Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Dienstag, 31. Juli 2007

Das Jahr des Verschweinens

Es ist soweit, ich kann Woerter mit "schwi" einfach nicht mehr auf Anhieb richtig schreiben. Das kommt dann wohl davon ... dass die (z. B.) rosa Borstenviecher bei mir staendig praesent sind. Immer mogelt sich da ein kleines e hinein, so im vorigen Post bei "verschw(e)inden". Wie gut, dass es heutzutage keine weisse, uebel- bis giftig riechende Korrekturfluessigkeit mehr braucht, die ueberdies meist zu einer Korrekturpaste gestockt und damit recht unbequem zu handhaben war, sondern dass mit dem backspace eine oekologisch absolut unbedenkliche Korrekturtaste zur Verfuegung steht, mit der man jegliches "Verschweinden" umgehend vertuschen kann.

You have in fact been twice around the moon?!

Nein. Nicht. Aha. Loriot-Freunde und -Kenner kennen das hervorragend gespielte Interview, auf das sich die Ueberschrift bezieht, und ich bin auch nicht zweimal um den Mond geflogen, sondern bloss (jedenfalls gefuehlsmaessig - was die Kilometer betrifft, mag das nicht ganz zutreffen) ein halbes Mal um die Erde. Die andere Haelfte kommt dann ja noch. Von Shanghai nach Toronto sind es etwa 15 Stunden (na prima), und ich bin jetzt zum ersten Mal in meinem/diesem Leben an der Datumsgrenze gewesen bzw. habe sie einfach ueberflogen, und zwar an der Stelle, wo sie diese Spitze hat, die ueber der Beringsee nach Osten ragt (hier kann man das ganz gut sehen). Das hat mein Zeitgefuehl nun voellig aus der Bahn geworfen, und ich weiss nicht mal, wann ich eigentlich muede sein sollte. Heute mittag hatte ich zwar eine kleine "nap attack" (Schlummeranfall klingt irgendwie weniger gut, wahrscheinlich, weil die open 'a' sounds fehlen), aber die war gar nicht schlimm, und jetzt (ca. Mitternacht hier) bin ich auch nicht muede.

In Toronto, um noch einmal kurz auf den Flug zurueckzukommen, waren wir einigermassen puenktlich um 16:30 Uhr. Da man die Einreiseformalitaeten in die USA interessanterweise schon dort in Kanada erledigt, muss man auch sein durchgechecktes Gepaeck von einem Band nehmen, hoechstpersoenlich um zwei Ecken tragen und dann wieder auf ein anderes Band werfen. Prima Konzept. Und ach, da habe ich schon die Shanghaier Effektivitaet beim Gepaeckausladen vermisst ... an diesem (ersten) Band habe ich ja eine halbe Ewigkeit gewartet! Wie gut, dass ich wenigstens zum Zeitvertreib mein gruenes Lieblingsformular, die Visa Waiver Form, ausfuellen konnte, in dem man bekanntlich so schoene Dinge beantworten muss wie die Frage, ob man beabsichtige, in den USA kriminelle Aktivitaeten aufzunehmen. Darunter die Anmerkung, dass, wenn man diese oder eine der anderen Fragen aehnlicher Gueteklasse ("Waren Sie zwischen 1933 und 1945 an Nazi-Verbrechen beteiligt?" oder so aehnlich - bald gibt es rein physisch wohl keine/n mehr, der das noch positiv beantworten koennte ... bin gespannt, ob ich noch erlebe, dass diese Frage aus dem Fragenkatalog verschwindet) mit 'ja' beantworten muesse, man sich besser vor Reiseantritt an die amerikanische Botschaft haette wenden sollen (ist ja dann schon zu spaet), da es u.U. sein koenne, dass einem die Einreise verweigert werde. Ich stelle mir also vor, dass eine finstere Gestalt mit sizilianischem Akzent zur Botschaft geht und dort dem diensthabenden Beamten erklaert, er (oder eigentlich sie, die Gestalt) wolle in Connecticut eine neue Filiale seines/ihres florierenden Drogenhandels eroeffnen und auch seine/ihre bewaehrten CRM-Tools* einsetzen, als da waeren schwarz gekleidete Bodyguards und ein entsicherter Revolver ... Ich weiss, ich weiss, alles viel zu platt im Vergleich zu einem feinsinnigen Loriot-Sketch, aber genau so ein Bild legt doch diese gruene Visa Waiver Form nahe!

Irgendwann bin in dann in der Maple Leaf Lounge (Salon feuille d'érable) eingetrudelt und hatte Zeit, dort stundenlang herumzulungern. Ich muss mal bei Gelegenheit Nachforschungen anstellen - garantiert haben Lounge und herumlungern dieselben etymologischen Wurzeln. Puenktlich zur angegebenen Boarding-Zeit war ich an "meinem" Ausgang - nur um nach etwa einer weiteren halben Stunde Wartezeit zu erfahren, dass wir leider statt um 21:10 Uhr erst um 22:00 Uhr wuerden abfliegen koennen ... und als es 22:00 Uhr war, wurde die Anzeige ohne weitere Ankuendigung auf 22:10 Uhr geaendert ... wie oede. Am Ende sind wir aber doch noch losgeflogen und zwar spaet, ansonsten aber gut angekommen. Der zu meiner Abholung bereitstehende Chauffeur stand dann wahrscheinlich schon laenger da, als ihm lieb war, aber trotzdem war er sehr freundlich und hilfsbereit, und um kurz vor 1:00 Uhr war ich dann auch im Hotel. Da ueberlegte noch eine Hochzeitsgesellschaft incl. Braut und Braeutigam, wie sie es wohl am naechsten Morgen mit dem Fruehstuecken halten wollten. Ich habe mich die ganze Zeit gewundert, wer um Himmels willen an einem Montag heiratet, und habe vorhin erst bemerkt, dass das natuerlich ein Sonntag war - mein Zeitgefuehl ist wirklich voellig dahin.

Hier im Zimmer gibt es keine Pantoeffelchen (gut, dass ich ein Paar superduenne aus einem der asiatischen Hotels dabei habe), eine hervorragende Minibar, die aus einem leeren Kuehlschrank samt Flaschenoeffner besteht, und eine Decke, die mir auf den Kopf zu fallen droht, max. 2,30 Meter hoch, mit grobem Rauhputz. Zum Glueck droht sie nur im uebertragenen Sinn zu fallen - technisch-statisch scheint sie in gutem Zustand zu sein. Jetzt muss ich aber wirklich ins Bett, schon halb eins ... o je.

* Zur Erinnerung: CRM = Customer Relationship Management, also das Management der Kundenbeziehungen, Tools = Werkzeuge, normalerweise im IT-Jargon gebraeuchlich fuer unterstuetzende Software-Anwendungen, Software = Weichware??

Samstag, 28. Juli 2007

Saigon blue & Sunglasses orange

Ich habe akute Unlust, die nicht dadurch besser geworden ist, dass ich vorhin noch einmal auf meinen Flugplan gucken musste, um Ding Shifu die Abholzeit mitzuteilen. Abflug ist schon um 14:40 Uhr. Zwei Stunden vorher da sein ... damit man ein bisschen laenger rumhaengen kann ... super. Da ist dann, Abfahrt 11:30 Uhr, der Sonntag praktisch ganz kaputt. Und jetzt gleich muss ich noch packen.

Da hatte ich jedenfalls heute auch gar keine Lust zu kochen, weshalb wir auch gleich gar nichts eingekauft haben und lieber in so einem hippen Blaettchen (nein, kein Hippenblaettchen!) die Restauranthinweise studiert und beschlossen haben, vietnamesisch zu speisen. Im Saigon blue. Wirklich sehr nettes Ambiente, ueberaus prompte Bedienung, und geschmeckt hat es auch. Am leckersten waren allerdings die Vorspeisen, auch wenn der Rest auch nicht schlecht war. Vielleicht ein bisschen viel Korianderkraut fuer meinen Geschmack, aber ich bin mittlerweile schon fast daran gewoehnt. Vor allem weiss ich jetzt, was Pho (Link zu ausfuehrlicher Info, aber in englischer Sprache) ist, naemlich Reisnudelsuppe. Wohl sehr vietnamesisch. Nicht direkt schlecht, halt so'ne Nudelsuppe, kann man immer gut essen ... aber meilenweit gehen wuerde ich dafuer nicht. Es sei denn, ich waere so gut wie verhungert und/oder verdurstet. Aber dann wuerde ich natuerlich auch nicht dafuer gehen, sondern mich dahinschleppen. Aber zum Glueck bin ich davon weit entfernt. Das Sommerangebot des Saigon blue war ein Menu mit vier Vorspeisen und drei Gerichten und einem kleinen Dessert (ich hielt es fuer Bohnenpaste, Bananen, Ananas in dicker Kokosmilch, recht lecker) incl. "free flow" Getraenken (Bier, Wein, Cocktails unbegrenzt) fuer 220 RMB pro Person. Sehr o.k..

Vorher habe ich den Manikuereladen in der Super Brand Mall ausprobiert. Der heisst Nail Art (nicht Mail Art), und da gibt's die schlichte Variante fuer schlichte Gemueter wie mich fuer 30 RMB. Dasselbe kostet im Dragonfly um die 90, sag' ich doch schon immer, dass die viel zu teuer sind! Am Platz neben mir konnte ich dafuer eine Nagelkuenstlerin in Aktion beobachten. Eine Chinesin bekam da auf jeden Nagel die Bluemchen von Hand einzeln gemalt, und in den Ueberlack wurden die kleinen Strassflitterteilchen ebenfalls von Hand einzeln mit Hilfe eines Zahnstochers eingearbeitet. Ihr Freund oder Mann schlummerte alldieweil auf dem Wartesofa vor sich hin und durfte dann hinterher bezahlen und bewundern und mit dem Fotohandy fotografieren. Sie musste naemlich mit ihren Kunstwerken noch ein bisschen vor dem Ventilator sitzen bleiben, so dass ich alles in Ruhe beobachten konnte. Sie fand es toll und hat sich gefreut, das war ziemlich suess. Ich frage mich allerdings, ob irgendein Mann mit Bluemchen bemalte Naegel wirklich toll findet ... vor allem, wenn er sie teuer bezahlen muss, denn die kosteten sicher deutlich mehr als meine 30 RMB, aber das erscheint mir in Anbetracht des Aufwands auch gerechtfertigt.

Noch vorher waren wir zum Brillengrosseinkauf: jeder von uns eine Brille und eine Sonnenbrille. So bekomme ich jetzt das Modell, fuer das ich beim Einkauf mit meiner Mutter zu hart verhandelt hatte, doch noch zu dem damals gewuenschten Preis von 350 RMB. Na, dann bin ich ja mal gespannt. Und die Sonnenbrille ist ein bisschen peppig. Finde ich jedenfalls. Foto folgt. Und Burkhard hat sich mal 'ne ganz andere Brille ausgesucht, da bin ich auch gespannt. Alles zusammen fuer 1500 RMB ... man beachte, zweimal Mehrstaerkenglaeser - das ist echt guenstig.

Und noch vorher (jaja, volles Programm heute!) hatte ich meine vierte Kalligraphiestunde. Der Pinsel kostete doch nur 12 RMB, und nach einer kurzen Wiederholung der hens, shus, pies und nas kamen heute tis und gous dazu. Das sind Haken ... auch nicht so einfach. Hm. Aber das lern' ich schon noch. Bin gespannt, wann ich alles zusammen habe, so dass ich mal ein Wort schreiben kann!

Donnerstag, 26. Juli 2007

Schwere Zeiten fuer Ding Shifu

Es war einer dieser ganz gewoehnlichen Freitage, nicht einmal der 13., sondern der 20.. Auf ein fruehes Wochenende konnte er nicht hoffen, es war eben ein ganz gewoehnlicher Freitag. Am Nachmittag hatte es zu regnen begonnen. Unerwartet frueh klingelte sein Mobiltelefon - oh, doch mal eine halbe Stunde frueher daheim? Aber nein, war sie doch auf die Idee gekommen, der Sekretaerin einen Fahrdienst zu offerieren. Die sass naemlich zu spaeter Stunde immer noch im Buero, Hoerer am Ohr. Befragt, ob sie noch zu arbeiten habe, verwies sie auf die unertraegliche Schwere des Taxianheuerns an einem regnerischen Freitagabend ... Ihr hoeflicher Widerstand, das Angebot anzunehmen, schwand sehr schnell.

Im Auto wurde ueber den Sinn und Zweck der Benutzung des Sicherheitsgurtes gesprochen. Zwei Frauen waren der Meinung, dass es besser sei, ihn anzulegen - da hat so ein armer Mann ja keine Chance, vor allem, wenn eine von beiden in der Lage ist, ihm das auch zu erlaeutern. Das hat unsere Sekretaerin dann wohl auch auf ihrem Heimweg getan - seither wird erst gegurtet, dann gestartet. Zumindest, wenn ich dabei bin ... ;-))

Und nun muss er morgen frueh auch noch um halb sieben einen Kollegen am Flughafen abholen, der mit einem Nachtflug aus Singapur ankommt. Bekanntlich braucht man fuer die Fahrt zum Flughafen auch mindestens 45 Minuten, wenn alles frei ist ... Diese Woche scheint eine besondere Reiseintensitaet zu haben. Am Montag galt es, einen Besucher aus Hong Kong abzuholen, gestern und vorgestern mussten abends Kolleg/inn/en und ich ins Restaurant "gekarrt" werden (ich hatte sozusagen permanente Mahlzeit), und morgen kommt als Sahnehaeubchen das Arbeiten fast noch vor dem Aufstehen dazu ... nae, nae ... Schwere Zeiten.

P.S. Ich denke, ich werde den ersten Absatz dieses Posts beim Wettbewerb fuer Nachwuchsgroschenheftautorinnen einreichen.

Dienstag, 24. Juli 2007

Panikpatient

Ach herrje, alles ist so furchtbar! Aus gegebenem Anlass studiere ich so Seiten wie www.crm.de. Hinter diesem Link verbirgt sich (fuer Leute wie mich wider Erwarten) nichts, was mit den Spezialkenntnissen zu tun haette, die ich bei "meinen" Bewerben suche (uebrigens nichts Neues ... das wird offenbar eine schwierige Sache). Nein, hier geht es um Reisemedizin. Wie furchtbar, das alles! Da gibt es die Listen von Krankheiten eben nicht in homoeopathischen Dosen, sondern "volle Kanne". Und irgendwie sind manche Sachen subjektiv sehr schwer zu bewerten. Da ist dann zum Beispiel die Eintrittswahrscheinlichkeit eher gering, aber die moeglichen Folgen im Falle des Eintretens lassen einem das Blut in den Adern gefrieren. Uaaah! Diese ganzen schlimmen und ganz schlimmen Krankheiten, die durch Insektenstiche uebertragen werden koennen, versetzen mich besonders in Panik, bin ich doch bei Muecken ueberaus beliebt. Burkhard schwoert ja auf sein Mueckenmittel: wenn ich da bin, passiert ihm nichts. Na prima. Ich habe selbst hier regelmaessig Stiche. Und das, wo wir die Wohnung doch meistens geschlossen halten und nachts im Schlafzimmer ueblicherweise die Klimaanlage anwerfen! Schliesslich will ich auch nicht dauernd grossflaechig Repellentien auftragen, die sind ja auch nicht voellig unbedenklich. Wenzi 蚊子 heissen diese kleinen Ungeheuer auf Chinesisch (nicht wäntsi, sondern eher u-en-dse zu sprechen, mit unbetonten Es wie in 'unbetonten'). Nicht dass unsere Reisebedingungen in die Hochrisikokategorie einzusortieren waeren, aber wenn man halt Panikpatient ist ... muessen jetzt vielleicht doch noch ein paar Impfungen her. Uaah! Uebrigens, wer gern mehr Horrorgeschichten liest, kann auch auf der Seite der Weltgesundheitsorganisation www.who.int fuendig werden. Hier mein Lieblingswerk (in englischer Sprache). Da lauert der Horror subtil hinter vordergruendig sachlich anmutenden Krankheits"steckbriefen" ... Infam!

Montag, 23. Juli 2007

Homoeopathisch

... sind die Dosen (oder eigentlich Tuben und Flaschen, Gruss aus Kalau), in denen man hier Sonnenschutzmittel kaufen kann. Und die meisten Produkte sind natuerlich, der aufmerksame Leser und die aufmerksame Leserin ahnen es schon, mit Weissungsmittelchen versehen. Oder Bleichmittelchen, das waere wohl eine bessere Uebersetzung. In dunkelblauer Verpackung gibt es die einzigen (fuer mich identifizierbaren) bleichmittelfreien Sonnencremes einer bekannten Marke eines deutschen (oder schon irgendwohin international fusionierten?) Herstellers, der frueher vor allem durch seine Allzweckcreme-Marke mit dem charakteristischen weissen Schriftzug auf der dunkelblauen Dose bekannt war. Die Flaschen mit Lotion fuer den Koerper enthalten sage und schreibe 150 ml, die Tuben mit der Gesichtscreme gar 50 ml. Na, damit kommen wir ja ewig aus! Hoffen wir mal, dass die Beschaffung in Malaysia etwas einfacher wird. Und nicht, dass jemand glaubt, die kleinen Gebinde (schoenes Wort ... fast so schoen wie die beruehmte Auslegeware) seien auch zum kleinen Preis erhaeltlich. Umgerechnet etwa 7,20 Euro und 4,60 Euro respektive ...

Aber vor der Malaysiareise steht mir noch eine kleine Weltreise bevor - am Sonntagnachmittag geht es los, nach Toronto und von dort nach New York. Unweit von Newark (einer der drei New Yorker Flughaefen) liegt ein Nest namens Montville, in dem ich dann schon am Sonntagabend uebernachten werde. Der Zeitunterschied zu Shanghai betraegt ueberaus angenehme 12 Stunden, na prima ... Am Montagabend beginnt die Konferenz, deretwegen ich diese schoene Reise unternehme, und am Donnerstagabend mache ich mich auf den Heimflug. Am Freitagvormittag bin ich dann in London, und am fruehen Nachmittag plane ich das letzte Teilstueck der Heimreise anzutreten. Und schon am Samstagmittag lande ich dann wieder in Pudong, wenn alles wunschgemaess laeuft. Stoehn ...

Sonntag, 22. Juli 2007

Ich und die normal grossen chinesischen Schneider

Oder: Neues aus dem Stoffmarkt. Oder genauer: Beobachtungen im "neu entdeckten" Stoffmarkt. Es gibt naemlich nicht nur den an der Lujiabang Lu, sondern auch einen mindestens ebenso grossen, der sich ca. 200 m von "unserer" Faehrstation in Puxi entfernt befindet. Also max. 10 min Fussweg plus Uebersetzen. Und es gibt da eine mindestens ebenso grosse Auswahl wie im bekannten Markt. Sehr bequem, das inspiriert meine Textilphantasien ...

Zum "Anwaermen" habe ich paradoxerweise mit zwei ganz kuehlen Nachthemden begonnen. Als ich mir letztes Jahr noch Oeko-Nachthemden bestellen wollte, waren die aermellosen alle vergriffen, so dass ich leer ausging und nur zwei besitze. Und die sind aus Baumwolljersey und trotz der Spaghettitraeger weniger leicht, als man denken koennte. Da ich noch ein uraltes Nachtwaesche-Schnittmusterheft habe, habe ich mir darin mal ein paar Modelle angesehen und dann nach dem Aussuchen eines ganz leichten Leinenstoffes dem chinesischen Schneider die Schemazeichnung des gewuenschten Modells im Anleitungsteil gezeigt, weil auf dem Foto gar nicht gut zu erkennen war, wie das Hemdchen denn nun aussaehe. Aber dieser Meinung war der chinesische Schneider gar nicht! Da wurde mehr das Foto gesucht und konsultiert - mir unbegreiflich, wo ich mir doch in jedem Modekatalog neben dem Foto eine Modellzeichnung wuensche, darauf kann man doch viel besser erkennen, wie das geschnitten ist! Nun ja - wie auch immer. Gestern abgeholt und gleich gewaschen und gebuegelt und ausprobiert ... jetzt ist es total edel zerknittert. Aber ganz angenehm. Dem Traegerhemd aus ganz leichter und locker streifen-gewebter Baumwolle steht die Praxisprobe noch bevor. Ist auch ganz schlicht und sieht sehr leicht aus. Vielleicht ist es noch etwas bequemer, weil Spaghettitraeger ja nichts anderes im Sinn haben, als mir von der Schulter zu rutschen - beim Traegerhemdchen duerften die namengebenden Teile wohl etwas besser auf den Schultern bleiben.

Beim Bestellen der Nachthemden hatten wir auch noch eine Tischdecke gekauft ... da wird man dann gebeten, eben aufs Saeumen zu warten, und man kann sie sofort mitnehmen. Aber so sind sie, die Chinesen - die vierte Seite ist falschherum gesaeumt! Aber da die Tischdecke insgesamt ein bisschen nach "Low Budget" aussieht (und das ja auch war), soll's mich mal nicht stoeren.

Das Geschaeft scheint da jedenfalls ganz gut zu gehen - die gestern in Auftrag gegebenen Seidenflatterblusen und die heute bestellten Leinenklamotten fuer das tropische Malaysia (2 Hemden fuer Burkhard, 2 Oberteile und 2 Hosen fuer mich, alles mit langen Armen und Beinen gegen die kleinen blutgierigen Plagegeister) sind erst in 2 Wochen fertig! Na sowas! Heute war dort einigermassen "was los", obwohl dieser Markt insgesamt etwas weniger ueberlaufen als der andere zu sein scheint. Aber Langnasen gibt es in beiden genug. Und damit die keinen Schaden nehmen, hat die Gemeinschaft der chinesischen Schneider (oder wer auch immer dafuer zustaendig sein mag) an der Rolltreppe Warnschilder angebracht, siehe Foto. Vielleicht haetten sie einen englischen Muttersprachler um Rat fragen sollen ... wie gesagt, Langnasen gibt es normalerweise genug in greifbarer Naehe.

Samstag, 21. Juli 2007

Harry Potter ist da!

Nicht nur in Deutschland, sondern auch im fernen Shanghai. Waehrend man die englische Ausgabe bei Amazon fuer 18.90 Euro bekommt (o Wunder, billiger als die deutsche, 24.90 Euro), braucht man hier nur 68 RMB ueber den Ladentisch zu schieben. Jedenfalls im Supermarkt. Und hat dann noch die Auswahl zwischen drei Ausgaben (Hardcover, fuer Kinder, fuer Erwachsene). In Anbetracht des Preises ist es ja fast aergerlich, dass ich das gar nicht lesen will ... ;-))

Ansonsten scheint hier der Pflaumenregen immer noch nicht so richtig vorbei zu sein. Es ist backofenwarm (meint man jedenfalls), und gestern und heute gab es auch wieder tuechtige Gewitterschauer. Bis eben war es noch ganz gelb draussen ... wahrscheinlich wegen der gelben Ume-Pflaumen. Aber vielleicht auch nicht - waehrend ich diese Zeilen schreibe, wird es ploetzlich ganz graurosarotorange, oder so aehnlich. Unglaublich! Ein ganz unwirkliches Licht! Und da es ja auch schon daemmert, sind schon die ersten Lichter der Stadt an, das sieht toll aus. Nur die Autos fahren noch unbeleuchtet ... typisch.

Ansonsten hatte ich heute meine dritte Kalligraphiestunde. Heute habe ich die hens und shus wiederholt (also die waagerechten und zwei Sorten senkrechte Striche), aber keine dians (Punkte), und neu lange und kurze pies gelernt (das sind von rechts oben nach links unten schraeg verlaufende Striche) [jetzt bekommt der Himmel gerade einen Stich ins Lilafarbene, passend zu unseren Vorhaengen] und mir dann bei den nas, die es waagerecht oder schraeg gibt und die so ein bisschen messerfoermig aussehen sollen, "einen abgebrochen". Und dann haben wir noch ueber Pinsel diskutiert. Der, den ich neulich gekauft habe, ist natuerlich wieder mal einer, der fuers Schreiben nicht geeignet ist. Der sei "kahl", denn der hat gar keine richtige Spitze. Ja, nachdem ich den Kleber herausgewaschen habe, sehe ich das ja auch, aber wie sieht man das vorher, im Laden? Da sehen die alle schoen spitz aus. Und wenn man auch nicht genau fragen kann ... Mit Zheng Hongs Pinsel gingen die nas zumindest ein kleines bisschen besser, irgendwie war der auch weicher und elastischer als meiner. Auf meine Frage, wie ich denn einen guten Pinsel erkennen koenne, hiess es nur "dazu braucht man Erfahrung". Na, dann braucht er sich ja auch nicht zu wundern, wenn ich es nicht schaffe, mir einen vernuenftigen zu kaufen. Er will mir beim naechsten Mal einen mitbringen. Fein! Dazu muss ich dann wieder sage und schreibe 15 RMB investieren. Frueher haetten die 13 gekostet, dann 14 und jetzt schon 15 ... jaja, die Inflation ... die seien jedenfalls fuer erwachsene Lehrer und Schuelerinnen gut, fuer Kinder genuegten die in der Preisklasse 5 -7 Yuan. Nur die Profi-Kalligraphen braeuchten die richtig teuren Pinsel fuer 200 - 300 Yuan. Ja dann. [Jetzt ist es uebrigens dunkel, und ich bin zwischendurch nur einmal aufgestanden und habe den Trockner ausgemacht.]

Freitag, 20. Juli 2007

Gebucht

Ach, das ist doch mal ein gutes Gefuehl! Unsere Urlaubsfluege sind jetzt gebucht und bezahlt, und in fuenf Wochen geht es los. Nach Malaysia, denn darueber hatte ich schon einen Reisefuehrer. ;-)) Es wird natuerlich kein Strandurlaub, sondern eine Rundreise mit Kultur und Natur. Der detaillierte Reiseplan ist auch so gut wie fertig, Burkhard hat heute dem Reiseveranstalter unsere Aenderungswuensche am vorgeschlagenen Programm erlaeutert, und der Mensch aus Malaysia hat die Machbarkeit bestaetigt. Der Schwerpunkt liegt auf der Westkueste, und dann geht es noch ein bisschen nach Osten ins Innere der Halbinsel, mit tropischem Wald "und so". Die Borneo-Provinzen sind allerdings nicht dabei. Wir machen eine Gruppenreise, aber es handelt sich um eine Microgruppe - 2 Teilnehmer plus Fuehrer/Fahrer. Laut Reinhard Meys "Bevor ich mit den Woelfen heule" (recht nettes Video uebrigens)(und nicht nur wegen des Schweins) ist das ja wohl gar keine richtige Gruppe. Uebrigens bestaetigt unsere Urlaubssituation die Aussage in besagtem Lied: 'mehr als zwei sind eine Gruppe,/ jeder dritte hat ein anderes Ziel .../' Unser Ziel ist Urlaub machen, das des Fahrers Geld machen. Hoffentlich bestaetigt sich nicht auch der Folgevers: '... und nagelt mit Engelsmiene/ beiden einen auf die Schiene .../' - das wird er ja wohl unterlassen, denn es stuende potentiell in Konflikt mit seinem Ziel?! - Jedenfalls freu' ich mich!!

Donnerstag, 19. Juli 2007

Grillen!

So sagt man ja schon mal (jedenfalls im englischen Sprachraum), wenn Leute auf den "heissen Stuhl" gesetzt werden. Ich habe also heute den Bewerber ein bisschen gegrillt, und der hat gar nicht gemerkt, dass es heiss wurde ... Trotz gut zweijaehriger Berufserfahrung (o.k., das ist nicht superlang, aber immerhin sollte er auch nicht mehr gestreift sein, wie ich in Anspielung auf suesse Frischlinge [oder auch ebenso suesse Mangalitza-Ferkelchen] zu sagen pflege) wusste er nicht einmal so recht zu sagen, was die groessten Herausforderungen in seiner bisherigen Laufbahn gewesen seien ... oder wie er wohl ein Projekt angehen wuerde. Aber Projektleiter sein wollen! Na, das kann ja heiter werden! Ich ueberlege noch, ob ich "der Jugend" eine Chance geben sollte ... aber je laenger ich ueberlege ...

Dafuer war HR mit meinen Interview'kuensten' zufrieden und ich dann auch, dass ich offenbar keinen interkulturellen Fettnapf erwischt habe, ausser, dass ich ein bisschen laenger gegrillt habe als hierzulande ueblich. Ich mag sie eben gut durch! ;-)))

Mittwoch, 18. Juli 2007

Grillen!

Nun ja, alle, die mich kennen, ahnen vermutlich schon, dass hier nicht von Wuerstchen und dicker Rippe die Rede sein wird. (Schon allein wegen der armen Schweine! Esst mehr Fisch!) Aber dennoch von einer Begleiterscheinung des Sommers.

Ich habe mir naemlich heute ein sehr schwieriges Thema vorgenommen. Oder eher das Unmoegliche - meinen werten Lesern naemlich die Geraeusche nahezubringen, die man hier zur Zeit allenthalben hoeren kann, wo ein Baum steht. Zuerst haben wir das Geraeusch mal in der Anlage des Yanlord Garden-Komplexes gehoert und gar nicht direkt verstanden, was das fuer ein lautes Summen sein koennte. Ein sehr lautes Summen. Wobei allein das Wort "Summen" schon viel zu leise klingt. Das Geraeusch hoert sich ein bisschen so an wie das Knistern von Hochspannungsleitungen im Winter, falls das jemand kennt. Aber da waren ja gar keine Hochspannungsleitungen, und die Temperaturen sind alles andere als winterlich. Das koennen natuerlich nur Grillen sein! Und dann ebbt das Summen/Knistern/Rauschen ploetzlich wieder ab, und es ist fast ganz still. Mittlerweile wissen wir, dass es diese Tierchen nicht nur im Yanlord Garden gibt, sondern praktisch in jedem Baum, der hier steht. Ich wuesste ja zu gern, wie die aussehen und wie gross die sind - aber es will uns nicht gelingen, eine auszumachen. Leichter ist das schon mit den Kaefiggrillen (s. a. Immer noch kein Kaufkater), die koennen ja auch nicht weg. In der "Chinesenstadt" gibt es das eine oder andere Fenster mit Grille. Selbst eine einzelne ist ja schon unglaublich laut, aber wenn die Insassen eines ganzen Baumes anfangen - das scheint so zu gehen, dass einer anfaengt und dann alle anderen quasi zwanghaft mitmachen muessen, sonst wuerden sich ja alle Weibchen nur auf den "Anfaenger" stuerzen ... ;-)) Jedenfalls sind diese Rauschwellen richtig beeindruckend!

Und morgen habe ich dann mein erstes Bewerberinterview. Da bin ich ja gespannt, wie das so hier in China ablaeuft! Und ob der Kandidat "Grillen" hat. (Wer jetzt verwirrt ist, dem sei die Wikipedia-Begriffsklaerungsseite empfohlen. Natuerlich will ich nicht wissen, ob er ein Anhaenger der Insekten-Kaefighaltung ist.) Uebrigens ist die "Ausbeute" aus dem ohnehin nicht ueberquellenden Ruecklauf auf das Stellenangebot ziemlich gering. Da meldet sich jeder gleich als CRM-Spezialist, der diese Abkuerzung schon mal gesehen hat ...

Sonntag, 15. Juli 2007

Pinsel & Co.

Nun bin ich also wieder daheim, schon seit Donnerstag Nacht (der Flug war ca. 1 Stunde verspaetet). Die Abwicklung in Pudong klappt wirklich gut, vom Betreten des Terminalgebaeudes bis zum Verlassen (also mit Immigration und Gepaeckeinsammeln) habe ich nur 10 Minuten gebraucht. Mein Koefferchen war diesmal aber auch das allererste auf dem Band, was ich auch auf das "Business Class - Priority"-Schildchen zurueckfuehre. Wie angenehm! Uebrigens bin ich immer wieder fasziniert, wie verschieden Koffer doch sind, obwohl es doch so viele so aehnliche Modelle gibt ...

Gestern war dann also meine zweite Kalligraphiestunde. Der Pinsel, den ich letztens gekauft hatte, sei nicht gut zum Schreiben ... die Wolfshaare seien zu fest. Ansonsten hatte Zheng Hong fuer mich eingekauft: billiges Papier zum Ueben, Tusche in der Flasche (also keine am Stueck zum Reiben), eine Filzunterlage und ein kleines Schuesselchen fuer die Tusche, die man ein bisschen verduennen muss. Alles zusammen fuer ca. 1,80 Euro. Und dann hat er mir auch noch einen Stempel geschenkt, wie nett! Ich habe dafuer heute noch ein bisschen teurer eingekauft: gutes Papier, 100 Blatt fuer 200 RMB, einen Pinselstaender, an dem man die Pinsel aufhaengen kann (100 RMB), und noch zwei Pinsel (zusammen 60 RMB), darunter einen fuer die Sisyphusrolle, weil wir gestern den dafuer vorgesehenen Pinsel mit schwarzer Tusche benutzt hatten. Und irgendwie gelingt es ja nie, die allerletzten Pigmentreste auszuwaschen.

Und hier sind also die Ergebnisse der zweiten Stunde (wobei, 'tschuldigung, das Blatt links oben leider auf dem Kopf steht):

Donnerstag, 12. Juli 2007

Singapore Sling

Nun bin ich schon seit Montag abend in Singapur und komme erst jetzt dazu - nein, nicht den beruehmten o.g. Cocktail zu schluerfen, sondern mal wieder zu bloggen. Ich hatte ganz viel Puffer in meinem Programm, so dass ich fast schon ein schlechtes Gewissen hatte, drei Tage hier zu planen - und am Ende war es doch noch wieder ein bisschen knapp.

Am Montag bin ich nach einem Flug mit sehr abwechslungsreichen Wolkenformationen sicher gelandet, um dann am Geldautomaten komische Meldungen zu bekommen - "unautorisierte Benutzung der Karte", "Transaktion unzulaessig" udglm. (eine meiner Lieblingsabkuerzungen, ich weiss aber gar nicht, ob es die auch offiziell gibt) - und natuerlich kein Geld. Na prima. Ueberraschenderweise hat einer der Automaten dann aber Geld ueber meine chinesische Bankkarte, die ja keine Kreditkarte ist, herausgerueckt ... das fand ich schon mal sehr beruhigend. Im Hotel angekommen, wollten meine Karten dann aber auch nicht funktionieren. Beide nicht, und die chinesische Karte wollten sie nicht akzeptieren, super. Ob ich vielleicht Cash ... ? Sie wollten gern 1300 Singapur-Dollars - erwartete Rechnung 1000 S$ plus 300 S$ als Sicherheit. (Der Kurs EUR zu S$ ist ungefaehr 1:2.) Sonst noch was? Ich durfte dann also die Kreditkarten-Hotline anrufen, super - das Gespraech haben die freundlichen Damen und Herren mir dann ja auch auf die Rechnung gesetzt. Und was habe ich, nach einiger Warteschleifenzeit, mir dann anhoeren muessen? "Wir haben Ihre Kreditkarten vorsorglich gesperrt." Na prima. So ein Saftladen ... zur Vermeidung von Aerger will ich mal keine Namen nennen, aber das sind immer noch Auswuechse des Huddels mit den neuen Kreditkarten nach dem Verschwinden meines Portemonnaies damals im Dezember. Immerhin konnten wir das dann per Telefon klaeren, und nach 10 Minuten aergerlichen Sitzens in der Lobby konnte ich dann mein hervorragendes Zimmer beziehen. Das Hotel kann man wirklich nicht empfehlen, das ist einfach nicht sauber. Diesmal habe ich den Test gemacht und einen der Flecken auf dem Badezimmerboden mit einem Papiertuch attackiert - liess sich problemlos entfernen, war also kein "Marmorproblem". Sondern ein Reinigungsproblem! Nachdem ich beim letzten Mal ein Feedbackformular ausgefuellt hatte und das nichts genutzt hat (offensichtlich), habe ich das Feedback diesmal muendlich beim Auschecken gegeben. Wenigstens hatte ich diesmal keine Wassertemperaturenprobleme - aber naechstes Mal werde ich darum bitten, mir ein anderes Hotel zu buchen.

So, jetzt muss ich gleich "onboarden" auf den Heimflug nach Shanghai, und die free internet access session am Gate laeuft auch ab.

Samstag, 7. Juli 2007

Urbane Singularitaet

Staedte sind seltsam - haben oft mehr als vier Viertel und sind doch nur jeweils eine ganze.

Meine erste Kalligraphiestunde

Oder genauer: meine erste Doppelstunde in chinesischer Kalligraphie! Die Frau eines Kollegen hatte mir einen Lehrer vermittelt, der auch ein bisschen deutsch spricht und zum Unterricht ins Haus kommt. Er kam dann auch heute puenktlich um zwei Uhr nachmittags wie vereinbart, nachdem ich schon die ganze Zeit darauf gewartet hatte, dass das Telefon klingelt und er sagt, dass er nicht kommen kann. Vorher war naemlich wieder Daemmerung fuer kleine Goetter - es war nicht gerade schwarz, sondern nur dunkelgraugelb, mit Blitz und Donner und heftigem Regen. Da er gesagt hatte, dass er mit dem Rad kaeme ... Ich weiss effektiv nicht, wie er's gemacht hat, denn er war eben nicht pudelnass.

Wir haben dann erst einmal Materialbestandsaufnahme gemacht. Da ich meine Kiste mit Reibstein, Tuschestein, Pinsel und Pinselhalter nicht gefunden habe, fiel diese sehr duerftig aus. Tinte? Nein, nein, damit kann man nicht schreiben. Meint Zheng Hong. Auf Ingres-Papier? Nein, nein, darauf kann man nicht schreiben. Aquarellfarbe geht auch nicht, und die chinesischen Pinsel, die ich hatte finden koennen, sind zu klein/fein zum Schreiben. Die seien zum Malen. Aber mein Kalligraphiekoffer (ein zweckentfremdeter Werkzeugkoffer aus blauem Plastik Marke Rubbermaid oder so aehnlich mit relativ vielen kleinen Zusatzkisten aus milchig-transparentem Plastik zum Einschieben und -legen) hat ihm gut gefallen.

Also war es gut, dass ich wenigstens meine Sisyphusrolle habe. Auf der durfte ich dann gleich lospinseln. Eins, zwei, drei, zehn, sechs und allzu (tai, vgl. die Anmerkung zum Weltraum im Post Outer Space), das waren die Woerter, die ich heute geschrieben habe. Auf chinesisch sehen diese wie folgt aus: 一, 二, 三, 十, 六, 太. Und wenn man allzu schreiben kann, kann man gross = da auch schreiben, das ist naemlich einfach das tai ohne diesen kleinen Strich unten, den die Chinesen Punkt nennen: 大. Apropos Punkt: auch wenn das bei diesem gedruckten Zeichen fuer sechs nicht so aussieht, besteht das aus einem waagerechten Strich und drei Punkten! Und glaube mal ja keine/r, dass es irgendwie simpel waere, einen waagerechten Strich aufs Papier oder auf den Stoff der Rolle zu pinseln!! Erstens ist er nicht ganz waagerecht, zweitens muss man genau auf die Laenge achten, und drittens und vor allem braucht er die richtigen Enden, und die bekommt er leider nicht von selbst, sondern von der richtigen Fuehrung des Pinsels. Der Wikipedia-Artikel zur Chinesischen Kalligrafie zeigt auch ein paar Beispiele von Pinselstrichen. Oder hier die 21, die man als 2 (mal) 10 (plus) 1 schreibt - habe ich ja alles schon durchgenommen! Auch auf diese Seite kann man gucken. Wenn man mal chinesische Kalligrafie "googelt" (oder schreibt man das "googlet"?), findet man ja nahezu endlos Vieles. Uebrigens bin ich gerade total geplaettet - erstmalig hat mein Browser hier einen Wikipedia-Artikel aufgemacht, was ist denn jetzt los???

Nach zwei Stunden (ganz schoen anstrengend) war es dann fuer heute vorbei. Dafuer nimmt Zheng Hong 100 RMB, und dann hat er mir noch Hefte mit Schriftzeichen verkauft, eins fuer 2 RMB, das andere, in dem man auch immer wieder mit Wasser schreiben kann, fuer teure 6 RMB. Und er wird Material fuer mich einkaufen. Das scheint hier alles Pfennigkram zu sein. 100 Blatt Uebungspapier wuerden 7 RMB kosten, zu Hilfe, ich verarme! Dann will ich mal zusehen, dass ich mir besseres beschaffe, eingedenk des Tipps von Renata Schalcher (siehe Meet the artist).

Freitag, 6. Juli 2007

Einladung zur Taschensafari

[Fuer Kalauerfreunde] Ja, die bekommt man hier oft, und dazu braucht man nicht einmal zu den Plaetzen mit besonders hoher Touristendichte zu gehen. Andauernd wird man mehr oder weniger diskret angequatscht: "Watch bags!" Dabei ist das doch gar nicht spannend. Das sieht man schon an den ersten Exemplaren, die einem gleich auf einem angeknautschten Faltfoto gezeigt werden. Irgendwann bekomme ich vermutlich nochmal einen Schreikrampf ...

Ich weiss auch noch nicht, mit welchem Patentrezept man die Anbieter am besten abwehren kann. WANTED! The best "Watch bags!" repellent! Optimal waere es, wenn dieses Rezept dazu fuehrte, dass sie gleich einen Bogen um einen machen. Ich krebse aber noch mit der Frage nach der zweitbesten Loesung herum - wie wird man sie wenigstens gleich wieder los? Hab' schon viel probiert, aber keins der Mittel ist sicher. Augen verdrehen, ignorieren, auf die schon vorhandene Uhr und Tasche hinweisen, davoneilen, freundlich nein danke sagen, unfreundlich nein sagen - alles eher wirkungslos. Die etwas phantasievolleren habe ich noch nicht dem Realitaetstest unterzogen. Zum Beispiel "Sie muessen mich verwechseln, ich heisse Dai, nicht Watch." (Im Moment geben das meine Sprachkenntnisse allerdings noch nicht her.) Oder gleich Uhr und Tasche (als Waren) bei der Hand haben und mit dem Hinweis "50 Yuan" dem Frager unter die Nase halten. Und die harte Tour? Gleich laut nach der Polizei rufen? Och noe, lieber nicht ... womoeglich kommt die dann und findet das Gerufenwerden nicht gut ... Weitere Ideen sind willkommen.

Wie stand es so schoen in der Shanghai daily in einem grossen Bericht ueber einen Expat, im Kasten am Rand unter der Frage, was getan werden koenne, um Shanghai besser zu machen? "I wish the watch seller I meet every day on my way to work would realize that I do not want to buy a watch every day." Ja, weiss diese Langnase denn nicht, dass die Uhren, die man so erwerben kann, womoeglich gar nicht laenger halten als einen Tag??

Mittwoch, 4. Juli 2007

Outer space

Den missratenen Telefonaten nach zu urteilen duerfte das der Aufenthaltsort der meisten Chinesen sein, und die Funkverbindung dorthin ist leider etwas schlecht. Und die Leute verwaehlen sich oft, muss ich sagen. Das geht dann so: das Telefon klingelt, man geht dran, meldet sich irgendwie, und am anderen Ende BRUELLT es Wei? Wei?! WEI???!!! WEI???!!!!!!!! Wei????? WEI!!!!? Wei? Wei???!!!!! Man kann dann ruhig irgendetwas sagen oder fragen, in normaler Lautstaerke, da passiert ueberhaupt nichts. Ich habe immer das Gefuehl, die halten ihr Telefon auf Armlaenge von sich weg und bruellen aus entsprechender Entfernung. Da hilft nix: einfach auflegen, nicht lange fackeln. Irgendwie nervig.

Outer Space uebrigens, hier wieder eine kleine Lektion Chinesisch, heisst taikong, was niemanden ueberraschen duerfte, werden doch die chinesischen Weltraumraketeninsassen Taikonauten genannt. Tai4 bedeutet "allzu", kong1 bedeutet "leer" - das konnte ich mir auf Anhieb merken. Schon interessant uebrigens: die Wessis fliegen zu den Sternen - PER ASPERA AD ASTRA, wie ich noch aus dem Lateinunterricht weiss. Jahá! NON SCHOLAE, SED VITAE DISCIMUS, was sich hiermit wieder einmal nachdruecklich bewahrheitet! Die Sterne [sehnsuechtig seufz ...] ... Das sind doch diese fuenf- bis achtzackigen Dinger, die immer so huebsch funkeln, gell? Wie romantisch! Die "Ossis" hingegen fliegen, sehr sozialistisch-sachlich, in den Kosmos, sprich den Weltraum. Das ist wohl auch sehr zutreffend, denn da gibt es ja nicht nur die Sterne, sondern auch noch allerhand andere Phaenomene, wie rote Riesen, weisse Zwerge, schwarze Loecher undsoweiterundsofort. Der Himmel voller Geigen? Nix da, das gibt's nur in der Musikalienhandlung - dies hier klingt nach komplizierter Physik. Aber die Chinesen fliegen einfach ins allzu Leere. Ob das erklaert, warum sie im Vergleich zu den Ossis und Wessis so viel spaeter dran sind? Hand aufs Herz, was sucht Mann/Mensch/Maus im allzu Leeren?? Vergeblich einen Gespraechspartner, vermutlich ... wei?!!!

Montag, 2. Juli 2007

Analphabetenschicksal

... ist es, wenn man sich eine DVD mit dem Film "Das weinende Kamel" kauft, und dann ist es "Tuyas Hochzeit". Beim Surfen findet man auch "Tuyas Ehe", was auch ein passender Titel waere, aber ein Blick ins Woerterbuch zeigt, dass die erste Uebersetzung vermutlich naeher am chinesischen Original "Tuya de hunshi" ist. Sehr lohnend jedenfalls - ich empfehle ihn ausdruecklich. Eine relativ ausfuehrliche Inhaltsangabe findet man bei 3sat, auch wenn ich denke, dass sie nicht auf ihrem Yak Wasser holen reitet, sondern diesen taeglichen 15-Kilometer-Weg mit ihrem Kamel zuruecklegt. Selbstredend mindestens den Rueckweg zu Fuss, denn das Kamel ist dann ja mit Wasser beladen. (Spaeter, als es weniger Wasser zu holen gibt, muss sie den Weg taeglich zweimal gehen ... o je.) Dieses Kamel ziert auch die DVD-Huelle und hat mich ueberhaupt erst zu obigem Irrtum verleitet! Und vor allem ist dieser Film ja gar nicht so eine "olle Kamelle" wie das weinende Kamel (dazu gibt es einen schon antiken aspekte-Beitrag), sondern ein frisch mit dem goldenen Baeren preisgekroentes Werk, siehe auch den sehr (wie soll ich sagen) Artikel in der Beijing Rundschau.

Um das ueberhaupt gucken zu koennen, haben wir eine grosse Investition getaetigt und uns noch einen DVD-Spieler gekauft, der den bloeden Laendercode der hiesigen Filme verarbeiten kann. Der sollte laut Auszeichnung 459 RMB kosten, aber der Scanner an der Kasse hat daraus 350 RMB, also ca. 35 Euro, gemacht - tja, da konnten wir leider nichts machen, mussten wir ihn dafuer mitnehmen. Die Anzahl der Fernbedienungen ist dafuer nun langsam wirklich unuebersichtlich ... Eine fuer den Satellitenempfaenger, eine fuer den Fernseher, eine fuer den deutschen DVD-Spieler, eine fuer den chinesischen, eine fuer den Verstaerker und eine fuer den CD-Spieler - so oan Schmarrn!