Wir fruehstuecken heute ein kleines bisschen spaeter als sonst, und zwar auf der besagten Terrasse mit Seeblick. Unsere Seefahrt (die ist lustig) beginnt naemlich erst um 10 Uhr. Hier ist das einzige Hotel, in dem es kein Fruehstuecksbuffet gibt. Na ja.
Um 10 Uhr geht es mit dem Buggy zum Anleger. Wir werden in Schwimmwesten verpackt und stechen zusammen mit zwei Chinesen und dem Bootsmann in See. Angeblich betraegt die Mindestteilnehmerzahl 5 Personen, aber man knoepft uns trotzdem nur den normalen Preis ab (60 Ringgit pro Nase - eigentlich klingt doch 30 Ringgit pro Ohr besser, oder?). Es fuehlt sich an wie ein Schnellboot - wir preschen uebers Wasser, dass die Huete wegzufliegen drohen. Ich nehme meinen lieber ganz ab, Burkhard hat an seinem einen Kinnriemen. Die Sonne brennt auch schon ein bisschen vom Himmel, so dass ich froh bin, dass das Boot einen "Dachhimmel" hat. Meine gestrige Dosis Sonne von oben war genug fuer zwei Tage.
Das erste Ziel ist die Sultan Mahmud Hydro-Electric Power Station. Dieses Ensemble besteht aus dem nicht besonders gewaltig wirkenden Staudamm und einem sehr klein und bescheiden aussehenden Turbinenhaus. Sooo mickrig kann das aber alles nicht sein, immerhin liefert dieses Wasserkraftwerk 8% der elektrischen Energie, die Malaysia verbraucht, habe ich irgendwo gelesen. Oder Malaysia verbraucht so wenig … Der Kenyir-See sei der groesste kuenstliche See in ganz Suedostasien. Bestimmt kann man auch irgendwo die Flaeche nachlesen … wenn man es so genau wissen will. Jedenfalls fahren wir mit dem schnellen Boot fast eine halbe Stunde lang. Kaum dass das Boot anlegt (wobei da kein Anleger ist, man muss einfach ueber ein paar dicke Baumstaemme balancieren und dann ueber ein paar Steine klettern), spuert man gleich, wie warm es ist. Der Fahrtwind war echt angenehm - allerdings die Schwimmweste auch, die die s-teife Brise daran hindert, die Basaltemperatur zu senken. - Wir haben 20 Minuten Aufenthalt, aber die braucht man kaum, denn man kann gar nichts machen. Das Kraftwerk empfaengt keine Besucher, und man darf nicht mal ueber die Strasse gehen, die den Staudamm kroent, obwohl sie doch extra mit Bougainvilleas in Kuebeln herausgeputzt ist. Die Hausboote, die gerade in dieser Seeecke herumliegen, sehen etwas dubios aus. Ich habe im Reisefuehrer gelesen, dass man die mieten und darauf mit bis zu 15 Personen ein Matratzenlager bauen und dann natuerlich da auch schlafen kann. Wie gut, dass ich aus dem Alter heraus bin!
Dann wird wieder Boot gefahren, diesmal etwa 20 Minuten, bis wir einen "Seezipfel" erreichen, in dessen Spitze sich der Lasir-Wasserfall befindet. Ein netter kleiner Wasserfall (habe ich irgendwo 152 Fuss gelesen?), der in mehreren Stufen zumindest bei dieser Wetterlage eher herunterplaetschert als niederdonnert. Auf halber Hoehe gibt es einen schoenen, fast runden natuerlichen Pool, in dem Wagemutige schwimmen gehen koennen und das sogar tun (z.B. "unsere" Chinesen). Davon abgesehen, dass ich keinen Badeanzug dabei habe, waere ich sowieso zu feige, weist doch extra ein Schild darauf hin, dass hier ein gefaehrlicher Bereich sei. Natuerlich braucht man oder vielmehr frau hier keinen Badeanzug: Im Pool ganz unten, der von den Einheimischen zum Angeln und zum Schwimmen, Toben, Planschen benutzt wird (keine Ahnung, wie sich das vertraegt), steht eine offenbar muslimische Mutter "in voller Montur" mit Schleier und langem Mantelkleid mit ihren noch nicht ganz "fluegge" gewordenen Jungs im Wasser. Von Badeanzug ist nicht die Rede. - Eine Haengebruecke fuehrt direkt oberhalb des unteren Beckens ueber den Wasserfall. Von dort aus entdeckt man gleich noch einen zweiten, ganz schmalen Wasserfall, der sich, aus anderer Richtung kommend, mit dem Lasir-Fall einen gemeinsamen Seezufluss teilt. Auf den ueblichen Betonstufen klettere ich bis zu einem vierstoeckigen Aussichtshaus hinauf und steige da auch ganz nach oben. So richtig anders wird der Ausblick davon aber auch nicht. Dafuer sehe ich unter der Decke einen Fussabdruck - aber das ist gar keiner, wie mir der zweite Blick zeigt, sondern ein kurios geformtes Insektenbauwerk, wie die Sohle eines altertuemlichen, spitzen Schuhs. Einmal hin (bis zu diesem Aussichtspunkt) und zurueck zum Anleger, da ist die Stunde schon um, wenn man zwischendurch rechts und links guckt. Mittlerweile hat sich's ausgefischt, die vielen Einheimischen sind wie weggeblasen, und der Pool liegt da, als haette ihn noch nie ein Mensch gesehen geschweige denn betreten. Am Anleger liegen Hausboote, und hier werden jetzt auf offenem Feuer Fleisch und Fisch gegrillt.
Wir erfrischen uns wieder mit einem Stueck Bootsfahrt. Das naechste Ziel ist die so genannte Kraeuterinsel, auf der ein kleiner botanischer Garten angelegt wurde. Ganz nett, mit liebevoll kieselgepflasterten Wegen. Nur gut, dass ich darueber nicht barfuss gehen muss … Hier gibt es auch eine kleine Holzhuette, in der endlich das Gebraeu aus dieser legendaeren Pflanze Tongkat Ali, dem malaysischen Viagra, serviert wird. Natuerlich nur fuer Maenner, die Frauen bekommen einen Aufguss von Kacip Fatimah. Das ist irgendwie gut fuer "die Frau an sich", wofuer genau, habe ich noch nicht herausbekommen. Es schmeckt ein ganz kleines bisschen weniger scheusslich als das Getraenk fuer die Herren, aber beides muss wohl sehr wirkungsvoll sein - bei dem Geschmack. Das Aussehen der Aufguesse ist uebrigens unspektakulaer, leicht hellgelb.
An dieser "Kraeuterinsel" gibt es herrlich tuerkisfarbene Buchten, die farblich durch die leuchtend lehmgelben Seeufer von dem dunkelgruenen Bewuchs der Insel abgesetzt sind. Tolle Farben - sonst nichts Bemerkenswertes. Ich werde zeitlos und weiss schon gar nicht, wie lange wir uns da aufgehalten haben - wahrscheinlich 768 Tage, weil Kacip Fatimah die Pflanze des Vergessens ist, oder so aehnlich. Welches Maerchen war das noch gleich, in dem es dem Held oder der Heldin so geht?
Dann machen wir eine Extratour: einer "unserer Chinesen" muss/will zum Touristeninformationsschalter, eine Bucht von unserem Hotel entfernt. An sich nicht erwaehnenswert, waere nicht dem anderen im Fahrtwind die Baseballkappe vom Kopf geflogen. Kein Problem fuer unseren Steuermann: eine elegante Kurve und ein kleiner Halt - nichts zu sehen. Waehrend der Kappenbesitzer seine Kopfbedeckung schon buchstaeblich in den Wind schreibt, faehrt unser Bootsmann einfach noch ein Stueckchen weiter, peilt genau - und siehe da, da ist sie und kann nass, aber unversehrt geborgen werden. Toll, wie der so einen Punkt wiederfinden kann!
Dann ist unser 4-Stunden- Programm beendet. Aber wir hatten auch noch das Kurzprogramm mit dem Saok-Wasserfall ins Auge gefasst. Weil das ausserdem nur die Kraeuterinsel umfasst, schlaegt der Bootsmann vor, uns fuer 50 Ringgit fuer zwei noch zu dem besagten Wasserfall zu fahren. Na fein! Er ist deutlich kleiner als der Lasir-Fall, aber im Moment menschenleer und irgendwie "intimer", oder wie soll ich sagen? Ein freundlicher kleiner Wasserfall, ohne Haengebruecke oder Aussichtsturm, aber trotzdem mit einer Treppe bis nach oben. Einmal hinauf und wieder herunter, und wir fahren zurueck zum Hotelanleger. Wenn man sich die Bootsroute auf einem Plan des Sees anguckt, war das nur der kleinere Teil, auf dem wir herumgeschippert sind. Maximal ein Drittel. Der See ist riesig und hat die Form eines Fetzenfischs. Ich denke, ich koennte mich darauf verirren - die Buchten und Inseln sehen sich alle so aehnlich. Und an allzu vielen Stellen gucken noch ausgebleichte Baumgerippe aus den guten alten Zeiten vor dem Aufstauen aus dem Wasser; als Orientierungsmarke helfen die also auch nicht.
Es ist jetzt ungefaehr 15 Uhr, und wir beschliessen, die schoene Terrasse unseres Chalets zu benutzen. Aber kaum legt man sich nur mal ganz kurz aufs Bett, faengt es erstens an, heftig zu regnen, und zweitens schlaeft man gleich ein, na sowas! Nach einem knappen Stuendchen sind Schlaf und Regen vorbei und wir koennen draussen sitzen, lesen, den Geraeuschen lauschen, die Egelbisse pflegen und schraeges Spaetnachmittagslicht geniessen. Irgendwo weiter hinten liegt der See im Nebel, aber hier ist ja wohl weder mit der Fee Morgana noch mit Lanzelot, dem tapferen und schoenen Helden, zu rechnen. ;-)
Wir gehen frueh zum Abendessen in der Hoffnung, beim Essen noch Seeblick mit Aussicht statt mit Finsternis zu haben, aber da macht uns ein weiterer Schauer zumindest einen halben Strich durch die Rechnung, denn statt am Tisch direkt an der Balustrade sitzen zu koennen, muessen wir uns in drei Schritten bis an den Tisch in der vierten Reihe, dafuer aber direkt ueberdacht, zurueckziehen. Nach dem Abendessen bleiben wir noch ein bisschen in der Lobby sitzen und lauschen der "Band", bestehend aus einer Saengerin und einem Gitarristen/Saenger, die sonst fuer niemanden musizieren wuerden (spaeter gesellen sich aber zwei weitere Gaeste zu uns). Neben den in Malaysia aus jedem Lautsprecher toenenden Oldies der 60er, 70er und 80er Jahre haben die hier sogar die 9 million bicycles von Katie Melua und das Come away von Norah Jones drauf, das ist ja schon was ganz Besonderes! Der alte Hit "Je t'aime" von Serge Gainsbourgh und Jane Birkin wird hier allerdings nur in einer Instrumentalfassung zu Gehoer gebracht. ;-))
Auf der Rueckfahrt vom Anleger zu unserem Chalet war mir das Karambolenfallobst aufgefallen. Die vielen vor sich hin rottenden starfruits (wirklich nicht sehr originell hier, die Englaender) koennen ja nicht zufaellig dahin geraten sein … und richtig, wenn man genauer hinguckt, steht das halbe Hotelgelaende voll mit Karambolenbaeumen. Wir erwischen ein buntes Voegelchen mit einem roten Fleck auf weisser Brust, das eine noch am Baum haengende Sternfrucht anpickt. Gott, wie suess! (Im Ton von Frau Mielke, der Nachbarin von Herrn Lohse alias Loriot, zu sprechen - es kommt aber nichts ueber Presswuerste und fette Frettchen nach.)
Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!
Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins
Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.
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