Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!
Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins
Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.
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Dienstag, 31. März 2009
Harvey
Ob ich vielleicht doch zu viel arbeite? Beim Mittagessen im "NoodlePlus" sass heute am Nebentisch ein Mensch mit einer Brille, die definitiv keine Glaeser enthielt. Und schlimmer noch auf dem Rueckweg zum Buero: kommt uns doch eine Frau entgegen mit einem weissen Hasen auf dem Arm. Wirklich! (Na gut, wird wohl ein dickes Kaninchen gewesen sein und kein Hase, aber weiss war es trotzdem.)
Sonntag, 29. März 2009
Der 555ste!
Heute ist also der spezielle Ehrentag - nicht nur, dass wir jetzt seit gestern unsere neuen Brillen haben (Burkhards ist jetzt zur Abwechslung mal wieder randlos, leicht und ganz edel, meine hat wieder mal allergische Reaktionen ausloesende Nasenauflieger, seufz, jammer!). Nicht nur, dass dies der fuenfhundertfuenfundfuenfzigste Artikel in diesem Blog ist, nein! Es ist auch Burkhards Geburtstag, wenn auch nicht der fuenfhundertfuenfundfuenfzigste. Zur allgemeinen Erheiterung darf ich ihn mit aber mit einem Satz zitieren, der auch zu dem besagten Jubilaeum passen wuerde, sprach er doch "In der Hose spuer' ich nichts!", was allerdings nicht ganz stimmte, denn er hatte den kleinen Vibrationsalarm des Mobiltelefons in der Hosentasche ja eben doch gespuert.
Jedenfalls waren wir da gerade zur Feier des Tages im 100 Century Avenue essen, in der (nein, nicht 555sten, sondern) 91sten Etage des Shanghai World Financial Center. Da man auf die (leider heute nicht erleuchtete) Spitze des JinMao schauen konnte, duerften wir damit auf etwa 410-420 m Hoehe gesessen und somit eine der hoechsten Mahlzeiten eingenommen haben, wenn man mal von Dinner, Snack, Breakfast und Lunch irgendwo im Luftraum ueber der Welt absieht. Zum Glueck war das Essen schon mehr als die Website dieses natuerlich noch recht neuen Restaurants. Da sie mit neuen Gerichten aus der suedostasiatischen Kueche werben, insbesondere mit Chili bzw. Black Pepper Crab, hatte ich gleich Appetit, das zu bestellen - und da Burkhard nicht recht dagegen zu halten wusste, konnte er dann nicht nur essen, sondern auch geniessen - so ist das eben mit einem Krebs in Sauce. Das Etepetete-Werkzeug, das sie hier dazu reichen, erwies sich als wenig zweckmaessig - ein ganz gewoehnlicher ordentlicher Nussknacker, wie er in Singapur verwendet wird, ist neben Kiefer und Fingern nach meinem Dafuerhalten am besten geeignet, um so einem Tier zu Panzer zu ruecken.
Die Sicht war heute ziemlich klar, dementsprechend wurde in dem schicken Ambiente, in dem sich ein buntes Gemisch von Langnasen und Chinesen herumtreibt - oft auch in gemischten Gruppen -, auch viel fotografiert. Die Raeumlichkeiten sind auch wirklich schick, ich weiss nur nicht, was den Innenarchitekten geritten hat, als er die Tische und Stuehle so auswaehlte, dass sie sich in einem Brauhaus wie zu Hause fuehlen wuerden ... die Tische moegen ja noch angehen, aber die Stuehle ...! Wie auch immer, die Preise sind natuerlich nicht ganz niedrig, aber auch relativ geringer als die Hoehe des Ortes. Wenn man nicht so exorbitant bestellt wie wir heute und wenn das Wetter mitspielt, kann man in einer interessanten Umgebung mit spektakulaerem Ausblick zu einem akzeptablen Preis nicht erstklassig, aber doch lecker essen - das ist schon ganz o.k.
Jedenfalls waren wir da gerade zur Feier des Tages im 100 Century Avenue essen, in der (nein, nicht 555sten, sondern) 91sten Etage des Shanghai World Financial Center. Da man auf die (leider heute nicht erleuchtete) Spitze des JinMao schauen konnte, duerften wir damit auf etwa 410-420 m Hoehe gesessen und somit eine der hoechsten Mahlzeiten eingenommen haben, wenn man mal von Dinner, Snack, Breakfast und Lunch irgendwo im Luftraum ueber der Welt absieht. Zum Glueck war das Essen schon mehr als die Website dieses natuerlich noch recht neuen Restaurants. Da sie mit neuen Gerichten aus der suedostasiatischen Kueche werben, insbesondere mit Chili bzw. Black Pepper Crab, hatte ich gleich Appetit, das zu bestellen - und da Burkhard nicht recht dagegen zu halten wusste, konnte er dann nicht nur essen, sondern auch geniessen - so ist das eben mit einem Krebs in Sauce. Das Etepetete-Werkzeug, das sie hier dazu reichen, erwies sich als wenig zweckmaessig - ein ganz gewoehnlicher ordentlicher Nussknacker, wie er in Singapur verwendet wird, ist neben Kiefer und Fingern nach meinem Dafuerhalten am besten geeignet, um so einem Tier zu Panzer zu ruecken.
Die Sicht war heute ziemlich klar, dementsprechend wurde in dem schicken Ambiente, in dem sich ein buntes Gemisch von Langnasen und Chinesen herumtreibt - oft auch in gemischten Gruppen -, auch viel fotografiert. Die Raeumlichkeiten sind auch wirklich schick, ich weiss nur nicht, was den Innenarchitekten geritten hat, als er die Tische und Stuehle so auswaehlte, dass sie sich in einem Brauhaus wie zu Hause fuehlen wuerden ... die Tische moegen ja noch angehen, aber die Stuehle ...! Wie auch immer, die Preise sind natuerlich nicht ganz niedrig, aber auch relativ geringer als die Hoehe des Ortes. Wenn man nicht so exorbitant bestellt wie wir heute und wenn das Wetter mitspielt, kann man in einer interessanten Umgebung mit spektakulaerem Ausblick zu einem akzeptablen Preis nicht erstklassig, aber doch lecker essen - das ist schon ganz o.k.
Mittwoch, 25. März 2009
Fei HeDe's Geotrip - Teil 4 - 9./10. Maerz 2009
Am Morgen werden wir von Li Chao abgeholt und fahren zum Piaotang-Bergwerk. Die Gegend durfte vor zwei Jahren aus mir nicht bekannten Gründen von Ausländern nicht betreten werden, jetzt gilt diese Einschränkung aber wohl nicht mehr. Zumindest hatte John dies über Li Chaos Vater, der Polizist ist, in Erfahrung gebracht. Wir sollen aber nicht fotografieren. Hm - so richtig wohl ist mir nicht zumute.
Wir erreichen die Piaotang-Mine und fahren zu einem am Rande gelegenen kleinen Büro. Dort werden wir schon erwartet und erst einmal zu einigen Tassen Tee eingeladen. Dann soll es auf das Minengelände gehen, aber plötzlich sind die verantwortlichen Chinesen sich nicht mehr so sicher, ob ich dort gesehen werden dürfte. Sie hantieren schon mit einer albernen Skimütze herum, um mich zu tarnen. Na, die hätte ich aber nicht aufgesetzt ... wer weiss, wer da schon drin wohnt! Ich sehe eben nicht chinesisch genug aus - Neffe Johannes hätte da wohl kaum Probleme gehabt. Jedenfalls einigen wir uns am Ende, dass ich besser im Fahrzeug bleibe. Wir fahren auf das Minengelände, sehen aber im Wesentlichen nur Halden. Am zweiten Haltepunkt (Haldepunkt, kalauert d. Red.) bittet man mich doch auszusteigen, woraufhin ich mir das Haldenmaterial etwas genauer anschaue. Derweil krabbelt John mit seiner UV-Lampe unter einer lichtundurchlässigen Plane über den Boden. Der Chef reicht mir ein paar interessante Brocken; einen nehme ich mit.
Nach kurzer Zeit sitzen wir schon wieder im Büro, es gibt ein großes Palaver, zahlreiche Telefonate und reichlich Tee. Was John sucht, ist derzeit wohl nicht zu finden. Also fährt der Chef vor uns her zurück nach Dayu. Um einen weiteren Mineralienfreund zu besuchen, wie es heisst, vor allem aber wohl, um uns, speziell mich, von der Mine wegzubekommen. Unterwegs geraten wir in eine Polizeikontrolle - mir wird's schon wieder ganz mulmig. Der Chef unterhält sich kurz mit den Polizisten, dann können wir unbehelligt durchfahren.
In Dayu besuchen wir bald darauf wieder eine Mineralienfreundwohnung. Der Sammler ist stolzer Eigentümer einer Großstufe, etwa 1 m lang und fast 50 cm hoch, aus weißem Quarz und grünem Fluorit - die ist allerdings beeindruckend. Bevor ich sie aber ausgiebig betrachten darf, wird sie erst mit Hilfe der bereitstehenden Spruehflasche durch einen feinen Wasserfilm zum Glaenzen gebracht. Immer noch besser als das sonst von Chinesen reichlich zu diesem Zweck verwendete Oel! Ansonsten hat er nur für mich absolut uninteressante Mineralien. Auch die anderen interessieren sich weniger für die Steine und mehr für das Basketballspiel, das gerade im Fernsehen übertragen wird: Detroit gegen Denver. Wir verabschieden uns denn auch bald. Der Chef der Mine fährt zurück zur Arbeit, wir bleiben in Dayu und fahren ein weiteres Mal zu Li Chaos Laden, wo wir nochmals seine Schätze durchforsten. Es findet sich aber kein weiteres für mich attraktives Material.
Zur Mittagszeit tauchen zwei Herren auf, mit denen wir zum Essen fahren. Der eine Herr möchte etwas über die Mineralienbörsentermine in Deutschland wissen, aber da kann ich ihm auch nur grobe Angaben machen. Nach dem Essen fahren wir zu seinem Haus. Im dritten Stock in einem separaten Zimmer mit Glasvitrinen werden die Mineralien in einer eher europäischen Art präsentiert. Es gibt viele schöne Stücke zu sehen, die Preise sind aber auch jenseits von Gut und Böse. Wir bleiben nicht allzu lange, sondern sind schon bald wieder zurück in unserem heimlichen "Basislager" hier vor Ort: Li Chaos Laden. Dort macht John in seinem tiefsten Innern die Entdeckung, dass wir morgen zurückfliegen sollten. Er führt einige Telefonate mit der Fluggesellschaft, und schon ist der Flug gebucht. Wir fahren noch schnell zum Busbahnhof und kaufen uns Fahrkarten für den darauffolgenden Tag. Uups! Fliegen! Darauf bin ich "gepäckmäßig" ja gar nicht vorbereitet, da müssen wir unser Gepäck wohl noch etwas umorganisieren. Dazu lassen wir uns von Li Chao Pappkartons und Klebeband geben, womit wir uns ins Hotel zurückziehen, um zu packen. Am Abend gibt es wieder nur ein kleines Abendessen.
Am nächsten Morgen müssen wir den 7:50-Uhr-Bus nach Ganzhou nehmen. Li Chao holt uns freundlicherweise am Hotel ab. In Dayu gibt es nämlich kaum Taxis, so dass wir anderenfalls Probleme gehabt hätten, zum Busbahnhof zu kommen. Vor der Abfahrt muss noch eine ältere Frau aus dem Bus komplimentiert werden. Obwohl drei Personen auf sie einreden und versuchen, sie vom Sitz zu zerren, gibt sie erst auf, als ein Polizist in den Bus steigt. Mehr braucht der allerdings nicht zu tun - eben nur die Autorität des Gesetzes verbreiten. Die Frau hat wohl keine Fahrkarte und auch kein Geld, um eine zu erwerben. Irgendwie tut sie mir leid, und einen Moment denke ich, ich könnte ihr ja die Fahrkarte kaufen - aber das kommt dann bestimmt irgendwie auch nicht gut, so dass ich beschließe, mich doch lieber ganz herauszuhalten.
Nach etwa zwei Stunden, um 9:50 Uhr, sind wir in Ganzhou, von wo aus es eine halbe Stunde mit dem Taxi weitergeht - so lange dauert die Fahrt zum Flughafen. Der Flieger soll um 12:50 Uhr starten, kommt aber erst mit Verspätung aus Xi'an an und dann auch erst um 14:30 Uhr los. Gegen 16:00 Uhr landen wir in Hongqiao. Ding Shifu holt uns ab, und wir bringen erst John nach Hause, bevor ich mich dann am frühen Abend - deutlich früher als erwartet, aber wohlbehalten und um einige Erfahrungen reicher - im hellen und warmen Zuhause wiederfinde.
Wir erreichen die Piaotang-Mine und fahren zu einem am Rande gelegenen kleinen Büro. Dort werden wir schon erwartet und erst einmal zu einigen Tassen Tee eingeladen. Dann soll es auf das Minengelände gehen, aber plötzlich sind die verantwortlichen Chinesen sich nicht mehr so sicher, ob ich dort gesehen werden dürfte. Sie hantieren schon mit einer albernen Skimütze herum, um mich zu tarnen. Na, die hätte ich aber nicht aufgesetzt ... wer weiss, wer da schon drin wohnt! Ich sehe eben nicht chinesisch genug aus - Neffe Johannes hätte da wohl kaum Probleme gehabt. Jedenfalls einigen wir uns am Ende, dass ich besser im Fahrzeug bleibe. Wir fahren auf das Minengelände, sehen aber im Wesentlichen nur Halden. Am zweiten Haltepunkt (Haldepunkt, kalauert d. Red.) bittet man mich doch auszusteigen, woraufhin ich mir das Haldenmaterial etwas genauer anschaue. Derweil krabbelt John mit seiner UV-Lampe unter einer lichtundurchlässigen Plane über den Boden. Der Chef reicht mir ein paar interessante Brocken; einen nehme ich mit.
Nach kurzer Zeit sitzen wir schon wieder im Büro, es gibt ein großes Palaver, zahlreiche Telefonate und reichlich Tee. Was John sucht, ist derzeit wohl nicht zu finden. Also fährt der Chef vor uns her zurück nach Dayu. Um einen weiteren Mineralienfreund zu besuchen, wie es heisst, vor allem aber wohl, um uns, speziell mich, von der Mine wegzubekommen. Unterwegs geraten wir in eine Polizeikontrolle - mir wird's schon wieder ganz mulmig. Der Chef unterhält sich kurz mit den Polizisten, dann können wir unbehelligt durchfahren.
In Dayu besuchen wir bald darauf wieder eine Mineralienfreundwohnung. Der Sammler ist stolzer Eigentümer einer Großstufe, etwa 1 m lang und fast 50 cm hoch, aus weißem Quarz und grünem Fluorit - die ist allerdings beeindruckend. Bevor ich sie aber ausgiebig betrachten darf, wird sie erst mit Hilfe der bereitstehenden Spruehflasche durch einen feinen Wasserfilm zum Glaenzen gebracht. Immer noch besser als das sonst von Chinesen reichlich zu diesem Zweck verwendete Oel! Ansonsten hat er nur für mich absolut uninteressante Mineralien. Auch die anderen interessieren sich weniger für die Steine und mehr für das Basketballspiel, das gerade im Fernsehen übertragen wird: Detroit gegen Denver. Wir verabschieden uns denn auch bald. Der Chef der Mine fährt zurück zur Arbeit, wir bleiben in Dayu und fahren ein weiteres Mal zu Li Chaos Laden, wo wir nochmals seine Schätze durchforsten. Es findet sich aber kein weiteres für mich attraktives Material.
Zur Mittagszeit tauchen zwei Herren auf, mit denen wir zum Essen fahren. Der eine Herr möchte etwas über die Mineralienbörsentermine in Deutschland wissen, aber da kann ich ihm auch nur grobe Angaben machen. Nach dem Essen fahren wir zu seinem Haus. Im dritten Stock in einem separaten Zimmer mit Glasvitrinen werden die Mineralien in einer eher europäischen Art präsentiert. Es gibt viele schöne Stücke zu sehen, die Preise sind aber auch jenseits von Gut und Böse. Wir bleiben nicht allzu lange, sondern sind schon bald wieder zurück in unserem heimlichen "Basislager" hier vor Ort: Li Chaos Laden. Dort macht John in seinem tiefsten Innern die Entdeckung, dass wir morgen zurückfliegen sollten. Er führt einige Telefonate mit der Fluggesellschaft, und schon ist der Flug gebucht. Wir fahren noch schnell zum Busbahnhof und kaufen uns Fahrkarten für den darauffolgenden Tag. Uups! Fliegen! Darauf bin ich "gepäckmäßig" ja gar nicht vorbereitet, da müssen wir unser Gepäck wohl noch etwas umorganisieren. Dazu lassen wir uns von Li Chao Pappkartons und Klebeband geben, womit wir uns ins Hotel zurückziehen, um zu packen. Am Abend gibt es wieder nur ein kleines Abendessen.
Am nächsten Morgen müssen wir den 7:50-Uhr-Bus nach Ganzhou nehmen. Li Chao holt uns freundlicherweise am Hotel ab. In Dayu gibt es nämlich kaum Taxis, so dass wir anderenfalls Probleme gehabt hätten, zum Busbahnhof zu kommen. Vor der Abfahrt muss noch eine ältere Frau aus dem Bus komplimentiert werden. Obwohl drei Personen auf sie einreden und versuchen, sie vom Sitz zu zerren, gibt sie erst auf, als ein Polizist in den Bus steigt. Mehr braucht der allerdings nicht zu tun - eben nur die Autorität des Gesetzes verbreiten. Die Frau hat wohl keine Fahrkarte und auch kein Geld, um eine zu erwerben. Irgendwie tut sie mir leid, und einen Moment denke ich, ich könnte ihr ja die Fahrkarte kaufen - aber das kommt dann bestimmt irgendwie auch nicht gut, so dass ich beschließe, mich doch lieber ganz herauszuhalten.
Nach etwa zwei Stunden, um 9:50 Uhr, sind wir in Ganzhou, von wo aus es eine halbe Stunde mit dem Taxi weitergeht - so lange dauert die Fahrt zum Flughafen. Der Flieger soll um 12:50 Uhr starten, kommt aber erst mit Verspätung aus Xi'an an und dann auch erst um 14:30 Uhr los. Gegen 16:00 Uhr landen wir in Hongqiao. Ding Shifu holt uns ab, und wir bringen erst John nach Hause, bevor ich mich dann am frühen Abend - deutlich früher als erwartet, aber wohlbehalten und um einige Erfahrungen reicher - im hellen und warmen Zuhause wiederfinde.
Dienstag, 24. März 2009
Fei HeDe's Geotrip - Teil 3 - 8. Maerz 2009
Der frühe Morgen beginnt, wie schon erwartet, mit einer Überschwemmung. Beim Beziehen des Zimmers war mir schon aufgefallen, dass der Teppichboden vor der Badezimmertür deutliche Feuchtigkeitsspuren aufweist und der hölzerne Türrahmen bis in 10 cm Höhe über dem Boden total verrottet ist ... Beim Duschen läuft das Wasser denn auch schnurstracks vom Abfluss weg auf die Tür zu - es gibt keine Duschtasse und auch keinen Duschvorhang. Ich dusche mich schnell und trockne mich ab. Dann rolle ich das Badetuch zu einer langen Rolle und lege es gerade noch rechtzeitig dem Wasser in den Weg, bevor es die Schwelle erreicht, und nutze das Tuch, um das Wasser zum Abfluss zu drängen. Die Fliesen sind höllisch glitschig. (Anm. d. Red.: Ich dachte immer, in der Hoelle sei es heiss und trocken. ;-)) ) Zur Warnung steht ein entsprechender Hinweis in großen Lettern an der Wand: "Vorsicht, bei Nässe Rutschgefahr!" - allerdings auf Chinesisch. Zu allem Überfluss ist mein Ladegerät für das Mobiltelefon verschwunden. Ich mache mich mit meiner erfolgreich vor allzu interessierten Polizisten verteidigten Taschenlampe auf die Suche und finde es zum Glück letztendlich auch. Aber jetzt wird die Zeit knapp.
Punkt 6:30 Uhr klopft John und wir gehen frühstücken. Denken wir - aber das Restaurant hat noch zu. Dann muss es also ohne Frühstück gehen. Wir checken aus und wollen uns mit dem Gepäck auf den Weg zum Bahnhof machen. Aber um diese Uhrzeit sind kaum Taxis unterwegs; erst nach 10 Minuten taucht eines auf. Am Bahnhofseingang wird unser Gepäck gescannt und Johns Ausweis überprüft. Zwar hat der Zug dann 25 Minuten Verspätung, aber um 9:50 Uhr sind wir bereits in Shaoguan. Direkt neben dem Bahnhof liegt der Busbahnhof, wo wir bald darauf einen Bus nach Dayu besteigen - das liegt in der Provinz Jiangxi. Um etwa 12:30 Uhr sind wir da und werden von Li Chao, dem Bruder eines Freundes von John, in einem Geländewagen Marke Landwind abgeholt. Zuerst bringt er uns zu einem Hotel. Es soll nur 3 Sterne haben, aber sowohl Eingangshalle als auch die Zimmer hätten meiner Meinung nach durchaus einen Stern mehr verdient. Und eine Überschwemmung im Bad ist auch nicht zu erwarten. Die Dusche hat sogar Glastüren!
Anschließend geht es mit Li Chao zum Mittagessen, danach fahren wir zu Li Chaos Laden. Er verkauft Mineralien, aber das Angebot ist von mäßiger bis schlechter Qualität. Nachdem wir uns gründlich bei ihm umgesehen und sogar etwas gekauft haben, gehen wir einfach zwei Läden weiter. Bei dieser Mineralienhändlerin ist das Angebot schon viel besser, aber auch nicht gerade berauschend. Wir sind in China, also muss man selbstverständlich handeln - aber jetzt lasse ich John für mich handeln, mit dem Ergebnis, dass ich weniger als die Hälfte dessen zahle, was ich erwartet habe. Prima, so machen wir das jetzt immer! Er ist halt Profi. (Anm. d. Red.: Wie alle Chinesen, wenn's ums Handeln geht.)
Jetzt fahren wir zu einem anderen Händler. Wir betreten ein Privathaus und steigen in einem offenen Treppenhaus, das nach Rohbau aussieht, aber wohl so bleiben wird, mehrere Stockwerke hoch. Treppengeländer? Überflüssiger Schnickschnack! Oben angekommen betreten wir eine luxuriöse Wohnung. Es ist ein sehr trüber Tag - aber Licht anmachen? Gibt's nicht! Heizung ist auch Fehlanzeige. Wie es sich gehört, ziehen wir unsere Schuhe aus und bekommen dafür Gummischlappen, in denen ich im Handumdrehen (oder heisst das in diesem Fall Fußumdrehen? kalauert d. Red.) Eisfüße kriege. Am Fenster, hinter der Ledergarnitur, sind niedrige Tischchen aufgebaut, auf denen einige Mineralien liegen. Ein weiteres Zimmer wird aufgeschlossen, in dem an den Wänden rundherum Glasvitrinen mit Mineralien stehen. Die Qualität ist gut bis exzellent, aber die Preise sind astronomisch. Immerhin erstehe ich zwei kleine Stücke zu einem vernünftigen Preis und bekomme dann noch einen Fluorit - außen pfui, im Durchlicht aber hui - geschenkt. Nach einigen Tees und Zigaretten (ich rauche nicht) fahren wir weiter.
In einer anderen Wohnung begrüßen uns Vater und Sohn. Ihre Mineraliensammlung befindet sich in einem gläsernen Regal, das als Raumteiler fungiert. Darin finde ich außerdem auch noch ein paar Plastikmodelle. Als ich ihnen auf Chinesisch erkläre, dass ich als Jugendlicher auch Plastikmodelle gebaut habe, wird die Stimmung herzlich. John sucht weiter nach UV-Mineralien, während ich mich in froher Runde am Tisch bei Kerneknabbern und Zigaretten (ich rauche immer noch nicht) wiederfinde. Gemeinsames Rauchen und Sich-wieder-und-wieder-gegenseitig-Zigaretten-Anbieten ist offensichtlich ein geselliger Akt von hohem Stellenwert. Allerdings werde ich nicht zum Rauchen genötigt. Wenn ich einmal gesagt habe, dass ich Nichtraucher bin, wird mir auch weiterhin keine Zigarette mehr angeboten.
Nach solchem "Anwärmen" führt der Hausherr uns noch das Prachtstück seiner Sammlung vor, eine Quarzstufe mit Helvinkristallen, die für diese Mineralart wirklich ungewöhnlich groß sind. Ich werde fotografiert, während ich diese Stufe halte. Dann verlassen wir diese frohe Runde und fahren zurück zu Li Chaos Laden, in dem wir seine Frau antreffen: schlafend im unbeheizten und finsteren Verkaufsraum, denn mittlerweile ist es schon längst dunkel draußen. Die beiden wollen uns aber nicht mehr zum Essen begleiten, woraufhin auch unsere Mahlzeit nicht sehr üppig ausfällt. Danach gehen wir zurück zum Hotel, das, wie ich vorher bei dem ganzen Hin und Her gar nicht bemerkt hatte, gleich neben Li Chaos Laden liegt.
Punkt 6:30 Uhr klopft John und wir gehen frühstücken. Denken wir - aber das Restaurant hat noch zu. Dann muss es also ohne Frühstück gehen. Wir checken aus und wollen uns mit dem Gepäck auf den Weg zum Bahnhof machen. Aber um diese Uhrzeit sind kaum Taxis unterwegs; erst nach 10 Minuten taucht eines auf. Am Bahnhofseingang wird unser Gepäck gescannt und Johns Ausweis überprüft. Zwar hat der Zug dann 25 Minuten Verspätung, aber um 9:50 Uhr sind wir bereits in Shaoguan. Direkt neben dem Bahnhof liegt der Busbahnhof, wo wir bald darauf einen Bus nach Dayu besteigen - das liegt in der Provinz Jiangxi. Um etwa 12:30 Uhr sind wir da und werden von Li Chao, dem Bruder eines Freundes von John, in einem Geländewagen Marke Landwind abgeholt. Zuerst bringt er uns zu einem Hotel. Es soll nur 3 Sterne haben, aber sowohl Eingangshalle als auch die Zimmer hätten meiner Meinung nach durchaus einen Stern mehr verdient. Und eine Überschwemmung im Bad ist auch nicht zu erwarten. Die Dusche hat sogar Glastüren!
Anschließend geht es mit Li Chao zum Mittagessen, danach fahren wir zu Li Chaos Laden. Er verkauft Mineralien, aber das Angebot ist von mäßiger bis schlechter Qualität. Nachdem wir uns gründlich bei ihm umgesehen und sogar etwas gekauft haben, gehen wir einfach zwei Läden weiter. Bei dieser Mineralienhändlerin ist das Angebot schon viel besser, aber auch nicht gerade berauschend. Wir sind in China, also muss man selbstverständlich handeln - aber jetzt lasse ich John für mich handeln, mit dem Ergebnis, dass ich weniger als die Hälfte dessen zahle, was ich erwartet habe. Prima, so machen wir das jetzt immer! Er ist halt Profi. (Anm. d. Red.: Wie alle Chinesen, wenn's ums Handeln geht.)
Jetzt fahren wir zu einem anderen Händler. Wir betreten ein Privathaus und steigen in einem offenen Treppenhaus, das nach Rohbau aussieht, aber wohl so bleiben wird, mehrere Stockwerke hoch. Treppengeländer? Überflüssiger Schnickschnack! Oben angekommen betreten wir eine luxuriöse Wohnung. Es ist ein sehr trüber Tag - aber Licht anmachen? Gibt's nicht! Heizung ist auch Fehlanzeige. Wie es sich gehört, ziehen wir unsere Schuhe aus und bekommen dafür Gummischlappen, in denen ich im Handumdrehen (oder heisst das in diesem Fall Fußumdrehen? kalauert d. Red.) Eisfüße kriege. Am Fenster, hinter der Ledergarnitur, sind niedrige Tischchen aufgebaut, auf denen einige Mineralien liegen. Ein weiteres Zimmer wird aufgeschlossen, in dem an den Wänden rundherum Glasvitrinen mit Mineralien stehen. Die Qualität ist gut bis exzellent, aber die Preise sind astronomisch. Immerhin erstehe ich zwei kleine Stücke zu einem vernünftigen Preis und bekomme dann noch einen Fluorit - außen pfui, im Durchlicht aber hui - geschenkt. Nach einigen Tees und Zigaretten (ich rauche nicht) fahren wir weiter.
In einer anderen Wohnung begrüßen uns Vater und Sohn. Ihre Mineraliensammlung befindet sich in einem gläsernen Regal, das als Raumteiler fungiert. Darin finde ich außerdem auch noch ein paar Plastikmodelle. Als ich ihnen auf Chinesisch erkläre, dass ich als Jugendlicher auch Plastikmodelle gebaut habe, wird die Stimmung herzlich. John sucht weiter nach UV-Mineralien, während ich mich in froher Runde am Tisch bei Kerneknabbern und Zigaretten (ich rauche immer noch nicht) wiederfinde. Gemeinsames Rauchen und Sich-wieder-und-wieder-gegenseitig-Zigaretten-Anbieten ist offensichtlich ein geselliger Akt von hohem Stellenwert. Allerdings werde ich nicht zum Rauchen genötigt. Wenn ich einmal gesagt habe, dass ich Nichtraucher bin, wird mir auch weiterhin keine Zigarette mehr angeboten.
Nach solchem "Anwärmen" führt der Hausherr uns noch das Prachtstück seiner Sammlung vor, eine Quarzstufe mit Helvinkristallen, die für diese Mineralart wirklich ungewöhnlich groß sind. Ich werde fotografiert, während ich diese Stufe halte. Dann verlassen wir diese frohe Runde und fahren zurück zu Li Chaos Laden, in dem wir seine Frau antreffen: schlafend im unbeheizten und finsteren Verkaufsraum, denn mittlerweile ist es schon längst dunkel draußen. Die beiden wollen uns aber nicht mehr zum Essen begleiten, woraufhin auch unsere Mahlzeit nicht sehr üppig ausfällt. Danach gehen wir zurück zum Hotel, das, wie ich vorher bei dem ganzen Hin und Her gar nicht bemerkt hatte, gleich neben Li Chaos Laden liegt.
Montag, 23. März 2009
Fei HeDe's Geotrip - Teil 2 - 7. Maerz 2009
Am nächsten Morgen verlassen wir, nach chinesischem Frühstück, mit dem gesamten Gepäck das Hotel und fahren vom Busbahnhof aus nach Xianghualing, südwestlich von Chenzhou gelegen. Nach etwa 2 Stunden Fahrt steigen wir direkt vor dem Hotel aus und beziehen nach den Formalitäten des Eincheckens unsere Zimmer. Der Geruch in meinem Zimmer erscheint mir recht befremdlich, das Bad sehr primitiv und die Wände extrem "betreten". Hm, das gefaellt mir schon weniger. Wenigstens scheint die Bettwäsche halbwegs sauber zu sein, und Ungeziefer ist zumindest nicht offensichtlich anwesend.
Das Mittagessen nehmen wir in einem winzigen Restaurant zu uns. Anschließend holt uns ein ortsansässiger Händler ab, wieder ein sehr junger Mann, und wir folgen ihm in seine Wohnung. Nach Öffnen der Wohnungstür kommt uns gleich ein bis auf den Kopf recht kurzgeschorener Bobtail entgegen. Die "Schätze" sind in einem Schlafzimmer und in einem offenbar speziell für Mineralien reservierten Raum untergebracht. Obwohl dort nichts wirklich Besonderes zu finden war, nehme ich doch zwei recht ansehnliche Kleinstufen mit. Nachdem wir die Wohnung verlassen haben, will John auf den Berg. (Anm. d. Red.: den einen, der da neben der Stadt steht.) Zu diesem Zweck gehen wir zuerst zurück zu einem Platz, wo sich auf einer breiten Treppe einige Leute herumdrücken. John spricht sie an, und nach kurzer Diskussion gehen wir mit einem Mann los, der uns den Weg zeigen will. Zuerst holt er aber noch sein Tragwerkzeug, Seile und Packtüten, um die Brocken, die John sich zu "erbeuten" erhofft, später abtransportieren zu können. Die beiden legen gleich einen ordentlichen Schritt zu; ich kann kaum folgen. Wir haben gerade die Bergarbeitersiedlung passiert, als einer eine gute Idee hat und daraufhin unser Führer unsere Rucksäcke an seinen Tragestab hängt. Der Vorteil ist, dass er so etwas langsamer wird und ich etwas schneller.
Bald darauf, nicht weit von der Stadt entfernt, überholt uns ein Geländefahrzeug auf dem steilen Feldweg in rascher Fahrt. Nur 50 Meter weiter hält er auf einem kleinen Platz an. Als wir das Fahrzeug passieren wollen, öffnen sich die Türen und heraus kommen einige Zivilisten und einige Uniformierte: Polizei. Der Fahrer, ein Zivilist, grüßt mich mit "How do you do?", hält mir einen Ausweis unter die Nase und fängt gleich an, mit John zu reden. Nach einer kurzen Unterhaltung kramt John Geld heraus und will unseren Führer auszahlen. Daraufhin nehmen zwei der Fahrzeuginsassen den Führer beiseite. Kurz darauf ist er wieder da und bekommt eine kleine Aufwandsentschädigung. Wir "dürfen" in den Geländewagen einsteigen und fahren zurück den Berg hinunter. Nach kurzer Fahrt halten wir auf dem Hof der Polizeistation, die wir vor wenigen Minuten noch zu Fuß passiert hatten. Wir steigen aus und folgen dem Zivilisten und zwei uniformierten Beamten in das Polizeigebäude. Die Gittertür am Eingang wird geöffnet, wir treten ein und das Gitter schließt sich hinter uns - uups!
Wir werden in einen Besprechungsraum mit noblen, schweren, lederbezogenen Stuhlsesseln und dunklen, schweren Tischen geführt. Davon abgesehen sieht es nicht sehr nobel aus, alles wirkt etwas unsauber, die Fenster sind teilweise zerbrochen und vergittert. Uns werden Zigaretten angeboten, dann werden unsere Ausweise verlangt. Als wir sie zurückbekommen, wird John in einen anderen Raum gebeten. Kurz darauf kommt er wieder und ich darf den Nachbarraum betreten: ein protzig ausgestattetes Büro mit einem mächtigen Schreibtisch, einer Sitzecke mit Ledersofa und Sessel. Dieser Raum hat sogar einen Vorhang! Hinter dem Schreibtisch sitzt der besagte Zivilist, der mich so locker auf Englisch angesprochen hatte. Recht schnell merkt er, dass ich ihn nicht verstehe, so dass er John holen lässt. Er lässt sich erneut meinen Pass geben, den er mehrfach vor- und rückwärts durchblättert. Dann teilt er John etwas mit, geht zu ihm und zeigt ihm eine Seite meines Passes. Fassungslos teilt mir John mit, dass meine Aufenthaltsgenehmigung vor Monaten abgelaufen sei. Er reicht mir meinen Pass und zeigt mir die Aufenthaltsgenehmigung - die alte. Ich blättere ein paar Seiten weiter und reiche dem Herrn in Zivil erneut meinen Pass, nun an der richtigen Seite aufgeschlagen. Der schaut verdutzt drein und setzt sich wieder in Bewegung, um noch einmal Kopien zu machen. Zwischenzeitlich kommt ein weiterer Offizieller gewissermaßen in "Ziviluniform" herein, der mich misstrauisch beäugt und gelegentlich Fragen an John stellt.
Als nächstes dürfen wir den Inhalt unserer Rucksäcke vorführen, und die Bilder auf meiner Kamera werden begutachtet. Ein Polizist in Uniform interessiert sich sehr für meine kleine Taschenlampe und fragt nach dem Preis. Ich reagiere sehr ausweichend - schliesslich brauche ich die selber noch! - und versuche ihm klarzumachen, dass die Akkus nichts taugen. Aber so richtig kann ich ihn nicht überzeugen. Dann werden einige Telefonate geführt, unter anderem mit dem Händler aus Chenzhou, den wir besucht hatten - so überprüft man mal rasch unsere Geschichten. Nach einigen Tassen Tee, Austausch mehrerer Zigaretten und einem Blick auf den Computer des Zivilisten, der uns die Bilder seiner Mineraliensammlung zeigt, verlassen wir die Polizeistation nach etwa 1,5 Stunden. Aber wir können nicht etwa frei unserer Wege gehen - wir sind in Begleitung eines Polizisten. John teilt mir mit, dass wir die Stadt sofort wieder zu verlassen hätten. Unser Gepäck dürfen wir aber mitnehmen, machen uns also auf den Weg zurück zum Hotel. Auf halbem Weg stelle ich fest, dass ich dummerweise meine Kappe in der Polizeistation habe liegen lassen. Während John zurückläuft, um die Kappe zu holen, kommt der Polizist wieder auf die Taschenlampe zu sprechen. Jetzt gelingt es mir doch, ihm klarzumachen, dass die Akkus wirklich gar nicht gut sind. Als John zurückkehrt, gibt er schliesslich endgültig Ruhe.
Im Hotel packen wir unsere Sachen, müssen die nicht in Anspruch genommene Übernachtung trotzdem bezahlen und besteigen dann, nicht weit vom Hotel entfernt, einen Bus nach Chenzhou. Der Polizist steigt mit in den Bus und achtet darauf, dass wir uns auch hinsetzen. Dann postiert er sich draußen und wartet, bis der Bus abgefahren ist. Nach ein paar Stunden Fahrt sind wir wieder in Chenzhou und fahren zu einem anderen Busbahnhof, zwecks Weiterfahrt nach Shaoguan in der Provinz Guangdong. Aber heute fährt kein Bus mehr dorthin. Also zum Bahnhof, aber ein Zug nach Shaoguan fährt heute auch nicht mehr. Also kauft John Fahrkarten für den nächsten Tag, und wir fahren zum Hotel unserer ursprünglichen Wahl, wo wir für weniger Geld deutlich bessere Zimmer bekommen. Ich bin eigentlich sogar recht froh, als ich mein Zimmer sehe, denke ich doch mit Schrecken an das Zimmer in Xianghualing. Diesmal werfe ich aber die Klimaanlage zum Heizen an. Wir nehmen noch ein kleines Abendessen zu uns und gehen früh zu Bett. Der Zug fährt morgen früh um kurz vor acht Uhr.
Das Mittagessen nehmen wir in einem winzigen Restaurant zu uns. Anschließend holt uns ein ortsansässiger Händler ab, wieder ein sehr junger Mann, und wir folgen ihm in seine Wohnung. Nach Öffnen der Wohnungstür kommt uns gleich ein bis auf den Kopf recht kurzgeschorener Bobtail entgegen. Die "Schätze" sind in einem Schlafzimmer und in einem offenbar speziell für Mineralien reservierten Raum untergebracht. Obwohl dort nichts wirklich Besonderes zu finden war, nehme ich doch zwei recht ansehnliche Kleinstufen mit. Nachdem wir die Wohnung verlassen haben, will John auf den Berg. (Anm. d. Red.: den einen, der da neben der Stadt steht.) Zu diesem Zweck gehen wir zuerst zurück zu einem Platz, wo sich auf einer breiten Treppe einige Leute herumdrücken. John spricht sie an, und nach kurzer Diskussion gehen wir mit einem Mann los, der uns den Weg zeigen will. Zuerst holt er aber noch sein Tragwerkzeug, Seile und Packtüten, um die Brocken, die John sich zu "erbeuten" erhofft, später abtransportieren zu können. Die beiden legen gleich einen ordentlichen Schritt zu; ich kann kaum folgen. Wir haben gerade die Bergarbeitersiedlung passiert, als einer eine gute Idee hat und daraufhin unser Führer unsere Rucksäcke an seinen Tragestab hängt. Der Vorteil ist, dass er so etwas langsamer wird und ich etwas schneller.
Bald darauf, nicht weit von der Stadt entfernt, überholt uns ein Geländefahrzeug auf dem steilen Feldweg in rascher Fahrt. Nur 50 Meter weiter hält er auf einem kleinen Platz an. Als wir das Fahrzeug passieren wollen, öffnen sich die Türen und heraus kommen einige Zivilisten und einige Uniformierte: Polizei. Der Fahrer, ein Zivilist, grüßt mich mit "How do you do?", hält mir einen Ausweis unter die Nase und fängt gleich an, mit John zu reden. Nach einer kurzen Unterhaltung kramt John Geld heraus und will unseren Führer auszahlen. Daraufhin nehmen zwei der Fahrzeuginsassen den Führer beiseite. Kurz darauf ist er wieder da und bekommt eine kleine Aufwandsentschädigung. Wir "dürfen" in den Geländewagen einsteigen und fahren zurück den Berg hinunter. Nach kurzer Fahrt halten wir auf dem Hof der Polizeistation, die wir vor wenigen Minuten noch zu Fuß passiert hatten. Wir steigen aus und folgen dem Zivilisten und zwei uniformierten Beamten in das Polizeigebäude. Die Gittertür am Eingang wird geöffnet, wir treten ein und das Gitter schließt sich hinter uns - uups!
Wir werden in einen Besprechungsraum mit noblen, schweren, lederbezogenen Stuhlsesseln und dunklen, schweren Tischen geführt. Davon abgesehen sieht es nicht sehr nobel aus, alles wirkt etwas unsauber, die Fenster sind teilweise zerbrochen und vergittert. Uns werden Zigaretten angeboten, dann werden unsere Ausweise verlangt. Als wir sie zurückbekommen, wird John in einen anderen Raum gebeten. Kurz darauf kommt er wieder und ich darf den Nachbarraum betreten: ein protzig ausgestattetes Büro mit einem mächtigen Schreibtisch, einer Sitzecke mit Ledersofa und Sessel. Dieser Raum hat sogar einen Vorhang! Hinter dem Schreibtisch sitzt der besagte Zivilist, der mich so locker auf Englisch angesprochen hatte. Recht schnell merkt er, dass ich ihn nicht verstehe, so dass er John holen lässt. Er lässt sich erneut meinen Pass geben, den er mehrfach vor- und rückwärts durchblättert. Dann teilt er John etwas mit, geht zu ihm und zeigt ihm eine Seite meines Passes. Fassungslos teilt mir John mit, dass meine Aufenthaltsgenehmigung vor Monaten abgelaufen sei. Er reicht mir meinen Pass und zeigt mir die Aufenthaltsgenehmigung - die alte. Ich blättere ein paar Seiten weiter und reiche dem Herrn in Zivil erneut meinen Pass, nun an der richtigen Seite aufgeschlagen. Der schaut verdutzt drein und setzt sich wieder in Bewegung, um noch einmal Kopien zu machen. Zwischenzeitlich kommt ein weiterer Offizieller gewissermaßen in "Ziviluniform" herein, der mich misstrauisch beäugt und gelegentlich Fragen an John stellt.
Als nächstes dürfen wir den Inhalt unserer Rucksäcke vorführen, und die Bilder auf meiner Kamera werden begutachtet. Ein Polizist in Uniform interessiert sich sehr für meine kleine Taschenlampe und fragt nach dem Preis. Ich reagiere sehr ausweichend - schliesslich brauche ich die selber noch! - und versuche ihm klarzumachen, dass die Akkus nichts taugen. Aber so richtig kann ich ihn nicht überzeugen. Dann werden einige Telefonate geführt, unter anderem mit dem Händler aus Chenzhou, den wir besucht hatten - so überprüft man mal rasch unsere Geschichten. Nach einigen Tassen Tee, Austausch mehrerer Zigaretten und einem Blick auf den Computer des Zivilisten, der uns die Bilder seiner Mineraliensammlung zeigt, verlassen wir die Polizeistation nach etwa 1,5 Stunden. Aber wir können nicht etwa frei unserer Wege gehen - wir sind in Begleitung eines Polizisten. John teilt mir mit, dass wir die Stadt sofort wieder zu verlassen hätten. Unser Gepäck dürfen wir aber mitnehmen, machen uns also auf den Weg zurück zum Hotel. Auf halbem Weg stelle ich fest, dass ich dummerweise meine Kappe in der Polizeistation habe liegen lassen. Während John zurückläuft, um die Kappe zu holen, kommt der Polizist wieder auf die Taschenlampe zu sprechen. Jetzt gelingt es mir doch, ihm klarzumachen, dass die Akkus wirklich gar nicht gut sind. Als John zurückkehrt, gibt er schliesslich endgültig Ruhe.
Im Hotel packen wir unsere Sachen, müssen die nicht in Anspruch genommene Übernachtung trotzdem bezahlen und besteigen dann, nicht weit vom Hotel entfernt, einen Bus nach Chenzhou. Der Polizist steigt mit in den Bus und achtet darauf, dass wir uns auch hinsetzen. Dann postiert er sich draußen und wartet, bis der Bus abgefahren ist. Nach ein paar Stunden Fahrt sind wir wieder in Chenzhou und fahren zu einem anderen Busbahnhof, zwecks Weiterfahrt nach Shaoguan in der Provinz Guangdong. Aber heute fährt kein Bus mehr dorthin. Also zum Bahnhof, aber ein Zug nach Shaoguan fährt heute auch nicht mehr. Also kauft John Fahrkarten für den nächsten Tag, und wir fahren zum Hotel unserer ursprünglichen Wahl, wo wir für weniger Geld deutlich bessere Zimmer bekommen. Ich bin eigentlich sogar recht froh, als ich mein Zimmer sehe, denke ich doch mit Schrecken an das Zimmer in Xianghualing. Diesmal werfe ich aber die Klimaanlage zum Heizen an. Wir nehmen noch ein kleines Abendessen zu uns und gehen früh zu Bett. Der Zug fährt morgen früh um kurz vor acht Uhr.
Sonntag, 22. März 2009
Brillenschlangen unterwegs
Am Freitag hatte ich ja noch - voellig abwegig eigentlich - geglaubt, dass es am Wochenende wieder schoenes sonniges Fruehlingswetter geben wuerde, mit gelbem Ding an blauem Himmel. Am Samstagmorgen ereilte mich dann die graue Wirklichkeit. Hm. Nee - bei so einem Wetter will man nicht wirklich einen Ausflug ins Blaue oder Gruene machen, ich jedenfalls nicht. So raffe ich mich endlich fuer uns beide auf und schlage vor, mal wieder den Brillenmarkt zu besuchen, nachdem Burkhard seine Brille schon seit einiger Zeit nicht mehr gut genug ist. Die Gegend rund um den Bahnhof - in dessen "Eingeweiden" sich ja der Brillenmarkt befindet - ist jetzt auch eins von den zahlreichen Abrissvierteln: Shanghai putzt sich fuer die Expo. Die Bruchbuden, von denen einige noch eine kurze Gnadenfrist zu haben scheinen, sehen aber auch wirklich schlimm aus. Und jetzt, wo man sie zum Teil besonders gut in Augenschein nehmen kann, weil drumherum schon alles abgerissen ist, ist die verrottete Substanz deutlich zu sehen.
Burkhard findet recht schnell ein neues Gestell - mal wieder was Randloses - ich such' mir einen Wolf. Am Ende finde ich doch noch ein Gestell. Der Verkaeufer behauptet, dass er uns noch kennt, und man muss es ihm fast glauben. Ich beschwer' mich gleich ueber meine jetzige Brille - angeblich war das ja das allerbeste Gestell, aber die goldene Farbe unter dem Schutzlack vertrug sich lange nicht mit meiner Haut. Nur an der kleinen Stelle an den Ohren, wo das Gestell die Haut beruehrt, aber dafuer hat es mir Aerger genug gemacht. Zuletzt sind offenbar alle Allergene aufgebraucht, und es verhaelt sich hautneutral. Der Verkaeufer hat das gleiche Gestell noch im Sortiment und bietet mir kostenlosen Austausch an - einerseits verlockend, aber ich befuerchte, dass es dann wieder von vorn losgeht, weshalb ich am Ende dankend ablehne. Es dauert eine ganze Weile und bestimmt 50 oder mehr Versuche, bevor ich eine Brille finde, die nicht bescheuert und nicht allzu langweilig aussieht. Dann muessen wir noch Schlange stehen fuer die Staerkenueberpruefung - der Laden geht ziemlich gut.
Am Ende ist es schon fast halb fuenf, als Ding Shifu uns wieder einsammelt. Wir wollen aber noch einmal zur Moganshan Lu fahren, zum "Galerien-Nest" m50. Angeblich soll die Epson-Galerie, die sich (wenig ueberraschend) auf Fotografie spezialisiert hat, ja immer an Neuem interessiert sein. Burkhard hat seine Shanghai Highlights dabei. Da ist so ein Jimmy, der aber ziemlich aetzend von oben herab erlaeutert, dass das hier nur fuer Professionelle sei. Es ginge naemlich ums Verkaufen, sagt er. Ich entgegne etwas spitz, dass diese Fotos auch zum Verkaufen seien. Jaja, meint er, das wuerde ich denken ... Dummes Zeug, wenn ich sehe, was in anderen Foto-Galerien angeboten wird, sind Burkhards Fotos mindestens so verkaeuflich, und so reagieren schliesslich auch viele, die sie zu sehen bekommen. Der Typ ist aber ueberhaupt nicht hilfreich, auf meine Frage, ob er denn jemanden kenne, der auch noch unbekannten Kuenstlern ein Forum biete, gibt er nur ausweichend Antwort und den Hinweis, dass er sich auf Zeitgenoessisches spezialisiert habe. Soweit ich das ueberschaue, leben wir allerdings in derselben Epoche wie er ... Und auf chinesische Fotografen, faellt ihm dann noch ein. Dieses Kriterium erfuellen wir offenbar nicht. Ouf!
Leicht aergerlich machen wir uns von dannen und besuchen noch eine Handvoll anderer Galerien. Die Fotos bei Epson zeigen im Moment echte Menschen (und Haustiere), die fein saeuberlich in Bilder von Hausmodellen hineinmontiert sind. Hm. Da gefaellt mir die contemporary calligraphy eines Kuenstlers, dessen Namen ich mir dummerweise nicht gemerkt habe, schon besser. Chinesische Tinte auf Reispapier, dazu rote Stempel, die er gleich flaechenweise einsetzt - gar nicht uebel. Richtig gut sind die Kopien buddhistischer Hoehlenmalereien à la Mogao. Da haben Leute eine Methode entwickelt, diese Kopien in Originaltechnik, naemlich al fresco, auf eine duenne Lehmschicht zu malen - bloss dass dahinter eben keine Hoehlenwand ist, sondern eine Rahmenrueckwand. Nicht uebel!
Am Ende fallen wir noch in die Haende von Cong FangZheng, der seine zum Teil grauenhaft kitschigen, zum Teil gar nicht so ueblen Werke (ob die wirklich alle von ihm sind??) offenbar vor allem an Langnasen verkauft. Er hat eine ganze Wand voll mit Fotos, die ihn mit wechselnden Langnasen zeigen, und wir kriegen jetzt zu (fast) jedem Foto erzaehlt, welche Landsleute darauf zu sehen sind ... Und dann gibt es da noch das sagenhafte grossformatige Werk mit einer verschneiten Berglandschaft und zwei winzigen rot gekleideten Figuren am linken unteren Bildrand, das wir anzufassen genoetigt werden. Dieses Oelbild ist naemlich total unempfindlich, und es fuehlt sich ja so gut an, und ist es nicht super?! Irgendwie hat es was, das stimmt schon ... aber am Ende sind wir doch froh, als wir uns aus diesem Laedchen wieder verdruecken koennen.
Burkhard findet recht schnell ein neues Gestell - mal wieder was Randloses - ich such' mir einen Wolf. Am Ende finde ich doch noch ein Gestell. Der Verkaeufer behauptet, dass er uns noch kennt, und man muss es ihm fast glauben. Ich beschwer' mich gleich ueber meine jetzige Brille - angeblich war das ja das allerbeste Gestell, aber die goldene Farbe unter dem Schutzlack vertrug sich lange nicht mit meiner Haut. Nur an der kleinen Stelle an den Ohren, wo das Gestell die Haut beruehrt, aber dafuer hat es mir Aerger genug gemacht. Zuletzt sind offenbar alle Allergene aufgebraucht, und es verhaelt sich hautneutral. Der Verkaeufer hat das gleiche Gestell noch im Sortiment und bietet mir kostenlosen Austausch an - einerseits verlockend, aber ich befuerchte, dass es dann wieder von vorn losgeht, weshalb ich am Ende dankend ablehne. Es dauert eine ganze Weile und bestimmt 50 oder mehr Versuche, bevor ich eine Brille finde, die nicht bescheuert und nicht allzu langweilig aussieht. Dann muessen wir noch Schlange stehen fuer die Staerkenueberpruefung - der Laden geht ziemlich gut.
Am Ende ist es schon fast halb fuenf, als Ding Shifu uns wieder einsammelt. Wir wollen aber noch einmal zur Moganshan Lu fahren, zum "Galerien-Nest" m50. Angeblich soll die Epson-Galerie, die sich (wenig ueberraschend) auf Fotografie spezialisiert hat, ja immer an Neuem interessiert sein. Burkhard hat seine Shanghai Highlights dabei. Da ist so ein Jimmy, der aber ziemlich aetzend von oben herab erlaeutert, dass das hier nur fuer Professionelle sei. Es ginge naemlich ums Verkaufen, sagt er. Ich entgegne etwas spitz, dass diese Fotos auch zum Verkaufen seien. Jaja, meint er, das wuerde ich denken ... Dummes Zeug, wenn ich sehe, was in anderen Foto-Galerien angeboten wird, sind Burkhards Fotos mindestens so verkaeuflich, und so reagieren schliesslich auch viele, die sie zu sehen bekommen. Der Typ ist aber ueberhaupt nicht hilfreich, auf meine Frage, ob er denn jemanden kenne, der auch noch unbekannten Kuenstlern ein Forum biete, gibt er nur ausweichend Antwort und den Hinweis, dass er sich auf Zeitgenoessisches spezialisiert habe. Soweit ich das ueberschaue, leben wir allerdings in derselben Epoche wie er ... Und auf chinesische Fotografen, faellt ihm dann noch ein. Dieses Kriterium erfuellen wir offenbar nicht. Ouf!
Leicht aergerlich machen wir uns von dannen und besuchen noch eine Handvoll anderer Galerien. Die Fotos bei Epson zeigen im Moment echte Menschen (und Haustiere), die fein saeuberlich in Bilder von Hausmodellen hineinmontiert sind. Hm. Da gefaellt mir die contemporary calligraphy eines Kuenstlers, dessen Namen ich mir dummerweise nicht gemerkt habe, schon besser. Chinesische Tinte auf Reispapier, dazu rote Stempel, die er gleich flaechenweise einsetzt - gar nicht uebel. Richtig gut sind die Kopien buddhistischer Hoehlenmalereien à la Mogao. Da haben Leute eine Methode entwickelt, diese Kopien in Originaltechnik, naemlich al fresco, auf eine duenne Lehmschicht zu malen - bloss dass dahinter eben keine Hoehlenwand ist, sondern eine Rahmenrueckwand. Nicht uebel!
Am Ende fallen wir noch in die Haende von Cong FangZheng, der seine zum Teil grauenhaft kitschigen, zum Teil gar nicht so ueblen Werke (ob die wirklich alle von ihm sind??) offenbar vor allem an Langnasen verkauft. Er hat eine ganze Wand voll mit Fotos, die ihn mit wechselnden Langnasen zeigen, und wir kriegen jetzt zu (fast) jedem Foto erzaehlt, welche Landsleute darauf zu sehen sind ... Und dann gibt es da noch das sagenhafte grossformatige Werk mit einer verschneiten Berglandschaft und zwei winzigen rot gekleideten Figuren am linken unteren Bildrand, das wir anzufassen genoetigt werden. Dieses Oelbild ist naemlich total unempfindlich, und es fuehlt sich ja so gut an, und ist es nicht super?! Irgendwie hat es was, das stimmt schon ... aber am Ende sind wir doch froh, als wir uns aus diesem Laedchen wieder verdruecken koennen.
Dienstag, 17. März 2009
Die spinnen, die Langnasen!
So hat heute wahrscheinlich die Putzfrau gedacht, die zu spaeter Stunde, naemlich als ich nach Hause kam, die Etagen-Muelleimer leerte. Ich steige ja immer noch taeglich die Treppen hinauf, und irgendwo auf der achten Etage begegnete ich ihr zuerst. Und dann auch noch im Halbdunkel des Treppenhauses, da die Beleuchtung wieder mal nicht ordnungsgemaess angeschaltet wurde - irgendwie funktioniert die Bewegungsmelderschaltung nicht richtig. Auf der zehnten Etage traf ich sie gleich noch einmal, da kannte sie mich schon, aber auf der zwoelften kam es ihr dann doch so komisch vor, dass sie mich ansprach und mir zu bedeuten versuchte, ich koenne wohl mit dem Aufzug fahren, obgleich sie darin ihre Muelltueten sammele. Denn dass jemand freiwillig zu Fuss ginge, ist ja kaum vorstellbar. Zwischendurch begegnete mir auch noch einer aus der Staffel der uniformierten professionellen "Sicherheitsverbreiter", das war vielleicht ein Gedraenge heute im Treppenhaus! Ein Tag "fuer rot im Kalender aaanzestreische", wie man in Koeln sagen wuerde.
Auch in anderer Beziehung verdient der Tag ein rotes Kreuz im Kalender, bin ich doch heute mal richtig guter Dinge ob einer sehr gelungenen Telefonkonferenz. Die professionellen "Auf-dem-Dienstleister-Herumhacker" haben naemlich einen kleinen Daempfer bekommen, da das Herumhacken allein schliesslich wenig konstruktiv ist und bei genauem Hinsehen auch vor der eigenen Tuer noch allerlei Kehricht herumliegt. Waehrend ich sonst beim Mittagessen und beim Nachhausekommen meist zwecks Bewaeltigung des alltaeglichen Aergers erst einmal zum Rohrspatz mutiere (obwohl ich mich meist doch etwas deutlicher auszudruecken glaube als der Roh-rammer oder doch Rohr-ammer mit seinem zja-tit-tai-zi-i tsiU [Ornithologen ...!!]), habe ich mir heute vergnuegt die Haende gerieben. Mal schauen, wie lange das Vergnuegen anhaelt - zu meiner Ueberraschung hat es immerhin den heutigen Nachmittag ueberstanden.
Auch in anderer Beziehung verdient der Tag ein rotes Kreuz im Kalender, bin ich doch heute mal richtig guter Dinge ob einer sehr gelungenen Telefonkonferenz. Die professionellen "Auf-dem-Dienstleister-Herumhacker" haben naemlich einen kleinen Daempfer bekommen, da das Herumhacken allein schliesslich wenig konstruktiv ist und bei genauem Hinsehen auch vor der eigenen Tuer noch allerlei Kehricht herumliegt. Waehrend ich sonst beim Mittagessen und beim Nachhausekommen meist zwecks Bewaeltigung des alltaeglichen Aergers erst einmal zum Rohrspatz mutiere (obwohl ich mich meist doch etwas deutlicher auszudruecken glaube als der Roh-rammer oder doch Rohr-ammer mit seinem zja-tit-tai-zi-i tsiU [Ornithologen ...!!]), habe ich mir heute vergnuegt die Haende gerieben. Mal schauen, wie lange das Vergnuegen anhaelt - zu meiner Ueberraschung hat es immerhin den heutigen Nachmittag ueberstanden.
Montag, 16. März 2009
Wegger Himmel
Eigentlich heisst es ja verlorener Himmel, aber wenn man ergebnisorientiert ist (Gruss aus Kalau), dann ist er eben danach weg. Den Ort des verlorenen Himmels findet man in Shanghai in der GaoYou Lu No. 38, dort befindet sich das Restaurant dieses Namens (mit einer ueberaus schicken Website). Eigentlich wollten wir dort gestern mit einem Kollegen und seiner Frau hin, die in einem der Nachbartuerme wohnen, aber da Unstimmigkeiten darueber bestanden, ob das Essen am 14. oder am Sonntag stattfinden sollte, hat es leider nicht geklappt. Da wir nun aber nichts eingekauft hatten, mussten wir ja trotzdem irgendwo hin fahren, und warum dann nicht gleich dahin? Da das Wetter immer noch gut war, konnten wir es ja wagen, mit dem Taxi zu fahren. Schliesslich gilt fuer mich, anders als im Zoo, nicht die Regel "Love me, don't feed me" - und ganz ohne Essen drohe ich natuerlich zu verhungern ...
Die GaoYou Lu liegt in der ehemaligen franzoesischen Konzession, und das Restaurant ist ebenso schick hergerichtet wie die Website. Offenbar fuer Langnasen, denn es ist da so dunkel, dass man kaum sehen kann, was aufgetischt wird! Dabei sieht es vermutlich alles gar nicht mal so schlecht aus, farbenfroh und appetitlich, denn hier gibt es Gerichte aus (Burma und) Yunnan, wo bekanntlich viele verschiedene Minderheiten jede mit ihren eigenen sowie chinesischen und suedostasiatischen, speziell thailaendischen Einfluessen kocht. Gar nicht so schlecht ... der Dai-Fisch mit sieben Gewuerzen, das scharfe Rindfleisch nach Art der Hab-ich-vergessen (offenbar mit Limettensaft abgeschmeckt, lecker!) sind gut - bloss das in Tamarindensaft gekochte Gemuese schmeckte total nach Gruenkohl. Nur dass es nicht so fein gehackt war und der Saft dem Gericht im Vergleich zum bekannten deftigen deutschen Winteressen eine etwas fruchtigere Note verlieh.
Dieses Restaurantkonzept funktioniert offenbar gut, denn es war recht voll und die Langnasendichte war ziemlich hoch - allerdings kommen auch Chinesen, einige sogar ohne langnasige Begleitung. Dass man Zeit und Raum vergisst und sozusagen mitsamt dem Himmel verloren geht, kann ich allerdings nicht bestaetigen.
Die GaoYou Lu liegt in der ehemaligen franzoesischen Konzession, und das Restaurant ist ebenso schick hergerichtet wie die Website. Offenbar fuer Langnasen, denn es ist da so dunkel, dass man kaum sehen kann, was aufgetischt wird! Dabei sieht es vermutlich alles gar nicht mal so schlecht aus, farbenfroh und appetitlich, denn hier gibt es Gerichte aus (Burma und) Yunnan, wo bekanntlich viele verschiedene Minderheiten jede mit ihren eigenen sowie chinesischen und suedostasiatischen, speziell thailaendischen Einfluessen kocht. Gar nicht so schlecht ... der Dai-Fisch mit sieben Gewuerzen, das scharfe Rindfleisch nach Art der Hab-ich-vergessen (offenbar mit Limettensaft abgeschmeckt, lecker!) sind gut - bloss das in Tamarindensaft gekochte Gemuese schmeckte total nach Gruenkohl. Nur dass es nicht so fein gehackt war und der Saft dem Gericht im Vergleich zum bekannten deftigen deutschen Winteressen eine etwas fruchtigere Note verlieh.
Dieses Restaurantkonzept funktioniert offenbar gut, denn es war recht voll und die Langnasendichte war ziemlich hoch - allerdings kommen auch Chinesen, einige sogar ohne langnasige Begleitung. Dass man Zeit und Raum vergisst und sozusagen mitsamt dem Himmel verloren geht, kann ich allerdings nicht bestaetigen.
Sonntag, 15. März 2009
Fei HeDe's Geotrip - Teil 1 - 5./6. Maerz 2009
Ich habe Burkhards Reisenotizen und Erzaehlungen redaktionell ueberarbeitet und bin zu dem folgenden Ergebnis gekommen:
Am Vormittag hole ich John Chen mit Ding Shifu zu Hause ab. John ist Mineralienhändler und auf UV-Mineralien spezialisiert; auf dieser Reise ist er mein Begleiter. Wir fahren zum Südbahnhof, einem sehr ungewoehnlich gestalteten runden Bauwerk. Dort betreten wir recht zügig den Wartebereich, da John die Fahrkarten schon einige Tage vorher gekauft hatte. Der Wartebereich liegt ueber den Gleisen, so dass wir zur (puenktlichen) Abfahrt ein Stockwerk hinabsteigen. Im Zug gibt es fuer uns keine Sitze, sondern nur Betten in einem offenen Sechser-Abteil mit je drei Betten übereinander an jeder Seite. Die Bettwäsche ist immerhin frisch gewaschen (entsetzte Anm. der Red.: was wohl auch sonst?!!??) und sauber. Tagsueber zum Sitzen ist es in einem Bettenabteil nicht sooo bequem, und später entpuppte sich einer der Mitfahrer als "Sägewerkbesitzer", aber irgendwie habe ich dann doch etwas schlafen können. Eine Viertelstunde vor unserer Ankunft werden wir von der Schaffnerin geweckt und bekommen unsere Fahrkarten zurueck, muessen im Gegenzug aber die dafür erhaltenen Platzkarten wieder abgeben. Uebrigens erreichen wir Chenzhou bereits nach vierzehneinhalb Stunden Zugfahrt - nicht etwa nach 18, wie John schon Tage vorher verkündet hatte.
Wir stehen also mitten in der Nacht um 2:30 Uhr in Chenzhou am Bahnhof und erreichen um 3:00 Uhr unser Hotel. Dort sind aber keine Zimmer mehr frei. John geht erst einmal ohne mich zum nächstgelegenen Hotel (Anm. der Red.: na, wenigstens gibt es noch eins dort!) und holt mich dann 10 Minuten später ab. Schon die Empfangshalle laesst vermuten, dass dieses Hotel einen Stern weniger hat (wenn das erste überhaupt einen gehabt haben sollte ;-)) ), aber das Zimmer ist halbwegs in Ordnung. Das Bad primitiv: "Hockgrab", Dusche ohne Vorhang und Duschtasse, mäßiger Waschtisch, die Armaturen schon etwas abgewrackt. Die ehemals weißen Zimmerwände sind buchstaeblich recht betreten. (Was machen die Chinesen bloss in einem Hotelzimmer??? Wie kommen Schuhabdruecke in 1,50 Meter Hoehe an die Wand?) (Anm. der Red.: Vermutlich so.) Man koennte vielleicht mal neu streichen. (Anm. der Red.: Das lohnt sich aber nicht wirklich, wenn hier staendig "trainiert" wird.) Es ist ziemlich kalt im Zimmer und ich verzichte auf den Einsatz der Klimaanlage zum Heizen. Dafür habe ich dann doch etwas unter der Bettdecke gefroren. (Anm. der Red.: Selbst schuld.)
Am nächsten Morgen gibt es für uns in einem nahegelegen Restaurant ein chinesisches Frühstück, ich esse Jiaozi (dumplings) und fettiges "Brot" (aber ohne Congee, zu dem das ueblicherweise als Beilage gegessen wird). Dann steigen wir in einen Bus, der uns zunaechst nach Guiyang bringen soll. Dort angekommen muessen wir nach einem anderen Busbahnhof suchen, von dem aus wir in einen Ort fahren wollen, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Nach einigem Suchen und Fragen fahren wir mit einem weiteren Bus zu dem besagten anderen Busbahnhof, wo wir in einen dritten, ziemlich primitiven Bus umsteigen. Im Gang war eine einfache Holzbank aufgestellt, um weiteren Fahrgästen Sitzmöglichkeiten zu bieten. (Anm. der Redaktion: Wenn das mal den Sicherheitsvorschriften entspricht ... ) Über eine holprige Straße - wir "erheben" uns häufig bis zu einem halben Meter hoch von unseren Bänken - erreichen wir den namenlosen Ort. Aber wir sind immer noch nicht am Ziel, sondern mieten hier zwei Mopeds mit Fahrern an, die uns über zum Teil matschige Feldwege - die Fahrer waren immer bemüht, den vielen Pfützen auszuweichen - zu einem Dorf fahren, dessen Namen ich ebenso vergessen habe. Nach Befragung der Anwohner und zwei Telefonaten finden wir endlich die Zieladresse heraus und werden durch verwinkelte Gassen in das Dorf geführt, wo wir schliesslich ein noch traditionelles Bauernhaus erreichen: unser Ziel!
Hinter der großen Tür tut sich ein weitgehend ueberdachter Innenhof auf, in dem drei kleine Rotznasen spielen, vielleicht 2 bis 4 Jahre alt. Das mit den Rotznasen ist woertlich zu nehmen, kuemmert aber hier niemanden. Als Spielzeug hatten sie sich kleine Holzhocker auserkoren. Wie wir bald herausfinden, ist der Bergmann, der hier zu Hause ist und den wir besuchen wollen, heute aushaeusig. John telefoniert mehrmals mit ihm und das Haus wird nun systematisch (Anm. der Red.: ist das nicht in China ein Fremdwort?) nach den Mineralien abgesucht, die er uns hatte zeigen wollen und deretwegen wir eigens die laengliche Anreise auf uns genommen haben. Dabei entdecke ich ein Baby im großen elterlichen Bett, das dort böse vor sich hinhustet. Es stellt sich heraus, dass der Bergmann heute mit seiner Frau in die nächste größere Stadt zitiert worden ist, weil Kind Nummer vier angekommen war. Die Behörden sind darueber in Anbetracht der immer noch gueltigen Ein-Kind-Politik "not amused". Wie ich herauszuhoeren glaube, hatten sie die Frau zur Zwangssterilisation einbestellt. Offensichtlich ist die Wahrnehmung hier so, dass die Frau allein die Schuld an dem "Kindersegen" traegt. Mein Einwand, ob nicht der Ehemann auch daran beteiligt sei, wird mit Befremden aufgenommen. - Die gesuchten Mineralien werden trotz intensiver Suche leider nicht gefunden, so dass wir unverrichteter Dinge via Moped, Bus und Bus zurück nach Chenzhou fahren.
In Chenzhou telefoniert John mit einem anderen Mineralienhändler, der uns bald darauf an einem verabredeten Treffpunkt mit seinem Honda Accord abholt. Es handelt sich um einen sehr jungen Mann von etwa 18 Jahren, der uns nun zu seinem Lager faehrt, das mit vier Schlössern gesichert ist. Dort lagern im Erdgeschoss neben bis zu einem Quadratmeter großen, mit Kristallen übersäten Blöcken auch kleinere Stufen (Anm. der Red.: Mineralogenjargon fuer Steinstuecke), die aber nicht so recht mein Interesse wecken koennen. Nach sorgfältigem Verschließen des Lagers gehen wir daher zu einem nahegelegenen mehrstöckigen Haus, wo wir ins 1. Obergeschoss hinaufsteigen. Die Tür ist hier ebenfalls gut gesichert, und in einer ansonsten unmoeblierten Wohnung stehen reihenweise einfache, mit weissen Plastikwannen bestueckte Tische an den Wänden. Aha! in den Plastikwannen hat er wesentlich bessere Mineralien verstaut, von denen ich auch einige Stuecke erwerbe.
Anschließend fahren wir mit ihm zu einem Ladenlokal, in dem große Stufen in noblen Regalen ausgestellt sind. Im Obergeschoss finden sich weitere Großstufen von exzellenter Qualität. Nach den Preisen frage ich lieber gar nicht erst ... die dürften leicht jenseits von 1000 Euro und einem Vielfachen davon liegen ... In dem Laden trafen wir auch den Vater des jungen Mannes, der zusammen mit seinem Sohn das Geschäft betreibt. Nach einigen Tassen Tee gehen wir zusammen mit zwei weiteren dort anwesenden Chinesen, deren Rolle mir nicht ganz klar ist, zum Essen. Nach dem Essen machen wir einen kurzen Abstecher zum Hotel, wo John seine UV-Lampe holt, und fahren erneut zum Lager. Dort will John im Dunkeln nach UV-aktiven Mineralien suchen. Dass er aber die Lampe auch immer ohne Brille benutzt! Typisch chinesisch, kein Sinn fuer Arbeitssicherheit ... John kauft ein paar brauchbare Brocken, dann ist fuer heute Schluss. Wir fahren zurück zum Hotel, wo ich diesmal weniger friere.
Am Vormittag hole ich John Chen mit Ding Shifu zu Hause ab. John ist Mineralienhändler und auf UV-Mineralien spezialisiert; auf dieser Reise ist er mein Begleiter. Wir fahren zum Südbahnhof, einem sehr ungewoehnlich gestalteten runden Bauwerk. Dort betreten wir recht zügig den Wartebereich, da John die Fahrkarten schon einige Tage vorher gekauft hatte. Der Wartebereich liegt ueber den Gleisen, so dass wir zur (puenktlichen) Abfahrt ein Stockwerk hinabsteigen. Im Zug gibt es fuer uns keine Sitze, sondern nur Betten in einem offenen Sechser-Abteil mit je drei Betten übereinander an jeder Seite. Die Bettwäsche ist immerhin frisch gewaschen (entsetzte Anm. der Red.: was wohl auch sonst?!!??) und sauber. Tagsueber zum Sitzen ist es in einem Bettenabteil nicht sooo bequem, und später entpuppte sich einer der Mitfahrer als "Sägewerkbesitzer", aber irgendwie habe ich dann doch etwas schlafen können. Eine Viertelstunde vor unserer Ankunft werden wir von der Schaffnerin geweckt und bekommen unsere Fahrkarten zurueck, muessen im Gegenzug aber die dafür erhaltenen Platzkarten wieder abgeben. Uebrigens erreichen wir Chenzhou bereits nach vierzehneinhalb Stunden Zugfahrt - nicht etwa nach 18, wie John schon Tage vorher verkündet hatte.
Wir stehen also mitten in der Nacht um 2:30 Uhr in Chenzhou am Bahnhof und erreichen um 3:00 Uhr unser Hotel. Dort sind aber keine Zimmer mehr frei. John geht erst einmal ohne mich zum nächstgelegenen Hotel (Anm. der Red.: na, wenigstens gibt es noch eins dort!) und holt mich dann 10 Minuten später ab. Schon die Empfangshalle laesst vermuten, dass dieses Hotel einen Stern weniger hat (wenn das erste überhaupt einen gehabt haben sollte ;-)) ), aber das Zimmer ist halbwegs in Ordnung. Das Bad primitiv: "Hockgrab", Dusche ohne Vorhang und Duschtasse, mäßiger Waschtisch, die Armaturen schon etwas abgewrackt. Die ehemals weißen Zimmerwände sind buchstaeblich recht betreten. (Was machen die Chinesen bloss in einem Hotelzimmer??? Wie kommen Schuhabdruecke in 1,50 Meter Hoehe an die Wand?) (Anm. der Red.: Vermutlich so.) Man koennte vielleicht mal neu streichen. (Anm. der Red.: Das lohnt sich aber nicht wirklich, wenn hier staendig "trainiert" wird.) Es ist ziemlich kalt im Zimmer und ich verzichte auf den Einsatz der Klimaanlage zum Heizen. Dafür habe ich dann doch etwas unter der Bettdecke gefroren. (Anm. der Red.: Selbst schuld.)
Am nächsten Morgen gibt es für uns in einem nahegelegen Restaurant ein chinesisches Frühstück, ich esse Jiaozi (dumplings) und fettiges "Brot" (aber ohne Congee, zu dem das ueblicherweise als Beilage gegessen wird). Dann steigen wir in einen Bus, der uns zunaechst nach Guiyang bringen soll. Dort angekommen muessen wir nach einem anderen Busbahnhof suchen, von dem aus wir in einen Ort fahren wollen, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Nach einigem Suchen und Fragen fahren wir mit einem weiteren Bus zu dem besagten anderen Busbahnhof, wo wir in einen dritten, ziemlich primitiven Bus umsteigen. Im Gang war eine einfache Holzbank aufgestellt, um weiteren Fahrgästen Sitzmöglichkeiten zu bieten. (Anm. der Redaktion: Wenn das mal den Sicherheitsvorschriften entspricht ... ) Über eine holprige Straße - wir "erheben" uns häufig bis zu einem halben Meter hoch von unseren Bänken - erreichen wir den namenlosen Ort. Aber wir sind immer noch nicht am Ziel, sondern mieten hier zwei Mopeds mit Fahrern an, die uns über zum Teil matschige Feldwege - die Fahrer waren immer bemüht, den vielen Pfützen auszuweichen - zu einem Dorf fahren, dessen Namen ich ebenso vergessen habe. Nach Befragung der Anwohner und zwei Telefonaten finden wir endlich die Zieladresse heraus und werden durch verwinkelte Gassen in das Dorf geführt, wo wir schliesslich ein noch traditionelles Bauernhaus erreichen: unser Ziel!
Hinter der großen Tür tut sich ein weitgehend ueberdachter Innenhof auf, in dem drei kleine Rotznasen spielen, vielleicht 2 bis 4 Jahre alt. Das mit den Rotznasen ist woertlich zu nehmen, kuemmert aber hier niemanden. Als Spielzeug hatten sie sich kleine Holzhocker auserkoren. Wie wir bald herausfinden, ist der Bergmann, der hier zu Hause ist und den wir besuchen wollen, heute aushaeusig. John telefoniert mehrmals mit ihm und das Haus wird nun systematisch (Anm. der Red.: ist das nicht in China ein Fremdwort?) nach den Mineralien abgesucht, die er uns hatte zeigen wollen und deretwegen wir eigens die laengliche Anreise auf uns genommen haben. Dabei entdecke ich ein Baby im großen elterlichen Bett, das dort böse vor sich hinhustet. Es stellt sich heraus, dass der Bergmann heute mit seiner Frau in die nächste größere Stadt zitiert worden ist, weil Kind Nummer vier angekommen war. Die Behörden sind darueber in Anbetracht der immer noch gueltigen Ein-Kind-Politik "not amused". Wie ich herauszuhoeren glaube, hatten sie die Frau zur Zwangssterilisation einbestellt. Offensichtlich ist die Wahrnehmung hier so, dass die Frau allein die Schuld an dem "Kindersegen" traegt. Mein Einwand, ob nicht der Ehemann auch daran beteiligt sei, wird mit Befremden aufgenommen. - Die gesuchten Mineralien werden trotz intensiver Suche leider nicht gefunden, so dass wir unverrichteter Dinge via Moped, Bus und Bus zurück nach Chenzhou fahren.
In Chenzhou telefoniert John mit einem anderen Mineralienhändler, der uns bald darauf an einem verabredeten Treffpunkt mit seinem Honda Accord abholt. Es handelt sich um einen sehr jungen Mann von etwa 18 Jahren, der uns nun zu seinem Lager faehrt, das mit vier Schlössern gesichert ist. Dort lagern im Erdgeschoss neben bis zu einem Quadratmeter großen, mit Kristallen übersäten Blöcken auch kleinere Stufen (Anm. der Red.: Mineralogenjargon fuer Steinstuecke), die aber nicht so recht mein Interesse wecken koennen. Nach sorgfältigem Verschließen des Lagers gehen wir daher zu einem nahegelegenen mehrstöckigen Haus, wo wir ins 1. Obergeschoss hinaufsteigen. Die Tür ist hier ebenfalls gut gesichert, und in einer ansonsten unmoeblierten Wohnung stehen reihenweise einfache, mit weissen Plastikwannen bestueckte Tische an den Wänden. Aha! in den Plastikwannen hat er wesentlich bessere Mineralien verstaut, von denen ich auch einige Stuecke erwerbe.
Anschließend fahren wir mit ihm zu einem Ladenlokal, in dem große Stufen in noblen Regalen ausgestellt sind. Im Obergeschoss finden sich weitere Großstufen von exzellenter Qualität. Nach den Preisen frage ich lieber gar nicht erst ... die dürften leicht jenseits von 1000 Euro und einem Vielfachen davon liegen ... In dem Laden trafen wir auch den Vater des jungen Mannes, der zusammen mit seinem Sohn das Geschäft betreibt. Nach einigen Tassen Tee gehen wir zusammen mit zwei weiteren dort anwesenden Chinesen, deren Rolle mir nicht ganz klar ist, zum Essen. Nach dem Essen machen wir einen kurzen Abstecher zum Hotel, wo John seine UV-Lampe holt, und fahren erneut zum Lager. Dort will John im Dunkeln nach UV-aktiven Mineralien suchen. Dass er aber die Lampe auch immer ohne Brille benutzt! Typisch chinesisch, kein Sinn fuer Arbeitssicherheit ... John kauft ein paar brauchbare Brocken, dann ist fuer heute Schluss. Wir fahren zurück zum Hotel, wo ich diesmal weniger friere.
Samstag, 14. März 2009
Bewegte-Sachen-Garten
Ah, welche Wooohltat! Man wacht auf, der Himmel ist ein bisschen blau, die Sonne scheint, der Fluss und die Haeuser sind scharf gezeichnet und nicht grau-verschwommen. Also konnten wir heute keinesfalls zu Hause bleiben, und da Burkhard noch nicht im Bewegte-Sachen-Garten war (so lautet das chinesische Wort fuer Zoo), beschliessen wir, dass das genau das Richtige ist fuer heute.
Vorher aber sind erst noch Spuren von gestern zu beseitigen; das Freitag-der-dreizehnte-Uebel hat nicht bemerkt, dass es sich schon laengst wieder in seinem Loch haette verkriechen sollen. Nach der Extra-Tour zum Lotus (Supermarkt) ist Ding Shifu nicht erreichbar. Burkhard kommt wutschnaubend zu Fuss nach Hause. Es ist aber auch nicht zu verstehen: wenn man versuchte, ihn anzurufen - und derselbe Effekt trat bei allen Telefonen gleichermassen auf -, sagte eine Ansage, er sei "ausserhalb der Netzwerkreichweite". Hm. Was tun? Wo wir doch jetzt gleich aufbrechen wollten ... Ich schickte ihm also eine SMS, er moege uns bitte anrufen, in der Hoffnung, dass er sie moeglichst bald sehen wuerde, wenn er wieder in einen Bereich mit Empfang kaeme. Aber kaum eine Minute spaeter klingelt das Telefon, Ding Shifu ist dran. Hae?! Muss man nicht verstehen. Auf die Mitteilung, dass Burkhard schon zu Hause sei, fragte er gleich, ob er dann nach Hause fahren koenne. Da hatte er nicht sehr viel nachgedacht, denn der Kofferraum war ja voll mit den heutigen Jialefu-Einkaeufen. -
Gegen viertel nach zwei setzte er uns dann am Eingang zum Shanghai Zoo in Hongqiao ab. Der Eintritt ist nicht teuer, nur 30 RMB, aber es ist auch nicht wirklich gut. In einem frueheren Blog hatte ich schon mal berichtet ... das ist eben wirklich ein Bewegte-Sachen-Garten, also ein bepflanztes Areal mit Wegen, Baenken, Pavillons, in dem es auch ein paar bewegte Sachen gibt. Und mit Zoologie, der Wissenschaft von den Lebewesen, hat das Ganze weniger zu tun. Auch jetzt muss ich hier sitzen und mit angebrochenem Herzen schreiben, denn die drei Wildschweine wurden in einem relativ engen und eng vergitterten Gehege auf Betonboden gehalten. Kein Auslauf, nix zu wuehlen, nix zu spielen - die koennen da auch nicht leben, sondern bloss vegetieren. Der Eber hinkte immer noch (vor drei Jahren hatte er das auch schon getan), in unserem Beisein kotzte er in die Ecke und schien auch sonst nicht gerade supergute Tage zu haben. (Der Link fuehrt zu einem Buchtipp - hat ausnahmsweise mit Schwein gar nichts zu tun.) Die einzige Verbesserung bestand daran, dass die armen Schweine jetzt zu dritt waren. Geteiltes Schweineleid ist hoffentlich auch halbes Schweineleid. Oder vielleicht sogar gedritteltes.
Ausser armen Schweinen gab es auch elende Hunde, gaehnende Tiger, entartete Goldfische, nette Kamele (die sind ja immer nett, aber diese waren auch riesig), unsichtbare Nilpferde (irgendwie haben wir sie am Schluss nicht mehr gefunden), eine aus der Haut fahrende gruene Viper, die mich zum Ausruf "Nein, wie das Gruen kommt!" verleitete (denn die frische Haut war wirklich total frisch-gruen), heftigst und laut streitende Malaienbaeren, putzige rotbraune kleine Pandas, Bambus (was auch sonst?) frengelnde grosse Pandas mit Grauschleier auf dem weissen Pelzanteil, von Burkhard als Peking-Enten titulierte Mandarin-Enten, leicht hektisch wirkende Fugu-Fische und, mein Favorit des Tages, einen philosophischen Takin mit allzu langen Vorderhufen. (Schlechte Pflege, Herr Waerter!) Natuerlich gab es auch noch anderes Getier, "mit ohne" Beine, zwei Beinen, vier Beinen. (Sechs- und achtbeiniges habe ich allerdings nicht gesehen). Aber das Allerbeste waren der Sonnenschein und die Sonnenwaerme und die ersten Blattknospen und Blueten als Fruehlingsboten. Um halb sechs wurde die Luft schon merklich frischer, und die Sonne stand schon sehr tief - Zeit fuer den Heimweg. Und nach soviel (relativ) frischer Luft und einem leckeren Abendessen habe ich jetzt schon vor neun die noetige Bettschwere ...
Vorher aber sind erst noch Spuren von gestern zu beseitigen; das Freitag-der-dreizehnte-Uebel hat nicht bemerkt, dass es sich schon laengst wieder in seinem Loch haette verkriechen sollen. Nach der Extra-Tour zum Lotus (Supermarkt) ist Ding Shifu nicht erreichbar. Burkhard kommt wutschnaubend zu Fuss nach Hause. Es ist aber auch nicht zu verstehen: wenn man versuchte, ihn anzurufen - und derselbe Effekt trat bei allen Telefonen gleichermassen auf -, sagte eine Ansage, er sei "ausserhalb der Netzwerkreichweite". Hm. Was tun? Wo wir doch jetzt gleich aufbrechen wollten ... Ich schickte ihm also eine SMS, er moege uns bitte anrufen, in der Hoffnung, dass er sie moeglichst bald sehen wuerde, wenn er wieder in einen Bereich mit Empfang kaeme. Aber kaum eine Minute spaeter klingelt das Telefon, Ding Shifu ist dran. Hae?! Muss man nicht verstehen. Auf die Mitteilung, dass Burkhard schon zu Hause sei, fragte er gleich, ob er dann nach Hause fahren koenne. Da hatte er nicht sehr viel nachgedacht, denn der Kofferraum war ja voll mit den heutigen Jialefu-Einkaeufen. -
Gegen viertel nach zwei setzte er uns dann am Eingang zum Shanghai Zoo in Hongqiao ab. Der Eintritt ist nicht teuer, nur 30 RMB, aber es ist auch nicht wirklich gut. In einem frueheren Blog hatte ich schon mal berichtet ... das ist eben wirklich ein Bewegte-Sachen-Garten, also ein bepflanztes Areal mit Wegen, Baenken, Pavillons, in dem es auch ein paar bewegte Sachen gibt. Und mit Zoologie, der Wissenschaft von den Lebewesen, hat das Ganze weniger zu tun. Auch jetzt muss ich hier sitzen und mit angebrochenem Herzen schreiben, denn die drei Wildschweine wurden in einem relativ engen und eng vergitterten Gehege auf Betonboden gehalten. Kein Auslauf, nix zu wuehlen, nix zu spielen - die koennen da auch nicht leben, sondern bloss vegetieren. Der Eber hinkte immer noch (vor drei Jahren hatte er das auch schon getan), in unserem Beisein kotzte er in die Ecke und schien auch sonst nicht gerade supergute Tage zu haben. (Der Link fuehrt zu einem Buchtipp - hat ausnahmsweise mit Schwein gar nichts zu tun.) Die einzige Verbesserung bestand daran, dass die armen Schweine jetzt zu dritt waren. Geteiltes Schweineleid ist hoffentlich auch halbes Schweineleid. Oder vielleicht sogar gedritteltes.
Ausser armen Schweinen gab es auch elende Hunde, gaehnende Tiger, entartete Goldfische, nette Kamele (die sind ja immer nett, aber diese waren auch riesig), unsichtbare Nilpferde (irgendwie haben wir sie am Schluss nicht mehr gefunden), eine aus der Haut fahrende gruene Viper, die mich zum Ausruf "Nein, wie das Gruen kommt!" verleitete (denn die frische Haut war wirklich total frisch-gruen), heftigst und laut streitende Malaienbaeren, putzige rotbraune kleine Pandas, Bambus (was auch sonst?) frengelnde grosse Pandas mit Grauschleier auf dem weissen Pelzanteil, von Burkhard als Peking-Enten titulierte Mandarin-Enten, leicht hektisch wirkende Fugu-Fische und, mein Favorit des Tages, einen philosophischen Takin mit allzu langen Vorderhufen. (Schlechte Pflege, Herr Waerter!) Natuerlich gab es auch noch anderes Getier, "mit ohne" Beine, zwei Beinen, vier Beinen. (Sechs- und achtbeiniges habe ich allerdings nicht gesehen). Aber das Allerbeste waren der Sonnenschein und die Sonnenwaerme und die ersten Blattknospen und Blueten als Fruehlingsboten. Um halb sechs wurde die Luft schon merklich frischer, und die Sonne stand schon sehr tief - Zeit fuer den Heimweg. Und nach soviel (relativ) frischer Luft und einem leckeren Abendessen habe ich jetzt schon vor neun die noetige Bettschwere ...
Freitag, 13. März 2009
Freitag der dreizehnte
Es ist wieder einmal grau, trueb und nass. Der Morgen faengt damit an, dass Ding Shifu mich ungefaehr 5 Minuten nur deshalb nicht im Regen stehen laesst, weil die Lobby und das Vordach denselben von mir abhalten. Ein Weilchen spaeter faellt mir doch wirklich meine "Eintrittskarte" (der Mitarbeiterausweis, der auch eine "Austrittskarte" ist, weil man bei uns die Tueren auch von innen nur per Karte oeffnen kann, was ich grundsaetzlich fuer ein Sicherheitsrisiko halte) in die Toilette. So dass ich noch vor dem ersten Mih-Ting (chinesisch fuer "Besprechung") den sprichwoertlichen Griff ins Klo tun muss, diesmal zu allem Ueberfluss buchstaeblich.
Zur Mittagszeit schuettet es, und der Wind ist ziemlich kalt und unangenehm. Was ich mir bestelle, Gemuese in gruenem Curry (im Thai-Laden), bekomme ich erst nach dreimaligem Nachfragen. Nein, ich will kein Fleisch, ich will GE - MUE - SE - CUR - RY. Und das ist kein Sonderwunsch, sondern steht hier ganz normal auf der Karte. Dafuer war damit sonst nichts verkehrt, das schmeckt ziemlich gut: knackig gegartes Gemuese in gruener Currysauce.
Am Nachmittag wird dann ein wichtiges Projektentscheidungs-Mih-Ting abgesagt, weil der Projektleiter keine Zeit hat. Dabei soll unser Projekt am Montag produktiv gesetzt werden, da muss man doch heute entscheiden! Sowas habe ich wirklich noch nie gehoert, und ich habe beileibe schon eine ganze Menge Projekte gemacht und noch mehr gesehen. Verkehrte Welt. Ansonsten ist mein Mund schon ganz fusselig, aber keiner will (ooooaach, ich Arme!) auf mich hoeren. Boese Welt! Aber wahrscheinlich ist das alles nur eine Tageserscheinung wegen des Datums ...
Zur Mittagszeit schuettet es, und der Wind ist ziemlich kalt und unangenehm. Was ich mir bestelle, Gemuese in gruenem Curry (im Thai-Laden), bekomme ich erst nach dreimaligem Nachfragen. Nein, ich will kein Fleisch, ich will GE - MUE - SE - CUR - RY. Und das ist kein Sonderwunsch, sondern steht hier ganz normal auf der Karte. Dafuer war damit sonst nichts verkehrt, das schmeckt ziemlich gut: knackig gegartes Gemuese in gruener Currysauce.
Am Nachmittag wird dann ein wichtiges Projektentscheidungs-Mih-Ting abgesagt, weil der Projektleiter keine Zeit hat. Dabei soll unser Projekt am Montag produktiv gesetzt werden, da muss man doch heute entscheiden! Sowas habe ich wirklich noch nie gehoert, und ich habe beileibe schon eine ganze Menge Projekte gemacht und noch mehr gesehen. Verkehrte Welt. Ansonsten ist mein Mund schon ganz fusselig, aber keiner will (ooooaach, ich Arme!) auf mich hoeren. Boese Welt! Aber wahrscheinlich ist das alles nur eine Tageserscheinung wegen des Datums ...
Donnerstag, 12. März 2009
Moralalarm
(Kennt jemand ein Wort mit ralalar? Schade auch, dass es Alarm heisst und nicht Alarom, sonst haette ich hier ein schoenes neues Palindrom gefunden.)
Ja, mit der Moral ist es schlecht bestellt, zuallererst mit meiner, denn das Wetter war (nach leichten Besserungen zwischendurch) heute wieder katastrophal, grau, trueb und richtig nass. Nicht seeehr kalt zwar, aber einfach aaeeh!
Und ansonsten fuerchte ich um die Moral unserer Chinesischlehrerin, berichtete sie doch heute, ihr room mate, also Zimmergenosse, taete dies und das und interessiere sich fuer ihre Buecher ueber Buddhismus. Ich korrigierte sie daraufhin in nachsichtigem Ton zu Zimmergenossin, denn dass Chinesen he und she verwechseln, ist an der Tagesordnung, und auf derselben immer TOP 1. Aber nein, das sei ein Mann, sagte sie mir. Wie?! Was?!! Nun, es ist natuerlich nicht genau ein Zimmergenosse, sondern ein Wohnungsgenosse - der Besitzer der Wohnung hat ein Zimmer an sie untervermietet. Na, wenn das mal gut geht ... ;-)) Das ist hier jedenfalls offenbar gang und gaebe, dass wildfremde Leute sich Wohnungen teilen. Aus ihrer letzten war sie ausgezogen, weil der oder die neue room mate nun so gar niemand war, mit dem oder der sie auskommen konnte. Ganz schoen frustrierend. Und Heimatgefuehl aus Moebeln beziehen, wie ich das zum Beispiel tue? Fehlanzeige, mindestens solange man allein wohnt. Wozu soll man Moebel besitzen?, fragte sie uns erstaunt.
Ja, mit der Moral ist es schlecht bestellt, zuallererst mit meiner, denn das Wetter war (nach leichten Besserungen zwischendurch) heute wieder katastrophal, grau, trueb und richtig nass. Nicht seeehr kalt zwar, aber einfach aaeeh!
Und ansonsten fuerchte ich um die Moral unserer Chinesischlehrerin, berichtete sie doch heute, ihr room mate, also Zimmergenosse, taete dies und das und interessiere sich fuer ihre Buecher ueber Buddhismus. Ich korrigierte sie daraufhin in nachsichtigem Ton zu Zimmergenossin, denn dass Chinesen he und she verwechseln, ist an der Tagesordnung, und auf derselben immer TOP 1. Aber nein, das sei ein Mann, sagte sie mir. Wie?! Was?!! Nun, es ist natuerlich nicht genau ein Zimmergenosse, sondern ein Wohnungsgenosse - der Besitzer der Wohnung hat ein Zimmer an sie untervermietet. Na, wenn das mal gut geht ... ;-)) Das ist hier jedenfalls offenbar gang und gaebe, dass wildfremde Leute sich Wohnungen teilen. Aus ihrer letzten war sie ausgezogen, weil der oder die neue room mate nun so gar niemand war, mit dem oder der sie auskommen konnte. Ganz schoen frustrierend. Und Heimatgefuehl aus Moebeln beziehen, wie ich das zum Beispiel tue? Fehlanzeige, mindestens solange man allein wohnt. Wozu soll man Moebel besitzen?, fragte sie uns erstaunt.
Montag, 9. März 2009
Die Nachrichtenlage ist etwas duenn
Im Suedosten nicht viel Neues ... hin und wieder bekomme ich 'ne SMS. "Angekommen in Xianghualing" (oder war es vielleicht Xinghualiang? ;-)) ) - "Abgefahren aus Xianghualing wg. Problem" - ich: "Problem? Was fuer'n Problem?" - "Irgendein Offizieller wollte uns hier nicht haben" - Aha, wenn man nicht gerade mit einem offiziellen Reisefuehrer unterwegs ist, kann es also schon mal sein, dass man flugs zur persona non grata erklaert wird. Nicht, dass es so geht wie angeblich in Daniel Kehlmanns neuem Roman "Ruhm", in dem - so wurde mir von einem deutschen Besucher erzaehlt, ich selbst habe das Werk nicht gelesen - jemand in kafkaesker Weise in der Versenkung verschwindet ...
Die vorletzte SMS lautete "In Dayu angekommen. Top Hotel. Viele interessante Leute kennengelernt." Da koennte mich ja glatt der Neid packen, im Buero sind immer bloss dieselben, und alles IT-Fritzen (und Liesen) ...
Die letzte SMS aber lautete "Fliegen morgen nach Shanghai zurueck". Wie, was, wo? Da denke ich, ich haette sturmfreie Bude, un'watís?
Die vorletzte SMS lautete "In Dayu angekommen. Top Hotel. Viele interessante Leute kennengelernt." Da koennte mich ja glatt der Neid packen, im Buero sind immer bloss dieselben, und alles IT-Fritzen (und Liesen) ...
Die letzte SMS aber lautete "Fliegen morgen nach Shanghai zurueck". Wie, was, wo? Da denke ich, ich haette sturmfreie Bude, un'watís?
Sonntag, 8. März 2009
Der unvergleichliche Wat - Teil 2
"Bei Vollmond wird der Wat, sobald sich die Decke aus Dunkelheit ueber ihn gelegt hat, gleich wieder zu schauerlichem Leben erweckt. Wenn die Tuerme gerade in der Finsternis fast verschwunden sind, umreisst ein blasses ueberirdisches Licht hinter ihnen ihre Form aufs Neue, und dann steigt eine riesige leuchtende Scheibe langsam durch einen fedrigen Wolkenschleier empor, wobei sie veraechtlich einen schwachen Stern erstickt, der dem dunkler werdenden Himmel schuechtern einen winzigen Lichtpunkt aufgesetzt hatte. Und in den seltsamen, metallisch-gelblichen Strahlen des Mondes werfen Sie Ihren eigenen langen Schatten vor sich auf die steinernen Bodenplatten des Dammwegs, als Sie sich schliesslich widerstrebend vom Tempel abwenden und Ihnen durch den Kopf geht, dass Sie erst noch die dunkle Halle der aeusseren Fassade passieren muessen, bevor Sie sicher sein koennen, dass Sie die Gesellschaft der Geister, die den Ort nach Sonnenuntergang fuer sich beanspruchen, hinter sich gelassen haben.
Um einen von ihnen auszumachen, brauchen Sie keine gestoerte Fantasie; werfen Sie nur einen Blick auf eine der Vorhallen an einer Stelle, an der ein Teil des Daches eingestuerzt ist. Dort steht eine grosse menschliche Gestalt; durch das Loch im Dach faellt das Mondlicht voll auf die Krone auf seinem Haupt, mit dem er sachte nickt, als ob er mit jemandem plaudern wuerde, den die Schatten vor Ihren Augen verbergen. Am naechsten Morgen werden Sie die alte brahmanische Gottheit unbeweglich und teilnahmslos wie eh und je an ihrem angestammten Platz finden, und der gesunde Menschenverstand wird Ihnen sagen, dass die einzigen Dinge, die sich an seinem Zufluchtsort zu naechtlicher Stunde bewegen konnten, die Fledermaeuse waren ... aber seltsamerweise haben solche Argumente sehr wenig Ueberzeugungskraft, wenn Sie ihn um Mitternacht allein besuchen!
Man muss uebrigens nicht bis zum Einbruch der Nacht warten, um in Angkor Wat die Naehe der Geister zu spueren. Zu allen Zeiten ist der Wat voll von ihnen: Geister von Priestern und Prinzen in Prachtgewaendern, von Wallfahrern und Tempeldienern und Taenzerinnen, und vor allem von den Tausenden einfacher Arbeiter, die geschuftet haben, um ihn zu errichten und auszuschmuecken. Ihnen kommt es so vor, als saehen Sie sie ueberall in der heissen Sonne, wie sie sich abrackern und schwitzen, mit blutenden Haenden und gedehnten Sehnen, unter den Peitschen der Aufseher und dem Laerm der Antreiber-Musik, die ihre Schreie uebertoent; wie sie die riesigen Steinbloecke ziehen, schieben, rollen und mit einer Zauberkraft, die uns auf immer verborgen bleiben wird, aufrichten und in Position bringen, um dann ihre Oberflaeche so lange zu reiben, bis die Verbindungsstellen unsichtbar geworden sind. Ueberall in den Hoefen und Galerien, in denen die himmlischen Taenzerinnen von den Waenden herablaecheln und vergangene Schlachten in dem schwankenden Panorama aufs Neue ausgefochten werden, braucht es nur wenig Fantasie, um das Klopfen der geisterhaften Meissel zu hoeren oder das schwache Klirren, das entsteht, wenn einer beiseite gelegt und ein anderer zur Hand genommen wird. Und waehrend Sie gemaechlich die endlosen schattigen Galerien der Flachreliefs abschreiten, die vom grellen Licht draussen widerstrahlen, halten Sie instinktiv Abstand von den Rueckwaenden, aus Angst, die Bildhauer zu stoeren, die - so stellen Sie es sich jedenfalls vor - dort hocken oder stehen und kurz aufsehen, wenn Sie vorbeigehen, oder von ihren leichten Bambusgeruesten herunterschauen, mit demselben stummen, traurigen Blick, mit dem auch ihre Nachkommen Sie ansehen, wenn Sie ihnen auf den Strassen oder Waldpfaden des heutigen Kambodscha begegnen.
Die meiste Zeit ueber sind die am hoechsten gelegenen Hoefe des grossartigen Wat so friedlich und still wie ein Berggipfel und werden genau so selten gestoert. Sie koennen dort so einsam sein wie der, der 'allein auf einen Berg stieg, um zu beten'; und, seltsam genug, dieser luftige Horst ist nicht etwa in der Morgendaemmerung oder bei Sonnenuntergang am einsamsten, sondern zur Mittagszeit, wenn alle Welt im gleissenden Sonnenschein zu schlafen scheint. Der ganze riesige Tempel ist in eine heisse, atemlose Stille getaucht, in die hin und wieder das Pfeifen einer Fledermaus wie ein Tropfen in ein Wasserbecken faellt; oder vielleicht wird eine 'Tokek'-Eidechse die Stille mit ihrem eigenartigen heiseren Ruf aufschrecken, den sie noch ein paar Mal wiederholt, immer leiser, bis er schliesslich unbeendet erstirbt, ganz so, als ob auch sie in einen Traum abgedriftet waere."
Damit habe ich, wie bereits erwaehnt, meinen Vorrat an Sommer-Sonne-Farbe-Waerme-Geschichten aus Angkor Wat aufgebraucht. Diesen Text von H. G. Ponder findet man uebrigens auch in der englischen Fassung online. Und immerhin, so kann ich erfreut berichten, sah es heute draussen nicht mehr furchtbar aus, es war vielmehr ein ganz klein wenig blau und zeitweise auch sonnig.
Um einen von ihnen auszumachen, brauchen Sie keine gestoerte Fantasie; werfen Sie nur einen Blick auf eine der Vorhallen an einer Stelle, an der ein Teil des Daches eingestuerzt ist. Dort steht eine grosse menschliche Gestalt; durch das Loch im Dach faellt das Mondlicht voll auf die Krone auf seinem Haupt, mit dem er sachte nickt, als ob er mit jemandem plaudern wuerde, den die Schatten vor Ihren Augen verbergen. Am naechsten Morgen werden Sie die alte brahmanische Gottheit unbeweglich und teilnahmslos wie eh und je an ihrem angestammten Platz finden, und der gesunde Menschenverstand wird Ihnen sagen, dass die einzigen Dinge, die sich an seinem Zufluchtsort zu naechtlicher Stunde bewegen konnten, die Fledermaeuse waren ... aber seltsamerweise haben solche Argumente sehr wenig Ueberzeugungskraft, wenn Sie ihn um Mitternacht allein besuchen!
Man muss uebrigens nicht bis zum Einbruch der Nacht warten, um in Angkor Wat die Naehe der Geister zu spueren. Zu allen Zeiten ist der Wat voll von ihnen: Geister von Priestern und Prinzen in Prachtgewaendern, von Wallfahrern und Tempeldienern und Taenzerinnen, und vor allem von den Tausenden einfacher Arbeiter, die geschuftet haben, um ihn zu errichten und auszuschmuecken. Ihnen kommt es so vor, als saehen Sie sie ueberall in der heissen Sonne, wie sie sich abrackern und schwitzen, mit blutenden Haenden und gedehnten Sehnen, unter den Peitschen der Aufseher und dem Laerm der Antreiber-Musik, die ihre Schreie uebertoent; wie sie die riesigen Steinbloecke ziehen, schieben, rollen und mit einer Zauberkraft, die uns auf immer verborgen bleiben wird, aufrichten und in Position bringen, um dann ihre Oberflaeche so lange zu reiben, bis die Verbindungsstellen unsichtbar geworden sind. Ueberall in den Hoefen und Galerien, in denen die himmlischen Taenzerinnen von den Waenden herablaecheln und vergangene Schlachten in dem schwankenden Panorama aufs Neue ausgefochten werden, braucht es nur wenig Fantasie, um das Klopfen der geisterhaften Meissel zu hoeren oder das schwache Klirren, das entsteht, wenn einer beiseite gelegt und ein anderer zur Hand genommen wird. Und waehrend Sie gemaechlich die endlosen schattigen Galerien der Flachreliefs abschreiten, die vom grellen Licht draussen widerstrahlen, halten Sie instinktiv Abstand von den Rueckwaenden, aus Angst, die Bildhauer zu stoeren, die - so stellen Sie es sich jedenfalls vor - dort hocken oder stehen und kurz aufsehen, wenn Sie vorbeigehen, oder von ihren leichten Bambusgeruesten herunterschauen, mit demselben stummen, traurigen Blick, mit dem auch ihre Nachkommen Sie ansehen, wenn Sie ihnen auf den Strassen oder Waldpfaden des heutigen Kambodscha begegnen.
Die meiste Zeit ueber sind die am hoechsten gelegenen Hoefe des grossartigen Wat so friedlich und still wie ein Berggipfel und werden genau so selten gestoert. Sie koennen dort so einsam sein wie der, der 'allein auf einen Berg stieg, um zu beten'; und, seltsam genug, dieser luftige Horst ist nicht etwa in der Morgendaemmerung oder bei Sonnenuntergang am einsamsten, sondern zur Mittagszeit, wenn alle Welt im gleissenden Sonnenschein zu schlafen scheint. Der ganze riesige Tempel ist in eine heisse, atemlose Stille getaucht, in die hin und wieder das Pfeifen einer Fledermaus wie ein Tropfen in ein Wasserbecken faellt; oder vielleicht wird eine 'Tokek'-Eidechse die Stille mit ihrem eigenartigen heiseren Ruf aufschrecken, den sie noch ein paar Mal wiederholt, immer leiser, bis er schliesslich unbeendet erstirbt, ganz so, als ob auch sie in einen Traum abgedriftet waere."
Damit habe ich, wie bereits erwaehnt, meinen Vorrat an Sommer-Sonne-Farbe-Waerme-Geschichten aus Angkor Wat aufgebraucht. Diesen Text von H. G. Ponder findet man uebrigens auch in der englischen Fassung online. Und immerhin, so kann ich erfreut berichten, sah es heute draussen nicht mehr furchtbar aus, es war vielmehr ein ganz klein wenig blau und zeitweise auch sonnig.
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Samstag, 7. März 2009
Der unvergleichliche Wat - Teil 1
Am vergangenen Mittwoch hat mir jemand gesagt, das graue, truebe, nasskalte da draussen (nennt sich das Wetter?) solle jetzt "nur" noch 12 Tage andauern. Was, noch fast zwei Wochen?! Wie soll ich mich denn da bei Laune halten? Schliesslich ist doch dieser Text, der jetzt gleich kommt, der dritte und letzte von den mitgebrachten literarischen Andenken an Angkor Wat, die seltsamerweise alle irgendwie mit Sonne, Licht, Farben und zum Teil auch Waerme zu tun haben und in meinem Kopf schoene Bilder "anklicken" und Erinnerungen an heisse Wintertage in Kambodscha. - Immerhin, ich muss es zugeben, habe ich heute am lichtgrauen Himmel eine Art grauweissen Fleck mit sehr unscharfen Raendern gesehen, und es hat nicht geregnet. Das andere Bild des Tages war der sehr frische Fischkopf im Supermarkt, der noch die Kiemen heftig oeffnete und schloss und wohl vergeblich zu atmen versuchte. Etwas makaber - deshalb will ich mich rasch von der ohnehin mit reichlich Eis allzu kalten Fischabteilung ab- und dem grossartigen Komplex von Angkor Wat zuwenden.
"Keiner, der je vom inneren Dammweg aus gesehen hat, wie die truebe graue Masse des riesigen Tempels nach und nach Gestalt annimmt und sich aus der Dunkelheit loest, wird diesen Anblick wohl so leicht vergessen. Lange nachdem all die anderen Sterne schon verschwunden sind, scheint der Morgenstern, immer schwaecher werdend, so lange, bis auch er im staerker werdenden Licht erstirbt. Unbestimmte Gestalten bewegen sich gespenstergleich durch die farblose Szenerie; sie nehmen diesen Weg zum Dorf, um einem der Tempelgoetter eine Blume oder eine Kerze darzubringen, alles in aeusserster Stille, die nur von dem gelegentlichen Klacken unterbrochen wird, das entsteht, wenn die Bambus-Wasserbehaelter zusammenschlagen, die an jemandes Tragstange hin und her schwingen.
Die Sonne scheint sich beim Aufgehen Zeit zu lassen. Aber schliesslich schickt sie in einer ersten morgendlichen Liebkosung langsam einen langen blassen Strahl, um die praechtigen Tuerme zu wecken, so, wie sie es Tausende Mal gemacht hat, seit die Tuerme zum ersten Mal ihrem entzueckten Blick enthuellt wurden. Und doch scheint dieser Strahl jeden Morgen mit derselben anbetenden Beruehrung auf ihnen zu verweilen, denn Angkor Wat ist ein Gebieter, dessen selbst meine Herrin, die Sonne, niemals muede werden kann.
Die Morgendaemmerung am Wat ist exquisit, der Sonnenuntergang aber ist spektakulaer. Im Zentrum seiner farbenpraechtigen Verwandlung scheint der enorme Steinhaufen ueberwaeltigend nah und doch maerchenhaft unwirklicher denn je. Die Wandreliefs in der aeusseren westlichen Galerie sind orange-rote, von lila Schatten gerahmte Bildplatten, abgeriegelt von der endlosen gleichfoermigen Reihe quadratischer Pfeiler, die weissgluehend in der Sonne liegen, und die Details der Reliefs, die an den Stellen, an denen die Haende ganzer Pilgergenerationen sie andaechtig beruehrt haben, wie poliertes Kupfer und Messing glaenzen, zeichnen sich in den suchenden Strahlen so scharf ab, dass Sie aus mehr als hundert Yards Entfernung noch die Details der Pferde und Streitwagen und Kaempfer aus den epischen Schlachten lang vergangener Zeiten ausmachen koennen. Das geschwungene, ueberhaengende Dach der Galerie erscheint in einem warmen, rosigen, lilastichigen Braun, in dem das Muster der verzierten Stein'fliesen' deutlich zu erkennen ist. Doch die zentrale Masse darueber scheint in dieser wunderlichen Beleuchtung zu ganz unmoeglichen Hoehen aufzusteigen, in denen sie alle Soliditaet verloren und die substanzlose Struktur einer Fata Morgana angenommen hat. Die Sonnenglut hat ihre Durchgaenge so gruendlich durchdrungen, dass nur hier und da ein Faden Dunkelheit das aetherische grau-goldene Spitzengewebe durchbricht, welches von den Daechern und Tuermen und mit feingliedrigen Saeulen versehenen Fenstern gebildet wird und das fast wie Wolken unmerklich mit dem gleissenden Dunst des Himmels verschmilzt.
Langsam, unter Ihren Augen, erstirbt der kupfrige Glanz der Reliefs in der Galerie, und die Kampfszenen verschwinden voellig, als ob sie in den Stein versunken waeren. Die Wand, jetzt leer und farblos, scheint sich weiter und weiter zurueckzuziehen, bis sie von der Dunkelheit vollstaendig verschluckt ist, abgeriegelt von duesternen grauen Pfeilern. Das rosa Dach nimmt erst ein kaltes Braun an und wird dann schwarz, waehrend die Sonnenstrahlen es verlassen; das goldene Licht verweilt aber noch auf den oberen Galerien, und waehrend die Sonne weiter sinkt, bahnt es sich seinen Weg immer tiefer unter die Vordaecher und Durchgaenge, bis am Ende jede Spur von Schatten in ihnen verjagt ist. Und so bleibt die Szenerie fuer die allzu kurze Zeit eines Atemzugs unveraendert, waehrend in Ihrem Ruecken der prachtvolle karminrote Sonnenball feurig hinter der aeusseren Fassade untergeht, wo er sich im stillen Wasser des heiligen Beckens spiegelt; ihre Hitze laesst die Sonne zurueck, gespeichert in dem Stein, auf dem Sie sitzen, und von wo aus sie Ihnen nun ein Leuchten mitten ins Herz sendet.
Nach und nach kriechen die flachen Strahlen, deren Licht sich zu Orange vertieft hat, hoeher und hoeher die Tuerme hinauf, wobei sie jede Ebene nur langsam zuruecklassen, als ob es ihnen widerstrebte, 'Gute Nacht' zu sagen. Sie verweilen ein oder zwei Augenblicke lang auf dem obersten von ihnen; die Spitze des hoechsten zentralen Punktes ueber dem Heiligtum flammt eine letzte Sekunde lang auf wie der Strahler eines Leuchtturms ... und verlischt ploetzlich ... Und dann nimmt der Mond, dreiviertel voll, den Schauplatz unter seine Obhut und verwandelt ihn im Handumdrehen von Gold in Silber, waehrend der Wat, eben noch erdrueckend nah, eine entfernte, geheimnisvolle Masse geworden ist, aus der alle Form und Farbe gewichen sind und die auf seltsame Weise den Eindruck eines ziemlich verschwommenen Fotos ihrer selbst erweckt."
Uebrigens habe ich den Text, der einem gewissen H. W. Ponder aus der Feder geflossen (und in einem Cambodian Glory betitelten Buch 1936 in London erschienen) ist, nicht geteilt, damit er noch fuer fast zwei Wochen reichen moege - sondern bloss, weil er mehr als doppelt so lang wie die beiden anderen ist.
"Keiner, der je vom inneren Dammweg aus gesehen hat, wie die truebe graue Masse des riesigen Tempels nach und nach Gestalt annimmt und sich aus der Dunkelheit loest, wird diesen Anblick wohl so leicht vergessen. Lange nachdem all die anderen Sterne schon verschwunden sind, scheint der Morgenstern, immer schwaecher werdend, so lange, bis auch er im staerker werdenden Licht erstirbt. Unbestimmte Gestalten bewegen sich gespenstergleich durch die farblose Szenerie; sie nehmen diesen Weg zum Dorf, um einem der Tempelgoetter eine Blume oder eine Kerze darzubringen, alles in aeusserster Stille, die nur von dem gelegentlichen Klacken unterbrochen wird, das entsteht, wenn die Bambus-Wasserbehaelter zusammenschlagen, die an jemandes Tragstange hin und her schwingen.
Die Sonne scheint sich beim Aufgehen Zeit zu lassen. Aber schliesslich schickt sie in einer ersten morgendlichen Liebkosung langsam einen langen blassen Strahl, um die praechtigen Tuerme zu wecken, so, wie sie es Tausende Mal gemacht hat, seit die Tuerme zum ersten Mal ihrem entzueckten Blick enthuellt wurden. Und doch scheint dieser Strahl jeden Morgen mit derselben anbetenden Beruehrung auf ihnen zu verweilen, denn Angkor Wat ist ein Gebieter, dessen selbst meine Herrin, die Sonne, niemals muede werden kann.
Die Morgendaemmerung am Wat ist exquisit, der Sonnenuntergang aber ist spektakulaer. Im Zentrum seiner farbenpraechtigen Verwandlung scheint der enorme Steinhaufen ueberwaeltigend nah und doch maerchenhaft unwirklicher denn je. Die Wandreliefs in der aeusseren westlichen Galerie sind orange-rote, von lila Schatten gerahmte Bildplatten, abgeriegelt von der endlosen gleichfoermigen Reihe quadratischer Pfeiler, die weissgluehend in der Sonne liegen, und die Details der Reliefs, die an den Stellen, an denen die Haende ganzer Pilgergenerationen sie andaechtig beruehrt haben, wie poliertes Kupfer und Messing glaenzen, zeichnen sich in den suchenden Strahlen so scharf ab, dass Sie aus mehr als hundert Yards Entfernung noch die Details der Pferde und Streitwagen und Kaempfer aus den epischen Schlachten lang vergangener Zeiten ausmachen koennen. Das geschwungene, ueberhaengende Dach der Galerie erscheint in einem warmen, rosigen, lilastichigen Braun, in dem das Muster der verzierten Stein'fliesen' deutlich zu erkennen ist. Doch die zentrale Masse darueber scheint in dieser wunderlichen Beleuchtung zu ganz unmoeglichen Hoehen aufzusteigen, in denen sie alle Soliditaet verloren und die substanzlose Struktur einer Fata Morgana angenommen hat. Die Sonnenglut hat ihre Durchgaenge so gruendlich durchdrungen, dass nur hier und da ein Faden Dunkelheit das aetherische grau-goldene Spitzengewebe durchbricht, welches von den Daechern und Tuermen und mit feingliedrigen Saeulen versehenen Fenstern gebildet wird und das fast wie Wolken unmerklich mit dem gleissenden Dunst des Himmels verschmilzt.
Langsam, unter Ihren Augen, erstirbt der kupfrige Glanz der Reliefs in der Galerie, und die Kampfszenen verschwinden voellig, als ob sie in den Stein versunken waeren. Die Wand, jetzt leer und farblos, scheint sich weiter und weiter zurueckzuziehen, bis sie von der Dunkelheit vollstaendig verschluckt ist, abgeriegelt von duesternen grauen Pfeilern. Das rosa Dach nimmt erst ein kaltes Braun an und wird dann schwarz, waehrend die Sonnenstrahlen es verlassen; das goldene Licht verweilt aber noch auf den oberen Galerien, und waehrend die Sonne weiter sinkt, bahnt es sich seinen Weg immer tiefer unter die Vordaecher und Durchgaenge, bis am Ende jede Spur von Schatten in ihnen verjagt ist. Und so bleibt die Szenerie fuer die allzu kurze Zeit eines Atemzugs unveraendert, waehrend in Ihrem Ruecken der prachtvolle karminrote Sonnenball feurig hinter der aeusseren Fassade untergeht, wo er sich im stillen Wasser des heiligen Beckens spiegelt; ihre Hitze laesst die Sonne zurueck, gespeichert in dem Stein, auf dem Sie sitzen, und von wo aus sie Ihnen nun ein Leuchten mitten ins Herz sendet.
Nach und nach kriechen die flachen Strahlen, deren Licht sich zu Orange vertieft hat, hoeher und hoeher die Tuerme hinauf, wobei sie jede Ebene nur langsam zuruecklassen, als ob es ihnen widerstrebte, 'Gute Nacht' zu sagen. Sie verweilen ein oder zwei Augenblicke lang auf dem obersten von ihnen; die Spitze des hoechsten zentralen Punktes ueber dem Heiligtum flammt eine letzte Sekunde lang auf wie der Strahler eines Leuchtturms ... und verlischt ploetzlich ... Und dann nimmt der Mond, dreiviertel voll, den Schauplatz unter seine Obhut und verwandelt ihn im Handumdrehen von Gold in Silber, waehrend der Wat, eben noch erdrueckend nah, eine entfernte, geheimnisvolle Masse geworden ist, aus der alle Form und Farbe gewichen sind und die auf seltsame Weise den Eindruck eines ziemlich verschwommenen Fotos ihrer selbst erweckt."
Uebrigens habe ich den Text, der einem gewissen H. W. Ponder aus der Feder geflossen (und in einem Cambodian Glory betitelten Buch 1936 in London erschienen) ist, nicht geteilt, damit er noch fuer fast zwei Wochen reichen moege - sondern bloss, weil er mehr als doppelt so lang wie die beiden anderen ist.
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Freitag, 6. März 2009
Chinesische Reiseplanung
Wenn man gegen Mittag abfaehrt und die Fahrt 18 Stunden dauert, ist man nach Adam Riese am naechsten Morgen gegen 6 Uhr am Ziel. Aber Lisi Ahda, wie der Name vermutlich auf Chinesisch heissen wuerde, hat's nicht so mit dem Kalkulieren, scheint's. Burkhard berichtete heute telefonisch, sie seien schon nach vierzehneinhalb Stunden angekommen. Im Schlafwagen, der zum Schlafen wohl relativ komfortabler war als zum Herumsitzen am Tage ... Und daher haetten sie also gegen 3 Uhr nachts das Hotel erreicht. Aber warum vorher buchen? Damit genau das nicht passiert, was nun passierte: Keine Zimmer frei. So dass die beiden dann mitten in der Nacht noch herumsuchen mussten. Aber sonst war wohl alles noch in Ordnung.
Mittwoch, 4. März 2009
Nach Chenzhou - oder: die Gestensammlung
So, nach einer Woche peniblen Einpackens (wie kann ich ca. zweieinhalbtausend Dinge in einem gar nicht sehr grossen Rucksack verstauen?) ist jetzt fast alles fertig gepackt, und Burkhard bereit fuer seine 18stuendige Bahnfahrt (viel Vergnuegen!) von Shanghai nach Chenzhou. Das liegt, grob betrachtet, im Suedosten, und zwar nicht sehr weit vom Dreilaender-aeh-provinzeneck aus Hunan, Jiangxi und Guangdong entfernt. Als Langnase sind einem diese vermutlich meistenteils unbekannt, am ehesten hat man vielleicht schon mal von Guangdong gehoert, und sei es in der deutschen Form Kanton. Die Hauptstadt der Provinz rund ums Perlflussdelta ist Guangzhou, und vor der Kueste liegt Hong Kong. Aber das ist dann alles immer noch ziemlich weit weg - das Ziel der Reise ist, wie gesagt, Chenzhou.
Anlaesslich der "Verstauungsdiskussionen" habe ich von Burkhard wieder eine neue Geste fuer meine Gestensammlung bekommen. Wo will er das Geld und die Bankkarte udglm. aufbewahren? Im (streich-mit-der-flachen-Hand-von-oben-nach-unten-ueber-das-Brustbein) Brustbeutel. Eine der Gesten aus der Kategorie "ohne haette ich gar nicht gewusst, was du meinst" ... ;-))
Leider habe ich noch keine richtige Verstaumoeglichkeit fuer die gesammelten Gesten und weiss nicht mehr genau, welche Stuecke ich noch in der Sammlung habe. Aber jetzt habe ich ja einen Blog, der koennte sich zum Sammeln eignen. Ein weiteres Prachtexemplar ist sicher die (Ellbogen angewinkelt, Hand auf Huefthoehe und nach oben geoeffnet: schliess-die-Hand-fast-und-beweg-den-Ellbogen-ein-Stueck-nach-hinten) Schublade. Kommt von Leuten, die Schubladen mit einer nach unten offenen Griffrille haben.
Anlaesslich der "Verstauungsdiskussionen" habe ich von Burkhard wieder eine neue Geste fuer meine Gestensammlung bekommen. Wo will er das Geld und die Bankkarte udglm. aufbewahren? Im (streich-mit-der-flachen-Hand-von-oben-nach-unten-ueber-das-Brustbein) Brustbeutel. Eine der Gesten aus der Kategorie "ohne haette ich gar nicht gewusst, was du meinst" ... ;-))
Leider habe ich noch keine richtige Verstaumoeglichkeit fuer die gesammelten Gesten und weiss nicht mehr genau, welche Stuecke ich noch in der Sammlung habe. Aber jetzt habe ich ja einen Blog, der koennte sich zum Sammeln eignen. Ein weiteres Prachtexemplar ist sicher die (Ellbogen angewinkelt, Hand auf Huefthoehe und nach oben geoeffnet: schliess-die-Hand-fast-und-beweg-den-Ellbogen-ein-Stueck-nach-hinten) Schublade. Kommt von Leuten, die Schubladen mit einer nach unten offenen Griffrille haben.
Dienstag, 3. März 2009
Sonnenaufgang in Angkor
"Sonnenaufgang ueber Angkor Wat ... ein Hauch von Farbe auf der allerhoechsten Turmspitze, dann ein Lichtschein, der die Tuerme umreisst. Die Silhouette der Pyramide gegen einen Himmel, der in diesem kurzen Moment des Tages kalt und flach wie ein Silberblech ist ... Sonnenaufgang ueber Angkor - ein staendig wiederholtes Wunder ... Vor zwei Stunden hatte es noch so ausgesehen, als ob die Sonne hier niemals wieder aufgehen wuerde.
Jemand bewegt sich im Dunst, der aus den Graeben aufsteigt ... Yin ... Er hat die Nacht wie immer verbracht, schlafend am Rad seines Autos. Jetzt geht er ueber den Steindamm wie ein Nachtwandler, wie einer, der von Maechten zu einem heiligen Ritus getrieben wird, die er nicht kontrollieren kann.
Er ist eine unwirkliche Figur im grauen Sarong des Nebels ... das Gespenst einer grossen Trauer ... ein kambodschanischer Marius vor den Ruinen eines Karthago des Khmer-Volks. Und in der Zauberei der Morgendaemmerung ueberschaut er das Gestern, das Gewesene von sechs Jahrhunderten. Die fahlen kleinen Geister regen sich wieder, sie marschieren von der Zikkurat herunter, wohl auf dem Rueckweg zu den Aschewolken, aus denen sie gekommen sind ... die Koenige und ihre Elefanten, die Taenzerinnen und Konkubinen, die in Brokat gekleideten Priester und die halbnackten Angehoerigen des einfachen Volkes.
Ganze Horden von ihnen gleiten ueber die Dammstrasse - es ist ein Gedraenge, das bei aller Fuelle kein Licht schluckt, ein Gedraenge, von dem kein Geraeusch ausgeht. Die Strasse ist voll von ihnen - es sind nicht die Geister eines Tages, sondern die Geister der Jahrhunderte, in denen Maenner, Frauen und Krieger diesen Weg beschritten haben. Sie eilen vorbei - zu Shivas Tuermen in der Stadtmauer von Angkor Thom, nach Sueden auf die weite Ebene, auf der, einer unbestaetigten Theorie zufolge, das nationale Leben des Khmer-Volkes vergossen wurde.
Jetzt hat die Sonne die Altarfeuer angezuendet, und die Turmspitzen glosen. Aber im naechsten Augenblick werden diese Flammen geloescht werden, und Angkor Wat wird dastehen, wie es schon immer am fruehen Morgen dagestanden hat, eine schwarze Masse mit fliessenden lichten Schatten hinter dem Gitterwerk seiner Umgaenge. Zu der Zeit werden die Phantome sich bereits dorthin zurueckgezogen haben, wo tagsueber ihr Reich ist, und die langen Hallen werden wieder einmal in ihre raetselhafte Einsamkeit versunken sein.
Was ist mit all diesen Menschen geschehen?
Sechzig Jahre Studium und Forschung koennen bislang keine zufriedenstellende Antwort geben."
Dieser Text, eine weitere Gute-Nacht-Geschichte aus Siem Reap, stammt von Robert J. Casey, aus seinem Buch Four Faces of Siva: the Detective Story of a Vanished Race, Indianapolis, 1929. Waehrend ich mich hier so mit der Uebersetzung herumschlage, stelle ich fest, dass das Uebersetzerhandwerk eines der besonders frustreichen sein muss. Wie weit darf man sich in der Satzstruktur vom Original entfernen? Wie weit muss man sich entfernen? Welches Wort aus einer Bedeutungsgruppe trifft die Atmosphaere des Originals am besten? Alles unter der Annahme, man verstehe das Original restlos und erfasse seine Atmosphaere korrekt ... na, da bleib' ich ja als brave Schusterfrau lieber bei meinen eigenen Leisten, selbst wenn die auch schon mal zum Frust gereichen koennen. Ich halte mich auch nicht fuer entscheidungsschwach, aber die schiere Anzahl der Entscheidungen, die beim Uebersetzen jedes einzelnen Halb-, ja Viertelsatzes zu treffen sind, ist schon beeindruckend.
Jemand bewegt sich im Dunst, der aus den Graeben aufsteigt ... Yin ... Er hat die Nacht wie immer verbracht, schlafend am Rad seines Autos. Jetzt geht er ueber den Steindamm wie ein Nachtwandler, wie einer, der von Maechten zu einem heiligen Ritus getrieben wird, die er nicht kontrollieren kann.
Er ist eine unwirkliche Figur im grauen Sarong des Nebels ... das Gespenst einer grossen Trauer ... ein kambodschanischer Marius vor den Ruinen eines Karthago des Khmer-Volks. Und in der Zauberei der Morgendaemmerung ueberschaut er das Gestern, das Gewesene von sechs Jahrhunderten. Die fahlen kleinen Geister regen sich wieder, sie marschieren von der Zikkurat herunter, wohl auf dem Rueckweg zu den Aschewolken, aus denen sie gekommen sind ... die Koenige und ihre Elefanten, die Taenzerinnen und Konkubinen, die in Brokat gekleideten Priester und die halbnackten Angehoerigen des einfachen Volkes.
Ganze Horden von ihnen gleiten ueber die Dammstrasse - es ist ein Gedraenge, das bei aller Fuelle kein Licht schluckt, ein Gedraenge, von dem kein Geraeusch ausgeht. Die Strasse ist voll von ihnen - es sind nicht die Geister eines Tages, sondern die Geister der Jahrhunderte, in denen Maenner, Frauen und Krieger diesen Weg beschritten haben. Sie eilen vorbei - zu Shivas Tuermen in der Stadtmauer von Angkor Thom, nach Sueden auf die weite Ebene, auf der, einer unbestaetigten Theorie zufolge, das nationale Leben des Khmer-Volkes vergossen wurde.
Jetzt hat die Sonne die Altarfeuer angezuendet, und die Turmspitzen glosen. Aber im naechsten Augenblick werden diese Flammen geloescht werden, und Angkor Wat wird dastehen, wie es schon immer am fruehen Morgen dagestanden hat, eine schwarze Masse mit fliessenden lichten Schatten hinter dem Gitterwerk seiner Umgaenge. Zu der Zeit werden die Phantome sich bereits dorthin zurueckgezogen haben, wo tagsueber ihr Reich ist, und die langen Hallen werden wieder einmal in ihre raetselhafte Einsamkeit versunken sein.
Was ist mit all diesen Menschen geschehen?
Sechzig Jahre Studium und Forschung koennen bislang keine zufriedenstellende Antwort geben."
Dieser Text, eine weitere Gute-Nacht-Geschichte aus Siem Reap, stammt von Robert J. Casey, aus seinem Buch Four Faces of Siva: the Detective Story of a Vanished Race, Indianapolis, 1929. Waehrend ich mich hier so mit der Uebersetzung herumschlage, stelle ich fest, dass das Uebersetzerhandwerk eines der besonders frustreichen sein muss. Wie weit darf man sich in der Satzstruktur vom Original entfernen? Wie weit muss man sich entfernen? Welches Wort aus einer Bedeutungsgruppe trifft die Atmosphaere des Originals am besten? Alles unter der Annahme, man verstehe das Original restlos und erfasse seine Atmosphaere korrekt ... na, da bleib' ich ja als brave Schusterfrau lieber bei meinen eigenen Leisten, selbst wenn die auch schon mal zum Frust gereichen koennen. Ich halte mich auch nicht fuer entscheidungsschwach, aber die schiere Anzahl der Entscheidungen, die beim Uebersetzen jedes einzelnen Halb-, ja Viertelsatzes zu treffen sind, ist schon beeindruckend.
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Montag, 2. März 2009
Escrita do Sudoeste
Sieht ganz so aus, als ob ich zufaellig Portugalwochen haette. Ich hab' ja mal gehoert, dass es da an der Algarve und anderswo auch schoenes Wetter geben soll, mit Sonnenschein und blauem Himmel ... schmacht ... sich verzehr ... Und die Protagonistin des "Concise Chinese-English Dictionary for Lovers" machte zwei sehr richtige Bemerkungen in und ueber Portugal: erstens "Die haben hier eine richtige Sonne in ihrem Himmel, nicht wie in England. Englische Sonne ist eine unechte Sonne, eine Literatursonne" und zweitens "Ich frage mich, ob die Traurigkeit in einem Menschen manchmal bloss von einem Mangel an Sonnenlicht kommt."
Und heute steht doch ein grosser Artikel in der Shanghai Daily, den diese wiederum nur einfach von Associated Press uebernommen hat, in dem es um die "Schrift des Suedwestens" geht. Ein bisschen was dazu (auf Deutsch) habe ich in einem anderen Blog gefunden, wo es natuerlich - ganz wie bei mir - nach dem Prinzip "alle Angaben ohne Gewaehr" zugeht. Und wenn man dann ein bisschen lossurft, stoesst man auf ein Portal fuer das "Southwest Script", in dem unter anderem die Buchstaben der besagten Schrift fein saeuberlich aufgelistet sind. Mich erinnern die ja eher an Runen als an Hieroglyphen, aber das werden die Sprach- bzw. Schriftwissenschaftler wohl besser wissen als ich. Zwar wissen sie offenbar besser als ich, aber auch "nix Genaues", denn die Escrita do Sudoeste verhaelt sich zu den "Schriftgelehrten" wie Chinesisch zu mir. Wird doch in dem AP-Artikel einer von ihnen so schoen wie folgt zitiert: "Wir koennen Buchstaben lesen und die 'Phonetik in Aktion' sehen ... aber wenn wir versuchen zu verstehen, was sie bedeuten, haben wir eine Menge Probleme." So isses!
Und heute steht doch ein grosser Artikel in der Shanghai Daily, den diese wiederum nur einfach von Associated Press uebernommen hat, in dem es um die "Schrift des Suedwestens" geht. Ein bisschen was dazu (auf Deutsch) habe ich in einem anderen Blog gefunden, wo es natuerlich - ganz wie bei mir - nach dem Prinzip "alle Angaben ohne Gewaehr" zugeht. Und wenn man dann ein bisschen lossurft, stoesst man auf ein Portal fuer das "Southwest Script", in dem unter anderem die Buchstaben der besagten Schrift fein saeuberlich aufgelistet sind. Mich erinnern die ja eher an Runen als an Hieroglyphen, aber das werden die Sprach- bzw. Schriftwissenschaftler wohl besser wissen als ich. Zwar wissen sie offenbar besser als ich, aber auch "nix Genaues", denn die Escrita do Sudoeste verhaelt sich zu den "Schriftgelehrten" wie Chinesisch zu mir. Wird doch in dem AP-Artikel einer von ihnen so schoen wie folgt zitiert: "Wir koennen Buchstaben lesen und die 'Phonetik in Aktion' sehen ... aber wenn wir versuchen zu verstehen, was sie bedeuten, haben wir eine Menge Probleme." So isses!
Sonntag, 1. März 2009
In der Nachmittagssonne
Was ich schon lange mal machen wollte ... damals, vor ungefaehr 100 Jahren, als wir ueber Weihnachten in Angkor Wat waren und uns dort im Raffles Grand Hotel d'Angkor eingemietet hatten, lag abends meist eine Gute-Nacht-Geschichte auf dem Bett, und zwar sinnigerweise jeweils ein Textstueck ueber - na was wohl - Angkor Wat. Auf Englisch, versteht sich. Und da der Titel einer dieser Geschichten etwas beschwoert, das mir heute und in den letzten Tagen dringend fehlt, will ich heute mal eine Uebersetzung davon anfertigen.
"Sie sollten den grossartigen Tempel nicht am Morgen besuchen, denn dann zeichnet er sich nur als dunkle Silhouette gegen den weissen Himmel ab; er verliert seine Pracht und den Reichtum seiner verschiedenen Ebenen. Wir muessen den Nachmittag waehlen, wenn wir die Sonne im Ruecken haben und sie uns folgt, wenn wir nach Osten gehen. Jede halbe Stunde wirft sie neue Lichter und Schatten auf ihn, bis zur Apotheose des Sonnenuntergangs. Diese Effekte sind so fesselnd und so voller Harmonie, dass man geneigt ist zu glauben, der Architekt habe sie selbst so konzipiert, er habe sie so vorhergesehen und Nutzen aus ihnen gezogen. Waehrend die beruehmtesten Heiligtuemer der Welt ihren Prunk gen Osten entfalten, einer kalten und blassen Morgensonne entgegen, bietet dieser aussergewoehnliche und einzigartige Khmer-Tempel seine fliessenden Schoenheiten dem roten Abendhimmel dar. So ist durch die Jahrhunderte hindurch das kambodschanische Zwielicht symbolisch mit der Abenddaemmerung verbunden.
Waehrend wir auf diesen herrlichen Hoehepunkt warten, einen der allerschoensten Anblicke, den der Mensch auf der Erde im Laufe seines kurzen Lebens zu sehen hoffen darf, wollen wir uns der gluehenden Zwei-Uhr-Sonne zuwenden. Lassen Sie uns die Ringgraeben ueberqueren, in denen das Wasser Jahr fuer Jahr weiter wegtrocknet, waehrend man vor kaum zehn Jahren noch darauf Boot fahren konnte. Die Pflastersteine des Strassendamms wollen unsere Fuesse schier versengen. Eine Naga-Balustrade bildet die Begrenzung. In der Mitte fuehren zwei Treppenfluchten zum Wasser hinunter. An der Westfront schafft die erste Einfriedung, deren drei uebrige Seiten von massiven Lateritwaenden gebildet werden, Raum fuer eine Galerie, die auf einer Mauer und Pfeilern ruht und auf der Aussenseite von einer Halbgalerie flankiert wird. In der Mitte liegt der grossartige Tempeleingang mit seinem dreifachen Tor, das von drei Tuermen ueberragt wird, denen mittlerweile die Spitzen fehlen. Im Norden und Sueden endet die Galerie in je einem weiteren Tor unter Kreuzgewoelben und ganz ohne Stufen, denn diese sind als Durchlass fuer Elefanten und Wagen gedacht.
Waehrend unsere Schritte im Schatten dieses maechtigen Eingangs widerhallen, entdecken wir das Werk der planmaessig vorgehenden Khmer und erkennen auch den steuernden Willen eines genialen Architekten. Wieder sehen wir die Bodensteine, das auskragende Gewoelbe, die soliden Pfeiler, die lotusblattgeschmueckten Kapitelle, die wir schon hundertemal gesehen haben. Der Plan des Torwegs ist unveraendert, und die Tuerme sind wie alle anderen. Die grundlegenden Proportionen sind die, die wir ueberall sonst auch antreffen, und wenn wir gruendlich danach suchen, werden wir ein paar kindische Konstruktionsfehler entdecken, die wir schon an frueheren Schreinen bemerkt hatten. Aber die Waende sind aufs Herrlichste bearbeitet, das ganze Ausmass ist gewachsen: die Proportionen der Eingaenge sind fast verdoppelt. Zum ersten Mal, seit wir uns im alten Kambodscha und seiner Hauptstadt bewegen, begegnen wir echten Architekten. Das fuehlen wir besonders dann, wenn wir auf der Ostseite des zentralen Eingangs stehen und zweihundert Yard entfernt, unter dem gluehenden Himmel, die ganze Tempelanlage gegen den Horizont vor uns liegen sehen. Die Architekten von Angkor Thom, wie sie uns an jedem seiner grossartigen Stadttore erwarteten, rufen 'Ich bin Leben, ich bin Kultur, ich bin Reichtum'. Aber sobald wir den Fuss in den Tempel von Angkor Wat setzen, hoeren wir seinen Schoepfergeist uns 'Ich bin Ordnung und Vernunft' entgegenrufen."
Der Text ist dem Buch Angkor von George Groslier entnommen, das 1933 in Paris veroeffentlicht wurde. Der Autor war Direktor der Kambodschanischen Kuenste und Kurator des Kambodschanischen Museums. Er wurde in Phnom Penh geboren und in Frankreich erzogen. Die englische Version des Textes gibt's auch hier.
"Sie sollten den grossartigen Tempel nicht am Morgen besuchen, denn dann zeichnet er sich nur als dunkle Silhouette gegen den weissen Himmel ab; er verliert seine Pracht und den Reichtum seiner verschiedenen Ebenen. Wir muessen den Nachmittag waehlen, wenn wir die Sonne im Ruecken haben und sie uns folgt, wenn wir nach Osten gehen. Jede halbe Stunde wirft sie neue Lichter und Schatten auf ihn, bis zur Apotheose des Sonnenuntergangs. Diese Effekte sind so fesselnd und so voller Harmonie, dass man geneigt ist zu glauben, der Architekt habe sie selbst so konzipiert, er habe sie so vorhergesehen und Nutzen aus ihnen gezogen. Waehrend die beruehmtesten Heiligtuemer der Welt ihren Prunk gen Osten entfalten, einer kalten und blassen Morgensonne entgegen, bietet dieser aussergewoehnliche und einzigartige Khmer-Tempel seine fliessenden Schoenheiten dem roten Abendhimmel dar. So ist durch die Jahrhunderte hindurch das kambodschanische Zwielicht symbolisch mit der Abenddaemmerung verbunden.
Waehrend wir auf diesen herrlichen Hoehepunkt warten, einen der allerschoensten Anblicke, den der Mensch auf der Erde im Laufe seines kurzen Lebens zu sehen hoffen darf, wollen wir uns der gluehenden Zwei-Uhr-Sonne zuwenden. Lassen Sie uns die Ringgraeben ueberqueren, in denen das Wasser Jahr fuer Jahr weiter wegtrocknet, waehrend man vor kaum zehn Jahren noch darauf Boot fahren konnte. Die Pflastersteine des Strassendamms wollen unsere Fuesse schier versengen. Eine Naga-Balustrade bildet die Begrenzung. In der Mitte fuehren zwei Treppenfluchten zum Wasser hinunter. An der Westfront schafft die erste Einfriedung, deren drei uebrige Seiten von massiven Lateritwaenden gebildet werden, Raum fuer eine Galerie, die auf einer Mauer und Pfeilern ruht und auf der Aussenseite von einer Halbgalerie flankiert wird. In der Mitte liegt der grossartige Tempeleingang mit seinem dreifachen Tor, das von drei Tuermen ueberragt wird, denen mittlerweile die Spitzen fehlen. Im Norden und Sueden endet die Galerie in je einem weiteren Tor unter Kreuzgewoelben und ganz ohne Stufen, denn diese sind als Durchlass fuer Elefanten und Wagen gedacht.
Waehrend unsere Schritte im Schatten dieses maechtigen Eingangs widerhallen, entdecken wir das Werk der planmaessig vorgehenden Khmer und erkennen auch den steuernden Willen eines genialen Architekten. Wieder sehen wir die Bodensteine, das auskragende Gewoelbe, die soliden Pfeiler, die lotusblattgeschmueckten Kapitelle, die wir schon hundertemal gesehen haben. Der Plan des Torwegs ist unveraendert, und die Tuerme sind wie alle anderen. Die grundlegenden Proportionen sind die, die wir ueberall sonst auch antreffen, und wenn wir gruendlich danach suchen, werden wir ein paar kindische Konstruktionsfehler entdecken, die wir schon an frueheren Schreinen bemerkt hatten. Aber die Waende sind aufs Herrlichste bearbeitet, das ganze Ausmass ist gewachsen: die Proportionen der Eingaenge sind fast verdoppelt. Zum ersten Mal, seit wir uns im alten Kambodscha und seiner Hauptstadt bewegen, begegnen wir echten Architekten. Das fuehlen wir besonders dann, wenn wir auf der Ostseite des zentralen Eingangs stehen und zweihundert Yard entfernt, unter dem gluehenden Himmel, die ganze Tempelanlage gegen den Horizont vor uns liegen sehen. Die Architekten von Angkor Thom, wie sie uns an jedem seiner grossartigen Stadttore erwarteten, rufen 'Ich bin Leben, ich bin Kultur, ich bin Reichtum'. Aber sobald wir den Fuss in den Tempel von Angkor Wat setzen, hoeren wir seinen Schoepfergeist uns 'Ich bin Ordnung und Vernunft' entgegenrufen."
Der Text ist dem Buch Angkor von George Groslier entnommen, das 1933 in Paris veroeffentlicht wurde. Der Autor war Direktor der Kambodschanischen Kuenste und Kurator des Kambodschanischen Museums. Er wurde in Phnom Penh geboren und in Frankreich erzogen. Die englische Version des Textes gibt's auch hier.
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