklich nicht sehr gross ist, aber vermutlich trotzdem fast einen Meter lang - sie hat einen endlos langen, duennen Schwanz. Solange sie ruhig an einem Steinblock sitzt, ist sie praktisch unsichtbar. Ansonsten fliegen, wie eigentlich ueberall, eine Menge Schmetterlinge herum. - Es gibt ausser dem Pomelobaum noch andere fruchttragende Baeume auf dem Gelaende, deren Namen ich vergessen habe. Einer traegt rote, ein bisschen dreieckig wirkende Fruechte, die vermutlich als Vorbild fuer die zuckrigen Haribo-"Erdbeeren" gedient haben - ich fuehle mich jedenfalls zwanghaft an diese erinnert. In der huelsenartigen Fruchtschale verbirgt sich aber kein Fruchtfleisch, sondern eine Rippe, an der rundherum kleine runde Samenkoerner sitzen. Fuer Steinesucher gibt's auch was: Burkhard ist ueber den gefundenen Pyroxen oder Amphibol mit schoen ausgepraegten Kristallflaechen hoch zufrieden. Bevor wir das Museumsgelaende verlassen, gehen wir noch dem Tal auf den Grund. Ob das der Bujang ist? Dann waere das hier noch eher ein groesserer Bach als ein Fluss, der hier ueber eine beeindruckende schiefe Ebene heruntergefallen kommt. Im Moment fuehrt er eher wenig Wasser, so dass ich ganz am Rand dem Ruecken eine kleine Waermetherapie auf dem heissen Stein verpassen kann (auch wenn er sie gerade nicht dringend braucht - auf Vorrat sozusagen). Mit Blick auf Frische ausstrahlendes Wasserfallgeplaetscher, damit mir nicht allzu heiss wird. Wie hat Mutter Natur das wieder trefflich eingerichtet! ;-)

Dann muessen sich die Fuehrer beraten. Der Tag ist erst halb um, was tun mit den Touris? Erste Idee: fuettern. Wir fahren also zu einem Restaurant an einem Fluss, wo man auf der Terrasse essen koennte - wenn es nicht geschlossen waere. Dafuer wachsen gleich nebenan Mangroven. Einige Fischerboote liegen da, ein Fischer kommt gerade zurueck von seiner Tour. Er war wohl auf die schlammbewohnenden Krebse aus. Burkhard behauptet, einen Eisvogel gesehen zu haben, der auf Englisch Koenigsfischer heisst. Ich glaube aber nicht, dass jemals einer einen Koenig gefangen hat. Andererseits essen sie ja wohl auch kein Eis … wer erfindet eigentlich solche Tiernamen?

Die erste Idee war damit hinfaellig. Zweite Idee: traenken. Wir fahren also in die naechste Stadt, wo sich wohl auch die erste Idee haette umsetzen lassen. In einem halb ausgestorbenen Hotel-Restaurant bestellen wir also Limettensaft und bekommen Zuckerwasser mit einer Limettenscheibe. Schlimm genug, aber der Preis fuehrt fast zu akuter Ohnmacht: 13,80 Ringgit fuer einen!!?!?!!!!! Anderswo gibt's das "in lecker" fuer 1,70 RM.

Auf diese bloede Weise ist wieder eine halbe Stunde um. Wir beschliessen, noch zum Schlangentempel zu fahren, der eigentlich Tempel der azurblauen Wolke heisst, aber das geraet allgemein schon fast in Vergessenheit. Leider ist die Haupthalle (schon seit einer halben Ewigkeit, sagt Mr Badrul) wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. In der Tat wird unter einem provisorischen Blechdach an den ueberaus kunstvollen Ornamenten des eigentlichen Daches gearbeitet. Die Schlangen sind alldieweil im Annex untergebracht. Das ist ein oeder gefliester Raum, in dem man sich als Erstes fuer 30 Ringgit mit kleinen gruenen Schlangen oder einem grossen Python - na ja, fuer 'nen Python nicht soooo gross - ablichten lassen kann. Ist ja nicht so, dass ich mich nicht trauen wuerde, diese Tierchen anzufassen oder auf mich legen zu lassen, aber da habe ich einen akuten Geizanfall und taeusche also Schlangenangst vor. Die eigentliche Attraktion sind gruene, giftige Tempelvipern. Die liegen traege auf einem mit ein paar Blaettern behaengten Gestell oder oben auf den breiten Bilderrahmen, in denen alte Fotos langsam vor sich hin gilben. Die Legende besagt, dass sich bei der Einweihung des Tempels eine der besagten Grubenvipern eingeschlaengelt habe, von einem nahegelegenen Huegel kommend. Da sie sich ganz friedlich verhielt, hielten das die Chinesen fuer ein Zeichen (fuer Brians Freunde: Folget der Flasche!) und sahen folglich keinen Anlass, sie zu entfernen, ganz im Gegenteil. Und dann ist wahrscheinlich die Verwandschaft nachgezogen. Womoeglich sind die Tierchen vom vielen Rauch der Raeucherstaebchen "high" - zum Glueck besteht wohl keine Gefahr, dass sie auf Entzug kommen. Allerdings warnt ein Schild die Besucher davor, die gruenen Reptilien anzufassen. Das geschehe auf eigene Verantwortung. Verhungern muessen die Schlangen aber auch nicht. Sie scheinen gern Eier zu essen, weshalb diese in grossen Mengen als Opfergaben mitgebracht werden. Auf einem Regal liegt bestimmt ein Dutzend Eierpaletten …

Der Tempelgarten ist auch irgendwie ohne Stimmung. Eine Kuan Yin-Terrasse auf Hoehe eines ersten Stockwerks bietet ebenfalls keine attraktiven Blicke auf den Garten. In der Mitte ist noch ein grosses Schlangenfreigehege. Ausser einem gelb-schwarzen Exemplar, das auch ohne Raeucher-Dope traege auf einem Ast liegt, ist keine auszumachen. Ein Mondtor fuehrt aus dem Garten hinaus, ist aber mit der ersten Mondtuer, die ich je gesehen habe, verschlossen.

Am besten ist noch das eine der vergilbten Fotos, dessen Bildunterschrift besagt, dass hier irgendeine (natuerlich namentlich genannte) wichtige Persoenlichkeit eine offizielle Eroeffnung der Schlangengrube vollzieht. Das ist fuer mich ziemlich lustig, mixt mein Gehirn hierzu doch Assoziationen an Gary Larson-Schlangengrubencartoons ("Iiiiih, Doreen, das ist eine ganz dicke!", sagt eine Schlange inmitten einer gut belegten Schlangengrube zu einer anderen, mit Blick auf eine Spinne auf deren Ruecken) mit welchen an den 90sten Geburtstag (mit Freddie Frintons hingelalltem "I declare this bazaar open"). Aber eigentlich ist das doch auch ohne Assoziation urkomisch: ein Mensch, der offiziell eine Schlangengrube eroeffnet!

Da das Reisefuehrerbuch behauptet hatte, dass in diesem Tempel quasi ueberall Schlangen herumliegen wuerden, so dass wir nach der Lektuere den Eindruck hatten, man muesse dort immer gut aufpassen, wo man hintritt, um keine versehentlich zu erwischen, fahren wir leicht enttaeuscht von dannen, setzen irgendwo unseren "Zweitfuehrer" ab und fahren zurueck zum Hotel.

In Batu Ferringhi (so heisst das Touristennest, in dem das Lone Pine Hotel liegt) suchen wir nach einem Laden, in dem wir den Inhalt unserer Foto-Speicherchips auf eine CD brennen lassen koennen, finden aber keinen. Komisch. Dann kommt erst noch eine Runde Entspannungsprogramm im Garten am Strand. Es gilt, einen schoenen Sonnenuntergang aufs Bild zu bannen, samt Boot-Gleitschirmfliegern, bevor wir zum Abendessen einen anderen Foodcourt ausprobieren. Burkhard isst Laksa, eine Niudelsuppe, aus einer roten Plastikschuessel, ich esse eine Portion kuai tiao (die hier als koay teow verkauft werden), schmale Bandnudeln, von einem hellblauen Tellerchen. Zum Nachtisch gibt es noch einen leckeren Bananenpfannkuchen (diesmal fuer jede/n einen).

Nach dem Abendessen ist dann doch so ein Laden geoeffnet, der einem helfen kann, der Bilderflut Herr zu werden. Nach dem Preis gefragt, behauptet der Verkaeufer, eine CD koste 30 Ringgit. Was ist los?? Selbst beim koeniglichen Haus- und Hoffotografen in Ipoh kostete das nur 5 Ringgit pro Stueck. Wir machen auf dem Absatz kehrt: das ist ja wohl der totale Nepp. Und da wir noch freien Speicher haben und die CDs nicht unbedingt zwingend erforderlich sind, verzichten wir.

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