Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Dienstag, 13. November 2007

Kyoto Cultural Tour

Uff, die Konferenz und "mein" Workshop waeren jetzt erstmal geschafft (so schrieb ich am Donnerstag, als ich diesen Post begann). Noch ein Tag "mih-ting", dann Heimflug zum superkurzen Heimspiel. Aber vorher muss ich ja noch mindestens von der K~ berichten. Das war wenig Kul, viel tour. 5 volle Stunden unterwegs fuer 40 plus 50 Minuten in zwei Tempeln - aber ich will ja nicht meckern. Wenn man nicht supergut eine Individualtour fuer sich selbst vorbereitet, hat man ja gar keine Chance, ueberhaupt irgendwas zu sehen. Insofern bin ich wirklich dankbar, dass man hier sowas fuer uns organisiert hat.

Der erste Tempel war der Sanjusangendo (hier gibt's ein paar nette Bilder). San ju san schreibt sich auf Japanisch mit den chinesischen Zeichen 三十三, was, wie man fast erraten kann, Dreiunddreissig heisst, aber auf Chinesisch san shi san (mit tonlosem i, das sich wie ein unbetontes e anhoert) gesprochen wird. Ich erlaube mir, aus dem Reisefuehrer zu zitieren: "Sanjusangendo ist eine lange Halle***, die 1266 anstelle der 1132 gegruendeten und vom Feuer zerstoerten Halle gebaut wurde (suedlich gegenueber dem Nationalmuseum von Kyoto). Die Halle wird so genannt wegen der dreiunddreissig Zwischenraeume von je einem Klafter (1,8 m) zwischen den Saeulen des Baues, der 119 m lang ist. Die Zahl 33 ist symbolisch fuer die 33 Stufen der Menschwerdung der Kannon. Hauptbild ist eine sitzende, tausendhaendige Kannon*** (2,4 m), die der beruehmte Bildhauer Tankei im Alter von 82 Jahren mit seinen Assistenten schuf. Die 1000 anderen Kannon-Figuren (1,7 m) sind das Werk von 70 verschiedenen Bildhauern." Die drei Sterne geben die Wertung unseres Reisefuehrers wieder. Kannon ist wohl so etwas wie Guan Yin, die buddhistische Verkoerperung der Barmherzigkeit. Unsere Fuehrerin, eine Studentin, die einem studentischen Arbeitskreis "Fuehrungen veranstalten" angehoert (ja, sowas gibt's da), betont aber nicht so sehr die Besonderheit der vielen Kannons, sondern vor allem die der 28 Waechterfiguren, die alle Nationalerbe seien. Die erste, der Donner, und die letzte, der Wind (oder Sturm) seien besondere Meisterwerke. Genau erklaeren, warum das so sei, kann sie allerdings nicht.

Obwohl ich die beruehmte Terrakotta-Armee noch nicht gesehen habe, fuehle nicht nur ich mich ein wenig daran erinnert angesichts dieser "endlosen" Reihen von Buddha- bzw. Kannonfiguren. Alle haben 11 Koepfe (einen normal grossen und 10 kleine, die daraus hervorwachsen) und einen Heiligenschein mit Radialstrahlen, die die Scheine ein bisschen nach Dornenkrone aussehen lassen.

Man muss uebrigens die Schuhe ausziehen, und fotografieren ist streng verboten. Ausser tausenden von auf Socken entlangschleichenden Touristen gibt es auch genuegend Beter, oft wird wohl auch beides kombiniert. Gebetsmoeglichkeiten gibt es auch viele - Raeucherstaebchen kaufen und anzuenden, Kerzen kaufen, beschriften und stiften (selber anzuenden oder mitnehmen auch streng verboten), duennere oder dickere Holzbrettchen kaufen, beschriften und stiften ...

Auf der Rueckseite der Kannon-Reihen wird zurueckgeschlichen. Da kann man noch lernen, dass es hier alljaehrlich einen Wettbewerb im Bogenschiessen gibt, an dem angeblich jetzt nur 20jaehrige Maedchen teilnehmen duerfen, und dass die Halle erdbebensicher gebaut ist. - Fuer den Garten haben wir dann nur noch 5 Minuten Zeit - einmal ganz von aussen um die Halle herumgehen, wie ich es im Hinblick auf mein spirituelles Wohlbefinden gern getan haette, ist nicht drin. Schade.

Wir fahren mit dem Bus weiter zum Kiyomizu-Tempel, der als Weltkulturerbe beschildert ist, wobei mir nicht ganz klar ist, ob hierzulande das Nationalerbe und das Weltkulturerbe immer so genau auseinandergehalten werden. ;-)) Jedenfalls herrscht nationaler Andrang, fuer den letzten Kilometer brauchen wir eine halbe Ewigkeit und beschliessen nach einem Viertel Ewigkeit, die letzten 500 Meter zu Fuss zu gehen. Hier haben wir etwa 50 Minuten Zeit - auch arg wenig, wenn man gern etwas gruendlicher guckt wie ich. Dann geht es schon zurueck zum Bus, durch die Ladenstrasse auf dem Weg zum Tempel, ueber die es im besagten Reisefuehrer folgendes zu lesen gibt:

"Meistens werden an den direkten Zugaengen zu den Tempeln und Schreinen Souvenirs aller Art und Esswaren angeboten. Das Angebot reicht von den lokalen Spezialitaeten bis zu den Produkten einer nationalen Kitschindustrie. Eine huebsche Ladenstrasse wie diejenige am Weg zum Kiyomizu-Dera ist eher etwas Seltenes. Sie ist bekannt fuer Toepferwaren. Man raeume sich etwas Zeit ein, denn vieles, was einem hier gefaellt, ist kaum anderswo zu haben."

Das ist dann der Moment, wo ich verstehe, warum die Reisefuehrerreihe irgendwann eingestellt wurde, obwohl ich damit meist recht gut klargekommen war. Das Buch ist von 1974 (10. Auflage 1992), und wurde von zwei Autoren geschrieben, die beide offenbar sehr gelehrt waren, Jahrgang 1917 bzw. 1918 - und die dann auch meinten, dass man ausser auf "Kultur" rechts und links auf nichts anderes zu sehen braeuchte. Wobei Kultur natuerlich immer nur mit Althergebrachtem zu tun hat und eigentlich nie mit Zeitgenoessischem.

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