Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Freitag, 7. September 2007

Montag, 3. September 2007: Georgetown, Penang

Ich habe ja gestern gar nicht von unserer Strandwanderung berichtet! Das Lone Pine Hotel, das seinen Namen botanischer Unkenntnis verdankt, liegt naemlich direkt an einem schmalen Strand, den wohl nur sehr wenige Leute zum Baden benutzen. Die Strasse von Melaka ist halt viel befahren, so dass das Wasser nicht super sauber ist. Von den Quallen ganz zu schweigen - in den Hotelinfos steht, man solle sich sofort an der Rezeption melden, wenn man auch nur den Verdacht haette, mit einer in Beruehrung gekommen zu sein … hmm. Es gibt aber genug Leute, die hier irgendwelchen "Fun-Wassersportarten" froenen. Auf aufblasbaren Gummiwuersten hinter einem Boot herreiten, Boat Paragliding (also sich an einem Fallschirm hinter einem Boot herziehen lassen), auf kleinen, laermigen Jet Boats (oder wie die Dinger heissen moegen) vor der Kueste hin- und herfahren oder auf ebenso laermigen Squads ueber den Strand heizen … toll. Natuerlich kann man auch ganz romantisch am Spaetnachmittag oder gar bei Sonnenuntergang ueber der Strand reiten oder, wenn man da weniger bewandert ist, sich auf ein Pferd setzen und das Pferd am Strand entlang fuehren lassen.

Die Zimmer sind ueber eine Veranda zu erreichen und ziemlich gross, aber auch relativ dunkel, was beim hiesigen Klima eher ein Vorteil ist. Fruehstueck gibt es im Bungalow, dem Ursprung oder Kristallisationskern des Hotels, oder auf der transparent ueberdachten Veranda davor. Da sitzt man praktisch am Strand, das ist wirklich schoen. Und das Buffet ist, wie ueberall, recht ueppig. Nur der Toaster ist allzu eigenwillig. Aber ich will noch kurz die Sache mit der botanischen Unkenntnis aufklaeren. Als das Hotel 1948 gegruendet wurde, stand am Strand ein einsamer Baum. Und da der lange duenne Nadeln hatte, wurde er ohne weitere Nachforschung als Kiefer deklariert. In Wirklichkeit haben diese Baeume aber keine Nadeln, sondern schachtelhalmartige Zweige - und heissen Casuarina.

Beim Einzug heisst es "ein Pass genuegt", aber meiner ist dann doch nicht genehm. Ja watt denn nu'? Aber zum Zuecken der Kreditkarte bin ich gut genug! Als ich kurz darauf im Zimmer die Schranktuer oeffne, huscht es: ein Gecko! Na, hoffentlich frisst der alle Krabbeltiere auf. Mir waer's gerade recht, wenn noch mehr davon im Zimmer waeren, aber sie sind leider sehr scheu. Auf der Veranda sind vor allem abends ein paar mehr zu sehen, schonmal gut. Ausserdem haben wir eine Klimaanlage und so einen grossen Deckenventilator, der hoffentlich einen bei Muecken unbeliebten Luftzug produziert. Was auffaellt: es ist unheimlich feucht hier. Das Notizpapier ist richtig klamm …

Das Hotel hat auch einen ziemlich gepflegten L-foermigen Pool zwischen dem Block, in dem unser Zimmer liegt, und dem Bungalow. Der Masseur des Hauses hat gleich daneben so ein Zeltdach, unter dem man sich sozusagen am Strand massieren lassen kann. Leider habe ich irgendwie gar keine Zeit dazu. Schade! Es gibt also wirklich nichts zu meckern. Halt: der Qiblat-weisende Pfeil ist in der Nachttischschublade versteckt, wo man ihn nur eher zufaellig findet (was mich persoenlich aber wenig stoert). Und die fest installierte Dusche ist ein bisschen unbequem und setzt immer das halbe Badezimmer unter Wasser, darunter den Bereich rund ums Waschbecken. Das ist schon so vorgesehen, denn Waschbecken und Dusche sind mit einer Schwelle vom Rest des Raums abgeteilt - komischer Innenarchitektenspleen.

Aber genug vom Hotel. Wir fahren morgens los zu unserer (jetzt aber richtigen) Stadtbesichtigung von Georgetown. Der thai-buddhistische Tempel Wat Chayamangkalaram (ja, ich gebe es zu, diesen Namen musste ich aus dem Reisefuehrer abschreiben) machte den Anfang. Bunte Drachen und etwas grimmige Krieger sowie - laut Burkhard - barbusige Frauen mit Huehnerfuessen bevoelkern den Platz vor der grossen Halle, in der ein 30 m langer Buddha liegt. Drumherum gibt es reichlich weitere Buddhas oder Bodhisattwas oder sonstwie Erleuchtete oder was das sein mag. Neben jedem/r (oder waren vielleicht gar keine weiblichen dabei?) von ihnen steht eine rote Spendensammeldose mit einer Erklaerung, was man zu erwarten hat, wenn man ihn/sie anbetet. Meistens ist es allerdings Reichtum. Einige sind auch fuer Gesundheit und langes Leben zustaendig, Weisheit ist ganz rar, und dann gibt es noch ein paar ganz exotische Sachen. Ich war speziell von dem beeindruckt, der, wenn man ihn anbetet, dafuer sorgt, dass Leute mit einem Mitleid haben. Ob da wohl viel in der Sammeldose landet??

Mit dem Riesenbuddha kann ich nicht viel anfangen. Davor gibt es einige goldene Statuen, die ganz zerfleddert aussehen, irgendwie wie Mumien. Ich hatte mir schon gerade zusammengereimt, dass hier wohl Leute kommen und unprofessionell Blattgold applizieren, da kommt Mr Badrul und drueckt mir auch ein Blaettchen in die Hand - bzw. reicht es mir ganz vorsichtig. Und das Tempelorakel, das hier nicht manuell funktioniert, sondern mit einem Leuchtdiodengluecksrad, wird auch befragt. Die besagten Dioden kann man mit einem halben Ringgit in Aktion versetzen. Ich ziehe die 23: "No. 23 is a peaceful and lucky one. Sickness should do no harm to you and your family. Your present luck is excellent. You will be given some money, property and other things. If you want to travel to other places this is the time for you. You will be happy and you will receive every facility throughout your journey. If you are charged with prosecution, you have much hope to win the case. Your luck in other things, especially running business is in every way good." Ich bin geneigt, das zu glauben! Bei Burkhard sieht es schon besser aus als beim letzten Mal. Die Nummer 5 besagt: "Your luck at present is not very bad. Anybody aiming to hurt or injure you will be defeated." Allerdings: "It is rather difficult for you to become rich." Na ja - was mich eher nervoes macht: "You will have a baby girl." Wie, was, wo, wer??

Wir vergolden, zuenden eine Lotuskerze an, erkunden die mit Buddhafiguren verzierten Waende - an jedem Buddha erinnert ein Name an den/die edle/n Spender/in. So kommt man zu Geld! Hier schlaegt auch die Inflation zu - es gab Zeiten, in denen man fuer 30 Ringgit namentlich auf einer Messingtafel verewigt wurde - das war einmal.

Wir inspizieren noch aus der Ferne die Grabsteine von Aebten oder Moenchen, philosophieren ueber Schuhdiebe, werfen einen Blick auf oder in weitere Pavillons bzw. Hallen, stellen fest, dass hier die Pagode nicht zur Besteigung geoeffnet ist, und beschliessen, die Strassenseite zu wechseln. Weiter muss man naemlich nicht gehen bis zum naechsten Tempel. Urspruenglich dachte ich ja, dass die beiden Teile zusammengehoeren, aber dies ist jetzt ein anderer, ein burmesischer buddhistischer Tempel. In der Haupthalle steht ein grosser Buddha mit ueberdimensional grossen Haenden an allzu langen Armen - wuerde er sie herunterhaengen lassen, reichten sie ihm bis zum Knie. Hier ist alles weniger bunt: heller Marmor, braunes Holz und Gold dominieren. Feinst geschnitztes Holz, naturfarben oder vergoldet, ist das bestimmende Element. Die Eckenfueller in den Tueren wirken fast wie Spitzengardinen. Alles sieht sehr edel aus. Im hinteren Bereich stehen kleinere, nur leicht ueberlebensgrosse Erleuchtete aus verschiedenen Laendern und Jahrhunderten. Ob sich das auf die unterschiedlichen Gewandfaltenwuerfe bezieht?

Hinter der Haupthalle wird es dann doch bunter und weniger edel. Eine von zwei Drachen getragene Riesenweltkugelspardose mit einer hoffnungslos ueberdimensionierten Insel Penang, zwei Taenzer, die die obligatorische Bronzeglocke tragen, ein bunter Garuda (so ein Vogelgott, waehrend ich das gerade so schreibe, frage ich mich, ob der nicht mehr aus der hinduistischen Tradition stammt?) und mehrere Muenzwurfspiele, bei denen das Treffen von Gefaessen Glueck etc. verheisst. Gut ist auch dieser Anbetungswuerdige, der einem bei Pruefungen hilft. An den Kerzen und Oelspenden haengen Zettel mit Namen und Pruefungsdaten. Mein Favorit ist der Zettel mit Name, Schule, Sitzplatz, Pruefungsterminen, alles fein saeuberlich aufgeschrieben. Mr Badrul erklaert mir, dass vor allem fuer die Chinesen das Fach Malaysisch ganz besonders wichtig ist, da man hierin die Pruefung bestehen MUSS - sonst ist man durchgefallen, egal, wie es in den anderen Faechern aussieht. Gegenueber von Kerzen und Oelspenden stehen die als Opfergaben ebenfalls beliebten Fruchtarrangements. Da sind die Prueflinge schon fauler: statt die Daten saeuberlich auf einem Zettel zusammenzustellen, kriegt der Helfer eine Kopie des Pruefungsstundenplans, auf der die relevanten Zeilen mit gelbem Textmarker angestrichen sind. Da! Jetzt weisst du's genau, also hilf mir bitte gefaelligst! - An einer kleineren Halle wird man nochmals um Blattgoldspenden gebeten, die man aber nicht selbst verarbeiten soll. Fuer meine 10 Ringgit bekomme ich ein rotes Tuetchen mit einigen kleinen Blattgoldvierecken, moege das Dharma immer bei mir sein, oder so aehnlich. Mit dem Tuetchen kann ich dann zum Buddha gehen, und hinterher kommt der Hongbao (so nennen die Chinesen rote Umschlaege mit Geld - wahrscheinlich mit Gold auch) in eine grosse Sammelkiste. Aber damit ich einen Beweis fuer meine Spende habe, bekomme ich eine ordentliche, von Hand ausgefuellte Quittung. Die kann ich ueberall hin mitnehmen, sagt mir die freundliche Dame. Damit haben wir auch von diesem Tempel genug gesehen.

Unser naechster Halt ist Fort Cornwallis. Ein gewisser Francis Light aus Grossbritannien war 1786 auf Penang gelandet. Er war auch fuer die Errichtung des Forts verantwortlich, das nach dem Gouverneur von Indien (oder so aehnlich) benannt wurde. Der Name Penang ist uebrigens abgeleitet von der Areca-Palme. Das ist bis heute die Wappenpflanze von Penang, die auch auf der weissen Flaeche der tuerkisblau-weiss-gelben Fahne dieser Provinz prangt. Diese Trikolore wuerde auch zu einer Cocktailbar passen. Und das ist gar nicht abwertend gemeint. Der Baum heisst also auf malaysisch pinang. Von ihm stammen die Betelnuesse. Sie wurden (werden?) auch (oder nur?) als Genuss- und leichtes Rauschmittel konsumiert.

Im Fort grasen kuhbrav angeblich wilde Pferde, es gibt einige feuchte, halbtonnenfoermige Galerien mit Ausstellungsstuecken, vor allem aber Text zur Insel und zum Fort, eine Kapelle, in der nichts ist ausser einer Klimaanlage, ein nett hergerichtetes Pulvermagazin, eine hollaendische Kanone, eine Buehne fuer Veranstaltungen sowie ein Fahnenmast mit allerhand Seilen und Balken und ein kleiner Leuchtturm fuer den Hafen. Die Hauptattraktion ist aber die deutlich ueberlebensgrosse Statue von Francis Light mit den Gesichtszuegen seines Sohnes William, da von ihm selbst kein Portraet ueberliefert ist. "Das Management" haelt hier zwei braune Dreispitze und ein Gewehrimitat bereit, damit man sich stilecht ausstaffiert neben Sir Francis fuers Foto in Positur bringen kann. Fuer 5 Ringgit kann man auch eine ganze Uniform mieten …

Jetzt steht uns der naechste Kontrast bevor. Wir besuchen die Chew Jetty. Die Jetties - das sind Holzhaeuser chinesischer Clans (in diesem Falle eben der Chews), die an einem Anlegesteg aus Holz entlang auf hoelzernen Stelzen ueber dem Meer errichtet worden sind. Wegen der Steuer, da Haeuser auf dem Land besteuert wurden. Der Nachteil dieser Holzbauweise ist die Brandgefahr, weshalb von den vormals 7 Jetties nur noch 3 (oder waren es 4?) uebrig geblieben sind. Nach den jeweiligen Braenden wurden sie nicht wieder aufgebaut. Die Haeuser, in die man teilweise recht weit hineinsehen kann, sind "orig chin" (in Anlehnung an die beruehmte orig ung Salami): man sieht zunaechst die Empfangshalle mit dem Haus-/Ahnenaltar. Und da man weit hineinsehen kann, sieht man auch, dass sie recht weitlaeufig sind. Einige sind mittlerweile auch so "aufgemotzt", dass man eine Klimaanlage installieren konnte. Es sind also keine Elendsquartiere.

Danach machen wir einen Rundgang in Little India. Als erstes begegnet uns einer dieser bunten Hindutempel, dann aber der hervorragend renovierte Han Jiang-Ahnentempel, der aber wohl nur zu Ahnenverehrungszeremonien in Benutzung genommen wird - jedenfalls ist kein normaler "Tempelbetrieb" zu sehen. Natuerlich ist dies ein chinesischer Tempel, kein indischer. In den Strassen gibt es dafuer aber offenbar indische Geschaefte, darunter so einen Blumenkettenladen, der die Dauerware verkauft. Und der Schallplatten- und Video- bzw. DVD-Verkaeufer beschallt grosszuegig das halbe Viertel. In den Juweliergeschaeften trennen massive Gitter Kunden und Angestellte. Zwei Strassenecken weiter ist dann aber schon wieder der chinesische Tie Guan Yin-Tempel, vor dem aber noch ein offenbar den Indern heiliger Baum steht. Dieser Tempel brummt nur so vom "normalen Tempelbetrieb" und ist dementsprechend verraeuchert. Das donation office hat geoeffnet, hier kann man fuer die Renovierung spenden. Die letzte (1965/66) liegt immerhin schon ueber 40 Jahre zurueck.

Wir bleiben bei den Chinesen, die auf Penang ueberproportional stark vertreten sind, und fahren weiter zu einem der Clanhaeuser. Auch wenn die Clan Jetties keine Elendsquartiere sind, sind die Clanhaeuser doch die wesentlich edlere und offensichtlich reichere Ausgabe von Familienhilfe. Das Khoo Kongsi Clanhouse ist das aufwendigste der fuenf, die es in Georgetown gibt. So aufwendig, dass es ein bisschen schoener war als der kaiserliche Palast in Beijing. Das geht natuerlich nicht, weshalb es in der Nacht seiner Einweihung (irgendwann Anfang des 20. Jahrhunderts, war's vielleicht 1911?) gleich in Flammen aufging und daraufhin etwas weniger, aber immer noch SEHR prachtvoll, wiederaufgebaut wurde. Die prunkvolle Haupthalle wird von zwei kleineren Hallen flankiert, die voller goldfarbener Schilder sind. Wann immer ein Clanmitglied einen akademischen Grad erreicht, wird das hier verewigt. Mittlerweile ist man schon bei der 27sten Generation angekommen, so dass die Schilder immer kleiner werden. Und alle Wuerdentraeger heissen Khoo - khoomisch. Das Wort Kongsi wird uebrigens mit chinesischen Zeichen so geschrieben, dass ich es gongsi aussprechen wuerde - und das heisst Firma oder Unternehmen. Interessant!

Danach fuehrt uns die Stadtrundfahrt weiter in das Viertel hinter dem Tie Guan Yin-Tempel, das frueher mal ein gutes war, in dem diverse Herrschaften auch den Umgang mit ihren Maetressen pflegten. Angeblich deshalb ist eine der Strassen Love Lane genannt worden. Klingt nach Hippie-Pilgerziel, auch wenn die Querstrasse weder Peace Lane noch wenigstens Taiping Road heisst … Unweit der Love Lane liegt noch ein hainanesischer Tempel, den wir kurz besichtigen. Hier sind, wie z.B. auch am Khoo Kongsi-Clanhaus, hervorragend ausgearbeitete, filigrane Steinreliefs zu sehen. Wie man die wohl macht? Wahrscheinlich mit unendlicher Geduld …

Den Abschluss bildet das Penang-Museum, das vielleicht sogar ein bisschen besser aufgemacht ist als das Nationalmuseum in Kuala Lumpur. Wir nehmen vor allem noch einmal eine ausfuehrliche Darstellung des malaysischen Voelkergemischs wahr. Es ist hier wirklich multi-kulti und funktioniert bislang ja offenbar gut. Moege das so bleiben. Die Museumsmaus nimmt allerdings vor mir Reissaus. Im Obergeschoss gibt es ein paar Zusatzinformationen zu den oertlichen Sehenswuerdigkeiten. Damit sind wir dann erst einmal "abgefuellt" und fahren
zurueck zum Hotel, wo wir eine kurze Entspannungsphase einlegen, bevor es abends noch einmal nach Georgetown geht.

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