Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Sonntag, 29. April 2007

Meet the artist

Nae, nae ... also das mit dem Wetter hier laesst zu wuenschen uebrig. Nachdem gestern schoenes, sommerliches Wetter war (wenn auch mit zunehmend grauem Himmel, durch den die Sonne ein bisschen an truebe Tasse erinnerte), ist heute wieder Sonntagswetter: dunkelgrau und Regen. Aber wenigstens war das ja heute nicht so schlimm. Denn in der Zeitung war zu lesen gewesen, dass eine Ausstellung der Schweizer Kuenstlerin Renata Schalcher mit "vivid calligraphy" nur noch bis heute im Shanghaier Kunstmuseum zu sehen sei. Da musste ich natuerlich hin! Wir haben dann nach einem mittaeglichen Milchkaffee ein Taxi genommen. Da macht sich die Naehe zum JinMao bezahlt, denn gemaess vielzitierter Erfahrung sind Taxen genau dann nicht zu bekommen, wenn man sie am meisten braucht: wenn es regnet. Aber am JinMao fahren immer welche vor, so dass wir nur ca. 1 Minute zu warten brauchten. Die Fahrt zum Volksplatz hat dann allerdings trotzdem gut 45 Minuten gedauert und 31 RMB gekostet, nicht zu fassen, diese Verstopfung am Sonntag! Zurueck ging es spaeter in maximal 15 Minuten fuer 16 RMB ...

Im Museum an der Kasse haben die Maedels erst einmal dumm geguckt ... die wussten offenbar gar nicht, was fuer Ausstellungen da alles so laufen. Die Ticketabreisserin habe ich auf Chinesisch gefragt, wo die "Western style calligraphy" zu finden sei, weil ich zu dem Zeitpunkt noch dachte, dass es sich um solche handele. Sie hat uns ins san lou, das 2. Obergeschoss, das in China ja 3. Stock heisst, geschickt. Da war aber nichts zu finden. Wir haben etwas irritiert herumgeschaut und sind dann mal noch eine Etage heraufgegangen, und siehe da! Ob sie's nicht wusste oder ob sie extra die Langnasenzaehlung "eingeschaltet" hatte?

In der Shanghai Daily hatte es einen ganz schoenen Artikel ueber diese uebrigens nur wenige Tage lang (18.-29. April) gezeigte Ausstellung mit dem mir voellig unbegreiflichen Titel "Flash to the Future" gegeben. Da bin ich aber froh, dass wir das noch geschafft haben! Schoene Sache, wenn auch "much of the same": Grosse, einzelne Zeichen, mit offenbar riesigen Pinseln auf grossen, am Boden liegenden Boegen geschrieben. Auch mit mehreren Grautoenen in einer offenbar ganz interessanten Technik. Die Kuenstlerin war auch zugegen, wollte die Technik aber leider nicht verraten, da ihr chinesischer Lehrer ihr dies ans Herz gelegt hat. Bestimmt was ganz Simples ... sie hat aber verraten, dass sie das Papier nicht nur von vorn bearbeitet, sondern auch von der Rueckseite. Hm.

Textinterpretation ist nicht ihr Ding, wie gesagt: das sind alles einzelne Zeichen, von denen wir auch schon einen hohen Prozentsatz (> 95%) kannten. Sonne, Mond, Schnee, Schwein, Pferd, Vogel, Drachen, Phoenix ... von dieser Kategorie. Dies gibt einen kleinen Eindruck. Auch der zweite Typ von Werk ist nicht am Text interessiert, sondern an der Grafik. Die Stuecke heissen alle "Raster" und bestehen aus gleichmaessig ueber das Papier verteilten Zeichen, die jeweils ein eigenes Feld - eines Rasters, eben - in Anspruch nehmen. Und dann gibt es noch die "Decompositions". Das sind Ausschnitte aus solchen grossformatigen Zeichenbildern, die einzeln oder in Gruppen neu zusammengestellt sind. Nicht uebel. Aber eigentlich ist sie halt Bildhauerin.

Sie berichtete, es sei sehr spannend, wie sie ihren chinesischen Lehrer gefunden habe. Erst habe sie 5 Stunden lang diskutiert, und auf die Frage, ob er sie denn nun unterrichte, habe sie ein Schulterzucken geerntet. Er muesse erst ihr Atelier sehen. Das war ein Atelier in der Moganshan Road, eins fuer Kuenstlergaeste, in dem sie im letzten Herbst drei Monate lang gearbeitet hat. Sie haette alles vorbereitet und zusammengepackt und sei dann mit nichts gekommen. Nachdem der potentielle Lehrer das Atelier gesehen hatte, hat er sich bereit erklaert, sie zu unterrichten, und ist gegangen. Und dann sei er einfach jeden Sonntag gekommen, zusammen mit der Dolmetscherin. Sie muesse auch die japanische Kalligraphie ganz vergessen und jetzt chinesisch kalligraphieren, hat er gefordert (worueber sie anmerkte, dass das aber eigentlich kein grosser Unterschied sei ... na gut, dass das ausser mir keiner gehoert hat ;-)) ). Sie habe dann jede Woche 1200 Zeichen ueben muessen, die habe er in den ersten Wochen auch genau kontrolliert und nachgezaehlt. Und dann habe das freiere Arbeiten begonnen. Und Honorar habe er nicht genommen. Sie hat mich ermutigt, mein Projekt, Unterricht zu nehmen, in die Tat umzusetzen, und ihr Tipp war, nur das beste Papier zu kaufen. Das sei fuer uns immer noch erschwinglich und mache so viel mehr Vergnuegen als schlechtes ... Ja, das kann ich bestaetigen, zwar noch nicht von Reispapier, aber vom klassischen Aquarellpapier.

Ausserdem gab es noch zwei grossformatige Acrylbilder, ein gruenes ("Jade") und ein rotes ("rot"), und einige kleinere "Taenzer" aus Stahl. Das sind abstrakte Stuecke, ca. 40x40x40 ccm gross, schoen. Vergleichbares kann man hier anschauen, wenn man etwas herunterblaettert.

Wir besuchen dann noch die Fotoausstellung eines franzoesischen Suedchinareisenden - gute Fotos, ziemlich ungeschminkt. Die Kroenung war das Bild einer kleinen, niedrigen Huette auf einem Berg, mit weitem Blick ueber eine majestaetische Gebirgslandschaft, offenbar am Ende der Welt, mit einem - man glaubt es einfach nicht - Billardtisch. Samt Baellen und Queues. Einfach so auf dem freien, natuerlich ungepflasterten Platz vor dem Haeuschen.

Nach dem Besuch des Museums haben wir dann wegen des schlechten Wetters auf den Kaffee mit Aussicht aus dem Marriott-Hotel (das sich im Gebaeude befindet, das als "The Rocket" bekannt ist) verzichtet und lieber ein Taxi heim geangelt. Ging auch einigermassen trotz des Wetters, man muss halt ein bisschen Glueck haben und eins finden, aus dem gerade jemand aussteigt. Hier im Skyline Mansion Clubhouse hat gestern ein Massagesalon aufgemacht. Den haben wir dann gleich noch ausprobiert. Ohne Termin, zu zweit - dafuer gibt es die Raeume mit zwei "Knettischen". Eine einstuendige Ganzkoerpermassage fuer 70 RMB pro Person, da kann man nicht meckern.

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