Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Sonntag, 15. März 2009

Fei HeDe's Geotrip - Teil 1 - 5./6. Maerz 2009

Ich habe Burkhards Reisenotizen und Erzaehlungen redaktionell ueberarbeitet und bin zu dem folgenden Ergebnis gekommen:

Am Vormittag hole ich John Chen mit Ding Shifu zu Hause ab. John ist Mineralienhändler und auf UV-Mineralien spezialisiert; auf dieser Reise ist er mein Begleiter. Wir fahren zum Südbahnhof, einem sehr ungewoehnlich gestalteten runden Bauwerk. Dort betreten wir recht zügig den Wartebereich, da John die Fahrkarten schon einige Tage vorher gekauft hatte. Der Wartebereich liegt ueber den Gleisen, so dass wir zur (puenktlichen) Abfahrt ein Stockwerk hinabsteigen. Im Zug gibt es fuer uns keine Sitze, sondern nur Betten in einem offenen Sechser-Abteil mit je drei Betten übereinander an jeder Seite. Die Bettwäsche ist immerhin frisch gewaschen (entsetzte Anm. der Red.: was wohl auch sonst?!!??) und sauber. Tagsueber zum Sitzen ist es in einem Bettenabteil nicht sooo bequem, und später entpuppte sich einer der Mitfahrer als "Sägewerkbesitzer", aber irgendwie habe ich dann doch etwas schlafen können. Eine Viertelstunde vor unserer Ankunft werden wir von der Schaffnerin geweckt und bekommen unsere Fahrkarten zurueck, muessen im Gegenzug aber die dafür erhaltenen Platzkarten wieder abgeben. Uebrigens erreichen wir Chenzhou bereits nach vierzehneinhalb Stunden Zugfahrt - nicht etwa nach 18, wie John schon Tage vorher verkündet hatte.

Wir stehen also mitten in der Nacht um 2:30 Uhr in Chenzhou am Bahnhof und erreichen um 3:00 Uhr unser Hotel. Dort sind aber keine Zimmer mehr frei. John geht erst einmal ohne mich zum nächstgelegenen Hotel (Anm. der Red.: na, wenigstens gibt es noch eins dort!) und holt mich dann 10 Minuten später ab. Schon die Empfangshalle laesst vermuten, dass dieses Hotel einen Stern weniger hat (wenn das erste überhaupt einen gehabt haben sollte ;-)) ), aber das Zimmer ist halbwegs in Ordnung. Das Bad primitiv: "Hockgrab", Dusche ohne Vorhang und Duschtasse, mäßiger Waschtisch, die Armaturen schon etwas abgewrackt. Die ehemals weißen Zimmerwände sind buchstaeblich recht betreten. (Was machen die Chinesen bloss in einem Hotelzimmer??? Wie kommen Schuhabdruecke in 1,50 Meter Hoehe an die Wand?) (Anm. der Red.: Vermutlich so.) Man koennte vielleicht mal neu streichen. (Anm. der Red.: Das lohnt sich aber nicht wirklich, wenn hier staendig "trainiert" wird.) Es ist ziemlich kalt im Zimmer und ich verzichte auf den Einsatz der Klimaanlage zum Heizen. Dafür habe ich dann doch etwas unter der Bettdecke gefroren. (Anm. der Red.: Selbst schuld.)

Am nächsten Morgen gibt es für uns in einem nahegelegen Restaurant ein chinesisches Frühstück, ich esse Jiaozi (dumplings) und fettiges "Brot" (aber ohne Congee, zu dem das ueblicherweise als Beilage gegessen wird). Dann steigen wir in einen Bus, der uns zunaechst nach Guiyang bringen soll. Dort angekommen muessen wir nach einem anderen Busbahnhof suchen, von dem aus wir in einen Ort fahren wollen, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Nach einigem Suchen und Fragen fahren wir mit einem weiteren Bus zu dem besagten anderen Busbahnhof, wo wir in einen dritten, ziemlich primitiven Bus umsteigen. Im Gang war eine einfache Holzbank aufgestellt, um weiteren Fahrgästen Sitzmöglichkeiten zu bieten. (Anm. der Redaktion: Wenn das mal den Sicherheitsvorschriften entspricht ... ) Über eine holprige Straße - wir "erheben" uns häufig bis zu einem halben Meter hoch von unseren Bänken - erreichen wir den namenlosen Ort. Aber wir sind immer noch nicht am Ziel, sondern mieten hier zwei Mopeds mit Fahrern an, die uns über zum Teil matschige Feldwege - die Fahrer waren immer bemüht, den vielen Pfützen auszuweichen - zu einem Dorf fahren, dessen Namen ich ebenso vergessen habe. Nach Befragung der Anwohner und zwei Telefonaten finden wir endlich die Zieladresse heraus und werden durch verwinkelte Gassen in das Dorf geführt, wo wir schliesslich ein noch traditionelles Bauernhaus erreichen: unser Ziel!

Hinter der großen Tür tut sich ein weitgehend ueberdachter Innenhof auf, in dem drei kleine Rotznasen spielen, vielleicht 2 bis 4 Jahre alt. Das mit den Rotznasen ist woertlich zu nehmen, kuemmert aber hier niemanden. Als Spielzeug hatten sie sich kleine Holzhocker auserkoren. Wie wir bald herausfinden, ist der Bergmann, der hier zu Hause ist und den wir besuchen wollen, heute aushaeusig. John telefoniert mehrmals mit ihm und das Haus wird nun systematisch (Anm. der Red.: ist das nicht in China ein Fremdwort?) nach den Mineralien abgesucht, die er uns hatte zeigen wollen und deretwegen wir eigens die laengliche Anreise auf uns genommen haben. Dabei entdecke ich ein Baby im großen elterlichen Bett, das dort böse vor sich hinhustet. Es stellt sich heraus, dass der Bergmann heute mit seiner Frau in die nächste größere Stadt zitiert worden ist, weil Kind Nummer vier angekommen war. Die Behörden sind darueber in Anbetracht der immer noch gueltigen Ein-Kind-Politik "not amused". Wie ich herauszuhoeren glaube, hatten sie die Frau zur Zwangssterilisation einbestellt. Offensichtlich ist die Wahrnehmung hier so, dass die Frau allein die Schuld an dem "Kindersegen" traegt. Mein Einwand, ob nicht der Ehemann auch daran beteiligt sei, wird mit Befremden aufgenommen. - Die gesuchten Mineralien werden trotz intensiver Suche leider nicht gefunden, so dass wir unverrichteter Dinge via Moped, Bus und Bus zurück nach Chenzhou fahren.

In Chenzhou telefoniert John mit einem anderen Mineralienhändler, der uns bald darauf an einem verabredeten Treffpunkt mit seinem Honda Accord abholt. Es handelt sich um einen sehr jungen Mann von etwa 18 Jahren, der uns nun zu seinem Lager faehrt, das mit vier Schlössern gesichert ist. Dort lagern im Erdgeschoss neben bis zu einem Quadratmeter großen, mit Kristallen übersäten Blöcken auch kleinere Stufen (Anm. der Red.: Mineralogenjargon fuer Steinstuecke), die aber nicht so recht mein Interesse wecken koennen. Nach sorgfältigem Verschließen des Lagers gehen wir daher zu einem nahegelegenen mehrstöckigen Haus, wo wir ins 1. Obergeschoss hinaufsteigen. Die Tür ist hier ebenfalls gut gesichert, und in einer ansonsten unmoeblierten Wohnung stehen reihenweise einfache, mit weissen Plastikwannen bestueckte Tische an den Wänden. Aha! in den Plastikwannen hat er wesentlich bessere Mineralien verstaut, von denen ich auch einige Stuecke erwerbe.

Anschließend fahren wir mit ihm zu einem Ladenlokal, in dem große Stufen in noblen Regalen ausgestellt sind. Im Obergeschoss finden sich weitere Großstufen von exzellenter Qualität. Nach den Preisen frage ich lieber gar nicht erst ... die dürften leicht jenseits von 1000 Euro und einem Vielfachen davon liegen ... In dem Laden trafen wir auch den Vater des jungen Mannes, der zusammen mit seinem Sohn das Geschäft betreibt. Nach einigen Tassen Tee gehen wir zusammen mit zwei weiteren dort anwesenden Chinesen, deren Rolle mir nicht ganz klar ist, zum Essen. Nach dem Essen machen wir einen kurzen Abstecher zum Hotel, wo John seine UV-Lampe holt, und fahren erneut zum Lager. Dort will John im Dunkeln nach UV-aktiven Mineralien suchen. Dass er aber die Lampe auch immer ohne Brille benutzt! Typisch chinesisch, kein Sinn fuer Arbeitssicherheit ... John kauft ein paar brauchbare Brocken, dann ist fuer heute Schluss. Wir fahren zurück zum Hotel, wo ich diesmal weniger friere.

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