Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Sonntag, 30. August 2009

Reisefreuden

Na, ich denke, der Titel genuegt schon, da brauch' ich den Rest gar nicht auszufuehren ... Erst war Tumult am Gate, mit Polizeiaufgebot: eine Stunde nach geplantem Abflug eingestiegen. Dann war keine Starterlaubnis: nach etwa zwei Stunden (oder so) durften wir mal vom Terminal wegfahren. Dann war schlechtes Wetter mit Blitz und Donner in Shanghai: keine Starterlaubnis. Dann war schlechtes Wetter ueber Beijing: keine Starterlaubnis. Am Ende mit 4:50 h Verspaetung abgeflogen. Ich sass inmitten einer chinesischen Familie (je zwei Grosseltern, Eltern, Kinder), die mit dem Lufthansa-Service unzufrieden waren und das auch reichlich mit den In-der-Luft-Fraeuleins diskutierten.

Der Film 'New in Town' mit Renee Zellweger war ziemlich Banane, und ausserdem musste ich ihn wegen der lautstarken Diskussionen trotz laermdaemmenden Kopfhoerers wiederholt zurueckspulen, denn mitkriegen wollte ich's ja trotzdem - aber halt, vor dem Start hatte ich ja noch 'Pranzo di Ferragosto' angesehen, der hatte irgendwie was. Nicht spektakulaer, aber irgendwie nett. Damit waren dann die etwas matten Glanzlichter auch schon am Ende.

Um 23 Uhr gelandet, kein Zug mehr, Gepaeck nicht ausgeladen, der Typ am Gepaeckermittlungsschalter mit so einer Fahne, dass ich gleich beim Vortragen meines Anliegens selbst betrunken wurde. "Ich bin gewillt zu glauben, dass ..." war einer seiner Lieblingsausdruecke. So ein Mist. Die Termine fuer Freitag musste ich also alle absagen: von Lufthansa verordneter Hausarrest. Zwischendurch zeigte der Status auf der Gepaeckverfolgungsseite die Auskunft "Gepaeck noch nicht gefunden", na prima! Um kurz vor sechs Uhr abends wurde es dann aber doch noch geliefert. Wenn das jetzt immer so geht mit dem 13:15 Uhr-Flug LH 729, kann ich den nicht empfehlen. Aber man soll nicht meckern: der LH729 von Mittwoch kam erst Freitagmorgen nach 5:00 Uhr in Frankfurt an ... da hatte ich es ja noch gut angetroffen.

Donnerstag, 27. August 2009

A person surnamed Zhang

... wurde jetzt hier am Flughafen schon zweimal ausgerufen, und zwar Mr Zhang Harry Potter! Ja, wirklich! Ob das ein verhohnepipelter Name ist? Oder doch bloss eine von den etwas peinlichen Launen bei der Auswahl eines englischen "Kuenstlernamens", wie es neulich ein Kollege formulierte. Beuys hatte recht: Jeder ist ein Kuenstler!, und wir haben keinen Chmuhl.

Ich persoenlich finde Harry Potter immer noch ein bisschen besser als Bacon (was hier auch schon mal als Vorname gewaehlt wird, sein Bruder ist wahrscheinlich ein Intellektueller und nennt sich Egg) ... Besser, aber nicht lustiger. Immerhin duerfte es da nicht zu sehr vielen Verwechslungen kommen, was ein Vorteil an sich ist. Gestern gab es naemlich wieder zwei Geschichten in der Zeitung zu lesen, in denen die manchmal fatalen Folgen der zu kleinen Menge an Namen fuer eine zu grosse Menge an Leuten beschrieben wurden. So wurde jemand zwei Tage lang eingesperrt, weil sein Name mit dem eines gesuchten Verbrechers uebereinstimmte. In einem anderen Fall wurde das Foto eines Schurken auf einer Internetseite veroeffentlicht - oder eben doch nicht, denn es war nur das Foto eines ganz gewoehnlichen Buergers. Der hatte mit dem Schurken zwar nur den Namen gemeinsam, wurde aber nun eben von seinen Kollegen auch fuer einen Schurken gehalten. He was not amused, als Warnung an alle Peter Mueller und Martin Schmitz: Aufgepasst!

So, jetzt wurde er zum dritten Mal ausgerufen, der Mr Zhang Harry Potter. To the gate immediately! Und laut Plan darf ich auch in 15 Minuten das Flugzeug nach Falankefu besteigen. Hoffen wir mal, dass es nicht so lange auf den Abflug warten muss wie letztes Mal. Am Check-in wurde ich schon ganz nervoes, denn ich wurde gefragt, ob ich nach Frankfurt wolle? Ja. Mit dem Flug von gestern oder mit dem von heute?

Mittwoch, 26. August 2009

Prozesszauber und Kartoffelsalat

Da fang' ich mal lieber mit dem Kartoffelsalat an, das ist einfacher. Gestern waren wir zum Mittagessen im Sushi-Laden. Ich bestelle mir neuerdings oefter mal eine Portion Sashimi und irgendwas dazu - von "nur Fisch" wuerde ich sonst womoeglich einen Eiweissschock bekommen. Ich wollte mal wieder etwas Neues als Beilage ausprobieren, da fiel mein Blick auf den Speisekarteneintrag "Kartoffelsalat" mit der Erklaerung "mashed potato", also Kartoffelbrei. Ja, was denn nun?! Am Ende kamen dann fuenf Baellchen Kartoffelbrei mit "Plastikwurst" (die haetten sie besser weggelassen, aber erstens moegen Chinesen sie und zweitens war sie nur sparsam eingesetzt worden) und Guerkchen und kleinen Kartoffelstuecken, garniert mit orangeroten Fischeiern (wie Lachskaviar, nur viiiiieeeel kleiner). Geschmacklich gar nicht so uebel, und auf diese Weise auch nicht so mayonaisig - also o.k., ich ess' es ja, aber nicht unter falschem Namen!

Schwieriger war es schon, bei unserer Bank ein neues Konto mitsamt neuer Karte zu bekommen. Ich hab' mir also ausser meinem alten und neuen Pass unsere Sekretaerin mitgenommen, in allen Formularen ueberall das eingetragen, was sie mir gesagt hat, und einen Bogen mit chinesischen allgemeinen Geschaeftsbedingungen unterschrieben (glaube ich jedenfalls, wer weiss das schon so genau ...). Das wuerde uebrigens 15 RMB Gebuehr kosten, liess man mich wissen. Sei's drum - der Betrag ist ueberschaubar. Im Verlaufe der Formularausfuellorgie machte ich unserer Sekretaerin gegenueber die Bemerkung, dass ja dann hoffentlich das alte Guthaben auch auf dem neuen Konto lande. Jaja, das passiert automatisch, sagte sie ... und ich vermute, dass nach kurzem Nachdenken sich die Idee verfestigte, dass man wohl besser noch irgendwie erwaehnen muesste, dass da ein Geldtransfer passieren soll. Nach einiger Diskussion wurde ich schliesslich mit dem Bescheid konfrontiert, dass es nun aber 20 RMB kostet. Oha! Am Ende der Zeremonie bekam ich von meinen 100 RMB sage und schreibe 90 zurueck. Auf meine verwunderte Nachfrage, ob es nun doch nur 10 koste, hiess es lapidar: die anderen 10 werden vom Konto einbehalten. Tolle Idee!

Aber hier gibt's nichts zu laestern: in Deutschland haben wir auch super Prozesse. Zum Beispiel habe ich just gelernt, dass es fuer die Situation "Leihe einen Mietwagen, wenn die Kreditkarte gestohlen wurde" offenbar keine Loesung gibt. Die Karte, die bei der Buchung angegeben wird und als Reservierungsgarantie fungiert, muss auch bei der Abholung vorgelegt werden. Karte des Ehemanns? Ja, geht auch - wenn der zur Abholung mitkommt. So ein Gehuddel!

Sonntag, 23. August 2009

Chefsache

Heute gibt es mal wieder Stoffmarktgeschichten ... lange nicht gehabt.  ;-)) Nachdem ich in der letzten Woche einige Teile in Auftrag gegeben hatte und eigentlich gestern zur Anprobe gehen wollte (was natuerlich dann im Besichtigungsprogramm nicht so gut passte, weil es einfach zu lange gedauert haette), musste ich mich dann heute nach der Kalligraphiestunde mal wieder auf den Weg machen. Die Sachen waren so mehr oder weniger fertig, beduerfen aber doch noch einiger Anpassungen. Hier ein halber Zentimeter weg, da mehrere hin ... Zum Ausprobieren hatte ich die Sachen bei drei verschiedenen "Buden" in Auftrag gegeben, und ueberall war ich Chefsache, tolles Gefuehl! Die liessen naemlich alle den Meister kommen, um an mir "rumzuzuppeln". Da wurden diverse Masse (mit Eszett, aber das gibt's auf der englischen Tastatur nicht) noch einmal neu gemessen und mit den Angaben auf den Auftragsscheinen verglichen - groessere Messfehler sind mir aber dabei nicht aufgefallen, wahrscheinlich haben die Schneider den Massen (dito) nicht getraut, schmunzel. Am unterhaltsamsten war es bei dem Stand auf der zweiten Etage - da tobten zwei Kinder herum, eine 10jaehrige Luisa und ein 8jaehriger David, so die englischen Namen. Mit denen haben wir dann englisch-chinesische Konversation geprobt. Das war ganz niedlich. So richtig toll waren die Englischkenntnisse aber noch nicht, und vor allem fiel auf, dass die Standinhaberin, ihre Mutter, unser Chinesisch viel besser verstand als die Kinder. Zwar spricht sie selbst kein Englisch, hat aber vermutlich genuegend langnasige Kunden, dass sie an deren komische Aussprache gewoehnt ist, noch mal schmunzel.

Langfing

Gestern haben wir uns mal wieder als Fremdenfuehrer betaetigt - und zwei Fremde gefuehrt, sozusagen. Ganz fremd waren die natuerlich nicht, vielmehr waren es zwei der Kollegen aus Deutschland, die an dem Workshop (ich erwaehnte ihn) letzte Woche teilgenommen hatten. Da sie in Pudong untergebracht waren, hatten wir das Kontrastprogramm geplant: auf die Faehre steigen und gegenueber in die alten Altstadtviertel eintauchen. Die Gassen dort sind zum Teil frisch asphaltiert und die Fassaden frisch gestrichen, ansonsten sehen die Behausungen natuerlich immer noch so aus wie eh und je. Um diese Jahreszeit konnte man einige der singenden Haustiere in den kleinen Kaefigen hoeren und sehen: Zikaden. Zum Essen auf der food street war es noch zu frueh, so dass wir uns keinen besonderen Anfechtungen ausgesetzt sahen. - Bald darauf erreichten wir den Stadtgotttempel und stuerzten uns nach der Besichtigung von dort ins Yu-Garten-Basargewuehl. Ein kurzer Abstecher in die Seidenmuseum genannte Seidenprodukteverkaufsausstellung war vor allem wegen der dortigen Klimaanlage beliebt. Gestern habe ich auch zum ersten Mal die alte Seidenfadenaufwickelmaschine in Betrieb gesehen; ich wusste gar nicht, dass sie noch funktionieren. Auf dem grossen Platz waren ein Pavillon und eine Buehne aufgebaut, um den Tourismus nach Xishuangbanna zu bewerben - das Beste daran war, dass ich das lesen konnte! Auf der Buehne sang und floetete eine Dai-Frau (?) den Shanghaiern und Touristen etwas vor.

Dann befanden wir die Zeit schon reif fuer eine erste Pause - im Teehaus. Burkhard und ich bestellten Oolong (wegen der Plemperzeremonie) und die beiden Kollegen Teeblumen. Wie ueblich waren die Snacks auch diesmal sehr beliebt - bieten viel Gespraechsstoff und meist auch neue Geschmackserlebnisse. Nachdem wir genuegend geplempert und den Tisch wie ein Schlachtfeld zugerichtet hatten, gingen wir die paar Schritte zum Yu-Garten. Der Himmel begann sich schon zuzuziehen ... gut, dass Burkhard Schirme mitgenommen hatte. Als naechstes wurde eingekauft, und waehrend der Kollege mit den italienischen Urspruengen im chinesischen Messerladen ein Damaszenerstahlmesser aus deutscher Produktion kaufte (fuer Loriot-Fans: na, Du alter Schwede?!), brachen die Wolken: Wolkenbruch! Die Gassen waren ploetzlich wie leergefegt. Nun konnten wir ja nicht ewig warten, liefen dann rasch von einer Unterstellmoeglichkeit zur naechsten und versuchten noch, ein Taschengeschaeft zu finden, das genau die Tasche haette, die der andere Kollege gern kaufen wollte. Aber das gestaltete sich schwierig. Nach dem dritten Gewuehl, das wir durchquert hatten, stellte ich dann mit grosser Begeisterung fest, dass mein Portemonnaie entwendet worden war. Na super. Und natuerlich war die Blackberry-Batterie zu leer zum Anrufen. (Mit dem lokalen Mobiltelefon kann ich ja bekanntlich keine auslaendische Nummer anrufen.) Aber die Kollegen hatten noch "Saft" (und, viel wichtiger, ihre Blackberries!), so dass ich gleich die Karten sperren lassen konnte. Die gute Nachricht: der Fuehrerschein war NICHT im Portemonnaie.

Den Rest des Nachmittags haben wir mit Einkaeufen, einer Teeprobe (Ginseng-Oolong! hmmm!) und einem Gang durch den Chinesische-Medizin-Supermarkt verbracht. Am fruehen Abend gab es leckere Dumplings bei Ding Tai Fung am Yu-Garten (die haben jetzt auch eine Filiale im SWFC eroeffnet, muss ich unbedingt mal hingehen!), und dann reichte die Energie nur noch fuer einen Cocktail im Cloud 9. Die Sicht war leider nicht gut ... aber das war uns dann auch schon weitgehend egal. Als Tagesausklang passte das schon. Und trotz des Aergers und der nicht gefundenen Tasche waren, glaube ich, alle ganz zufrieden.

Dann muss ich jetzt nur noch zusehen, dass ich rasch wieder neue "Geldzugangskarten" bekomme. Ein neues Portemonnaie habe ich gestern schon gleich gekauft ... alles aergerlich, aber im Grunde glimpflich. Ca. 50 oder 100 Euro Verlust. Wie gesagt, dass ist aergerlich, aber ueberschaubar. Schlimmer ist der Aufwand ... Zumal auch einzureichende Rechnungen im Portemonnaie waren, da muss ich jetzt erst noch herausfinden, wie die Erstattung nun ohne Beleg funktionieren kann.

Dienstag, 18. August 2009

Workshop-Doenekes

In dieser Woche veranstalte ich einen kleinen Workshop hier in Shanghai. Da die Agendaplaner mit Pausen etwas geizig waren, habe ich beschlossen, an einem Tag Pizza kommen zu lassen. Nach den letzten Erfahrungen (nicht in China, aber in Asien) sah ich mich veranlasst, unsere Sekretaerin zu bitten, sie moege doch darauf achten, genug zu bestellen. Und um auch zu umreissen, was ich mir unter "genug" vorstelle, sagte ich ihr: "Typically in Germany people think that 1 pizza is for 1 person." Ich wollte lieber auf Nummer sicher gehen. Nicht, dass "die globalen Kollegen*", wie man hier zu sagen pflegt, schon gleich lange Gesichter ziehen, weil es nicht genug zu essen gibt. Ich hab' ja auch mal gehoert, dass Leute in langwierigen Verhandlungen jeden Tag Pizza haben kommen lassen - bei mir gibt's das immerhin bloss einmal!

Zu groesserer "Besorgnis" gibt allerdings die Tagesordnung Anlass. Ich hatte angeregt, dass bei der Ausarbeitung der Agenda fuer jeden einzelnen Abschnitt das erwartete Ergebnis umrissen wuerde. Da sich nicht alle Teilnehmer schon kennen, beginnen wir natuerlich mit einer Vorstellungsrunde. Erwartetes Ergebnis: "Get family with each other" - ich hab' doch schon Familie, und eigentlich reicht mir die.  ;-))

* Aus meinem Assoziationsbilderbogen: Sind globale Kollegen eigentlich weltkugelrund? 

Montag, 17. August 2009

Im Teich

Zuletzt hat "man" - oder jedenfalls ich - ja oefter mal von Ha Jin gehoert, dem chinesischen Autor, der 1956 irgendwo in China geboren wurde (darum ist es ein chinesischer Autor, Gruss aus Kalau), jahrelang in der chinesischen Volksarmee gedient hat, 1985 zum Studieren in die USA ging und dann von dort nie wiederkam, weil zu dem Zeitpunkt, als er wiederkommen wollte, ihm der Zeitpunkt ploetzlich wegen des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens nicht mehr genehm vorkam. Und jetzt unterrichtet dieser Chinese an einer amerikanischen Universitaet Englisch! Und er ist nicht nur Professor fuer englische Sprache, sondern eben auch Autor. Sein neuestes Buch hat er nun nicht nur in englischer Sprache verfasst, sondern dessen Handlung auch ausserhalb von China angesiedelt. - Von dieser Biographie bin ich ehrlich beeindruckt.

Wie auch immer, als ich zuletzt nach Deutschland geflogen bin, hatte ich am Flughafen mal wieder den Buchladen inspiziert und war zufaellig auf ein schmales Baendchen gestossen, auf dessen Ruecken ein Schreibpinsel abgebildet war. Allein das uebte auf mich natuerlich eine gewisse Anziehungskraft aus, von dem offensichtlich mit der Feder geschriebenen Buchtitel ganz zu schweigen, und als der Autor des Buchs sich bei naeherem Hinsehen auch noch als der mir nun schon ein bisschen bekannte Ha Jin entpuppte, musste ich es natuerlich kaufen (ganz schoen teuer fuer das schmale Buechlein: 144 RMB, verteuert von vormals 126, wie das ueberklebte Preisschild zeigte). Titel egal, stand doch auf dem Ruecken, dass die Hauptfigur Kalligraphie praktiziert! (Fuer alle, denen der Titel nicht egal ist: In the pond oder eben Im Teich.)

Jetzt habe ich es ausgelesen und mittlerweile bemerkt, dass die Kundenrezensionen auf Amazon ziemlich enthusiastisch sind. Ganz so enthusiastisch bin ich wohl nicht, dazu ist es zu frustrierend. Kalligraphen sind eben auch keine besseren Menschen. Aber davon mal abgesehen hat es was ... was Komisches, was Mitleiderregendes, was Abstossendes. Ist der jetzt so dumm oder so schlau ...?

Sonntag, 16. August 2009

Nice isn't nice!

Zu deutsch: Nizza ist nicht nett. Was sich natuerlich nicht auf die suedfranzoesische Stadt bezieht, sondern auf das Nice, ein Restaurant in Xintiandi mit angeblich suedfranzoesischer Kueche. Wahrscheinlich haette ich besser recherchieren sollen, bevor wir da einen Tisch gebucht haben ... aber es recherchiert sich gar nicht leicht, weil man in allen Berichten mit den Stichwoertern "shanghai restaurant nice" immer die findet, wo jemand das Essen gut fand ("nice food") - und da scheint das Nice ja nicht dabei zu sein. Kaum hatten wir Platz genommen und die Karte aufgeschlagen, machte sich schon die erste Enttaeuschung breit: Die Hauptgerichte sind meistenteils Nudeln. Penne, Spaghetti, Linguine zur Auswahl (oder waren es irgendwelche anderen Sorten?) mit diversen Saucen. Als ob alle Saucen gleich gut zu Penne und Spaghetti passen wuerden ... und vor allem: typisch suedfranzoesisch, weiss doch jeder, dass die Provençalen die Spaghetti erfunden haben! Als Vorspeisen gab es zum Beispiel amerikanische fritierte Zwiebelringe mit Ketchup oder gebackene Fischfetzen mit Sauce Tartar (nennt man das nicht eigentlich Fish'n'Chips? ein beruehmter Kuechenklassiker aus dem Languedoc!), weshalb wir die burgundischen Weinbergschnecken bestellt haben (Burgund liegt ja auch im Sueden). Als Hauptgericht konnte Burkhard sich zu einem Steak durchringen und ich mich zu Kabeljau à la Teriyaki, einer Spezialitaet aus den Fischerdoerfern am Mittelmeer. Der sollte mit Gemuese und Kartoffelpueree kommen, kam aber ohne das Pueree - als ich es anmahnte, dauerte es fuenf Minuten, in denen ich den Rest schon fast aufgegessen hatte ("essen Sie es rasch, es ist nicht sehr heiss!"). Dann kam ein kleines Schuesselchen mit schlechtem Tuetenpueree. Ach nee.

Wir haben daraufhin beschlossen, den Nachtisch lieber anderswo einzunehmen - vielleicht wuerden zwei zusaetzliche Buchstaben Besserung bringen. Nicht weit entfernt liegt zwar nicht Ve-nice, aber Ven-ice, wo es, wie sinnig! Eis gibt. Der Name zumindest ist eine geniale Kurzfassung von "Eiscafé Venezia". Man konnte auch draussen sitzen, was wir auch taten, denn der gestrige Abend war ein schoener lauer Sommerabend. Klimatisch sehr angenehm! Das Ven-ice entpuppte sich dann als ein Restaurant, in dem auch warme Mahlzeiten serviert werden - aber eben auch Eis. Das ging so (zugegeben: das Kaffee-Eis war lecker herb!), die Waffeln allerdings waren die Haerte mit wenig Geschmack. Insgesamt war das also auch nicht angetan, den Abend kulinarisch zu retten - weshalb wir beschlossen haben, den Kaffee lieber anderswo einzunehmen.

Schingbacke - ungefaehr so heisst Starbuck's auf Chinesisch. Das "Star" wird sinngemaess mit "xing"=Stern uebersetzt, das "buck" mit ba-ke rein phonetisch - schon witzig. Nicht, dass ich Starbuck's soooo toll faende. Irgendwie ist es ja wie McDonald's: ueberall auf der Welt schmeckt es gleich. Aber Kaffee koennen sie immerhin, keine Experimente mehr. Der doppelte Espresso war geschmacklich gut, dafuer liess halt das Ambiente etwas zu wuenschen uebrig.

Auf dem Rueckweg kamen wir noch an einem Wein-und-Kaese-Laden vorbei. Die Kaesetheke sah einerseits verlockend aus, andererseits aber auch so, als ob hier nicht so sehr viel Kaese verkauft wird. Egal - es gab Tomme de Savoie, auch wenn der schon etwas aeltlich aussah. Bis die Kassiererin dann mal kassieren konnte, dauerte es allerdings. Ich weiss wirklich nicht, was die da herumgehampelt hat - als Geheimtipp kann der Laden also auch nicht durchgehen. Alles in allem gab es an diesem Abend leider keine kulinarischen Erleuchtungen. Wenn ich sie noch nicht hinter mir habe (die Erleuchtungen), dann stehen sie ja wohl noch bevor. Umso besser!

Sonntag, 9. August 2009

Shanghai TCM Museum

TCM - das ist bekanntlich weder eine neue oder alte Managementmethode (Transcendental Change Management) noch eine mysterioese Krankheit (Typhogene Cephalo-Meningitis) und auch keine Italo-Edelklamottenmarke (Trulli, Ciambo & Menzani), sondern traditionelle chinesische Medizin. In Shanghai gibt es dafuer sogar ein eigenes Museum. Man denkt an muffige olle Hallen, wenn man liest, dass es bereits 1938 gegruendet wurde - aber nein, vor fuenf Jahren ist es in den Zhangjiang Hi-Tech Park "jwd" in Pudong umgezogen. In ein rundes Museumsgebaeude auf dem Gelaende der Shanghai University for Traditional Chinese Medicine. Kaum zu finden ... samstags ist der ganze Campus ziemlich oede. Noch spannender ist, dass man auf dem Weg dahin (eine gute halbe Stunde Fahrt von zu Hause aus) durch Viertel von Shanghai kommt, die ganz so aussehen wie auf dem chinesischen Land. Da bekam ich gleich Urlaubsgefuehle.  ;-))  Gestern hatten wir uns naemlich besagtes Museum vorgenommen. Erstens war das Wetter nicht gut (grau mit sehr hoher Regenwahrscheinlichkeit), zweitens war dieses Museum schon laenger auf der Liste, drittens war es neulich noch mal in einer dieser "Wann-ist-wo-was-los-in-Shanghai" fuer Expats kurz vorgestellt worden, und viertens hatte am Freitag eine schwangere Kollegin einen Termin abgesagt mit der Erlaeuterung, ihr Baby habe sich noch nicht gedreht und sie wolle zu einem dieser traditionellen chinesischen Aerzte, damit er mit seiner Zauberei - ja, so drueckte sie sich aus - helfe moege. Wenn das nicht Gruende genug sind!

Nun, mit nur ganz wenig Suchen haben Han Shifu und wir es dann gemeinsam gefunden. Extra fuer uns hat die Pfoertnerin das fahrbare Tor zur Seite fahren lassen, so dass wir auch hinfahren koennen. Insgesamt sah das alles ein bisschen abweisend aus; ich glaube, Besucher sind da vielleicht nicht unerwuenscht, aber auch nicht speziell erwuenscht. Wir wollen keinen Audio Guide - und duerfen zur Strafe umsonst hinein, wo doch ueberall steht, dass es 15 RMB kostet. Ja dann. Im Erdgeschoss sind Bilder von Konfuzius, Laozi, Zhuangzi und anderen halb schon mythischen Philosophen, meist Abklatsche von Steinbildern. Das soll wohl den philosophischen Hintergrund der TCM erklaeren. Die Ausstellungsstuecke, darunter steinzeitliche Knochenakupunkturnadeln, sind alle zweisprachig beschriftet, sehr loeblich. Andererseits helfen die Texte auch nicht sooo viel weiter - sie erscheinen zum Teil sogar leicht absurd: XY, auch genannt XZ oder WU, aus dem Ort AB in der Provinz CD, heute EF, Schueler von PQ, auch PR oder TS genannt, war spezialisiert auf fiebrige Erkrankungen. Ach so ist das, JETZT sehe ich klar! Hauptstueck ist eine geschlechtslose Bronzestatue, die trotzdem einen Lendenschurz traegt, und auf der alle Akupunkturpunkte markiert sind. Sie ist etwa lebensgross und von leicht gedrungenem Koerperbau.

Im ersten Obergeschoss gibt es allerhand Buecher, Raeuchergefaesse, Medizinflaeschchen, Pillendosen und -pressen, Massagegeraete, Sets von Akupunkturnadeln in schoen gearbeiteten Koecherchen, Moerser und andere Geraetschaften. Ausserdem Bilder von Aerzten und von Medizin-bezogenen Themen wie zum Beispiel ein bemalter Faecher, auf dem gezeigt wird, wie jemand diese grossen Baumpilze erntet. Und viele Kalligraphien, denn Aerzte waren in erster Linie Gelehrte, und insofern auch Kalligraphen.

Das zweite Obergeschoss zeigt dann eine umfangreiche Sammlung von chinesischen Arzneien. Das faengt mit einfachen Gewuerzen wie Sternanis an und hoert bei Flughoernchenkacke (von Trogopterus xanthipes) nicht auf. Natuerlich sind auch Tigerknochen, getrocknete Schlangen, Schuppentierschuppen, Medizinalmagnolienrinde und weitere tierische, pflanzliche und mineralische Sachen dabei. Alles kann man gar nicht wuerdigen, ueber 3000 Stuecke. Ich krieg' mich heute noch nicht ein ueber die Flughoernchenkacke - leider stand ja nicht dabei, wogegen die helfen soll, aber in dem verlinkten Artikel steht: gegen Zwoelffingerdarmgeschwuere. Gut, dass man das nicht unbedingt bei Husten oder Heiserkeit einzunehmen braucht .. Schoen ist ja auch immer, dass Medizin wie zum Beispiel Ginsengwurzeln oder getrocknete, geplaettete Geckos oder Temminckhirschgeweih huebsch mit roten Schleifen in der Praesentationsschachtel festgebunden wird. Und das Winterwurm-Sommergras, tibetisch Jartsa Gunbu, fehlte natuerlich auch nicht. Das wird in Tibet geerntet und entsteht, wenn ein Pilz eine im Winter noch froehlich durch die Erde kriechende Raupe (daher Winterwurm) befaellt und ihr nach genuegender Ausbreitung in ihrem Koerper befiehlt, sich dicht unter der Bodenoberflaeche zu halten, wo die Raupe dann vom Pilz endlich getoetet wird und der Pilz einen Pilzfaden wie einen vertrockneten Grashalm aus dem Boden heraus wachsen laesst. Echte Horrorgeschichten aus dem Tierreich!

Freitag, 7. August 2009

Morakot

So heisst der Taifun, der heute ueber Taiwan weggefegt ist. Han Shifu meint, der wuerde uns hier morgen Abend begluecken; auf der Sturmvorhersageseite der japanischen Wetterkundeagentur sieht das aber nicht so aus. Man darf gespannt sein - eben hat es jedenfalls schon geschuettet, und windig ist es auch. Wenn die Temperaturen und die gruenen Baeume nicht waeren, wuerde ich ja sowieso schon seit zwei Wochen denken, dass November ist. Wenn es gerade mal nicht regnet, ist zugegebenermassen wieder ueberall Zikadenkonzert angesagt, wovon ich ja immer noch und immer wieder sehr beeindruckt bin. Und letzten Freitag gab es einen vollstaendigen Regenbogen ueber der Skyline von Pudong, das war auch sehr schoen - und Burkhard hat sogar ein prima HDR-Bild davon hinbekommen.
P.S. Seine neueste Wortschoepfung: Hahnkraeger. Na dann prosit!

Sonntag, 2. August 2009

Dali

Wer heutzutage Karriere machen will, muß schon ein bißchen Menschenfresser sein.

So stand es just auf meiner Startseite zu lesen, als ich eben den Browser oeffnete - ein Zitat von Salvador Dalí, wie passend! Hier koemmt naemlich jetzt keine Reisebeschreibung der gleichnamigen Stadt am Erhai in Yunnan. Gestern werde vielmehr im Shanghaier Kunstmuseum die Ausstellung "Salvador Dalí in Shanghai" eroeffnet. Und wir sind heute gleich hingefahren, zumal das Wetter so grau war wie schon die ganze Woche. (Nennt sich das Sommer?! - Warm ist es ja, nicht wie in Sydney, beklagte sich doch in unserer regionalen Telefonkonferenz am Donnerstag der Kollege aus Australien ueber frostiges Winterwetter mit 19°C ... Da kriegt man ja schon vom Hoeren eine Gaensehaut!) Vor dem Eingang stehen ein paar Skulpturen des leicht skurrilen Kuenstlers, so ein hochbeiniger Elefant (nicht in situ) eine zerfliessende Uhr, eine sich aus einem Fluegel emporschwingende nackte Dame. In der aktuellen Ausstellung aus Anlass des zwanzigsten Todestags von Dalí sind Skulpturen und Zeichnungen zu sehen, meist Serien, die allermeisten Illustrationen zu Buechern. Kleinere Zeichnungen zu Gedichten von Apollinaire und Mao Zedong (aber ich glaube, bei denen war er nicht soooo inspiriert), Illustrationen zu Graf Masochs Werken unter dem Titel "Die Venus mit Pelzen", drei mal 33 farbige Illustrationen zu Dantes Goettlicher Komoedie (33x Hoelle, 33x Fegefeuer, 33x Paradies), grossformatige Zeichnungen zu Sigmund Freuds "Der Mann Moses und die monotheistische Religion" (will das einer lesen?? aber die Bilder sind nicht uebel!), eine Serie von Druckgrafiken mit dem Titel "Die Eroberung des Kosmos" und noch ein paar mehr. Ohne Beschriftung eine Serie, die sehr nach den Abenteuern von Don Quixote und Sancho Pansa aussah. Ausserdem grosse Bronzeskulpturen (von Adam und Eva mit der Schlange ueber Lady Godiva bis zum drachentoetenden Heiligen Georg) und kleine plastische Werke aus Glas und anderen Materialien. An einer stand "dieses Werk sollte horizontal praesentiert werden" - ja, und warum war es dann vertikal aufgestellt?! Es gab auch ein paar Moebel im knalligen Farben, so zum Beispiel ein Kussmundsofa. Gemaelde - was "man" so typischerweise von Dalí kennt - also ich - waren nicht bei der Auswahl. Ich muss sagen, dass ich doch ziemlich beeindruckt war - auch wenn mir die Bronzen vielfach "zu schoen" waren.

Vor dem Eingang war uebrigens eine ziemlich lange Schlange, die sich aber in akzeptablem Tempo vorwaerts bewegte, so dass wir nach gut 5 Minuten schon unsere Eintrittskarten hatten (nicht teuer: 20 RMB pro Person). Auch innen war es ganz schoen voll. Wir waren versucht, die Mitwartenden zu fragen, warum sie sich das alles ansehen wollten, sie wuerden es ja doch nicht verstehen. ;-)) Nach knapp zwei Stunden wurden wir hinausgeworfen: Feierabend! Aber da hatten wir auch bereits alles gesehen und sogar die Ausstellung mit Bildern von Lalan im ersten Obergeschoss "ueberflogen". Draussen blieb es noch ein bisschen trocken, so dass Burkhard noch ein paar Fotos von den Skulpturen machen konnte (drinnen war Fotografieren leider verboten), aber kaum kamen wir aus dem Yan'An-Tunnel heraus, schuettete es bereits wieder. Ein bisschen Sonne waer' schon mal gut!