Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Samstag, 23. Februar 2008

Donnerstag, 3. Januar 2008: Im Norden von Phnom Penh

Am Morgen fuehle ich mich nicht sehr gut ... hm. Aber ich hoffe, dass sich das im Lauf des Tages gibt, und da wir zunaechst ein gutes Stueck zu fahren haben, kann ich ja im Auto erst noch weiter ausruhen. Unser Ziel ist Udong, eine der zahlreichen ehemaligen Hauptstaedte Kambodschas. Diese hier war bis 1866 in Benutzung. Natuerlich liegt sie wieder an/auf einem Huegel, wo sonst. Man kann schon von weitem Stupaspitzen (ein echter Zungenbrecher, gell?) sehen und ein paar typische Daecher, die aus den Baeumen ragen. Als wir am Fuss des Huegels ankommen, stellen wir fest, dass das ein wichtiges Ausflugsziel sein muss. Es gibt lange Reihen von Parkplaetzen und Marktstaenden, von denen die meisten aber heute, an einem Wochentag, leer sind. Ausserdem gibt es viele offene Huetten, die man "fuer (relativ) kleines Geld" mieten kann, um dort mit der Familie den Tag zu verbringen.

Wir beginnen den Aufstieg und kommen zunaechst an einem riesigen goldenen Buddha vorbei, der offensichtlich gerade wieder aufgebaut wird. Auch einer von denen, die von den Roten Khmer zerstoert worden waren. Zu diesem Tempel erzaehlt Mony uns wieder eine von diesen Legenden, deren Pointe ich nicht verstehe … Diese beinhaltete ungefaehr, dass die Chinesen in Kambodscha irgendein offenbar seltenes Tier gefunden hatten, das sie nicht kannten und fuer einen (glueckbringenden und Macht verheissenden) Drachen hielten. Aber wie ihn den Kambodschanern vorenthalten, wo sie doch darauf bedacht waren, die Macht fuer sich zu behalten? Ihn irgendwo unterbringen, wo die Kambodschaner nie nachsehen wuerden! Und wo wuerden sie nie nachsehen? Unter einer grossen, heiligen Buddhafigur. Gesagt, getan - so kam es zu dem grossen Buddha. Ob das Tier da aber leben konnte, wage ich zu bezweifeln, aber solche Nebensaechlichkeiten sind fuer Legenden natuerlich nicht von Bedeutung. Dass Chinesen den Buddha errichtet haben, kann man auch daraus ableiten, dass er nach Norden - Richtung China - und nicht, wie sonst ueblich, nach Osten blickt. Jedenfalls ist das jetzt eine dicke, goldene Statue, die schon sitzend etwa 9 m hoch ist und zur Zeit noch auf ein Dach ueber dem Kopf wartet. Es ist in Arbeit.

Mit dem Buddha im Ruecken steigen wir auf dem Grat eines angrenzenden Bergrueckens hoch, auf dem noch mehrere Tempelchen liegen und vor allem grosse Stupas. Den groessten hat sich Koenig Sihanouk fuer seine ganz alten Tage (also die nach dem Tod) schon mal bauen lassen. Die ist jetzt schon so koeniglich-ehrwuerdig, dass man sich seiner Schuhe und etwaiger Kopfbedeckungen entledigen muss, bevor man die Plattform betritt. Von dieser Plattform aus hat man dafuer einen schoenen Blick auf das weite Land und auf die Dachspitzen einiger Gebaeude, die von "Udong-City" uebriggeblieben sind und jetzt durch den lichten Wald am Fusse des Berges schimmern. Die obligatorische Buddhasammlung, die zum Stupa gehoert, ist in einem Betonraum mit dem Charme eines Abstellkellers untergebracht, damit es nicht allzu schoen wird. Da mag keine Andacht aufkommen - bei mir jedenfalls nicht.

Fuer den Abstieg vom Berg gibt es wieder eine bequeme Treppe, auf der man aber wieder durch die Reihen zahlreicher Bettler "spiessrutenlaufen" muss. Mony verurteilt wieder einmal scharf diese schlechte Angewohnheit ihrer Landsleute. Sie erzaehlt, wie ihre eigene Mutter ihr Leben lang geschuftet hat, damit sie, Mony, zur Schule und zur Universitaet gehen konnte - sie brauchte die Ausbildung nicht abzubrechen, um Geld fuer die Familie mitzuverdienen, sagt sie. Waehrend das in Deutschland ja eher normal ist, ist das hier, besonders wenn die Kinder Toechter sind, doch eher immer noch etwas Besonderes.

Unten angekommen erwerben wir an einem der wenigen heute doch besetzten Verkaufsstaende eine Palmfrucht. Da ich mich ja immer noch nicht so richtig gut fuehle, ueberlasse ich das Probieren Burkhard. „Suess und saftig“ lautet der Befund. Bevor wir wieder abfahren, gibt es noch eine kleine Aufregung. Eine gruene, angeblich giftige Schlange hat sich an eine Haengematte in einer der offenen Huetten geschlaengelt. Dafuer muss sie gleich mit dem Leben bezahlen. Wahrscheinlich wollen die Benutzer vermeiden, dass sie sich von einer Schadschlange zu einer Problemschlange verwandelt, oder wie war das noch? ;-))

Auf dem Rueckweg machen wir in einem Cham-Dorf Halt. Die Cham sind eine ethnische Minderheit, die ueberwiegend dem Islam anhaengt. Deshalb hatten wir auch am Wegesrand schon mehr als eine Moschee gesehen. Traditionell arbeiten die Cham (unter anderem, denke ich) als Silberschmiede. In dem Dorf sieht es recht leer aus. Eine Huette ist mit einem Schild ausgestattet, auf dem etwas von Silberhandwerk und einer Kooperation der Handels- und Handwerkskammer von Koblenz steht – aber sie ist geschlossen. Mony laesst den Fahrer an einer anderen, offenen Huette halten. Kaum dass wir aussteigen, kommen eine ganze Reihe von Leuten herbeigeeilt, und eine Frau mit gelb-flitterig lackierten Fingernaegeln beginnt, einige der Stuecke weiterzubearbeiten, die an diesem Arbeitsplatz herumliegen. Eine Form wird mit einer teeraehnlichen Masse auf einen Stock geklebt und dann in liebe- oder muehevoller Feinarbeit bearbeitet. Heraus kommen vor allem Doeschen in Tier- oder anderen Formen oder Armreifen. Burkhard meint, wir muessten unbedingt so ein kleines Silberschweinchen erstehen, was wir dann auch machen. O je …

Dann kehren wir nach Phnom Penh zurueck. Es ist erst etwa ein Uhr nachmittags, wir sind auch nicht sehr hungrig, aber wollen doch eine Kleinigkeit essen und probieren eins dieser Lokale am Sisowath Quai aus. Eins, das Backwaren (nicht Bhagwan) anbietet. Ich bestelle ein Stueck Schokoladenkuchen, weil ich das fuer vertraeglich halte. Vertraeglich ist es auch, aber woher es die Bezeichnung hat, bleibt raetselhaft: Es handelt sich um schokoladenfarbenen Teig, der mit schokoladenfarbener „Schmiere“ gefuellt ist. Die Schmiere hat die Konsistenz von „verzaehter“ Spruehsahne, und der Geschmack erinnert entfernt an Kokos. Sowas passiert wahrscheinlich, wenn lokale Koeche oder Baecker die westlichen Spezialitaeten nicht nach einem Rezept, sondern nach einem Foto nachkochen bzw. –backen. [In Shanghai allerdings sind die Baecker noch kreativer. Wozu sich sklavisch an ein Foto halten? Neulich habe ich mit eigenen Augen eine Schwarzwaelder Kirschtorte gesehen, die mit frischen Erdbeeren verziert war! Kritische Geister moegen anmerken, dass es vermutlich keine Schwarzwaelder Kirsch war. Aber es stand Black Forest dran, und so heisst die beruehmte deutsche Kuchenspezialitaet nun mal auf Englisch. Aber was will man auch – Erdbeeren sind doch auch rot!]

Nach dem Essen „muessen“ wir laut dem heutigen Programm nur noch zum Central Market. Der heisst eigentlich Psar Thmei, „Neuer Markt“, und wurde 1935 seinem Namen gerecht. Das Frische daran war und ist der Jugendstil. Das Gebaeude besteht aus einem zentralen Kuppelbau und vier Fluegeln. Jetzt ist aber mindestens der Anstrich ein wenig in die Jahre gekommen. Die hellgelbe Farbe broeckelt mittlerweile ueberall. Unter der Kuppel gibt es Schmuck und Edelsteine, in den Fluegeln auch Elektro(klein)geraete, Textilien und allerhand anderen Kram. Fuer uns ist das nicht wirklich richtig interessant.

Weil ich ja immer so gern Boetchen fahre, ueberrede ich Burkhard anschliessend zu einer Chatomuk-Bootstour. Mony setzt uns am Ufer unweit des Koenigspalastes ab. Da liegen Ausflugsboote, die fuer mindestens 20 Personen ausgelegt sind, aber offenbar auch mit 2 Passagieren losfahren. Da niemand da ist, um uns die bequemsten Plaetze streitig zu machen, lassen wir uns auf Ledersofa und –sessel nieder. Wir fahren ueber die breite Flaeche des Sap- und/oder Bassacflusses, um irgendwo die unsichtbare Grenze zum Mekong zu ueberqueren. Dort sind allerhand Fischer zugange – sie werfen Netze aus, was wir aber erst nach und nach verstehen. Zuerst wundern wir uns ueber den Muell, der in recht regelmaessigen Abstaenden auf dem Fluss schwimmt: Leere Plastikflaschen werden hier einer Zweitverwendung als Schwimmer zugefuehrt.

Als wir wieder festen Boden unter den Fuessen haben, machen wir uns auf zum Nationalmuseum. Als wir dort ankommen, hat es leider schon so gut wie geschlossen: um fuenf Uhr nachmittags machen die schon Feierabend, schade! Es ist ungefaehr viertel vor, als wir ankommen – ich hatte eigentlich gehofft, dass wir noch ein bisschen im Hof herumsitzen und –gucken koennten, aber fuer 10 Minuten lohnt es sich wohl doch nicht, das Eintrittsgeld zu bezahlen. Wirklich schade.

Wir haben noch ein bisschen Zeit zu verbringen: Fuer den Abend haben wir im ueberaus renommierten FCC einen Tisch reserviert, dem Foreign Correspondents Club of Cambodia (alternativ daher auch manchmal als FCCC abgekuerzt). Nachdem wir die Filiale in Siem Reap nicht betreten haben, wollen wir die hiesige aber doch einmal besuchen. Die Zielgruppe der Auslandskorrespondenten ist wohl zu klein, so dass heute jedermann hingehen kann. Wir suchen also ein Café in der Naehe aus, das mit der unvermeidlichen „Haeppi Hauer“ lockt, wie mein Vater zu sagen pflegte. Aber Service und Getraenkeauswahl lassen sehr zu wuenschen uebrig, so dass wir noch kurzfristig beschliessen, uns eine Massage zu goennen. Gegenueber ist so ein Etablissement, in dem angeblich Blinde massieren. Sie sind auch wirklich mindestens stark sehbehindert, die Masseure, und muessen erst einmal hergeholt werden. Burkhard entscheidet sich fuer eine Hals- und Nackenmassage, ich fuer eine Fussmassage. Die Stunde kostet 6 oder 7 Dollar, aber ich muss leider sagen, dass die Massage nicht besonders gut war. Mir wurden vor allem die Waden massiert, dafuer reichte Burkhards Hals bis zu den Fuessen. Aber so wurde die Zeit bis zum Abendessen nicht lang.

Unser Reisefuehrer mag vielleicht Recht haben mit der Aussage, dass das FCC in Phnom Penh das Restaurant mit dem besten Ambiente sei. Die Kueche ist – na ja, ganz in Ordnung, es schmeckt schon, aber Hoehenfluege sind das nicht. Und der Service macht eher Tieffluege. Waehrend wir noch die Vorspeise verzehren (und nicht schon den letzten Bissen im Mund haben), wird schon das Hauptgericht serviert. Ich weise darauf hin, dass es zu frueh sei – egal. Da steht es auf unserem Tisch und kann nun in Ruhe abkuehlen. Zum Ausgleich laesst dafuer das Dessert auf sich warten. So lange, dass wir uns zwischendurch doch genoetigt sehen, uns vorsichtig nach seinem Verbleib zu erkundigen … Nein, den Vorschusslorbeeren und dem Preisniveau entspricht die Leistung nicht.

Mit dem Tuk-Tuk lassen wir uns zum Hotel zurueckfahren. Das gibt erst noch Streit unter den Fahrern, da hat sich wohl einer vorgedraengelt – das geht gar nicht. Uns kann es egal sein. Wir werden wohlbehalten am Sunway-Hotel abgesetzt.

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