Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Samstag, 31. Januar 2009

Dienstag, 27. Januar 2009: Nicht enden wollendes Glueck im Schnee

So, heute Morgen heisst es packen und auschecken. Sieh mal an, da hat doch wirklich jemand seine Bierchen auf unsere Rechnung schreiben wollen?! Nix da. Vielleicht war's ja auch wirklich ein Irrtum, man kann sich ja schon mal vertun mit der Zimmernummer ... Jedenfalls zahlen wir das nicht und fahren dann mit dem Taxi ganz schoen lang durch die Stadt. Mal hier, mal dort blitzt ein wenig Eismauer aus dem grauen Einerlei heraus. Nach einer Weile haelt der Fahrer an: da drueben sei der JiLe Si, der Tempel des nicht enden wollenden Gluecks. Tatsaechlich ist die extrem breite Strasse vor den Tempelmauern auch eine Fussgaengerstrasse.

Kaum dass wir ausgestiegen sind, setzen sich zahlreiche Bettler in Bewegung, die hier vor dem Tempeltor auf milde Gaben warten und die auch aktiv fordern. Herrje! In Nullkommanix ist das Kleingeld weggegeben, mehr gibt's nicht. Mit der 10 RMB-Eintrittskarte in der Hand steigen wir ueber die erste Schwelle dieses buddhistischen Tempels. Dieses groessten buddhistischen Tempels hier im Norden weit und breit, heisst es. Es gibt nicht viel Besonderes hier auf den ersten Blick: eine Halle nach der anderen, ganz gute Buddhastatuen, Himmelskoenige, natuerlich auch eine GuanYin. Auf dem Altar davor breitet jemand mit Sorgfalt und Andacht einen langen roten Seidenschal aus, und dann wird mit Hilfe des Staebchenorakels der hoffentlich rechte Ausgang der Angelegenheit beschworen. Als wir spaeter zurueckkommen, ist der Schal wieder weg. - Als Opfergaben fallen mir hier mehr als anderswo gedaempfte Broetchen auf, die mit einer oder zwei roten chinesischen Datteln, auch als Jujube bekannt, aufgewertet sind. Ebenfalls rot sind die Feuerwehrwerkzeuge: da gibt es einen speziellen, selbst auch rotlackierten Staender mit Eimerchen und Stangen und aehnlichem Geraet. 119 steht auf den Eimerchen - ist wahrscheinlich auch besser, da anzurufen, denn die sind so furchtbar klein ...!

Die gaertnerisch gestalteten Flaechen zwischen den Hallen sind jetzt alle von ziemlich schmutzigen Schneehaufen bedeckt. Alles wirkt recht grau ... graue Steinloewen in grauem Schnee. Allerdings haben sie rote Schleifen um den Hals. Die Steinloewen. Und gefuettert werden sie zum Teil auch, ebenso mit gedaempften Dattelbroetchen und Mandarinen. Klar - im buddhistischen Tempel sind auch die Loewen Vegetarier. Die bronzene Kroete, die bestimmt wegen des Feng Shui irgendwo im Beet sitzt, wird aber nicht gefuettert. Sie soll wohl mit ihrem Gift das Boese abwehren, das aus der entsprechenden Himmelsrichtung kommen koennte. - Im letzten Hof sind die Waende des Umgangs mit einem grossen umlaufenden kupferfarbenen Relief geschmueckt. Szenen aus der buddhistischen Ueberlieferung sollen das wohl sein, ich weiss aber nicht, was fuer welche. Jedenfalls nicht Buddhas Lebensgeschichte.

Wenn man seitlich von diesem Bereich weggeht, kommt man in ein weiteres Tempelareal. Das hat nun ein ganz besonderes Flair. In der Mitte eines relativ grossen offenen Platzes steht ein mehrere Meter hoher goldener Buddha, der mildtaetig auf die herumwuselnden Menschen herunterschaut. Die zwei vorderen Ecken werden von 1000-Buddha-Kegeln markiert, aber diese hier sind besonders eindrucksvoll, da sehr hoch und schwarz, mit goldenen Mini-Buddhas. An den beiden hinteren Ecken stehen kleine Glockenpavillons - Tuerme wuerde ich das nicht nennen, zwei Geschosse mit Dach, und kleiner als fast alles andere hier auf dem Platz. Hinter dem grossen Buddha steht eine siebenstoeckige Pagode, Qiji Futu Ta. Rechts und links daneben sind zwei grosse Hallen, die einen sehr schoenen Bodenbelag aus Serpentin-Steinplatten haben und mir noch eisiger vorkommen als die Luft draussen. Das kann ja wohl gar nicht ... In jeder der Hallen haben 250 lebensgrosse goldene Arhats ihren Platz. Die sitzen auf Podesten, damit der Normalsterbliche zu ihnen aufblicken kann - und wenigstens haben sie es dann nicht so fusskalt. Eine andere Halle ist offenbar fuer die Toten. Es wirkt wie ein Schulgebaeude oder so etwas Aehnliches: Im Foyer des Treppenhauses steht ein weiterer Altar, und rechts und links fuehren Gaenge ins Haus, mit Tueren wie zu Klassenzimmern. In den Raeumen sind aber kleine Glastuerchen in den Waenden, und dahinter stehen die Ahnengedenktafeln. Hier sieht alles recht bunt aus.

Es sind heute nicht seeehr viele Leute im Tempel, so dass die kleine Tempel-Tierwelt halbwegs ungestoert ist. Ausser Schneeloewen und -elefanten (gut gemacht!) gibt es Tauben (igitt!), haufenweise Plusterspaetzchen (wie suess!), Haustiger, die beides belauern, und einen Falken, der ebenfalls sowohl auf Tauben wie auf Spatzen Jagd zu machen scheint.

Nachdem ich bei den Arhats handschuhlos fotografiert habe, brauche ich wieder einen von den "heissen Schaetzen" - wir hatten diese kleinen Handwaermer dabei, die aus einer Fluessigkeit bestehen, die man durch Knicken eines Metallplaettchens darin zum Kristallisieren bringen kann, wobei dann die Kristallisationswaerme allzu klamme Finger wieder erwaermt. Das tut gut!

Zurueck am Hotel haben wir noch etwa eine Stunde Zeit. Huch, ich habe ja vergessen, die Reiseschweine auf Eis zu fotografieren! Gut, dass das Shangri-La auch ein paar Eisskulpturen hat, da kann ich das noch nachholen. Ganz schoen dreckig sind die, wenn man sie mal so aus der Naehe betrachtet ... Es ist noch Zeit fuer einen Kaffee, dann geht's zum Flughafen. Von wegen "mindestens eine Stunde einplanen", wie es im Reisefuehrer heisst. Wir sind wieder in einer guten halben Stunde da. Am Himmel gibt es eine Art Regenbogen zu sehen, der in diesem Fall fast ein vollstaendiger Regenkreis ist. Aber leider sehr schwach.

Unser Flug ist puenktlich, als Essen gibt es zur Auswahl "Harbiner Wurst mit Reis" und "Reis mit Harbiner Wurst". Mjam. Allzu koestlich. - Daheim in Shanghai wird's uns gleich zu warm. Plus 9 °C oder so aehnlich, das ist ja ein Unterschied von mehr als 20 °C! Da kann einem ja glatt der Schweiss ausbrechen!

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