Apropos Four-Letter-Sentence (ich weiss gar nicht, mit welchem Fachausdruck man diese chinesischen Ausdruecke bezeichnet): Zheng Hong hat mir mal wieder einen Stempel mitgebracht, diesmal nicht mit einem Namen oder Drachen, sondern mit dem Spruch "san si er xing", erst denken, dann handeln (siehe auch Das mir!). Mit einem Stempel bekommt man diese Botschaft natuerlich viel schneller zu Papier als mit dem Pinsel! Den Stempel gab's wieder fast geschenkt, fuer bergeweise Material (mehrere Pinsel, ein Kasten mit 12 Tuben Farbe fuer chinesische Malerei, ein weiteres Vorlagenbuch, ein Teller zum Anmischen der Farbe) musste ich sage und schreibe 50 RMB hinblaettern. Angeblich nur 42, mein Protest (wo gibt's denn sowas, 12 Tuben Kuenstlerfarbe fuer angeblich nur 14 Yuan??) wurde ignoriert. Ich verarme!
Nun bestens ausgestattet, sollte ich ganz ohne Voruebung, nur nach Vorlage, rasch mal die Landschaft zu Papier bringen. Ich habe ratlos dreingeblickt, daraufhin hat er mir mal demonstriert, wie das geht, und in gar nicht langer Zeit eine Berg-Wald-Gebaeude-Wasser-Landschaft hingepinselt. Ich durfte ein paar Kiefernnadelbueschel malen, woraufhin Zheng Hong erst gesehen hat, was man alles falsch machen kann. Daraufhin hat er die Zeichnung doch lieber selber fertiggestellt. Am Ende wurde die Tuschezeichnung mit einigen Pinselstrichen koloriert, alles ganz einfach, und - peinlich! - mit meinem Namensstempel versehen. Ich schaeme mich ja richtig ob der Anmassung ...! Hier ist "mein" Werk:
Zwischendurch hat uns Zheng Hong noch ein paar seiner Bilder von Neuschwanstein und eins von Muenchens Marienkirche gezeigt - nach Fotos gemalt, das besagte Schloss ist einfach eine Ansicht, die Chinesen zu faszinieren scheint. Wenn ich wieder in Deutschland bin, muss ich da doch wohl mal hin ... bisher dachte ich immer, ich braeuchte das nicht ... Die Bilder waren uebrigens auf duennem chinesischen Reispapier gemalt und nachlaessig zusammengefaltet wie gebrauchtes Geschenkpapier.
*Sicher brennen alle nur so darauf zu erfahren, wie denn nun das besagte Gedicht mit dem Titel "Besteigung des Storchenturms" geht. Fuer meine Uebersetzung von der englischen Version gibt's keine Garantien - hier ist sie:
Die Sonne ist hinter den Huegeln untergegangen.
Der Gelbe Fluss fliesst ins Meer.
Steig' noch ein Stockwerk hoeher hinauf
und dein Blick auf die Welt wird sich weiten.
Der besagte Storchenturm, guan4 que4 lou2, war uebrigens urspruenglich um 580 n.Chr. erbaut und spaeter in der Yuan-Dynastie (1271 - 1368) zerstoert worden. Laut einem im Internet erstoeberten Artikel hat man ihn, mehr oder weniger an seinem urspruenglichen Platz, in der Stadt Yongji in der Provinz Shanxi am Ufer des Gelben Flusses ab 1997 wieder aufgebaut, 73,9 m hoch und (samt Park drumherum) 55 Millionen RMB teuer. Man kann jetzt also wieder weitere Blicke auf die Welt bekommen.
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