Jaja, ich weiß, manche/r hätte gern mehr Fotos aus Shanghai und von unterwegs gesehen ... insgesamt sind in den vergangenen dreieinhalb Jahren ca. 45.000 Stück entstanden. Aber das hat man eben nur zum Teil meiner Faulheit zu verdanken - zu einem mindestens genau so großen Teil der chinesischen Regierung mit ihrer "great firewall". Hoch lebe das freie Internet!


Wer weiterhin meine Bemerkungen über Gott und die Welt lesen möchte, klickt bitte hier:
Das neue Jahr des Schweins

Wenn ich es schaffe, gibt es hier übrigens auch noch Updates, und zwar aus den bisher unveröffentlichten Reisetagebuchnotizen.

Sonntag, 23. Mai 2010

Freitag, 21. Mai 2010: Bad vibrations an Buddhas Geburtstag

Heute ist also Buddha-Badefest, was wohl eines der hoeheren buddhistischen Feste ist. Aber irgendwie schwingt die Luft in bad vibrations - bestimmt, weil Burkhard vorgestern die GuanYin fotografiert hat, haha! Wie auch immer - ich habe noch das Eigelb meines Spiegeleis auf dem Teller und einen leckeren Huehnerfleischhapppen, den ich mir fuer zuletzt aufgespart habe, als mir das Brot ausgeht und ich aufstehe, um mir noch welches vom Buffet zu holen. Als ich wiederkomme, ist der Teller abgeraeumt, Burkhard hat wohl ganz essensversunken vor sich hingetraeumt und weder einen Finger noch die Stimme erhoben, um meine Leckerbissen zu verteidigen. Ich aergere mich besonders darueber, dass ich mich ueber eine Sache, die eigentlich eine Kleinigkeit ist, masslos aergere und das auch nicht wirklich kontrollieren kann. So was Bloedes!
 
Das Wetter ist heute Vormittag auch eher dunkelgrau. Wir steigen gar nicht erst ins Auto, sondern verlassen das Hotel durchs Gartentor und sind damit schon im angrenzenden Panmen-Park, den Hotelgaeste gratis betreten duerfen. Ueber ein paar verschlungene Seitenwege kommen wir zur Ruiguang-Pagode, dem Turm des Lichts des guten Omens. Als sie fertig war, habe naemlich angeblich fuenffarbiges Licht aus ihr herausgestrahlt. Das ist allerdings schon lange her, ca. 1000 Jahre naemlich. Aufgrund der geringen Sichtweite verzichten wir darauf, gegen ein Extra-Entgelt den gut 60 Meter hohen achteckigen Turm zu besteigen, der stilistisch der Beisi Ta aehnelt und wie diese in rot und ocker angestrichen ist. 
 
In der Naehe der Pagode steht die Halle der vier Verdienste, oder so aehnlich ... wieder so ein typisch chinesischer Name, der in der englischen Variante schon irgendwie absurd wird (sowas wie auspicious merits oder so aehnlich) - da haengt jetzt ein steifes, verblichenes Foto mit Politikern der APEC, die sich hier 2001 zu einem Gipfel getroffen haben. Hier in dieser Halle, na sowas! Nebenan haengt eine Bronzeglocke, die man fuer Geld anschlagen darf. Ich lege 6 RMB auf die Theke und bekomme eine Art nummerierte Scheckkarte als Andenken. Daher der komische Preis: 5 RMB fuers Anschlagen und einer fuer das Stueckchen Plastik. Vor der naechsten Halle sitzt draussen ein steinerner Moench und meditiert. Kopf und Schultern des ansonsten eher rauen Wesens sind von abertausenden taetschelnder Haende schon auf Hochglanz poliert. Ganz lustig ist auch die steinerne Schildkroete mit einer Zahnreihe, die sie stolz grinsend zur Schau stellt und die jedem Human-Dentisten Freude bereiten wuerde. - Dann wandern oder eher wandeln wir am Teich entlang, der auch hier das Zentrum der Parkanlage bildet und alles hat, was ein ordentlicher Teich braucht: dicke Goldkarpfen und malerische Loecherfelsen an allen Ecken. Am anderen Ende befindet sich ein dreistoeckiges Gebaeude, von dem aus man auf eine Buehne auf Wasserniveau blicken kann. Auf dem Pfad zum Haus passiert man einen Pavillon zwischen Sonne und Mond, die als rote Granitscheibe und als weisse Marmorsichel auf schwarzem Kieselgrund dargestellt sind. Hinter dem grossen Gebaeude liegt der Freundschaftspark, in dem Suzhou Geschenke und Erinnerungen an seine Partnerstaedte in der Welt unterbringt. Als erstes faellt eine echte venezianische Gondel ins Auge, die aber leider so bloed in einem "boat port" untergebracht ist, dass man kein vernuenftiges Foto davon machen kann, das die chinesisch-venezianische Freundschaft darstellen koennte. Auch aus Konstanz gibt es ein Boot: das kleine Segelschiffchen liegt auf einem besseren Bach vertaeut, und auf dem Erklaerungsschild steht, dass das eigens entworfene Freundschaftslogo auf dem Segel zu sehen ist. Nur dass natuerlich alle Segel eingeholt sind. - An Portland, Oregon, erinnert weniger "Waessriges": ein transparenter Pavillon aus Holzlatten verkuendet, dass die "Portlaender" wie die Chinesen schon lange Holz als ein wunderbares und nachhaltiges Baumaterial fuer sich entdeckt haben.
  
Alsbald kommen wir zur Ecke des Parks, in der die eigentliche Sehenswuerdigkeit zu finden ist: das einzige verbliebene Stadttor, das gleichzeitig ein Land- und ein Wassertor ist. In den Hoefen des Tors sind gerade Arbeiter damit beschaeftigt, auf halbwegs halsbrecherische Art den allzu reichlich wuchernden Bewuchs zu entfernen. Die Struktur ist recht komplex, mit Doppeltoren zum "Durchschleusen" (hier in einem woertlicheren Sinn als sonst) der Ein- und Ausgehenden und -fahrenden. Gleich vor dem Wassertor fliesst der grosse Kaiserkanal vorbei, der hier von der Wumen-Bruecke ueberspannt wird, einer hohen Steinbogenbruecke mit nur einer Bogenoeffnung. Nebenan liegt noch ein Gedenktempelchen fuer ich-weiss-nicht-wen-und-bin-jetzt-zu-faul-es-auf-dem-Foto-nachzugucken. Wenn es nur nicht so truebe waere und man jede Minute den Eindruck abweisen muesste, dass es schon soeben zu nieseln begonnen hat ... dann koennte es hier richtig malerisch sein. Oben auf der Bruecke treffen wir die bunt gemischte Schuelerschaft der internationalen Schule, die sich heute mit einem Ausflug vergnuegt - so scheint es jedenfalls.
Als wir genug gesehen haben, fahren wir wieder um ein paar Ecken und durch ein paar Strassen, von denen wir mittlerweile den Eindruck haben, sie alle schon gesehen zu haben, und erreichen bald darauf den Garten, der nach dem Canglang ting (sprich: Zang...) benannt ist, dem Pavillon der azurblauen Wellen, der schon wenige Meter hinter dem Eingang oben auf einem kuenstlichen Huegelchen thront. Den umgeben allerdings nur Wellen von ueppigem Gruen, hier ist gar kein Teich! Die blauen Wellen befinden sich, vom Pavillon aus unsichtbar, vielmehr jenseits der Aussenmauer, denn auf der Eingangsseite befindet sich dort eine grosse Wasserflaeche. Das Besondere hier sind die vielen verschiedenen durchbrochenen Fenster - bestimmt keine zwei gleichen. Am eindrucksvollsten ist das granatapfelfoermige, in dem die Unterteilungen auch plastisch gestaltet sind: da wachsen weissgetuenchte Granataepfel aus dem Gitterwerk. Ebenfalls erwaehnenswert: die Halle der 500 Weisen. Die drei Waende sind mit Schieferbildern bedeckt, die abwechslungsreich "behuetete" aeltere Herren zeigt. Angeblich nicht nur 500, sondern genau 594. Alles Weise, heisst es.
 
Nach dem Besuch dieses nicht sehr grossen, aber recht ansprechenden Gartens suchen wir ein Nudelsuppenrestaurant auf und nehmen dort eine reichliche Portion duenne "Reisfaeden", mixian, zu uns. 7 RMB pro Person, mit gar nicht so wenig Fleisch bzw. Shrimps. O.k., das Ambiente laesst vielleicht ein bisschen zu wuenschen uebrig ...

Keine Kommentare: