Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


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Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Dienstag, 20. April 2010

Wohin mit dem ganzen Geld???

Neulich waren wir nicht nur auf dem Mond (wer jetzt nur Bahnhof versteht, liegt auch nicht ganz falsch*), sondern auch im Jing'an-Tempel. Als ich zuletzt dagewesen war, hatte ich mich ueber den Betonbunker im Innenhof gewundert ... und jetzt steht da ein grosser, hoher, massiver Tempelneubau, dessen Haupthalle mittlerweile fertig ist. Der "Bunker" ist bloss die Bodenplatte fuer diese maechtige Halle; er bildet jetzt das Untergeschoss. Darin sitzen diverse Arhats und ein Maitreya (dick und haeppi ;-)) ); ein grosser Holzfisch (muyu, sprich: mu-üh) und eine absolut ueberdimensionale Klangschale stehen bereit, um im Falle einer Zeremonie fuer den rechten Klang zu sorgen, und an den Waenden haengen laminierte Buddha-Poster. In den Seitenhallen des Tempels befinden sich links ein Jadebuddha, der auch im Sitzen zwei Etagen einnimmt, und rechts eine hoelzerne GuanYin mit elegant fallendem Wolkengewand, die ein wenig kleiner ist. Wenn man das Obergeschoss dieser Halle betritt, blickt man doch deutlich auf sie hinunter, waehrend der Buddha einem fast auf Augenhoehe gegenueber sitzt, mit zur Meditation halb geschlossenen schwarzen Augen vor sich hin blickt, ohne zu sehen, und mit seinen rot gefaerbten Lippen unergruendlich halb laechelt. Die weisse Jadehaut kontrastiert mit seiner schwarzen Haartracht, er traegt ein goldenes, edelsteinbesetztes Stirnband.

Am bemerkenswertesten (hmm - klingt komisch, irgendwie nach Allerwertestem ... Gruss aus Kalau) ist natuerlich die grosse neue hoelzerne Haupthalle. Ueber zwei relativ steile Treppen kann man zu ihr aufsteigen, insgesamt bietet diese Halle auf ihrem Sockel einen ziemlich majestaetischen Anblick - made to impress, zum Eindruck Schinden, scheint mir. Wenn ich hoelzern sage, meine ich hoelzern - vom Betonfundament abgesehen gibt es da nichts Steinernes, soweit ich das ueberblicken konnte. Das Hallendach wird von massiven Saeulen getragen - ob das auch Prachtexemplare aus Nanmu (Linkinhalte englisch) sind? Das waere diese beruehmte Holzart, die z.B. auch beim Ausbau der kaiserlichen Sommerresidenz in Chengde buchstaeblich zum Tragen kam. Und die bestimmt auch heute kein bisschen billig ist, bei den ganzen hervorragenden Eigenschaften, die sie aufzuweisen hat. Aber nicht genug mit den edlen Holzsaeulen, auch sonst hat man keine Kosten und Muehen gescheut, so wie das aussieht. Die Bauweise ist traditionell, mit einer komplizierten Dachkonstruktion und sicher ganz ohne Metall, und in den Waenden sind aufwaendige (oder muss es in diesem Fall "inwaendige" heissen? noch mehr Gruesse von ebd.) Schnitzrondelle von mindestens einem Meter Durchmesser eingelassen. Das Holz ist nicht gestrichen, sondern nur lackiert (oder gar nur poliert, wer weiss das schon). Auf einem Sockel inmitten der Halle thront ein silberner Buddha (Buddha ist gross, Buddha ist maechtig, Buddha hat eine Hoehe von sechs Metern sechzig) [Herrje! Heute hab' ich aber wirklich einen Kalaueranfall! 'tschuldigung, manchmal muss man eben auch ein bisschen albern sein koennen.] auf einer ebenfalls silbernen Lotusbluete, die zwei Meter zwanzig hoch ist, was zusammen nach Adam Riese eine glueckverheissende Hoehe von 8,8 Metern ergibt. Sowas habe ich noch nie gesehen! Einen silbernen Buddha! Das hat schon was, der mondfarbene Silberglanz in der rotbraunen Holzumgebung. Sehr edel. Etwas ganz Besonderes!

Vor dem Tempel wird noch gearbeitet, in diesem Fall an Vergoldungen von grossen stupaaehnlichen Objekten. Dafuer braucht man ganz schoen viel Gold, und schon fliegen jede Menge Blattgoldfetzen am Boden und in den Regenrinnen herum - ob man sich reich sammeln kann? Es sieht jedenfalls so aus, als verspuere die Tempelverwaltung das Beduerfnis, ihren Reichtum noch etwas sichtbarer zu machen: so ein silberner Buddha ist natuerlich, was Reichtumsdemonstration betrifft, definitiv nur zweite Wahl. Und der Jing'An-Tempel duerfte sehr, sehr reich sein - alles vom Feinsten und Groessten. Da muss man sich schon fragen, wohin mit dem ganzen Geld - und die Moenche (oder wer auch immer da die Entscheidungen trifft) sind genuegend kreativ.

Uebrigens war an diesem Tag wohl ein besonderer Anlass, denn der Eintritt (normalerweise mit 30 Yuan pro Nase extrem teuer fuer einen Tempel, kein Wunder ...!!) war ausnahmsweise frei. Es war auch ganz schoen voll, und auf mehreren Tischen wurden offenbar buddhistische Schriften zur kostenlosen Mitnahme angeboten. Leider alle auf Chinesisch, eine immerhin auf Chinesisch mit Pinyin - wenn irgendetwas Englisches dabeigewesen waere, haette ich es mir bestimmt mitgenommen. ;-)

*Aufloesung

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