Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Dienstag, 31. Juli 2007

You have in fact been twice around the moon?!

Nein. Nicht. Aha. Loriot-Freunde und -Kenner kennen das hervorragend gespielte Interview, auf das sich die Ueberschrift bezieht, und ich bin auch nicht zweimal um den Mond geflogen, sondern bloss (jedenfalls gefuehlsmaessig - was die Kilometer betrifft, mag das nicht ganz zutreffen) ein halbes Mal um die Erde. Die andere Haelfte kommt dann ja noch. Von Shanghai nach Toronto sind es etwa 15 Stunden (na prima), und ich bin jetzt zum ersten Mal in meinem/diesem Leben an der Datumsgrenze gewesen bzw. habe sie einfach ueberflogen, und zwar an der Stelle, wo sie diese Spitze hat, die ueber der Beringsee nach Osten ragt (hier kann man das ganz gut sehen). Das hat mein Zeitgefuehl nun voellig aus der Bahn geworfen, und ich weiss nicht mal, wann ich eigentlich muede sein sollte. Heute mittag hatte ich zwar eine kleine "nap attack" (Schlummeranfall klingt irgendwie weniger gut, wahrscheinlich, weil die open 'a' sounds fehlen), aber die war gar nicht schlimm, und jetzt (ca. Mitternacht hier) bin ich auch nicht muede.

In Toronto, um noch einmal kurz auf den Flug zurueckzukommen, waren wir einigermassen puenktlich um 16:30 Uhr. Da man die Einreiseformalitaeten in die USA interessanterweise schon dort in Kanada erledigt, muss man auch sein durchgechecktes Gepaeck von einem Band nehmen, hoechstpersoenlich um zwei Ecken tragen und dann wieder auf ein anderes Band werfen. Prima Konzept. Und ach, da habe ich schon die Shanghaier Effektivitaet beim Gepaeckausladen vermisst ... an diesem (ersten) Band habe ich ja eine halbe Ewigkeit gewartet! Wie gut, dass ich wenigstens zum Zeitvertreib mein gruenes Lieblingsformular, die Visa Waiver Form, ausfuellen konnte, in dem man bekanntlich so schoene Dinge beantworten muss wie die Frage, ob man beabsichtige, in den USA kriminelle Aktivitaeten aufzunehmen. Darunter die Anmerkung, dass, wenn man diese oder eine der anderen Fragen aehnlicher Gueteklasse ("Waren Sie zwischen 1933 und 1945 an Nazi-Verbrechen beteiligt?" oder so aehnlich - bald gibt es rein physisch wohl keine/n mehr, der das noch positiv beantworten koennte ... bin gespannt, ob ich noch erlebe, dass diese Frage aus dem Fragenkatalog verschwindet) mit 'ja' beantworten muesse, man sich besser vor Reiseantritt an die amerikanische Botschaft haette wenden sollen (ist ja dann schon zu spaet), da es u.U. sein koenne, dass einem die Einreise verweigert werde. Ich stelle mir also vor, dass eine finstere Gestalt mit sizilianischem Akzent zur Botschaft geht und dort dem diensthabenden Beamten erklaert, er (oder eigentlich sie, die Gestalt) wolle in Connecticut eine neue Filiale seines/ihres florierenden Drogenhandels eroeffnen und auch seine/ihre bewaehrten CRM-Tools* einsetzen, als da waeren schwarz gekleidete Bodyguards und ein entsicherter Revolver ... Ich weiss, ich weiss, alles viel zu platt im Vergleich zu einem feinsinnigen Loriot-Sketch, aber genau so ein Bild legt doch diese gruene Visa Waiver Form nahe!

Irgendwann bin in dann in der Maple Leaf Lounge (Salon feuille d'érable) eingetrudelt und hatte Zeit, dort stundenlang herumzulungern. Ich muss mal bei Gelegenheit Nachforschungen anstellen - garantiert haben Lounge und herumlungern dieselben etymologischen Wurzeln. Puenktlich zur angegebenen Boarding-Zeit war ich an "meinem" Ausgang - nur um nach etwa einer weiteren halben Stunde Wartezeit zu erfahren, dass wir leider statt um 21:10 Uhr erst um 22:00 Uhr wuerden abfliegen koennen ... und als es 22:00 Uhr war, wurde die Anzeige ohne weitere Ankuendigung auf 22:10 Uhr geaendert ... wie oede. Am Ende sind wir aber doch noch losgeflogen und zwar spaet, ansonsten aber gut angekommen. Der zu meiner Abholung bereitstehende Chauffeur stand dann wahrscheinlich schon laenger da, als ihm lieb war, aber trotzdem war er sehr freundlich und hilfsbereit, und um kurz vor 1:00 Uhr war ich dann auch im Hotel. Da ueberlegte noch eine Hochzeitsgesellschaft incl. Braut und Braeutigam, wie sie es wohl am naechsten Morgen mit dem Fruehstuecken halten wollten. Ich habe mich die ganze Zeit gewundert, wer um Himmels willen an einem Montag heiratet, und habe vorhin erst bemerkt, dass das natuerlich ein Sonntag war - mein Zeitgefuehl ist wirklich voellig dahin.

Hier im Zimmer gibt es keine Pantoeffelchen (gut, dass ich ein Paar superduenne aus einem der asiatischen Hotels dabei habe), eine hervorragende Minibar, die aus einem leeren Kuehlschrank samt Flaschenoeffner besteht, und eine Decke, die mir auf den Kopf zu fallen droht, max. 2,30 Meter hoch, mit grobem Rauhputz. Zum Glueck droht sie nur im uebertragenen Sinn zu fallen - technisch-statisch scheint sie in gutem Zustand zu sein. Jetzt muss ich aber wirklich ins Bett, schon halb eins ... o je.

* Zur Erinnerung: CRM = Customer Relationship Management, also das Management der Kundenbeziehungen, Tools = Werkzeuge, normalerweise im IT-Jargon gebraeuchlich fuer unterstuetzende Software-Anwendungen, Software = Weichware??

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