Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Samstag, 9. Juni 2007

Sommersamstag

Bevor wir den Rest von China unsicher machen, gibt es ja in Shanghai noch das eine oder andere zu sehen. Heute waren wir in Jiading, einem Stadtbezirk im Nordwesten der Stadt. Habe ich eigentlich schon mal erwaehnt, dass die Himmelsrichtungen in China ganz anders sind als in Europa? Ein echter Kulturunterschied! [Aufloesung spaeter.]

Jiading gibt es (als eigene Stadt) laut unserem Reisefuehrer schon lange (mehr als 2000 Jahre), und gerade jetzt scheint das ein aufstrebender Stadtteil (von Shanghai) zu sein. Die Hauptstrasse, auf der wir gekommen sind, wird gerade ueberarbeitet und soll sich offenbar zu einem Prachtboulevard mausern. Rund um das Gelaende des Konfuziustempels (der hier Kongzi Miao heisst und nicht Wen Miao wie in Shanghai City) und des Teichs der sich Treffenden Drachen (Hui Long Tan) gibt es schicke Boutiquen und Geschaefte und Coffeeshops (das ist, glaube ich, etwas anderes als Kaffeehaeuser). Und zu den beiden Sehenswuerdigkeiten der Stadt (ausser dem genannten Areal gibt es noch den Garten der Herbstwolken, den wir allerdings heute zu besuchen nicht geschafft haben) gibt es zweisprachige Wegweiser - was ich hier, ein wenig abseits der Touristenstroeme, durchaus bemerkenswert finde.

Im Konfuziustempel befindet sich nicht genau das, was man nach Lektuere des oben verlinkten Wikipedia-Artikels vermuten wuerde, naemlich ein angestaubtes Stadtbezirksmuseum mit langweiligen Exponaten von meist nicht einmal lokaler Bedeutung oder skurrilen Gegenstaenden diverser Provenienz. Nein, die Raeume beherbergen das "China Imperial Examination System Museum". Und das ist ueberhaupt nicht angestaubt, sondern vom Feinsten. Schoen praesentierte und zweisprachig beschriftete Gegenstaende und Bilder, gut ausgeleuchtet (zum Teil mit Bewegungsmelder) und in verschiedene Themenbereiche gruppiert. Das System zur Auswahl von Beamten hat es immerhin 1300 Jahre lang gegeben, von 605 bis 1905. Und ein bisschen bemerkenswert ist es ja schon, dass im feudalen China auch arme Schlucker etwas werden konnten, wenn sie ein bisschen schlau und vor allem ziemlich fleissig waren. Nett und offenbar bei Eltern mit Kindern wegen des erzieherischen Gehalts besonders beliebt war die Ausstellungshalle zur Durchfuehrung der Imperial Examination. Dort gab es unter anderem eine Auswahl von Spickzetteln und -tuechern zu sehen; die Kroenung war das Bild der von mir so getauften "Weisheitsweste" (siehe Fotoalbum). Auf alten Zeichnungen war aber auch zu sehen, dass auf ertappte Betrueger, zum Beispiel auch auf die, die einen "Ghostwriter" schickten, drastische Strafen warteten. Auf die Ghostwriter selber auch, wenn ich's richtig gesehen habe ... Hinter der Ausstellungshalle waren "Pruefungszellen" zu sehen, in denen die Prueflinge offenbar waehrend der mehrtaegigen Pruefung isoliert voneinander hausten.

Der Tempel bzw. das Museum hatte heute so etwas wie einen Tag der offenen Tuer, niemand wollte uns Eintritt abnehmen. Vielleicht aus Anlass der jetzt irgendwann stattfindenden Abschlusspruefungen an den Schulen? Wer weiss. Bei der Gelegenheit kann man auch verstohlen einen Wunsch bei Meister Kong anbringen. Zwar gibt es offenbar keinen Tempelbetrieb und keine Raeucherstaebchen und dergleichen, aber etwas verschaemt standen rechts und links der Konfuziusstatue in der Haupthalle (siehe Fotoalbum) doch diese Wunschaufhaengegestelle, die auch benutzt werden. Hoffentlich koennen die Wuensche den Meister auch ohne den "Botenrauch" erreichen ...

Nachdem wir uns sattgesehen und ein bisschen im Haupthof herumgesessen hatten (sehr idyllisch!), sind wir in den Park gegangen. Auch sehr idyllisch! Im dreigeschossigen Pavillon auf dem "natuerlich kuenstlichen" Berg im Teich haengt im Obergeschoss eine dieser grossen Bronzeglocken, die Burkhard fuer 10 RMB auch dreimal angeschlagen hat. Dazu kommt die Glockenwaerterin extra die rotlackierten Stufen herauf und entfernt das Vorhaengeschloss, das die Kette sichert, mit der der Glockenbalken fixiert ist.

Zum Abschluss haben wir noch bei "U.B.C. Coffee" einen Kaffee getrunken. Dazu hatten wir Mandeln und trockenes Rindfleisch bestellt, wobei zu unserer Ueberraschung erstere in der Schale serviert wurden. Da hiess es selber Nussknacker spielen ... Aber das Fleisch kam schon ohne Fell.

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