Heute ist also der Tag, an dem die Egel Betriebsausflug machen und daher im Urwald nicht anzutreffen sind. Vielleicht. Gestern abend kam uns naemlich eine Gruppe "naechtlicher Waldlaeufer" entgegen, und als deren Fuehrer an mir vorbei ging, wurde er gerade von einer Dame befragt, ob es denn dann also morgen im Wald keine Egel gaebe. Ich glaube auch, sie war wirklich blond. Der so Befragte blieb mit einem abwartenden "maybe ... man kann es nicht sagen" hoeflich und unangreifbar. Ist schon komisch - mein Eindruck ist, dass diese kleinen, unscheinbaren Zeitgenossen auf Menschen geradezu traumatisierend wirken. Das waere sicher auch ein Thema fuer einen interessanten Artikel in "Psychologie heute" oder vergleichbaren Publikationen.
Auf dem Weg zum Fruehstueck ist die grosse "sechseckige" Spinne von gestern samt Netz wieder da (und auf dem Rueckweg wieder weg - ob das ein Kleinkrieg zwischen Spinne und einem Missguenstigen ist, oder ob die Spinne ihr Netz selber tagsueber wieder einholt?), aber was viel besser ist: unter dem Affen-und-Schweinlein-Baum hat sich heute Morgen die ganze Rotte versammelt! (Waehrend von der Horde nichts zu sehen ist, aber das stoert mich ueberhaupt nicht.) Die meisten suchen artgemaess nach kleinen Leckerchen, eins liegt noch gemuetlich "hingesuhlt" da und traeumt vor sich hin. Wenn das kein wunderbarer Ort ist, an dem ich an Chalet No. 88 von Schweinen begruesst und auch wieder verabschiedet werde! Damit kann dieser Tag schon gar nicht mehr schlecht werden! Ich koennte stundenlang gucken, muss mich dann aber doch verabschieden und zum Fruehstueck gehen, sonst verpassen wir am Ende unser Boot - Abfahrt ist um 9 Uhr.
Beim Fruehstueck halten wir uns dementsprechend vorsichtshalber mit den Getraenken zurueck ... nicht, dass wir auf der Fahrt zurueck nach Kuala Tembeling die "Sandbankuebung" wiederholen muessen, diesmal fuer uns. Wenigstens geht die Rueckfahrt deutlich schneller, da stromabwaerts. Fuer dieselben 65 km braucht man in dieser Richtung nur 2 Stunden statt 3. Als wir zum Anleger kommen, liegt da ein schon fast voll besetztes Langboot. Wir werden aufgefordert, gleich vorn auf den ersten beiden Plaetzen einzusteigen, tun das auch, und schon geht's los. Zwar hat man einen Haufen Gepaeck vor sich und die Plaetze sind einen Tick schmaler als weiter hinten, aber sie bieten dafuer mehr Platz fuer die Beine, die man hier fast voellig ausstrecken kann. Wie guenstig - zuletzt kommen und den besten Platz kriegen, ich sag' ja, Taman Negara ist fuer mich ein sehr glueckbringendes Oertchen.
In Kuala Tembeling, wo wir puenktlich um 11 Uhr eintrudeln, wartet Mr Badrul schon auf uns, packt uns und unser Gepaeck in den Bus, und los geht's. Wir muessen jetzt erstmal was trinken, aber wir haben ja immer Wasser dabei. Unsere mitgebrachten "Nuckelflaschen" sind uebrigens recht solide, haben bisher alle Schlaege und Stoesse gut verkraftet und erlauben wegen des "Nuckelprinzips" plemperfreies Trinken in allen Lebenslagen - eine Eigenschaft, die natuerlich weniger wertvoll ist, wenn man immer nur klares Wasser daraus trinkt wie wir. Ich weiss gar nicht, ob das Material auch kohlensaeurehaltige Fluessigkeiten aushalten wuerde ...
Unterwegs machen wir halt am Sultanspalastmuseum Seri Menanti im Bundesstaat Negeri Sembilan. Das ist eine Holzhuette auf symbolischen 99 Stelzen mit vier Etagen und ohne Naegel, wie das die traditionellen Haeuser hier so an sich haben. Man kann einen Thronsaal sehen, der fuer meinen Geschmack mehr wie eine Thronnische aussieht, mit sieben Stufen bis zum Thron, auf denen Wuerdentraeger in fein hierarchisch abgestufter Manier sitzen koennen. Es gibt auch einen fensterlosen Speisesaal, der recht europaeisch anmutet und fuer nicht wesentlich mehr als 20 Personen reicht. Auch die uebrigen Raeume sind fuer koenigliche Verhaeltnisse eher bescheiden, und die Treppen in die oberen Stockwerke gar voellig "unkoeniglich". Versteh' ich nicht: solche s-teilen S-tiegen braucht man doch nur zu bauen, wenn es einem an Platz mangelt, sonst kann man doch auch schoene bequeme Treppen machen! - Das obere Geschoss besteht aus einem einzigen Raum mit reichlich Fenstern auf allen Seiten. Am schoensten ist die Aussicht ueber den symmetrisch angelegten Palastgarten - vor allem ist es aber schoen luftig.
Zwei Dinge habe ich mir ueber die Provinz Negeri Sembilan gemerkt. Nummer 1: hier gibt es diese "Bueffelhorn"-Haeuser im Minangkabau-Stil mit geschwungenen Dachlinien zu Ehren der (irgendwann - irgendwo, das habe ich mir offensichtlich nicht gemerkt, man kann es aber im Link nachlesen) siegreichen Bueffel. Nummer 2: hier hat der Herrscher nicht so eine "unantastbare" Rolle wie der Sultan in anderen Bundesstaaten, sondern es gibt ein mir recht kompliziert erscheinendes oligarchisches System, in dem er von einer Versammlung von Bezirksherrschern gewaehlt wird ... oder so aehnlich.
Nur ein kurzes Stueck Fahrt vom Palastmuseum entfernt liegt eine megalithische Staette, die gleichzeitig ein muslimischer Friedhof ist. Rein optisch unterscheiden sich die kleinen "Mega"lithen, die nicht groesser als etwa 40-50 cm sind, auch tatsaechlich kaum von den kleinen muslimischen Grabsteinen (die flachen fuer die Frauen, die runden fuer die Maenner - was das wohl wieder bedeuten soll ...).
Am gar nicht mehr ganz fruehen Nachmittag kommen wir in Melaka an. Mr Badrul nimmt nicht den allerdirektesten Weg und laesst uns so schon mal eine angedeutete Stadtrundfahrt angedeihen, bevor wir am Hotel Puri abgeladen werden. Das befindet sich in der auch "millionaire's street" genannten frueheren Heeren-Strasse, in der mal viele reiche Leute gewohnt haben. Auch das Hotel Puri ist ein altes, traditionell strukturiertes (aber natuerlich heftig renoviertes) Gebaeude, das sich frueher in chinesischem Besitz befand. Aus diesen Zeiten bleibt der etwas labyrinthische Eindruck - und vor allem der Charme eines Hauses mit Geschichte und "Persoenlichkeit". Die Hoteliers goennen sich sogar einen Geschichtsraum, klein, aber fein, in dem die Geschichte Melakas und des Hauses erzaehlt und mit allerhand Objekten ansprechend illustriert wird. Genuegt - kein Museum mehr noetig.
Nachdem wir ein schoenes, aber natuerlich finsteres Zimmer bezogen haben, machen wir uns zu einem ersten Rundgang auf. Der Haupteindruck ist, dass die Buergersteige schon hochgeklappt sind. Ausserdem ist offenbar ein chinesisches "Papierverbrennfest", ueberall wird auf der Strasse gezuendelt, zum Teil in grossen Gittereimern, zum Teil "behaelterfrei" in kleinerem Massstab. Manche haben auch nur ein paar Raeucherstaebchen auf dem (dafuer extra heruntergeklappt belassenen) Buergersteig aufgestellt. Ob in Melaka wohl der Kalender nachgeht und der hungrige Geist heute noch gefuettert werden muss? In Penang ist das ja schon alles erledigt ...
Nachdem wir am Fluss angekommen sind und ihn ueberquert haben, stehen wir schon auf dem hollaendischen Platz mit Stadthuys und Christ Church. "Wir haben hollaendische Woche" - oder genauer gesagt: hatten. Laut Plakat war der Zauber gestern vorbei. Aber ausser den Plakaten sind auch noch bergeweise weisse Pavillonzelte uebriggeblieben, die auf dem Foto stoeren, Frechheit!
Hinter dem Stadthuys kann man den St. Paul's-Huegel erklimmen, der von der gleichnamigen Kirche bzw. dem, was davon noch uebrig ist, bekroent wird. Davor blickt ein Heiliger (St. Francis Xavier?) guetig von einem Sockel auf die mehr oder weniger mueden Wanderer herunter. Die Kirche selbst besteht mittlerweile im Wesentlichen aus Waenden, an deren Innenseiten allerhand alte Grabsteine europaeischer Tradition aufgestellt sind. Warum nur muessen die Ecken des kleineren ueberdachten Teils als Toilette missbraucht werden?? In Malaysia gibt es, wie in China, erfreulicherweise fast ueberall oeffentliche Toiletten in ausreichender Anzahl, so dass das ja nun wirklich nicht sein muss. Grrr.
Auf der "Rueckseite" der Kirche sieht man am Fuss des Huegels das Fort A Famosa liegen, aber ein Wegweiser zum hollaendischen Friedhof erscheint uns verlockender, zumal das Licht jetzt fuer ein Foto des Forts schon gaaanz schlecht ist. Auf dem Friedhof gibt es nur recht wenige Graeber (sicher nicht mehr als 40 bis 50, denke ich), das aelteste stammt etwa aus dem Jahr 1670. Die meisten gehoeren Englaendern, die namengebenden Hollaender sind in erschreckender Minderheit.
Nach diesem ersten Rundgang, es ist mittlerweile schon dunkel, gehen wir ueber den Stadthuysplatz und den Fluss zurueck in "unser Viertel", um dort eine Gelegenheit zu finden, unseren Hunger (jaja, Appetit) zu stillen. Aber die Auswahl ist klein, und aus den meisten der (wenigen) geoeffneten Etablissements gaehnt uns eine Versammlung leerer Tische an, o je! Ich dachte, es waere hier touristisch?! Ganz nah beim Hotel liegt ein Laden, in dem es Holzofenpizza gibt: das "Coconut House". Der ist sogar im Reisefuehrerbuch namentlich erwaehnt, oha! Dann gehen wir mal dahin, zumal es jetzt, wo wir auch ein bisschen muede sind, recht bequem ist. Die Vorspeise, die ich bestellen will, ist leider ausgegangen, und die, die Burkhard bestellt, wird erst zum Nachtisch serviert. Alles dauert ziemlich lange, und die Frau, die kellnert, wirkt irgendwie getrieben und gestresst. Dafuer ist die Pizza ausgesprochen lecker, was soll man nun von so einem Laden halten? Mit einem einladenden "must try" ist der Kokoskaffee auf der Speise- bzw. Getraenkekarte gekennzeichnet - aber als ich mir statt Espresso einen bestellen will, sagt mir die Frau doch wirklich, der Kaffee sei ausgegangen. Was ist los?? Ueber solche bloeden Restaurantgeschichten muss ich mich leider immer ueber Gebuehr aergern - das aergert mich ja am meisten, aber es faellt mir furchtbar schwer, diese Art von Aerger einzudaemmen. Auf diese Weise wird das jedenfalls nichts mit dem Geschaeft!
Wahrscheinlich habe ich jetzt bad vibrations - wir sitzen eine kleine Weile "auf" unserem Zimmer, wie man so schoen sagt, als mich ploetzlich das Geraeusch fallender Wassertropfen alarmiert. O je: es "schuettet" aus der Klimaanlage! Die Kissen auf dem darunter stehenden Flechtsofa sind schon in Mitleidenschaft gezogen. Ich ruecke das Sofa ab und schalte die Anlage aus, aber es tropft munter weiter. Na prima. Ich hatte mich doch gerade schon ausgezogen, um ins Bett zu gehen. So ein Mist! Burkhard kommt mit der frohen Botschaft von der Rezeption zurueck, dass wir umziehen duerfen. Also alles wieder einpacken und zwei Zimmer weiter tragen. Da ist auch nicht alles im gruenen Bereich: die Waende sind an zwei Stellen ein wenig schimmelig ... da ist die Klimaanlage wohl auch nicht ganz koscher. Davon abgesehen ist dieses Zimmer auch deutlich kleiner als das urspruengliche. Aber mir ist das jetzt schon alles egal, ich will endlich ins Bett gehen und morgen zurueck in "unser" Zimmer ziehen.
Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!
Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins
Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.
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